„...Gormannstraße, Steinstraße, Mulackstraße? Auch Berliner bekennen: nie gehört! […] Mit einem Streifzug durch diese Straßen wird dem Leser die wechselvolle ferne und nahe Vergangenheit dieses Kiezes ...
„...Gormannstraße, Steinstraße, Mulackstraße? Auch Berliner bekennen: nie gehört! […] Mit einem Streifzug durch diese Straßen wird dem Leser die wechselvolle ferne und nahe Vergangenheit dieses Kiezes in der Spandauer Vorstadt näher gebracht...“
Nach dem Vorwort weiß ich, was mich erwartet. Der Autor hat in akribischer Recherchearbeit die Geschichte einzelner Häuser erkundet.
Das Buch zeichnet sich durch vielfältige Kartenmaterial und eine große Anzahl von Fotografien aus verschiedenen Epochen aus.
Zu Beginn gibt es einen Blick in die Umgebung, dann werde ich ausführlich mit der Spandauer Vorstadt und dem Scheunenviertel bekannt gemacht, bevor die Straßen im Gormannkiez benannt werden.
Es folgen Ausführungen zur Baugeschichte und zu Orten der Erinnerung. Anschließend werden einzelne Gebäude und ihre Geschichte erläutert. Ich erfahre, wer wann das Haus besessen hat und welchem Beruf derjenige nachging. Als Beispiel sei die Mulackstraße 15 erwähnt.
„...In dem Haus aus dem Jahre 1770 befand sich bis 1800 eine Tabagie, die neben dem Getränkeausschank auch die Möglichkeit des Tabakrauchens anbot...“
Das Zitat zeigt, dass der Schriftstil sachlich gehalten ist. Das passt zum Inhalt.
Zwei der Häuser gehörten Vorfahren des Autors. Sie waren Bäcker. Hier erfahre ich zusätzlich einiges über die Lebensverhältnisse des Zeit.
„...Das Erdgeschoss des Bäckerhauses diente der Produktion und dem Handel, während Obergeschoss und Dachgeschoss dem Wohnen vorbehalten waren...“
Auch die Errichtung der ersten Schulen im Viertel und die Folgen des Weltkrieges werden aufgezeigt.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist eine etwas andere Art der Geschichtsbetrachtung.
„...Ein Aufatmen ging durch die Gruppe der Jungpinguine und die Ersten machten sich auch sofort watschelnd auf den Weg Richtung Kolonie. Philip schaute sich verstohlen um. Wo war Tscharly mit seinen halbstarken ...
„...Ein Aufatmen ging durch die Gruppe der Jungpinguine und die Ersten machten sich auch sofort watschelnd auf den Weg Richtung Kolonie. Philip schaute sich verstohlen um. Wo war Tscharly mit seinen halbstarken Kumpels? Denen wollte er keinesfalls begegnen...“
Endlich war der Schulausflug zu Ende. Selbst für die Welt der Pinguine war es ziemlich kalt. Philip gehört körperlich zu den Kleinsten von ihnen. Deshalb fällt es Tscharly leicht, ihn zu bedrohen. Obiges Zitat ist auch ein Beleg für die kindgerechte, humorvolle und leichtlockere Sprache des Buches.
Die Autorin hat ein inhaltsreiches Kinderbuch geschrieben. Es geht um Mut, Zusammenhalt und Vertrauen. Wir Menschen kommen darin allerdings nicht besonders gut weg - und das hat einige Gründe.
Philip ist befreundet mit dem Albatros Chris. Der informiert ihn, dass eine neue Gruppe Menschen auf dem Eis gesichtet wurde. Die benehmen sich, als gehöre die Welt ihnen. Mit ihren Schneemobilen kennen sie keine Rücksicht, Glasflaschen werden auf dem Eis zertöppert und Müll liegt überall.
„...“Vertrag, Vertrag, dass ich nicht lache!“ Chris schnaubte. „Die Menschen halten sich nicht an Verträge, das solltest du doch wissen.“...“
Die erste Idee, wie man die Menschen vertreiben könnte, hat die Robbe Wendy, die auch eine Freundin von Philip und Chris ist. Die Zelte stehen nämlich nicht auf dem Land, sondern auf dem Wasser.
„...Immerhin leben wir hier, während die Menschen nur Eindringlinge sind. Es wäre doch gelacht, wenn wir unseren Lebensraum nicht verteidigen könnten...“
Bald erkennen die Tiere, dass sie nur eine Chance haben, wenn sie zusammenhalten. Jetzt wächst Philip über sich hinaus. Plötzlich tritt er Tscharly mutig gegenüber und macht dem klar, was wirklich wichtig ist. Jeder darf seine Stärken in der Gruppe einbringen.
