Johanna will mehr als Mutter sein
Johanna spielt das Leben„...Drei Jahre hatte sie ihm versprochen. Drei ganze Jahre sollte sie daheim verbringen und Kind und Villa hüten, als treu sorgende Ehefrau und liebende Mutter. Nun waren gerade etwas mehr als acht Monate ...
„...Drei Jahre hatte sie ihm versprochen. Drei ganze Jahre sollte sie daheim verbringen und Kind und Villa hüten, als treu sorgende Ehefrau und liebende Mutter. Nun waren gerade etwas mehr als acht Monate vergangen und sie war kurz davor, mit dem Kopf gegen die Wand ihres adrett eingerichteten Ankleidezimmers zu rennen...“
Der Roman beginnt im Jahre 1961. Aus dieser Zeit stammt auch das Zitat. Johanna ist mit ihrem Leben unzufrieden. Dann wechselt die Geschichte reichlich 10 Jahre zurück.
Johanna Jedlicka stammt aus einfachen Verhältnissen. Sie ist gerade neunzehn Jahre alt, als sie in Wien in der Rolle der Luise in „Kabale und Liebe“ am Burgtheater brilliert. Auf der Premierenfeier lernt sie 1949 den jungen Juristen Dr. Georg Neuendorff kennen. Kurze Zeit später ist sie schwanger. Georg und sie heiraten.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Roman geschrieben. Sie stellt das Leben der Schauspielerin Johanna in den Mittelpunkt der Handlung und erzählt die Geschichte in zwei Handlungssträngen.
Johanna ist eine selbstbewusste junge Frau. Sie weiß, was sie will. Ihre Karriere ist für sie alles. Als sie 1951 der erste Schicksalsschlag trifft, ist es die Rückkehr in den Beruf, die ihr Auftrieb und neue Hoffnung gibt.
Georg bleibt im Roman erstaunlich blass. Er lässt seiner Frau im Wesentlichen freie Hand. Nur ab und an fühlt er sich von ihren fehlenden Emotionen getroffen. Dafür gibt es Situationen, wo er über sich hinauswächst. In einer sehr kritischen Lage im Jahre 1961 redet er Johanna zu, in der Premiere zu spielen. Deutlicher wird ihr Schauspielkollege Meinrad.
„...Es ist großartig, dass du nun wieder bei uns bist. Niemand freut sich mehr darüber als ich! Dennoch denke ich, ein Kind gehört zur Mutter!...“
In Wien des Jahres 1961 war die Zeit noch nicht reif für die Freiheiten, die sich Johanna genommen hat. Sie lässt ihre Tochter bei der Mutter und der Tante. Es mag sein, dass der Kleinen dort viel fehlt, wie vernünftige Ernährung und Erziehung. Eines aber bekommt sie sicher: sehr viel Liebe.
Der Schriftstil des Buches ist ausgereift. Die unterschiedlichen Lebensverhältnisse werden gekonnt an Johannas Leben deutlich. Heimlich unterstützt sie ihre Eltern. Die Ehe ist mehr ein Nebeneinander als ein Miteinander. Nichts bringt die Probleme besser auf den Punkt als das folgende Zitat:
„...Drei Schritte waren es aus der Schlafzimmertür bis zur Mitte des Flurs, dann sechs Schritte bis zur Haustür. Das machte neun Schritte, um sie zurückzuhalten. Aber weder wollte Johanna, dass er sie zurückhielt, noch wollte Georg hinter ihr herrennen. Als die Tür ins Schloss fiel, begann damit der Anfang eines sehr, sehr langen Endes...“
Johanna lernt das Auf und Ab des Schauspielerlebens kennen. Auch im Privatleben ist sie eine Schauspielerin. Erstaunlicherweise fördert genau das die Karriere von Georg, wobei ich den Eindruck hatte, dass er eher wenig ehrgeizig ist. Auf er Bühne bekommt sie zwar gute Rollen, sie ist aber nicht mehr erste Wahl.
„...Niemand hatte Johanna darauf vorbereitet, dass der große Erfolg endlich war...“
Zu diesem Zeitpunkt entscheidet sie sich, Mutter zu werden. Es klappt relativ schnell. Damit aber kommen, wie das Eingangszitat zeigt, neue Probleme.
„...Nur Mutter zu sein, würde ihr nicht genügen und sie beneidete die anderen Frauen, die sie kannte, die nicht mehr wollten die zufrieden damit waren, diese Rolle auszufüllen...“
Einige bekannte Persönlichkeiten werden im Buch erwähnt, so Attila Hörbiger und Paula Wessely.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie schwierig es für Frauen war, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen.