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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.09.2018

Wunderschönes Kinderbuch

Der alte Hase und das Rotkehlchen
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Der Hase auf der Lichtung am Waldrand war in die Jahre gekommen. Trotzdem füttert er jeden Tag die kleinen braunen Vögel im Wald. Eines Tages sieht er einen fremden Vogel mit roter Brust. Die beiden freunden ...

Der Hase auf der Lichtung am Waldrand war in die Jahre gekommen. Trotzdem füttert er jeden Tag die kleinen braunen Vögel im Wald. Eines Tages sieht er einen fremden Vogel mit roter Brust. Die beiden freunden sich an. Im Herbst ziehen die braunen Vögel in den Süden, nur das Rotkehlchen bleibt. Doch dann fegt ein Wintersturm durch den Wald.
Die Autorinnen haben ein wunderschönes Kinderbuch geschrieben. Es erzählt die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft.
Das Buch zeichnet sich durch seine farbenfrohen und realistischen ganzseitigen Bilder aus. Der Genauigkeit der Zeichnungen kommt das große Format des Buches entgegen.
Die kurzen Texte sind gekonnt in die Zeichnungen integriert. Die Texte sind kindgerecht aufgearbeitet, gut verständlich und eignen sich damit zum Vorlesen. Emotionen wie Angst, Aufregung und Freude werden anschaulich wiedergegeben.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich wünsche ihm viele eifrige Leser.

Veröffentlicht am 09.09.2018

Urlaub im Allgäu mit Ecken und Kanten

Abschied am Alpsee
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„...Erschrocken riss Carina Mund und Augen auf. Vollkommen unmöglich! Wenn sie diesen Prachtkerl kennen würde – also, das wüsste sie aber!...“

Die Ehe von Carina und Frank steckt in einer Krise. Das zeigt ...

„...Erschrocken riss Carina Mund und Augen auf. Vollkommen unmöglich! Wenn sie diesen Prachtkerl kennen würde – also, das wüsste sie aber!...“

Die Ehe von Carina und Frank steckt in einer Krise. Das zeigt sich schon am ersten Urlaubstag. Es war für Carina schon nicht einfach, ihre Familie von einem Besuch im Allgäu zu überzeugen. Sie wollte ihren Kindern endlich ihre Heimat zeigen. Die aber reagieren desinteressiert und gelangweilt. Und Frank hat der Reise nur zugestimmt, weil er sich an einer Ausschreibung beteiligen will. Als Carina für die erkrankte Geschäftsfrau eines Blumenladens einspringt und Frank sich um die Kinder kümmern soll, eskaliert die Situation.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen Gegenwartsroman geschrieben. Es ist nicht nur eine fesselnde Familiengeschichte, sondern auch eine Liebeserklärung an das Allgäu.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Anschaulich werden Land und Leute dargestellt, wobei die Autorin passende Metapher verwendet, wie das folgende Zitat beweist:

„...Müde kam die Sonne über die Berge gekrochen und brachte den Tau auf den Wiesen zum Funkeln. Wie ein vergessener Brautschleier sammelte sich in den Niederungen der Nebel und am Waldrand ästen beschaulich die Rehe...“

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Carina war immer für die Familie da, träumt aber von einem eigenen Geschäft als Floristin. Nun kann sie als Vertretung beweisen, was in ihr steckt.
Frank arbeitet seit ein paar Jahren als selbstständiger Architekt. Das Luxushotel im Allgäu wäre ein willkommener Auftrag für die Sanierung der Finanzen.
Die 12jährige Anika ist für ihr Alter zu sehr auf die Mutter fixiert. Ihr fehlt es an Selbstbewusstsein.
David hat gerade ein Schuljahr geschmissen. Ihm fehlen seine Freunde.
Entscheidenden Einfluss für den weiteren Verlauf des Urlaubs hat Marianne, die Nachbarin. Gekonnt erzählt die Autorin, wie Anika ein neues Hobby findet und sich nach und nach im Allgäu integriert. Auch David nimmt eine positive Entwicklung.
Das Eingangszitat bezieht sich auf Daniel. Der Anwalt spricht Carina an, weil er sie als ehemalige Klassenkameradin erkannt hat. Die Erwachsenen machen es sich weitaus schwerer als die Kinder, um ihre Probleme in Griff zu bekommen und die richtigen Entscheidungen zu fällen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Die Dialoge sind inhaltsreich und die Handlung realistisch. Gut fand ich außerdem, dass auf verschiedene Art thematisiert wurde, wie wir mit der Schönheit dieser Landschaft umgehen sollten.