Es bedarf noch weiterer Helfer, bis die Menschen das Eis verlassen. Die Tiere haben begriffen, dass es wichtig ist, Schranken zu überwinden, wenn man überleben will.
Das Buch besitzt einen umfangreichen Anhang, der über die Antarktis und die dortige Tierwelt informiert. Im vorderen Teil des Buches weisen kleine Pinguine auf die Seitenzahlen hin, die an entsprechender Stelle nachgelesen werden können, nicht müssen. Meiner Meinung nach kann man sogar mit dem Anhang beginnen, bevor man in die Geschichte einsteigt.
Sehr schön finde ich auch, dass zu Beginn die fünf wichtigsten Protagonisten mit Bild vorgestellt werden.
Viele schwarzweiße Illustrationen veranschaulichen die Handlung. Die Kapitelüberschriften stehen unter Eisblöcken, die Seitenzahlen sind von Fischen eingerahmt.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es erhält eine unbedingte Leseempfehlung.
„...Doch ein schmerzhafter Knall, der das ganze Schiff erschütterte, hielt sie zugleich davon ab. Laetita stürzte. Das Glas zersprang. […] Sie blickte in die Dunkelheit...“
Ein Dating-App-Konzern feiert ...
„...Doch ein schmerzhafter Knall, der das ganze Schiff erschütterte, hielt sie zugleich davon ab. Laetita stürzte. Das Glas zersprang. […] Sie blickte in die Dunkelheit...“
Ein Dating-App-Konzern feiert auf einem Boot eine Party. Mit an Bord ist die Lobbyistin Laetitia. Als das Boot gegen einen Brückenpfeiler rast, wird sie von Bord geschleudert. Was wie ein Unfall aussieht, ist ein perfide geplanter Mord. Den Passagieren wurde mit Drogen versetzter Wein gereicht.
Der Autor hat einen fesselnden Krimi geschrieben. Dabei zeigt er gekonnt auf, was die Datensammelwut der sozialen Netzwerke für Folgen haben kann.
Der Schriftstil sorgt für den hohen Spannungsbogen. Kurze Abschnitte, schnell wechselnde Handlungsorte und ein eingestreuter digitaler Briefwechsel setzen gekonnt Spannungsakzente.
Die Personen werden gut charakterisiert. Jeder der Kriminalisten hat so seine Geheimnisse.
Die Suche nach den Tätern läuft in zwei Richtungen. Einerseits orientiert man sich auf die Firma, andererseits gerät eine Künstlergruppe in den Fokus, die gegen die Datensammelwut und den laxen Umgang mit persönlichen Daten aufbegehrt.
Als besonderes Highlight kreiert uns der Autor den eigentlichen Täter als Ich – Erzähler.
„...Die Selbstoptimierung hatte sich gelohnt. Eigentlich war die Sache mit dem Abnehmen trivial. Man musste einfach nur mehr Energie verbrauchen, als man zu sich nahm...“
Ein Teil der Spannung wird durch die komplexen Beziehungen der Protagonisten und ihrer Interessen erzeugt. Zu den sprachlichen und inhaltlichen Höhepunkten gehören für mich die Diskussionen über Datenschutz .
„...Wir zwingen niemanden, bei uns mitzumachen. Die Daten, die wir sammeln, geben uns die User aus freien Stücken. Sie drängen sie uns sogar regelrecht auf!...“
An anderer Stelle wird das so formuliert:
„...Die Klicks und Likes haben im Geist des Kapitalismus doch schon längst Warenwert erlangt. […] Anerkennung schmeckt schal, wenn sie vom Geber nur dadurch motiviert ist, ebenfalls Anerkennung zu erhalten...“
Zu den interessantesten Protagonisten gehört die junge chinesische Polizistin Jinjin. Über ihre privaten Probleme weiß nur einer Bescheid. Nun will sie das Leben wieder genießen und manövriert sich in eine Situation, mit der sie nie gerechnet hätte.
„...War das nicht der kommerzielle Imperativ ihrer Zeit: Lebe so, dass dein Leben zum Inhalt eines global vermarktbaren Bestsellers werden könnte...“
Die Ermittlungen erweisen sich als kompliziert. Manipulation, Vertuschung Lüge – dieses Geflecht gilt es zu durchstoßen.
