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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.12.2020

Fesselnder historischer Roman

Der Krieger des Herrn
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„...“Nicht zu glauben...ein echtes Turnier.“ „Ein Treffen von prunksüchtigen Holzköpfen, die Leib und Leben für vergänglichen Ruhm, ein paar Silberstücke und das Kreischen verrückter Weiber riskieren...“

Hildebrand ...

„...“Nicht zu glauben...ein echtes Turnier.“ „Ein Treffen von prunksüchtigen Holzköpfen, die Leib und Leben für vergänglichen Ruhm, ein paar Silberstücke und das Kreischen verrückter Weiber riskieren...“

Hildebrand weiß, wovon er redet. Er hat schon ein bewegtes Leben hinter sich. Doch darüber schweigt er. Für seinen Schützling Walter von Westereck wird es das erste Turnier. Konrad von Lauenau, der Erzfeind seines Vaters, hat dazu eingeladen. Ablehnen ist keine Option. Deshalb schickt Hugo von Westereck seinen jüngsten Sohn mit Hildebrand.
Der Autor hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Wir schreiben das Jahr 1190. Die Auseinandersetzungen zwischen Welfen und Staufern hinterlassen auch in Sachsen ihre Spuren. Konrad hofft, mit dem Turniergewinn seines Sohnes Wilfried Burg Westereck zu erhalten. Doch es kommt anders.
Die Personen werden gut charakterisiert. Walter von Westreck und Wilfried von Lauenau kennen sich. Schon in der gemeinsamen Klosterzeit war Wilfrieds sadistische Ader sehr ausgeprägt. Daran hat sich nichts geändert. Außerdem stellt er seiner Halbschwester Jolande nach. Die bittet auf den Turnier Walter, ihr zu helfen. Dem aber sind die Hände gebunden.
Das Buch zeugt von gekonnter und exakter Recherche des Autors. Sehr anschaulich wird beschrieben, wie es auf einen Turnier zugeht. Für viele Ritter ist das die einzige Chance, zu Gut und Geld zu kommen. Deshalb sind die Veranstaltungen weiter gefragt, auch wenn sie von Seiten der Kirche eigentlich verboten sind.
Trotz heftigen Kämpfen und manch grausamen Szenen schwingt ab und an ein feiner Humor mit. So mahnt Volpert Walter vor dem Turnier:

„...Was ich damit sagen wollte, Knappe, nimm die Früchte vom Baum, die weiter unten wachsen. Das spart Mühe und Zeit. Die Oberen sind schwer zu erreichen und man kann sich beim Klettern leicht den Hals brechen...“

Walters Antwort darauf:

„...Aber die Früchte, die ganz oben hängen, sind süßer und saftiger. Warum sollte man sich mit Fallobst zufrieden geben?...“

Gleichzeitig zeigen die Zitate, wie gut der Autor das Spiel mit Metaphern beherrscht.
Wilfried wird zur Teilnahme am Kreuzzug verpflichtet. Walter folgt ihm, um den grausamen Tod seiner Familie zu rächen. Erst spät wird er begreifen:

„...Rache ist ein schleichendes, bitteres Gift, welches man nie von seinem Körper bekommt. Selbst dann nicht, wenn sie erfolgreich war...“

Durch die Reise der beiden lerne ich nicht nur zwei Wege ins Heilige Land kennen, ich erfahre auch, wie unterschiedlich die Pilgergruppen zusammengesetzt waren. Manch einer war mit nichts als dem, was er auf der Haut trug, unterwegs. Für die Ritter galt es, Möglichkeiten zu finden, das Geld für die Reise zusammen zu bekommen. Nur die wenigsten haben das Ziel erreicht. Weil für die Juden der Boden in den deutschen Fürstentümern gerade wieder sehr heiß wird, schließen auch sie sich dem Zug an. Hartung von Scharfenstein, Walters Kampfgefährte, ist seiner Zeit weit voraus.

