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Veröffentlicht am 19.01.2019

Vier mutige Männer

Frei wie die Vögel
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„...Unser Krieg ist gut. Es geht um Säuberung, um Reinigung, um die dringende Reinhaltung des Blutes! Alles ,was rein ist, tut auch Ihnen gut!...“

Am 10. November 1943 werden vier Männer aus Lübeck hingerichtet. ...

„...Unser Krieg ist gut. Es geht um Säuberung, um Reinigung, um die dringende Reinhaltung des Blutes! Alles ,was rein ist, tut auch Ihnen gut!...“

Am 10. November 1943 werden vier Männer aus Lübeck hingerichtet. Drei von ihnen sind katholische Geistliche, der vierte gehört der evangelischen Kirche an. In dem Buch erzählt die Autorin das Geschehen der Jahre 1941 bis 1943 in einer spannenden Romanhandlung.
Nach einem Vorwort von Prof. Heike Henning erläutert die Autorin im Prolog, was sie bei der Recherche zum Buch erlebt und erfahren hat. Dann folgen kurze Biografien von Johann Prassek, Eduard Müller, Hermann Lange und Karl Friedrich Stellbrink.
Anschließend beginnt die eigentliche Romanhandlung. Dabei fallen zwei Dinge besonders ins Auge. Die einzelnen Kapitel sind nicht chronologisch aneinandergereiht und der Schriftstil variiert zum einen für die Person, aber auch für den Inhalt.
Jedes Kapitel beginnt mit zwei Originalzitaten und der Datumsangabe. Das Eingangszitat bezieht sich auf Eduard. Vertreter des Staates versuchen, ihn als Jugendleiter für die Hitlerjugend zu gewinnen. Er lehnt ab.
Ganz anders klingt es, wenn die Autorin mich an den Gedanken von Hermann Lange in seiner Zelle teilnehmen lässt.

„...Die weißen Stunden bewegen sich langsam und leise, wie auf Zehenspitzen oder mit geräuschlosen, dicken Pantoffeln. Als wären meine Ohren mit Watte verstopft. Ich höre die Stille und höre mein Herz. Ich atme. Ich lebe...“

Die Autorin gestaltet den Roman wie ein Musikstück oder ein Gemälde. Sie blättert immer andere Facetten des Geschehens auf. Einmal gibt es tiefgehende Diskussionen der Männer in der Küche des Pfarrhauses. Im nächsten Moment unterhält sich Johannes mit polnischen Zwangsarbeitern und bringt ihnen Essen, obwohl das verboten ist. Ab und an machen sie wohlmeinende Gemeindemitglieder auf die Gefahren aufmerksam. Manchmal gehen die Gedanken der Vier zurück in die Vergangenheit. Ich erfahre Ereignisse aus der Kindheit und dem Studium.
Häufig wird der christliche Glaube den Glaubenssätzen des Naziregimes gegenübergestellt. Dabei stellt sich heraus, dass das Gift der neuen Ideologie bis in die eigene Gemeinde reicht. Ein Gedanke Johannes` ist auch heute wieder aktuell:

„...Man konnte doch sein Land lieben und dennoch oder gerade deswegen gastfreundlich sein...“

Nach der Bombardierung Lübecks und der Wende im Krieg wird es für die vier Männer lebensgefährlich. Sie werden zeitgleich verhaftet. Der Prozess ist eine Farce. Letzterer ist zwar nicht Thema des Buches, wird aber durch den Aussagen der Rechtsanwälte und die Gedanken der Inhaftierten mehrmals angesprochen. Sehr behutsam gibt die Autorin die letzten Stunden wieder. Es ist eine Zeit der Hoffnung, aber auch der Angst, nicht der Angst vor dem Tod, denn mit dem Leben hier auf Erden haben sie abgeschlossen, aber der Angst vor dem Moment des Sterbens.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Autorin hat damit vier Männern ein Denkmal gesetzt, die bereit waren zu ihrem Glauben und ihrer Menschlichkeit auch in finsterer Zeit zu stehen.

Veröffentlicht am 18.01.2019

Die Macht der Gier

Flanders Fluch
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„...Nun, da sich das Tageslicht in der Küche immer mehr ausbreitete, konnte Matthias ihr Gesicht deutlicher sehen. Unzählige Runzeln bedeckten es und die Wangen waren eingefallen. Allerdings zogen ihn ...

„...Nun, da sich das Tageslicht in der Küche immer mehr ausbreitete, konnte Matthias ihr Gesicht deutlicher sehen. Unzählige Runzeln bedeckten es und die Wangen waren eingefallen. Allerdings zogen ihn ihre efeugrünen Augen in den Bann, die frisch und klar und lebendig waren...“

Matthias Veigerl kehrt nach dem Tod des Vaters in den Heimatort der Mutter zurück. Einerseits braucht er eine Bleibe, bis er eine Anstellung als Architekt gefunden hat, andererseits sucht er seine Wurzeln. Er hatte seinen Onkel Heinrich von seinem Wunsch geschrieben. Der aber weist ihn an der Tür ab. Matthias erinnert sich an ein Gut, dass am Rande des Dorfes liegt. Dort bittet er um Unterkunft. Regina nimmt ihn auf. Das obige Zitat beschreibt die betagte Frau.
Die Autorin hat einen tiefgründigen Roman geschrieben. Sie lotet dabei die Psyche ihrer Protagonisten aus.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und an vielen Stellen sehr ausgefeilt. Über dem gesamten Geschehen liegt eine düstere Grundstimmung. Die Autorin erzählt von Schuld und Rache, von unerfüllten Leben und ungestillter Gier.
Nach und nach erfährt Matthias von Heinrich und Regina die Geschichte ihres Lebens. E isteine Geschichte von Verstrickungen, die eine ganze Familie zerstört.
Regina hatte eine Zwillingsschwester. Im Ort wurden sie die Goldschwestern genannt. Ihre alleinerziehende Mutter hat die Familie mehr schlecht als Recht durch die Zeiten gebracht. Im Dorf galten sie als Außenseiter. Dem gegenüber steht Heinrich. Er ist von Margreths Schönheit geblendet. Die junge Frau aber durchschaut seinen Charakter. Sie ist die stärkere der Schwestern und hat es sich für Aufgabe gemacht, Regina zu beschützen. Heinrich selbst sieht sich so:

„...Als der Krieg kam und die jungen Männer auszogen, um für Dinge zu kämpfen, von denen sie kaum etwas verstanden, sah Heinrich seine Gelegenheit, sich zu profilieren. Und wenn er erst vorbei war, dieser dumme Krieg, dann würde er als Held zurückkehren und Margreth heiraten...“

Die Autorin versteht es, mit Worten Bilder zu malen. Sie erzählt weniger, was geschieht, mehr warum. Das folgende Zitat spielt nach dem Einzug der Roten Armee im Ort.

„...Sie waren hungrig. Manche gierig. Sie hatten ihre Familie an die Deutschen verloren und sannen auf Rache. […] Rache ist wie Durst. Er wird nie gestillt. Danach kommt die Gier...“

Diese kurze knappe Sprache, die das Geschehen knallhart auf den Punkt bringt, gibt es an vielen Stellen. Ein Gegenpol dazu sind die Gespräche, die Matthias mit Regina führt. Hier steht im Mittelpunkt Trauer und Verlust sowie eine Rache, die die Todessehnsucht überwindet.
Einerseits zeigt die Geschichte, wie Regina mit jeder Stufe des Leides wächst, andererseits ist Heinrich bis zum Schluss schwer zu durchschauen. Weiß er, was Reue ist? Oder spielt er selbst in seiner Sterbestunde noch ein perfides Spiel?
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt auf eine ganz besondere Art, was geschieht, wenn die dunkle Seite der menschlichen Existenz als schöner Schein verkauft wird.

Veröffentlicht am 15.01.2019

Abenteuer in Mirathasia

Das Ankunftszentrum (2)
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„...Es ist unglaublich, was es für Räume in diesem Ankunftszentrum gibt, denkt Malte, als er den ersten Schritt durch die Mauer gesetzt hat...“

In einem Vorwort werden die Kinder mit dem Land Mirathasia ...

„...Es ist unglaublich, was es für Räume in diesem Ankunftszentrum gibt, denkt Malte, als er den ersten Schritt durch die Mauer gesetzt hat...“

In einem Vorwort werden die Kinder mit dem Land Mirathasia vertraut gemacht, einem Land, das voller Überraschungen ist und nur von Kindern betreten werden darf. Allerdings ist die Zeit, die man sich in dem Land aufhalten darf, begrenzt.
Doch auch in Mirathasia ist nicht alles eitel Sonnenschein. Das erleben Malte und Adrian, die bei ihrer Ankunft von einem Kugelblitz getroffen und zu Boden geschleudert werden. Dahinter steckt Carlos und seine Bande. Sie beschweren sich bei einer Madlina, einer Helferin des Landes. Die aber weiß nichts von Carlos` Anwesenheit. Also nehmen Malte und Adrian die Sache selbst in die Hand. Sie wollen Carlos ausschalten.
Die Autorin hat ein spannendes Abenteuer für Kinder geschrieben.
Wie das Eingangszitat schon zeigt, gibt es einen geheimen Zugang vom Ankunftszentrum aus. Die beiden Jungen verfolgen Carlos` Bande und müssen sich bald ihrer Haut wehren. Dann aber ist ihre Hilfsbereitschaft gefragt. Sie lassen sich einiges einfallen, um rechtzeitig zurück im Ankunftszentrum zu sein und den Gefahren zu entgehen.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er unterstützt die rasante Handlung. Gleichzeitig macht er den unterschiedlichen Charakter von Carlos und seiner Bande einerseits und Malte und Adrian andererseits deutlich. Ersteren geht es nur darum, für Ärger und Unruhe zu sorgen. Malte und Adrian mögen Mirathasia und wollen, dass sich die Kinder darin wohlfühlen.
Das Buch strotzt vor ungewöhnlichen Ideen. Viele Zeichnungen veranschaulichen die Handlung.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen.

Veröffentlicht am 14.01.2019

Suche nach den Wurzeln

Das Bernsteincollier
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„...Die Menschen des Krieges, wie Ingas Mutter sie immer nannte, wollten die Zeit des Krieges vergessen und sprachen nicht gern darüber...“

Wir schreiben das Jahr 2015. In Schweden wird Inga zu ihrem ...

„...Die Menschen des Krieges, wie Ingas Mutter sie immer nannte, wollten die Zeit des Krieges vergessen und sprachen nicht gern darüber...“

Wir schreiben das Jahr 2015. In Schweden wird Inga zu ihrem Großvater gebeten. Er ist über 90 Jahre alt und teilt ihr mit, dass er Krebs hat. Eigentlich wollte er ihr auch ein Stück seines Lebens erzählen, doch noch schweigt er.
Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1911. In Ostpreußen verdingt sich Ernas Mutter als Küchenhilfe. Sie war in begüterten Verhältnissen aufgewachsen, aber nach dem Tode ihres Mannes waren nur Schulden übrig.
Die Autorin hat einen fesselnden Roman geschrieben. Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen dargestellt. In der Gegenwart begibt sich Inga auf die Suche nach den Wurzeln ihrer Herkunft. In der Vergangenheit erfahre ich Stück für Stück die Lebensgeschichte von Ingas Vorfahren.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. In der Vergangenheit hat begegnen mir zwei starke Frauen, Das sind Erna und ihre Tochter Ebba. Erna ist alleinerziehend. Sie wurde von Ebbas Vater verraten und betrogen. Sie gibt aber nicht auf und sorgt selbst in schwierigsten Zeiten für ihre kleine Familie. Dabei legt sie Wert darauf, dass ihre Tochter eine gute Bildung mitbekommt. Das, was ihr schon die Mutter vermittelt hat, gibt sie nun an die Tochter weiter.
Gut dargestellt werden die Verhältnisse in Ostpreußen. Tief sitzt der Groll über die Folgen des ersten Weltkrieges. Deshalb lässt Alfred von Bergen, ein Gutsbesitzer, seinen Sohn Johann schon in jungen Jahren wissen:

„...Irgendwann wird der Tag kommen, an dem die Uhren wieder für uns schlagen […] Und dann holen wir uns wieder, was unser ist...“

Er kann nicht im mindesten ahnen, das sie alles verlieren werden. Allerdings gehört er zu den wenigen Gutsbesitzern, die die Nazis mit kritischen Augen sehen. Zum Verhalten des Regimes gegenüber den Juden äußert er sich folgendermaßen:

„...Wir zählen nicht zur breiten Masse und sollten kritisch sein. Es geht hier immer noch um Menschen...“

