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Veröffentlicht am 12.10.2021

Ungewöhnlicher historischer Roman

Die letzte Tochter von Versailles
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„...Ich müsste in den Dienst gehen, sagte sie. Es sei nicht das, was mein verstorbener Vater und sie sich einst für mich erhofft hätten, aber es müsse sein...“

Noch ahnt die 13jährige Véronique nicht, ...

„...Ich müsste in den Dienst gehen, sagte sie. Es sei nicht das, was mein verstorbener Vater und sie sich einst für mich erhofft hätten, aber es müsse sein...“

Noch ahnt die 13jährige Véronique nicht, dass ihre Mutter sie regelrecht verkauft hat. Wir schreiben das Jahr 1755, als die Geschichte beginnt.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Trotzdem konnte mich die Geschichte nicht die ganze Zeit fesseln. Stellenweise fehlte mir eine gewisse innere Spannung, da vor allem in der ersten Hälfte zu offensichtlich war, was passiert.
Eigentlich gliedert sich der Roman in zwei Teile. Im ersten wird das Leben von Véronique erzählt, im zweiten das ihrer Tochter.
Gerade im ersten Teil bedient sich die Autorin eines ungewöhnlichen Schriftstils. Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven deutlich. Der Blick auf das Königshaus und dessen Protagonisten ist ehr sachlich. In kursiver Schrift berichtet Véronique, wie sie diese Zeit erlebt.
Hintergrund ist das Bedürfnis des französischen Königs, junge Mädchen in sein Bett zu holen. Marquise de Pompadour hat sich zwar aus dem Schlafzimmer des Königs zurückgezogen, hält aber immer noch die Fäden in der Hand.

„...Die Marquise de Pompadour behält ihre Rivalinnen immer im Auge, ganz gleich, wie unbedeutend sie erscheinen mögen. Sie weiß, dass die Welt nicht von denen regiert wird, die Vertrauen haben, sondern von denen, die Ärger voraussehen...“

In Véroniques Zeilen wird deutlich, wie die Mädchen im Hirschpark ausgebildet werden. Ihnen wird eine Scheinwelt vorgegaukelt. Wer wirklich auf sie wartet, bleibt ein streng gehütete Geheimnis. Véronique erlebt nicht nur die Rivalität unter den Mädchen, sie muss auch mit ansehen, wie manche recht schnell das Haus wieder verlässt.
Bei der Beschreibung der königlichen Familie wird die ganze Dekadenz des Adels deutlich. Die einzige, die darunter zu leiden scheint, ist seine Frau Marie, die aus polnischen Adel stammt.
Eines beherrscht die Autorin sehr gut. Das ist der Umgang mit treffenden Sprachbildern.

„...Panik, weiß Lebel, ist wie eine Flutwelle, die jeden Widerstand zermalmt. Louis stellt sich bereits vor, wie jenes Gift durch die Adern strömt...“

Der zweite Teil beginnt 1762. Hier wirkt der Schriftstil lebendig und voller Emotionen. Marie – Louise, Véoniques Tochter, wächst erst bei einer Amme auf und wird dann einem Ehepaar in Versailles anvertraut. Sie ist ein Kind mit Phantasie. Für das Ehepaar zählt das Geld und der Posten, die ihnen die Aufnahme des Kindes einbringt. Liebe ist ein Fremdwort. Marie – Louise hofft, dass sie eines Tages von ihrer Mutter geholt wird.
Als es ernsthafte Probleme mit dem Ehepaar Gourlon gibt, wird Marie – Louise von der Hebamme Margot aufgenommen. Sie nennt sie Tante.Hier fühlt sie sich wohl. Margot bildet sie in ihrem Beruf aus. Die Aufgabe füllt die junge Dame aus.
Nun werde ich mit dem harten Leben in Paris abseits de königlichen Residenz konfrontiert. Die Zeit ist schwierig. Das Volk hungert. Margots Arbeit sichert ihr zwar ein gutes Auskommen, aber bei den Krankenbesuchen werden sie häufig mit Not und Elend konfrontiert. Sehr detailliert wird die Arbeit einer Hebamme beschrieben. Auch die Grenzen werden nicht verschwiegen.
Marie – Louise heiratet den Anwalt Pierre. Der stellt sich auf die Seite der Revolution. Plötzlich wird er verleumdet. Er soll Geld aus Versailles erhalten haben. Davon weiß er nichts. Die Summe entspricht allerdings exakt der Mitgift von Marie – Louise. Nach Margots Tod nimmt sie sich deren Papiere an. Dabei stößt sie auf eine Spur ihrer Mutter.
Interessant finde ich die Darlegung zur Revolution, ihren Widersprüchen und Auswüchsen. So äußert Danton:

„...Er hat gelernt, nicht über die Zukunft zu spekulieren. Wenn man das Feld der Republik bestellt, darf man die Kosten der Aussaat nicht rechnen. Die Revolution frisst ihre Kinder...“

Das Buch hat mir sehr gut gefallen, auch wenn vor allem im ersten Teil an manchen stellen weniger mehr gewesen wäre. Die beiden Frauenschicksale, eingebunden in die gesellschaftlichen Verhältnisse, geben ein gutes Bild des Lebens der damaligen Zeit.

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Veröffentlicht am 11.10.2021

Schöne Romanbiografie

Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern
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„...Ja, sie hatte ihre liebe Not mit diesem erstaunlichen kleinen Mädchen, das viele Fragen stellte und in größte Aufregung geriet, wenn sie einen Riss in der Tapete bemerkte...“

Schon als Kind war Annette ...

„...Ja, sie hatte ihre liebe Not mit diesem erstaunlichen kleinen Mädchen, das viele Fragen stellte und in größte Aufregung geriet, wenn sie einen Riss in der Tapete bemerkte...“

Schon als Kind war Annette nicht einfach, wie die Gedanken der Mutter belegen. Dabei waren ihre Überlebenschancen nicht gut gewesen, denn eine Frühgeburt zu der Zeit war häufig dem Tod geweiht.
Die Autorin hat eine abwechslungsreiche Romanbiografie der Schriftstellerin geschrieben. Sie erzählt deren Leben in einzelnen Episoden.
Das Buch zeichnet sich durch einen gut lesbaren Schriftstil aus. Außerdem ist die umfangreiche Recherche der Autorin in jeder Zeile spürbar.
Annette wächst geborgen auf dem Gut der Familie auf. Sie gilt als hochbegabt, komponiert schon in jungen Jahren und schreibt Gedichte. Außerdem ist sie sehr phantasievoll.

„...Da Annette schnell beleidigt war und zudem unter Hustenanfällen und Schwächlichkeit litt, bekam sie wenig Tadel zu hören...“

Das allerdings sollte sich mit zunehmenden Alter ändern. Dann wird die liebe Verwandtschaft zu ihrer größten Kritikerin.
Sehr gut werden die gesellschaftlichen Verhältnisse in die Geschichte integriert. In Adelskreisen ignoriert man die anstehenden Veränderungen. Dafür spielen Literatur und Musik eine besondere Rolle.
Heftig trifft Annette der Tod des Vaters. Finanziell aber ist sie versorgt. Sie kann sich ihrer Schriftstellerei widmen, wird jedoch auch von der Verwandtschaft gefordert, wenn Hilfe bei Krankheit notwendig ist.
Annette polarisiert. Ihr Onkel beschreibt sie gegenüber einem Freund so:

„...Seine Nichte sei überaus klug, talentvoll voll hoher Eigenschaften und zugleich gutmütig, aber auch eigensinnig und gebieterisch….“

Andere werfen ihr vor, dass sie Männer schöne Augen macht. Eine erste zarte Freundschaft zerbricht.
Einen größeren Raum nimmt ihre Freundschaft zu Levin Schücking ein. Er kümmert sich um eine Veröffentlichung ihrer Gedichte. Zu mehr als Freundschaft aber ist sie nicht bereit. Hinzu kommt, dass in der Familie immer noch die Mutter das Sagen hat. Annette kann und will sich nicht über deren Meinung hinwegsetzen. Ich halte diese allerdings für übergriffig und unsensibel.
Im Buch sind nicht nur Gedichte von Annette enthalten. Auch andere Personen der Zeitgeschichte kommen zu Wort.
Vor allem in den Gesprächen werden die Einstellungen, aber auch Gefühle der Protagonisten deutlich.
Ein umfangreiches Nachwort ergänzt und vertieft viele der Ausführungen. Ein Personenverzeichnis, eine Auflistung der Lebensorte, eine Zeitleiste und ein Glossar ergänzen das Buch.
Die Biografie hat mir sehr gut gefallen. Sie lässt das Leben der Schriftstellerin lebendig werden.