Eingebunden in die Geschichte ist das Manuskript eines Buches. Bei dem lässt sich schwer einschätzen, welche der Gedanken in die philosophische Richtung gehen und welche eher von Lebensmüdigkeit sprechen.
Sehr nachdenklich haben mich auch die Aussagen von Passanten gemacht, die gefragt wurden, warum sie die App benutzen. Diese Antwort klingt fast makaber.
„...Klar hab´ ich inzwischen einen festen Freund. Aber deshalb lösche ich doch nicht gleich meinen Account![…] Ich begreife das Leben als eine ständige Suche nach dem Besseren...“
Ab und an arbeitet der Autor mit Traumsequenzen. Sie lassen die Realität bis zu einem gewissen Grad verschwimmen.
Am Ende wird der Fall gelöst. Das heißt abr nicht, dass die Täter Reue empfinden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt eine Entwicklung, die schon nahe an der Realität ist.
„...Der Mann, auf den ich hinweise, war weder ein Soldat, der im Krieg ums Leben gekommen wäre, noch ein Ritter, der bei der Verteidigung einer Dame sein Leben gelassen. Er war ein friedlicher Mensch von ...
„...Der Mann, auf den ich hinweise, war weder ein Soldat, der im Krieg ums Leben gekommen wäre, noch ein Ritter, der bei der Verteidigung einer Dame sein Leben gelassen. Er war ein friedlicher Mensch von gutem Ruf, ein Uhrmacher aus der Reichsstadt Zürich. Sein Name war Johann Rudolph Stadler...“
Dieses Zitat vom Anfang des Buches weist sofort darauf hin, was mich in der Geschichte erwartet. Gleichzeitig ist es ein Beleg für den gehobenen Schriftstil des Buches.
Der Autor hat eine spannende Geschichte geschrieben, in der er sehr detailliert das Leben des Uhrmachers, aber auch die Zeitverhältnisse beschreibt.
Das Geschehen beginnt im Jahre 1632 in Konstantinopel.
Rudolph zeigt sich als ein Mann, der sein Handwerk perfekt beherrscht, aber auch gern zu Scherzen aufgelegt ist.
„...Ich bin nicht ehrgeizig, Tavernier. Ich bin glücklich, wenn ich mein Handwerk gut mache und mein Leben ruhig und glücklich verläuft...“
Als Uhrmacher wird Rudolph Stadler häufig zum herrschenden Großherrn gerufen. Nun aber möchte der, dass ein einheimischer Türke zum Uhrmacher ausgebildet wird. Rudolph entschließt sich, heimlich mit Tavernier nach Persien zu reisen und sich dort eine neue Existenz aufzubauen.
Die Reise mit all ihren Ereignissen wird ausführlich beschrieben. Sie machen unter anderen Station in Jerewan. Außerdem werden während der Reise einige Lebensgeschichten erzählt. In einer wird eine Warnung ausgesprochen.
„...Der Gunst des Fürsten kann man verlustig gehen wegen eines kleinen Fehlers,, und viele am Hofe neiden mir mein Glück...“
Gerade diese Erzählungen weisen schon auf die Wankelmütigkeit des Herrschers hin. Außerdem sind die Strafen in Persien drakonisch.
Angekommen in Persien erringt Rudolph die Anerkennung des Schahs. Doch er wird gewarnt. Der Schah gilt als schwacher Herrscher. Eines Tages verstößt Rudolph gegen die Gesetze des Landes, obwohl ihm keine andere Wahl blieb. Er hat nur eine Möglichkeit: Übertritt zum Islam. Verweigert er dies, wird er enthauptet. Wie wird er sich entscheiden? Und welche Rolle spielt der Schah bei der ganzen Sache?
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.
„...Er betrachtete seine jüngsten Zeichnungen und Pläne, Querschnitte und Aufrisse. Hinter seinem Rücken trappelten Insassen dieser Stelle, Janke spürte ihren Blicke. Er ließ sie gewähren...“
Wer war ...
„...Er betrachtete seine jüngsten Zeichnungen und Pläne, Querschnitte und Aufrisse. Hinter seinem Rücken trappelten Insassen dieser Stelle, Janke spürte ihren Blicke. Er ließ sie gewähren...“
Wer war Karl Janke? Geisteskranker oder Genie? Oder beides? Der Autor versucht in seinem Buch eine Annäherung an den Erfinder und Konstrukteur. Gleichzeitig nimmt er mich mit auf einen besonderen Roadtrip durch Sachsen und Brandenburg.
