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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.04.2018

Fehlende Erinnerung

Der Fluch von Aarau
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„...Mein Angreifer lässt sich auf mich fallen, und die Luft wird aus meiner Lunge gepresst. Der Schrei bleibt im Hals stecken...“

Adrina wird bewusstlos und unterkühlt im Wald gefunden. Sie erwacht im ...

„...Mein Angreifer lässt sich auf mich fallen, und die Luft wird aus meiner Lunge gepresst. Der Schrei bleibt im Hals stecken...“

Adrina wird bewusstlos und unterkühlt im Wald gefunden. Sie erwacht im Krankenhaus. Ihre Erinnerungen enden beim Gespräch mit ihrer Schwester auf der Terrasse. Infolge einer Gehirnerschütterung leidet sie an einer dissoziativen Amnesie. Erst als zwei Kriminalbeamte an ihren Bett stehen, erfährt sie, das neben ihr eine weitere junge Frau im Wald lag. Sie ist tot. Es wird nicht deutlich, ob man sie als Beschuldigte oder Zeugin betrachtet.
Die Autorin hat erneut einen fesselnden Krimi geschrieben, der tief in die Psyche der Protagonisten eindringt. Kurze Einblicke gibt es in den Vorgängerband, allerdings nur so weit, wie sie für die Handlung relevant sind..
Adrina war mit Marco Feller, dem Chef der Kriminalpolizei liiert. Doch die beiden haben erst eine Beziehungspause eingelegt, dann hat sich Feller per SMS von Adrina getrennt. Die wohnt vorübergehend bei ihrer Schwester Seraina und deren Familie. Das Verhältnis aber gestaltet sich schwierig. Seraina möchte Adrina im Haus halten und ist überhaupt nicht damit einverstanden, dass diese stundenweise wieder im Verlag arbeiten möchte.
Fehlenden Erinnerungen belasten Adrina. Zwei Mal gibt es kursiv eine Rückblende auf das Geschehen,. Das Eingangszitat stammt aus der ersten. Dieses traumhafte Geschehen macht Adrina mehr Angst als das er ihr hilft. Entgegen den Ratschlägen ihrer Schwester wendet sich Adrina an Dr. Ulmann, einen Psychiater. Seine Art, mit ihr umzugehen und ihr behutsam den weiteren Weg zu weisen, hat mir gefallen. Er strahlt Ruhe und Kompetenz aus.
Für den hohen Spannungsbogen sorgen neben der latenten Bedrohung von Adrina die komplexen Beziehungen zwischen den Protagonisten. Serainas Verhalten ist genauso schwer einzuschätzen wie die Reaktionen und Aktionen von Feller. Beide wollen über Adrina bestimmen und ihr vorschreiben, wie sie sich zu verhalten hat. Nur Enrico ist da, wenn sie ihn braucht und steht ihr zur Seite. Solange sie aber nicht weiß, was im Wald geschehen ist, ist für Adrina nichts in Ordnung. Die Kriminalisten lassen sie lange in dem Glauben, dass sie am Tode der anderen Frau beteiligt war, obwohl sie schon neue Erkenntnisse haben.
Sehr gut ausgearbeitet werden die Dialoge. Als es zum ersten Gespräch zwischen Adrina und Feller kommt, ist die Spannung mit den Händen zu greifen. Auch die Dialoge zwischen den Schwestern zeugen von Missstimmung.
Der Krimi hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist logisch durchkonstruiert und lässt am Ende keine Frage offen.

Veröffentlicht am 07.04.2018

Grausame Selbstjustiz

Skatspieler sind erbarmungslos: Ein Pfalz Krimi
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„...Dackel sind nicht einfach nur kleine Hunde, Dackel sind sozusagen die Einsteins unter den Hunden. Sie sind klug, witzig, treu und ausgesprochen eigenständig. Leute, die keine Dackel mögen und keine ...

„...Dackel sind nicht einfach nur kleine Hunde, Dackel sind sozusagen die Einsteins unter den Hunden. Sie sind klug, witzig, treu und ausgesprochen eigenständig. Leute, die keine Dackel mögen und keine Ahnung haben, nennen das stur und nicht erziehbar...“