„...“So ein Unsinn“, brummte Hartung. „In jeder Bibel steht, dass es die Römer waren. Jesus, unser Erlöser, war selbst ein Jude.“...“

Und am Zielort zählte nicht die Gemeinsamkeit, sondern in erster Linie der eigene Ruhm. Richard von Löwenherz zum Beispiel nahm keine Rücksicht auf die anderen Fürsten.
Der Autor versteht es, fesselnd zu erzählen und den Spannungsbogen hoch zu halten. Eingestreut sind die unterschiedlichsten Schicksale.
Ein Glossar, ein Personenindex und ein informatives Nachwort vervollständigen die Geschichte.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 14.12.2020

Eine starke Frau

Madame Clicquot und das Glück der Champagne
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„...Seine Briefe wurden vertraulicher. Er schätzte ihre Klugheit, mit der sie seine Gedankengänge durchdrang, und nach und nach, so las sie in den Zeilen, fühlte er sich ihr auch immer näher. Bei seiner ...

„...Seine Briefe wurden vertraulicher. Er schätzte ihre Klugheit, mit der sie seine Gedankengänge durchdrang, und nach und nach, so las sie in den Zeilen, fühlte er sich ihr auch immer näher. Bei seiner Rückkehr sahen sie einander mit anderen Augen als zuvor. Sie heirateten, als Barbe zwanzig Jahre alt war...“

Wir schreiben das Jahr 1805. Barbe ist in der Nacht aufgewacht und geht nun voller Unruhe zu ihrem Mann. Dabei erlebt sie in Gedanken nochmals die Zeit ihres Kennenlernens. Sie ahnt nicht, dass Francois schon tot ist. Zwar weiß sie um seinen Schwermut, doch dass er sich selbst das Leben nimmt, trifft sie hart. Barbe ist eine kluge Frau. Mit Hilfe ihrer Freundin Adèle vertuscht sie das Geschehen und spricht von einem Fiebertod.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Vor meinen Augen wird nicht nur das Leben der Witwe Barbe – Nicole Clicquot aufgeblättert, sondern auch die Entstehung ihres berühmten Champagners deutlich und detailgenau beschrieben.
Barbe möchte das Geschäft ihres Mannes weiterführen. Schon immer hat sie mitgearbeitet. Sie kennt sich im Weinkeller gut aus und ist experimentierfreudig. Doch sowohl ihr Vater, als auch ihr Schwiegervater, der Anteile an der Firma hält und seit dem Tod seines Sohnes ein gebrochener Mann ist, sind dagegen. Zuspruch erhält sie von ihrer jüngeren Schwester Clementine. Die taut ihr das Geschäft zu.
Und dann gibt es noch Louis Bohne. Er hat als Händler die Marke Clicquot in Russland bekannt gemacht. Die Gespräche der beiden sind inhaltsreich und werfen ein Schlaglicht auf die Politik der Zeit.

„...Napoleon hält die ganze Welt in Atem. Ich muss sagen, aus der Sicht eines Handlungsreisenden ist seine Politik eine Katastrophe...“

Die politische Lage zieht sich wie ein roter Faden durch das Geschehen. Die Kriege der Zeit sorgen dafür, dass Barbe wirtschaftlich immer wieder zu kämpfen hat. Was nutzt der beste Schaumwein, wenn Handelswege wegen Seeblockaden unterbrochen sind und die einheimische Bevölkerung sich nur die billigen Sorten leisten kann?
Barbe kennt Napoleon persönlich. Ihm hat sie den Namen „Champagner“ für ihren Schaumwein zu verdanken. Den benutzt er, als er sich mit Josefine im Hotel ihrer Eltern trifft. Dass er gerade diesen Wein kostet, ist Barbes Einfallsreichtum zu verdanken. Schon allein wegen dieser Geschichte ist das Buch sein Geld wert.
Hinzu kommt, dass die Autorin es versteht, mit Worten zu spielen und griffige Bilder zu kreieren, wie das folgende Zitat zeigt:

„...Wein ist wie Musik. […] Jede einzelne Stimme für sich gibt eine hübsche Melodie, jedoch leichtfüßig und flüchtig. Spielt man sie aber gleichzeitig in verschiedenen Tonlagen auf verschiedenen Instrumenten und achtet auf die Harmonien und wie eines zum anderen passt, dann kann diese einfache Melodie einen wahren Klangsturm entfachen...“

Deshalb spricht Barbe auch davon, dass sie ihre Weine als Cuvée komponiert. Das Rüttelverfahren geht ebenfalls auf sie zurück. Nicht immer ist bei den Experimenten beim ersten Mal alles geglückt. Doch Barbe hat Geduld.
Zwei Männer hätten gern an ihrer Seite gelebt. Der eine zieht sich freiwillig zurück, der andere muss durch eine harte Schule gehen, um zu begreifen, dass Barbe nie wieder heiraten wird. Der Grund ist einfach. Die Heirat bedeutet die Aufgabe der Selbstständigkeit. Danach gehört die Firma dem Mann, er hat das Sagen und sie ist auf sein Wohlwollen angewiesen.
Barbe erweist sich als knallharte Geschäftsfrau und nötigt den Männern, die mit ihr verhandeln, Respekt ab. Louis Bohne drückt das nach einem Geschäftsgespräch mit einem Glasbläser so aus.

„...Vermutlich hat er noch nie zuvor mit einer Dame verhandelt. Schon gar nicht mit einer Dame, die so genau weiß, was sie will...“

Auf der anderen Seite aber zeigt sie viel Menschlichkeit, wenn es notwendig ist.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist eine gekonnte Mischung aus fesselnder Handlung und Faktenwissen.

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Veröffentlicht am 12.12.2020

Schöne Weihnachtsgeschichte

Schmittmanns Weihnachten
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„...Sie streckte Schmittmann ihr Päckchen entgegen. Aus einem winzigen, pausbäckigen Gesicht blickte ihn ein Säugling neugierig mit großen Augen an. Niedlich, dachte Schmittmann, verbot sich aber im gleichen ...

„...Sie streckte Schmittmann ihr Päckchen entgegen. Aus einem winzigen, pausbäckigen Gesicht blickte ihn ein Säugling neugierig mit großen Augen an. Niedlich, dachte Schmittmann, verbot sich aber im gleichen Moment diese Anwandlung...“

Im Fernsehen läuft gerade die Sportschau, als es bei Schmittmann klingelt. Frau Haferfeld informiert ihn, dass die Turnhalle abgebrannt ist und die Flüchtlinge eine neue Unterkunft brauchen. Dann verschwindet sie und lässt ein Ehepaar vor seiner Tür stehen. Wie das Eingangszitat zeigt, haben die beiden ein Baby bei sich. Sie sind Flüchtlinge aus Gaza. Soll er ihnen das glauben oder erlaubt sich jemand einen Scherz mit ihm?
Schmittmann ist hin- und hergerissen. Hinter ihm läuft gerade Fußball und er soll Konversation machen. Kurzerhand lädt er die beiden zum Tee ein.
Der Autor hat eine kurze, aber tiefgründige Weihnachtsgeschichte geschrieben.
Sein Protagonist lebt allein, seitdem ihn seine Frau verlassen hat. Eigentlich hat er sich an das Alleinsein gewöhnt. Es hat auch seine Vorteile. Doch vor ihm liegt ein einsames Weihnachtsfest. Platz, um die Familie aufzunehmen hätte er. Das Gästezimmer ist leer.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Spannend ist weniger Schmittmanns Entscheidung, sondern die Reaktion der Umwelt. Dazu gehören andere Hausbewohner, aber auch seine Ex und die Kinder, die er zu Weihnachten einlädt.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Gewisse Parallelen zur Weihnachtsgeschichte sind sicher gewollt.

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Veröffentlicht am 12.12.2020

Hier wurde Potential verschenkt

Das Wunder von Errikousa
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„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter ...

„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter das erste Mal diese Geschichte erzählt, eine Geschichte von Mut und Menschlichkeit. Ein einschneidendes persönliches Erlebnis sorgt dafür, dass Yvette sich Jahre später nochmals damit beschäftigt.
Es fällt mir nicht leicht, das Buch zu rezensieren. Das liegt nicht nur daran, dass ich eigentlich was anderes erwartet habe. Das Wunder von Errikousa macht nicht einmal ein Viertel der Geschichte aus. Ansonsten bewegt sich die Autorin in mehreren Zeitebenen. Stellenweise fehlt mir ein roter Faden.
Ausgangspunkt der Geschichte ist ein Geschehen im Jahre 2014. Yvettes Neffe Reat und dessen Großvater Bill werden vor einem jüdischen Gemeindezentrum erschossen. Das nimmt die Autorin als Aufhänger, um Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit aufzuzeigen.
Yvettes Familie hat griechische Wurzeln. Erst nach dem Krieg ist die Mutter mit den Kindern dem Vater nach Amerika gefolgt. Die ältere Generation lebte dort in einer griechischen Gemeinde. Auch in der neuen Heimat wurden die alten Traditionen fortgesetzt.
Im Buch erfahre ich einiges über das Leben auf Errikousa im Krieg und die Schwierigkeiten des Neubeginns in Amerika.

„...Fest entschlossen, ihre Kultur und ihre Bräuche zu erhalten, verließen Yiayia und die anderen Frauen nur selten den geschützten Kreis aus Griechisch sprechenden Bekannten und Verwandten...“

Gleichzeitig berichtet die Autorin über das Leben der Juden auf Korfu und ihre Vernichtung kurz vor Kriegsende. Savvas und seiner Familie war es gelungen, auf Errikousa zu fliehen. Dort konnten sie sich verbergen.
Einen weiten Raum im Buch nimmt die Suche nach Savvas Töchtern und deren Nachkommen ein.

„...Alle wussten, dass Savvas auf Errikousa gestorben und beerdigt worden war. Aber es gab keine übereinstimmenden Aussage darüber, was nach dem Krieg aus den Mädchen geworden war...“

Häufig werden verschiedene Dinge unter anderen Blickwinkel neu erzählt oder wiederholt. Das gibt der Geschichte eine gewisse Zähigkeit. Auch das Einbeziehen weiterer Lebensgeschichten lenkt vom Thema des Buches ab.
Die Autorin verliert sich in Details. Dadurch steht weniger das Geschehen in Errikousa im Mittelpunkt, sondern mehr ihre eigene Familiengeschichte und die gegenwärtigen Erlebnisse.
In Glaubensfragen bleibt einiges offen, vor allem, was ihr Tante Mindy angeht, deren Sohn Reat war. Es ist für mich weder logisch noch nachvollziehbar, dass sie kurzzeitig mit dem Gedanken spielt, zum Judentum zu konvertieren.
Für mich sieht es so aus, als wolle die Autorin mit ihrem Buch den Mut derjenigen hervorheben, die sich in schwieriger Zeit für andere eingesetzt haben und dazu aufrufen, das Schweigen über die dunkle Vergangenheit zu brechen. Mit der Gestaltung des Buches und ihrer Erzählweise ist ihr das aber nur bedingt gelungen.
Auch die Gleichstellung von persönlichen Hassattacken und staatlich sanktioniertem Hass gehe ich nicht mit.
Eine straffere Erzählweise und eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Themen hätte dem Buch gut getan.

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Veröffentlicht am 10.12.2020

Spannende Familiengeschichte

Das Unrecht der Väter
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„...Ohne ein weiteres Wort erreichten sie schließlich den Stamm und kletterten nacheinander daran herunter, bis sie wieder auf sicheren Füßen standen. Erleichtert ließen sie sich zu Boden fallen, eine ...

„...Ohne ein weiteres Wort erreichten sie schließlich den Stamm und kletterten nacheinander daran herunter, bis sie wieder auf sicheren Füßen standen. Erleichtert ließen sie sich zu Boden fallen, eine Weile bewegten sie sich nicht...“

Das Zitat stammt aus dem Vorwort des Buches. Leopold, Gustav und Ferdinand, etwa 10 Jahre alt, sind zusammen aufgewachsen. Doch das Geschehen hätte schlimm ausgehen können. Leopold wollte der Größte sein und hat die Gefahr unterschätzt.
Sechzehn Jahre später ist von der Freundschaft der drei Jungen nicht mehr viel übriggeblieben. Zuviel ist in der Zwischenzeit passiert. Charakterzüge, die sich schon 1920 andeuteten, haben sich verfestigt.
Wir schreiben das Jahr 1936. Die Generation ihrer Väter feiert das 15jährige Geschäftsjubiläum. Paul-Friedrich von Falkenbach, Wilhelm und Heinrich Lehmann waren im Ersten Weltkrieg zusammen. Sie haben danach ihre Firmensitze zusammengelegt. Als aber zufällig genau zum Firmenjubiläum eine junge Frau auftaucht und Fragen zu ihrem Vater stellt, der mit den drei Männer zusammen war und den Ersten Weltkrieg nicht überlebt hat, zeigt sich, dass es einen bestimmten Grund gegeben haben muss, der die Männer zusammengeschweißt hat.
Die Autorin hat einen spannenden historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an. Dazu gehört, dass die Personen gut charakterisiert werden. Während Leopold in die Firma des Vaters eingetreten ist, studiert Gustav in Berlin Medizin. Ferdinand würde gern in der Firma arbeiten, wird aber mit seinen Ideen von seinem Vater ausgebremst.
Die Autorin lässt mich tief in das Familienleben eindringen. Nicht alles läuft harmonisch. Mancher der Söhne bereut schon seine Entscheidung.
Gut gefällt mir, dass die Ehefrauen einen größeren Part in der Handlung bekommen. Sie laufen nicht nur mit, sondern beeinflussen das Geschehen.
Die Geschichte ist eingebettet in die historischen Verhältnisse. Auch in dem kleinen Ort Bernried am Starnberger See hat die Ideologie der Nazis Einzug gehalten.
Während die Väter um Aufnahme in die Partei bitten, sehen das die Söhne teilweise anders.

„...Gustav wusste einfach nicht, was er vom Führer selbst zu halten hatte, und ob die, die seine Überzeugungen unter das Volk trugen, die Lage gänzlich erfasst hatten...“

Gustavs Schwester Wilhelmine steht nach einer heftigen persönlichen Erfahrung dem Regime kritisch gegenüber. Allerdings muss sie lernen, wesentlich vorsichtiger zu agieren.
Doch nicht nur die Väter verbergen ein Geheimnis, das an keinem Fall an die Öffentlichkeit darf. Leider erfahre ich bis zum Schluss nicht, was damals wirklich passiert ist. Die Bruchstücke, die mir die Herren in verschiedenen Gesprächen servieren, sind vermutlich zum einen geschönt und zum anderen ein ganzes Stück entfernt von der Wahrheit.
Das ist aber nicht das einzige Geheimnis, was sich in der Handlung versteckt,
Die Autorin versteht es, in gut ausgearbeiteten Gesprächen Einblick in die Gedankenwelt ihrer Protagonisten zu geben und gleichzeitig deren Emotionen widerzuspiegeln. In einem Gespräch mit Clara, etwa in der Hälfte des Buches, erkennt Gustav:

„...So vieles ist in den letzten Jahren in diesem Land passiert, das ich für ausgeschlossen gehalten hätte. Es ist nicht so, dass mir das gleichgültig ist. Ich habe nur nicht mehr viel Hoffnung, etwas verändern zu können...“

Eines wird an verschiedenen Stellen deutlich. Der Erste Weltkrieg hat bei den drei Männer sehr unterschiedliche Spuren hinterlassen. Vergessen hat keiner, was geschehen ist. In einem aber sind sie sich sicher. In den nächsten Jahren wird es keinen Krieg wieder geben. Genau wegen dieser Einstellung fällt einer der Söhne kurzfristig eine vermutlich fatale Entscheidung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Trotzdem gibt es nur vier Sterne. Cliffhanger sind bei einem Mehrteiler in Ordnung, aber mehrere lose Enden müssen nicht sein.

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