Johann und Karl, sein bester Freund, erleben den Krieg an der Ostfront. Die wenigen Schilderungen bewegen emotional. Sie zeigen aber auch, wie gut die Propaganda funktioniert hat und wie gefühllos man Kriegsverbrechen gegenüber war. Erna dagegen, die als Krankenschwester an der Front arbeitet, getraut sich den Mund aufzumachen ohne Rücksicht auf persönliche Gefahren.
Die Krankheit von Kalle, Ingas Opa, schreitet schneller voran als gedacht. Er kann sich nur noch bruchstückhaft äußern. So erfährt Inga, dass er nicht aus Berlin stammt, wie es bisher die Familie glaubte, sondern dass seine Wurzeln in Ostpreußen liegen. Sie fährt nach Kaliningrad.
Für den abwechslungsreichen Schriftstil der Autorin zeugt die Beschreibung der kurischen Nehrung:

„...Die Gegend verzauberte mit einer großen Sanftheit und war zugleich schroff und ungeschliffen...“

Während der Stil in Zeiten des Krieges hart und realitätsnah ist, wird die Reise durch Kaliningrad und die Umgebung mit passenden Metaphern und Adjektiven beschrieben. Selbst kurze romantische Szenen fehlen nicht.
Das Buch birgt eine Menge an Überraschungen. Inga und ihre Familie sehen das Leben des Großvaters plötzlich aus völlig neuer Sicht.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeichnet ein Stück Familiengeschichte in den Zeiten von Krieg und den ersten Nachkriegsjahren nach.

Veröffentlicht am 13.01.2019

Ein etwas anderer Adventskalender

Lukas, der Stern und die geheimnisvollen Fremden
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„...Aber erst müssten sie dieses Baby finden. Nach knapp zwei Tagen unermüdlichen Laufens waren sie nicht weiter als bei ihrer Abreise. Lukas seufzte auf. Bei diesem Tempo war der Kleine wahrscheinlich ...

„...Aber erst müssten sie dieses Baby finden. Nach knapp zwei Tagen unermüdlichen Laufens waren sie nicht weiter als bei ihrer Abreise. Lukas seufzte auf. Bei diesem Tempo war der Kleine wahrscheinlich schon mit der Schule fertig, bis sie ihn gefunden hätten...“

Lukas lebt am Hofe von König Herodes. Er ist Diener bei Xenos. Der ist genervt, denn die Listen der Volkszählung verlangen Konzentration und Aufmerksamkeit. Dann bekommt Lukas mit, dass ein Bote drei Fremde für den König ankündigt. Sie wollen den neugeborenen König sehen. Herodes aber weiß nichts davon.
Die Autoren haben einen besonderen Adventskalender geschrieben. In vierundzwanzig Kapiteln wird die Geschichte der Weisen aus dem Morgenland erzählt.
Schon der Aufbau des Buches beginnt spannend. Er beginnt mit einer Warnung. Mehr möchte ich dazu nicht schreiben.
Für jeden Tag gibt es vier Seiten. Die erste Seite ist eine ganzseitige farbige Darstellung von Bethlehem. Das Besondere ist, dass an jedem Tag in diesem Bild ein neues Lebewesen hinzukommt. Das kann ein Tier, ein Engel oder ein Mensch sein.
Dann kommt eine Seite Text, der auf der vierte Seite weitergeht. Die dritte Seite dient der Beschäftigung des Lesers. Hier finden sich verschiedene Rätsel oder Bilder zum Ausmalen und Ergänzen.
Die Texte erzählen Schritt für Schritt die Wanderung der drei Weisen von Jerusalem nach Bethlehem, Umwege nicht ausgeschlossen. Lukas darf sie auf ihren Weg begleiten. Das liegt daran, dass er der einzige ist, der die Sprache der Fremden versteht. Schon bei ihrer Begegnung mit Herodes hat er übersetzt. Danach hat ihn Herodes befohlen, an der Reise der Weisen teilzunehmen und die Nachricht vom neugeborenen König zurück nach Jerusalem zu bringen. Er verspricht Lukas dafür großen Lohn.
Die Reise aber bietet Lukas Zeit zum Nachdenken. Er hat Herodes als harten Herrscher kennengelernt. Wird er sein Wort halten? Außerdem fragt sich Lukas, woher er die Sprache der Fremden kennt. So lange er sich erinnern kann, hat er am Hofe des Königs gelebt. Nur in seinen Träumen steigen ab und an Erinnerungen an eine andere Welt auf.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Er eignet sich auch prima zum Vorlesen. Er ist passend für die Zielgruppe und enthält eine Menge an feinen Humor, wie das Eingangszitat zeigt. Lukas ist ein sympathischer Protagonist. Er lernt auf der Reise eine Menge dazu.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Kombination aus biblischer Geschichte und Beschäftigungsmöglichkeiten ist gelungen.