Die Geschichte lässt sich gut lesen, auch wenn die kleine Schrift gewöhnungsbedürftig ist. Der Schriftstil ist sehr abwechslungsreich.
Wie fing alles an? Tim Feldmann soll für eine Immobilienfirma Verhandlungen mit den Besitzern von Schloss Hubertusburg aufnehmen. Dort war eine psychiatrische Heilanstalt untergebracht. Seine Bemühungen führen zu keinem Erfolg. Seine private Beziehung scheitert. Er charakterisiert sein Leben so:
„...Auch jetzt, wo ich vor meinem alten alpenweißen Golf stand und meine Habseligkeiten betrachtete, erschien mir alles irgendwie fremd und urkomisch: Seit sechzehn Jahren tingelte ich nun so durchs Leben, das schon fünfunddreißig Jahre zählte, ohne mehr zusammengekauft und angesammelt zu haben...“
Da drückt ihm der Leiter der Klinik Konstruktionszeichnungen und Briefe von Karl Janke in die Hand. Der war seit 1947 in der Klinik untergebracht. Dabei stößt Tim auf die Beziehung zwischen Janke und Evelyn. Zusammen mit zwei Begleitern macht sich Tim auf die Suche.
Das Buch beinhaltet einerseits die Reise Tims, anderseits - in anderer Schriftart - das Leben von Karl Janke. Letzteres zeugt von intensiver Recherche des Autors. Dazu gehört auch, dass er Originaldokumente verwendet hat.
In dem Roadtrip der Gegenwart werde ich in die Feinheiten der Immobilienwirtschaft eingeführt. Das klingt dann so:
„...Aber die Aufmachung im Vorfeld, um die Kunden ins Boot zu holen, also der Anstrich des Boots ist eigentlich wichtiger als die Auskunft, wohin die Fahrt geht. Und das Beste: Unsere Passagiere zahlen nicht nur für die Überfahrt, sie rudern auch selbst...“
Tim findet Evelyn. Die alte Dame bringt sein Leben für wenige Tage völlig durcheinander. Sie weiß sich durchzusetzen und ihre Ziele deutlich zu formulieren. Sie möchte an den Nil. Erst einmal tingeln sie durch Sachsen und Brandenburg und erleben eine Menge Überraschungen. Evelyn verspricht Tim Informationen über Janke, also muss er sie bei Laune halten. Eines Tages redet sie Klartext mit Tim.
„...Also, der Janke in Ihrem Alter, der hatte mehr Mumm und Zug. Schneiden Sie sich von ihm mal eine Scheibe ab und jammern Sie sich nicht ständig so durchs Dasein. Anderen Leuten geht’s auch nicht immer prächtig...“
Spannend war für mich das Leben Karl Jankes. Es erzählt von Krieg und Nachkriegszeit und vom Leben in der DDR. Letzteres erfährt dabei keine Wertung. Manchmal wirkt es wie eine Persiflage. Ich denke dabei insbesondere und die Rede des Bezirkssekretärs vor den Kranken am ersten Mai. Ich habe mich köstlich amüsiert, kann mir aber vorstellen, dass das genauso abgelaufen ist. Anderseits werden Begriffe aus dem DDR – Alltag wie selbstverständlich verwendet. Auch die Lieder der Zeit klingen an.
Jankes physikalische Ideen hätte ich mir stellenweise etwas ausführlicher gewünscht.Das betrifft vor allem den von ihm beschriebenen Antrieb. Ich weiß, was er nicht war, aber leider nicht, wie er funktionieren sollte.
Ab und an hatte er erstaunliche Geistesblitze.So zieht er aus dem Verhalten der Supermächte folgende Schlussfolgerung:
„...Zwei mit Munition beladene Lastwagen rasten nebeneinander her, und es würde nur eine Frage der Zeit sein, dass sie miteinander kollidierten oder am Ende der Gasse in die Mauer donnerten...“
Janke hatte in Hubertusburg teilweise Sonderrechte. Obwohl er Patient war, durfte er seinen Forschungen nachgehen. Ernst genommen hat man ihn allerdings nicht. Klar wird, dass sein Leben durch den Krieg geprägt war. Er hatte sich auf die Fahne geschrieben, dass seine Erfindungen nur zu friedlichen Zwecken genutzt werden durften und ohne Atomkraft auskommen mussten.
Es passt, dass die beiden Handlungsstränge jeweils durch eine stilisierte Rakete getrennt werden.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich habe nicht nur vieles über Karl Janke erfahren, sondern auch auf den Roadtrip Orte kennengelernt, die es sicher zu besuchen lohnt.