Ungewöhnliche Schiffsreise
Dampfer ab Triest„...Um Klarheit zu erlangen, waren Fußmärsche unerlässlich. Viele seiner Fälle hatte Bruno Zabini allein durch schnelles Gehen gelöst. Unterwegs klärten sich Sachverhalte, konkretisierten sich Ahnungen, ...
„...Um Klarheit zu erlangen, waren Fußmärsche unerlässlich. Viele seiner Fälle hatte Bruno Zabini allein durch schnelles Gehen gelöst. Unterwegs klärten sich Sachverhalte, konkretisierten sich Ahnungen, ergaben sich neue Möglichkeiten und wurden Irrwege vermieden...“
Diese Sätze finden sich gleich auf der ersten Seite des Buches. Wir schreiben das Jahr 1907. Inspector Bruno Zabini arbeitet bei der Polizei in Triest. Er ist offen für neue Methoden und hat damit Erfolg.
Auch Maxilian Graf von Urbanau ist nach Triest gekommen. Er will mit seiner Tochter an der Vergnügungsfahrt des Dampfers Thalia teilnehmen. Doch am Tage zuvor erleidet sein Fahrer Rudolf mit dem Auto einen tödlichen Unfall. Es ist Bruno zuzuschreiben, dass erkannt wird, dass jemand das Bremsseil des Wagens manipuliert hat. Daraufhin erhält Bruno den Befehl, den Graf auf der Schiffsreise zu begleiten und eine Auge auf ihn und seine Tochter zu haben.
Der Autor hat einen fesselnden historischen Krimi geschrieben.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und passt sich den Gegebenheiten an. Zum einen unterstützt er manch rasante Szene, zum anderen lässt er viel Raum für die Beschreibung der Reise. Nicht zuletzt ermöglicht er durch gut herausgearbeitete Gespräche einen Blick in die Ansichten und Gefühlslagen der Protagonisten.
Als besonderes Highlight darf ich ab und an einiges über die Gedanken des Attentäters erfahren. Folgende Ansichten stammen von ihm:
„...Der Tod war ein einträgliches Geschäft. Wenn man sich darauf verstand. Man musste sich als Mensch dem Tod zu Gänze verschreiben, man musste den Tod jederzeit willkommen heißen, ihn mit größtmöglicher Gastfreundschaft bewirten und immerzu bereit sein, ihm den geforderten Tribut zu zollen...“
Für die Reisegesellschaft wurden einige interessanten Persönlichkeiten kreiert. Erwähnen möchte ich vor allem die Reiseschriftstellerin Theresa Wundrak, die sich auch in der Männergesellschaft behaupten kann, aber ziemlich von sich eingenommen ist.
„...Eine akademische Karriere war mir als Frau mit unbeugsamen Willen von vornherein versagt, weil die Universitäten die kleingeistigen Kampfarenen alter eitler Gockel sind, denen junge Frauen mit großer Energie panische Angst einjagen...“
Der Autor zeichnet ein sehr widersprüchliches Bild der adligen Gesellschaft jener Zeit. Es ist eine Zeit des Aufbruchs. Während die Männer noch in ihren alten Denkstrukturen verhaftet sind, suchen die Frauen nach Möglichkeiten, zumindest teilweise ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
Bruno hebt sich wohltuend von manch militaristischen Tendenzen einiger seiner Mitreisenden ab.
„...Der Frieden scheint mir jener Zustand zu sein, der die Menschheit in die Zukunft führt...“
Damit macht Bruno deutlich, dass er sich trotzdem im Notfall zu währen weiß. Gerade das Gespräch mit dem Grafen bringt viele politische Fragen auf den Punkt. Dabei geht es unter anderen auch um Diskussionen, wie die Zukunft der Donaumonarchie aussehen sollte. Hier lerne ich Theorien kennen, von denen ich bisher nichts gehört habe, und erfahre eine Menge über die historische Entwicklung von Triest.
An anderer Stelle wiederum erklärt Bruno auf Nachfrage interessierten Damen, wie eine Dampfmaschine funktioniert. Er kann das erstaunlich allgemeinverständlich.
Natürlich ist Bruno an Bord auch als Polizist gefordert. Doch wo und warum möge der künftige Leser selbst herausfinden.
Smyrna, Mykene, Argos und Konstantinopel sind die Stationen der Schiffsreise. Auf den Landgängen lerne ich nicht nur historische Sehenswürdigkeiten kennen.
Ein ausführliche Nachwort klärt über historische Zusammenhänge, die Hintergründe der Geschichte und einige Persönlichkeiten auf.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Der Autor versteht es, in einer fesselnden Handlung mit hohen Spannungsbogen eine Menge an historischen und technischen, aber auch literarischen Wissen unterzubringen.