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Veröffentlicht am 10.10.2021

Mathematik und Humor - geht doch

Wie die Mathematik in die Welt kam
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„...Bald sah auch der Dümmste ein:
Zwei kann sehr Verschiedenes sein:
Zwei Eichenblätter, Bärenhäute,
Steinbeilklingen, alte Leute...“

Das ist ein Ausschnitt aus dem Gedicht, das auf ganz besondere Art ...

„...Bald sah auch der Dümmste ein:
Zwei kann sehr Verschiedenes sein:
Zwei Eichenblätter, Bärenhäute,
Steinbeilklingen, alte Leute...“

Das ist ein Ausschnitt aus dem Gedicht, das auf ganz besondere Art die Geschichte der Mathematik erzählt. Es begann vor knapp hunderttausend Jahren, als Häuptling Olim seiner Horde den Unterschied zwischen ein Mann, zwei Mann, viele Mann klarmachte.
Das Gedicht ist sehr humorvoll und für Kinder verständlich formuliert. Es geht darum, wie der Zahlenraum größer wurde, erste Brüche entstanden und man die Geometrie nutzte. Dabei wird deutlich hervorgehoben, dass es die Erfordernisse der Zeit waren, die die weitere Entwicklung der Mathematik vorangetrieben haben. Der Autor nennt das Eigennutz. Kann man so sehen, muss man nicht. Den Abschluss bildet ein Blick auf den ersten Rechenautomaten.
Eingebettet ist das Gedicht in phantasievolle Zeichnungen, die selbst mathematische Elemente enthalten, so ein rechtwinkliges Dreieck, einen Würfel oder eine Waage.
In einem Nachwort werden nochmals einige Mathematiker erwähnt, die Besonderes für das Fach geleistet haben. Einen Satz aus diesem Nachwort würde ich allerdigns sofort unterstreichen:

„...Aus dem Einfachen springt dann die Vielfalt wie die Blüte aus der Knospe...“

Worterklärungen am Ende gehen auf unbekannte Begriffe ein.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 09.10.2021

Es geht um alles

Pferdeflüsterer-Mädchen, Band 3: Das verbotene Turnier
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„...Der Platz ist viel zu aufgeweicht. Am Ende rutscht noch eines der Pferde aus….“

Es ist selten, dass Patrice von der Ocean Ranch die Reitstunde abbricht. Aber Sicherheit geht ihm über alles. Und vor ...

„...Der Platz ist viel zu aufgeweicht. Am Ende rutscht noch eines der Pferde aus….“

Es ist selten, dass Patrice von der Ocean Ranch die Reitstunde abbricht. Aber Sicherheit geht ihm über alles. Und vor dem Dauerregen muss auch er kapitulieren. Da die jetzige Halle meist von Kelly, der Reittherapeutin, belegt wird, brauchen sie dringend ein neues Gebäude, um für das Training nicht vom Wetter abhängig zu sein. Dafür will Patrice das Nachbargrundstück kaufen. Eigentlich war alles klar, aber nun gibt es Schwierigkeiten. Ein zweiter Käufer ist aufgetaucht.
Die Autorin hat erneut eine spannende Pferdegeschichte geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen. Der Schriftstil passt zur Zielgruppe. Es ist der dritte Teil der Reihe. Obwohl ich nur Band 1 kenne, hatte ich kein Problem, der Handlung zu folgen.
Die Personen werden gut charakterisiert.Über den Trainer Patrice erfahre ich:

„...Er war total wortkarg und einsilbig. Mit Menschen hatte er oft Schwierigkeiten, dafür konnte er super mit Pferden umgehen...“

Sollte der zweite Käufer Erfolg haben, ist der Pferdehof bedroht. Aufgeben ist für Ruby keine Option, deshalb nimmt sie die Geschichte selbst in die Hand. Sie versucht, mit dem Verkäufer zu sprechen. Der schlägt ihr einen Deal vor. Wenn sie das nächste Reitturnier gewinnt, bekommt Patrice das Land.
Ruby weiß, dass Patrice Turniere ablehnt. Sie braucht also einen anderen Trainer und muss ihr Vorhaben geheim halten.
Sehr detailliert wird Rubys Training beschrieben. Gleichzeitig darf ich als Leser an ihren widersprüchlichen Gefühlen teilhaben.