Veröffentlicht am 08.09.2018

Leben nach der Krankheit

Cottage mit Meerblick
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„...Die Welt war so groß wie der mondhelle Himmel und gleichzeitig so klein wie ein einzelnes Sandkorn. Sie konnte einem wehtun und war gleichzeitig wunderschöne. Man konnte sich darin verlieren...“

Claire ...

„...Die Welt war so groß wie der mondhelle Himmel und gleichzeitig so klein wie ein einzelnes Sandkorn. Sie konnte einem wehtun und war gleichzeitig wunderschöne. Man konnte sich darin verlieren...“

Claire hat eine harte Zeit hinter sich, Sie hat den Brustkrebs besiegt. Nun gönnt sie sich eine Auszeit in einem kleinen Cottage am Meer, bevor sie wieder in ihren Beruf als Journalistin einsteigt. Das Häuschen erweist sich innen als äußerst schlicht, auch wenn es von außen idyllisch wirkt.
Am Morgen sieht Claire einen attraktiven Mann nackt im Meer baden. Es ist ihr Nachbar. Als sie allerdings um Hilfe bittet, weil ihr Herd nicht geht, erweist er sich eher als unfreundlicher Typ.
Die Autorin hat einen bewegenden Gegenwartsroman geschrieben. Die Geschichte hat lässt sich zügig lesen. Im Kern geht es um das Leben nach bestandener Krankheit, um Wünsche, Sehnsüchte, Hoffnungen.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Das Eingangszitat zeigt, das die Autorin das Spiel mit Worten beherrscht und gekonnt Gegensätze in Metapher gleitet.
Im Buch wird deutlich, dass Claires letzte Wochen allein dem Kampf gegen die Krankheit gewidmet waren. Ihre Mutter und ihre Schwester standen ihr dabei zur Seite. Auch ihr Mann Paul hat sie durch die schwierige Zeit begleitet, um ihr danach mitzuteilen, dass er sich anderweitig orientiert hat und nun die Scheidung will. Claire aber sehnt sich nach Zuneigung und Liebe. Dabei hat sie Angst vor der Reaktion eines Mannes, wenn er die Operationsnarben sieht.
Im Cottage legt sich Claire ein neues Hobby zu. Sie backt Brot. Außerdem überlegt sie sich das Thema für eine neue Kolumne. Die vergangenen Tage habe ihr einige magische Momente beschert. Daraus ließe sich sicher eine Serie machen.
Im Ort knüpft Claire schnell Kontakte. Schöne und tiefgreifende Gespräche entwickeln sich. Doch bald wartet der Alltag auf sie. Hier sind Claires Gedanken vor dem ersten Arbeitstag:

„...Jetzt sehnte sich Claire nach Normalität – sie wollte einfach ihr Leben zurück, so wie es gewesen war, auch wenn sie wusste, dass es nie wieder so sein würde wie vorher. Aber so war das Leben – eine Reise. Manchmal ein großer Sprung nach vorne, manchmal ein langsames Vorwärtskriechen oder ein paar Schritte zurück...“

Ich darf Claires Leben ein reichliches Jahr begleiten, Freude mit ihr teilen, ihre Wut erleben und das Auf und Ab der Emotionen verfolgen. Mehrmals kehrt Claire in das kleine Cottage zurück. Es ist für sie ein Hort der Stille und Besinnung. Dabei lerne ich auch ihren Nachbarn näher kennen, der ebenfalls ein schweres Päckchen zu tragen hat.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein Buch, dass Hoffnung macht, seinen Gefühlen zu vertrauen und nach einem Schicksalsschlag den Neuanfang nicht zu scheuen. Ein Zitat möge meine Rezension beenden:

„...Und sie würde nicht vergessen, die einfachen Dinge des Lebens zu genießen, dankbar zu sein für jeden Tag und jeden Moment, der ihr gehörte, und ihr Leben von einem magischen Moment zum nächsten weiterleben...“

Veröffentlicht am 07.09.2018

Klasse Kinderbuch

Mein Freund Otto, das wilde Leben und ich
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„...Otto sagt, wir sind viel zu brav. Seitdem denke ich über das wilde Leben nach. Und ob Otto recht hat. Und was wir tun sollen, wenn er recht hat. Denn dann kann es nicht so bleiben...“

Mit diesem Zitat ...

„...Otto sagt, wir sind viel zu brav. Seitdem denke ich über das wilde Leben nach. Und ob Otto recht hat. Und was wir tun sollen, wenn er recht hat. Denn dann kann es nicht so bleiben...“

Mit diesem Zitat beginnt ein humorvolles Kinderbuch, was sich aber auch ernsten Themen widmet. Matti und Otto gehen in die fünfte Klasse und kennen sich schon seit dem Krabbelalter. Sie sind beste Freunde. Während Matti den Klavierunterricht besucht, geht Otto zum Yoga. Das soll ihm helfen, weil er gern über die eigenen Füße stolpert. Das Ergebnis des Kursbesuches liest sich bei Otto so:

„...Und Otto sagt, sie haben damit völlig recht: er tut sich beim Fallen nicht mehr so weh...“

Matti ist der Ich-Erzähler. Der Schriftstil ist perfekt auf die Zielgruppe zugeschnitten. Die Jungen sagen, was sie denken und fallen dabei auf manch Klischee rein. Da Matti in passenden und manchmal auch unpassenden Momente in eine Lachsucht verfällt, kann er damit die eine oder andere Situation entschärfen.
Die Musiklehrerin hat eine ausgefallene Idee. Sie zeigt den Kindern das Video eines rappenden Jungen auf Youtube und gibt ihnen die Hausaufgabe, selbst einen Rap zu schreiben. Matti und Otto wollen die Aufgabe gemeinsam angehen. Leider kann Otto nicht singen. Zuerst einmal aber benötigen sie ein Thema. Sie denken an Horst Zimmermann, Kioskbesitzer, der Kinder nicht leiden kann und sie bei jeder Gelegenheit anbrüllt. Matti äußert sich darüber:

„...Mutter sagt immer, dass Leute, die besonders unfreundlich sind, irgendetwas Schlimmes im Leben passiert ist. Vielleicht stimmt das ja. Aber ehrlich. Weil man selbst etwas Schlimmes erlebt hat, ist das doch kein Grund, das Schlimme im Leben von anderen zu sein...“

Sehr schön wird dargestellt, wie die Freunde zueinander stehen und sich gegenseitig helfen. Dann bekommen sie mit, dass Horst Zimmermann von Immobilienhaien bedroht wird, die seine Zeitungen auf die Straße werfen. Die Jungen sehen sich nur kurz an und sammeln die Zeitungen wieder ein. Dabei lernen sie einen ganz anderen Horst Zimmermann kennen.
Ihre Einsatzbereitschaft und ihr ideenreiches Vorgehen führt die Jungen in andere Teile von Berlin, Sie gewinnen neue Freunde und lernen eine Menge für das Leben. Dabei sind nicht mehr so brav wie bisher. Das aber lässt sich verschmerzen. Nebenbei haben beide auch Probleme mit ihren Müttern. Matti mag den Freund der Mutter nicht und Otto möchte den Blog seiner Mutter am liebsten abschalten.
Einige Schwarz-Weiß-Bilder veranschaulichen die Handlung. Sie sind kindgerecht gezeichnet.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie ist mitten aus dem Leben gegriffen, enthält viele amüsante Momente und nimmt manch Klischee gekonnt auf die Schippe.

Veröffentlicht am 06.09.2018

Die Kraft des Glaubens

Espenlaub
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„...Das Hirtenleben hatte etwas Archaisches, es ist eine Berufung jenseits aller technischen Errungenschaften...“

Anton Hinteregger lebt in einem Südtiroler Bergdorf. Im Sommer zieht er mit den Kühen ...

„...Das Hirtenleben hatte etwas Archaisches, es ist eine Berufung jenseits aller technischen Errungenschaften...“

Anton Hinteregger lebt in einem Südtiroler Bergdorf. Im Sommer zieht er mit den Kühen auf die Alm. Obwohl er erst Mitte 30 ist, bemerkt er, dass sich seine Bewegungen verlangsamen und die Gelenke steif werden. Er baut sich deshalb Hilfen für die Arbeit.
In London wird eine Frau von der Polizei aufgegriffen. Sie heißt Eva, ist Mitglied einer Endzeitsekte, studiert Medizin und möchte aus der Sekte aussteigen.
Dann geht die Geschichte zurück in die Vergangenheit. Ich erfahre mehr über das Leben von Anton und Eva.
Der Autor hat zwei fesselnde Lebensbilder kreiert. Anton ist Waise. Bevor er ihm Heim landen konnte, hat ihn die Bäuerin Walburga Schmidt in ihre Familie aufgenommen. Sie war eine Freundin seiner Mutter. Ihr hat es Anton zu verdanken, dass er lesen und schreiben lernt. Walburga ist in Glaubensfragen sehr offen und tolerant. Trotzdem vermittelt sie ihren Kindern und damit auch Anton eine feste Glaubensgrundlage.
Eva ist in einem gutbürgerlichen Haushalt aufgewachsen. Ihr Vater ist Betriebsdirektor und trotzdem Mensch geblieben. Evas Mutter aber plant für ihre Tochter eine sogenannte gute Partie, wenn sie ein erfolgreiches Auslandsstudium absolviert hat. Zuvor aber arbeitet Eva für zwei Jahre als Hausmädchen bei Walburga. Dort lernen sich Anton und Eva kennen und lieben. Dann aber geht Eva nach England.
Der Schriftstil des Buches ist hochwertig. Sehr detailliert wird das Leben im Dorf und auf der Alm beschrieben. Der Sommer auf der Alm ist eine Zeit harter Arbeit, aber auch geprägt von Einsamkeit.
Antons Kindheit fällt in die Zeit des 2. Weltkrieges. Was das für Südtirol bedeutete, hat der Autor kurz und treffend so formuliert:

„...Das treuherzige und politisch unmündige Bergvolk war verschaukelt worden, ohne es gemerkt zu haben...“

Berührend dargelegt werden Antons Gedanken. Trotz seiner gesundheitlichen Probleme hat er die Hoffnung auf eine Zukunft nie aufgegeben. Das heißt nicht, dass es auch Zeiten gibt, wo er mit seinem Schicksal hadert. Doch das Lesen in der Bibel und seine Beschäftigung mit guter Literatur helfen ihm, sein Leben zu spiegeln und sich im Gebet für Eva einzusetzen.. In seinen Gedanken klingt das so:

„...Wenn sie schwach war, musste er stark sein. Er musste weiter durchhalten...“

Gleichzeitig erlebe ich in London Evas Kampf gegen das Gedankengut der Sekte. Das bedeutet aber auch eine ganz persönliche Auseinandersetzung mit Glaubensfragen. Sie hatte alle Brücken hinter sich abgebrochen. Der Neuanfang verlangt wichtige Entscheidungen.
Anton erkrankt in jungen Jahren an Parkinson. Das Buch zeigt auf, wie sich die Behandlung der Krankheit im Laufe der Zeit weiter verbessert hat.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist einerseits eine Auseinandersetzung mit falschen Glaubensvorstellungen und zeigt andererseits, wozu Glaube und Liebe fähig sind.
Im Anhang gibt es eine umfangreiche Abhandlung zur Espe und den Zittern ihrer Blätter.