„...Das Training hätte richtig Spaß gemacht, wenn Miyu sie nicht ständig unterbrochen hätte. Ein Lob hin und wieder hätte auch gut getan. Aber davon hatte Miyu noch nie viel gehalten...“

An vielen Stellen wird auf den richtigen Umgang mit Pferden hingewiesen. Das ist aber geschickt in die Handlung integriert. Gerade wenn Ruby und Grace aufeinander treffen bietet sich das an.
Mit passenden Metaphern wird die Landschaft in Irland beschrieben.

„...Die Mähne des Braunen wehte sanft in dem Wind, der vom Meer aufs Land blies. Die Wellen glitzerten in der Wintersonne wie die Südsee in einem Urlaubsprospekt...“

Ruby hat nicht viel Zeit. Wird es ihr gelingen, ihren Plan umzusetzen?
Viele kleine Schwarz – Weiß – Zeichnungen veranschaulichen das Geschehen. Die Seitenzahlen werden von Pferdebildern eingerahmt.
Im Anhang gibt es drei Übungen, wie man das Vertrauen eines Pferdes gewinnen kann und eine Leseprobe zu Band 4.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 07.10.2021

Das Buch zum Film

The Chosen: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen
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„...Einige Hintergrundgeschichten rund um die biblische Erzählung haben wir uns allerdings ausgedacht. Aber die Richtschnur für unsere Arbeit ist der biblische Rat, dem Wort Gottes nichts hinzuzufügen ...

„...Einige Hintergrundgeschichten rund um die biblische Erzählung haben wir uns allerdings ausgedacht. Aber die Richtschnur für unsere Arbeit ist der biblische Rat, dem Wort Gottes nichts hinzuzufügen und nichts davon wegzustreichen...“

Diese Sätze stammen aus der Vorbemerkung zum Buch. Gerade aber mit den ausgedachten Teilen habe ich zum Teil Probleme. Sie sind mir zu modern und eher im Heute zu verorten, als in der Zeit Jesus.
Das Buch ist nach dem gleichnamigen Film entstanden. Deshalb gibt es auch keine geordnete Reihenfolge, sondern die Handlung springt zwischen unterschiedlichen Szenen hin und her.
Die ersten Kapitel befassen sich mit der Geburt Jesus. Sie haben mir sehr gut gefallen. Hier ist die Freude und das Erstaunen der Hirten über das Erlebte in jeder Zeile spürbar.

„...Die Hirten sind außer Rand und Band. Sie sind so aufgeregt, dass sie nicht einmal auf Antworten warten...“

In den nächsten Kapiteln spielt Jesus erst einmal kaum eine Rolle. Ich lerne die Lebensumstände der Maria von Magdala kennen, treffe den Zöllner Matthäus und begleite den Pharisäer Nikodemus in Kapernaum.
Simon,der Fischer, erweist sich als Spieler. Außerdem ist er mit seinen Steuern im Rückstand. Der Roman verbindet diese Personen schon vor dem Treffen mit Jesus miteinander. Das würde ich den biblischen Texten so nicht entnehmen.
Andreas erzählt seinem Bruder von Johannes dem Täufer. Simons Reaktion darauf lautet:

„...Der Mann ist eine Witzfigur. Er trägt Tierfelle und ernährt sich von Heuschrecken und Honig...“

Im Buch wird Jesus durch die Augen derjenigen gesehen, die ihm begegnen. Dies Perspektive ist gewöhnungsbedürftig, lässt aber Raum für unerwartete Gespräche.

„...“Wer weiß? Bei ihm habe ich gelernt, mir über solche Dinge keine Gedanken mehr zu machen.“ „Ich habe es noch nicht gelernt“, wendet Andreas ein...“

Deutlich wird auch, wie sich die Protagonisten nach der Begegnung mit Jesus ändern. Jetzt gibt es vielfältige Bezüge zur Bibel, sei es die Heilung des Gichtbrüchigen oder die Erläuterungen von Gleichnissen durch Jesus.
Mit dem Treffen von Jesus und der Frau am Jakobsbrunnen endet das Buch.
Ab und an gibt es Rückblenden in das Alte Testament, wenn es für den Verlauf der Geschichte notwendig erscheint.
Ein ausführliches Nachwort schließt das Buch ab.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen.

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