Als Detlef Menke mit seinem Dackel Alli aus der Haustür tritt, sieht er einen toten Mann, der ans Stoppschild gebunden ist. Er informiert Kriminalkommissarin Tabea. Er kennt den Toten unter dem Namen Sören Struck, denn er hat als Detektiv vor kurzem für ihn gearbeitet. Kurz darauf erscheint Peter Pawenka, der Chef der Mordkommission mit seinem Team.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Das Buch hat mich schnell in seinen Bann gezogen.
Detlef ist nicht nur Detektiv. Ab und an hilft er im Weingut seiner Mutter aus. Im letzten Fall waren sich Detlef und Tabea erstmalig begegnet. Nach anfänglichen Misstrauen sind sie nun ein Paar.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Im Gegensatz zu anderen Krimis sind hier Motiv und Täter relativ schnell bekannt. Obwohl die Täter Maßnahmen ergriffen hatten, um die Identifizierung es Toten zu erschweren, wird bald klar, dass es sich um einen Pädophilen. Vier Skatbrüder haben es sich als Ziel auf die Fahnen geschrieben, die Welt von einigen dieser Menschen zu befreien.
Für die Kriminalisten kommt es darauf an, den nächsten Mord zu verhindern.
Die Geschichte wird im Wechsel zwischen den Ermittlungen und den Handlungen der Skatbrüder erzählt. Die Begegnung der beiden Teams findet ausgerechnet im der Weinwirtschaft von Detlefs Mutter statt, denn dort trifft sich der Skatclub regelmäßig.
Die Autorin gibt an mehreren Stellen einen Einblick in den Missbrauch Minderjähriger. Dabei belässt sie es aber glücklicherweise meist bei Andeutungen. Nur die Reaktionen der Protagonisten machen deutlich, dass die im Internet weit aus mehr gesehen haben, als in Worten wiedergegeben wird.
Die Herren Rächer allerdings haben ebenfalls eine perfide Phantasie. Sie bevorzugen Mordmethoden des Mittelalters. Ihre Motive, ihr gesellschaftlicher Status und ihr Auftreten ist völlig unterschiedlich. Sowohl bei Planung der Taten als speziell nach Ende ihre jeweiligen Mission kommt es zu Krach und Auseinandersetzung.
Die Geschichte wird von einem feinen Humor durchzogen. Das zeigt sich schon beim Eingangszitat und auch in den folgenden Worten:

„...Der gemeine Pfälzer gilt als umgänglich, kommunikativ, trinkfest und allem Neuen gegenüber aufgeschlossen...“

Öger, einer der Täter und Türke, hat vor seiner großen Schwester mehr Angst als vor dem Gefängnis. Sein Auftreten hat an manchen Stellen etwas von schwarzem Humor.
Natürlich hält sich Detlef bei den Ermittlungen nicht raus. Das bedeutet auch für Tabea eine Gratwanderung. Erstaunlicherweise kommt der entscheidende Hinweis aber von Alli.
Gut ausgearbeitete Dialoge bringen die Handlung voran.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie zeigt, wie schnell Stammtischparolen zu konkreten Handlungen werden können.

Veröffentlicht am 06.04.2018

Auf den Weg zu sich

Die Ausreißer – Sehnsucht nach Meer
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„...Rücksichtnahme, Offenheit und gegenseitige Achtung im Umgang miteinander sind wichtige Kennzeichen unserer Schulgemeinschaft...“

Dieser Satz steht groß in der Aula von Neles Schule. Leider erlebt ...

„...Rücksichtnahme, Offenheit und gegenseitige Achtung im Umgang miteinander sind wichtige Kennzeichen unserer Schulgemeinschaft...“

Dieser Satz steht groß in der Aula von Neles Schule. Leider erlebt sie die Schultage völlig anders. In Klasse 9c hat Elli und ihre Clique das Sagen. Sie lassen Nele spüren, dass sie nicht besonders schlank ist. Auch die Scheidung ihrer Eltern führt zu spitzen Bemerkungen. Christliche Väter trennen sich nicht von der Familie.
In die gleiche Klasse geht Lars. Ihm gelingt es, sich unsichtbar zu machen. So entgeht er den Mobbing der anderen.
Doch heute stellt sich Lars an Neles Seite und sorgt dafür, dass die Mitschüler Ruhe geben.
Auf dem Heimweg trifft Lars den 18jährigen Noah. Der ist mit seinem Hund Cassiopeia unterwegs.
Der Hund wurde gerade angefahren. Lars kümmert sich um das Tier und nimmt Noah kurzzeitig mit nach Hause.
Am nächsten Tag machen sich Noah, Nele und Lars auf den Weg ans Meer.
Die Autorin hat ein spannendes Jugendbuch geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen und hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Lars geht mit, weil er seinem alkoholabhängigen Vater und dessen Prügelattacken entfliehen will. Er schließt sich normalerweise nicht gern jemand an.
Nele hofft in Glücksstadt ihren Vater zu finden. Sie wünscht sich, dass er zurückkehrt.
Noahs Grund für seine Wanderung durch Deutschland bleibt lange im Dunkeln. Es zeigt sich allerdings, dass er Erfahrungen mitbringt. Außerdem fühlt er sich für Lars und Nele verantwortlich.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich und auf die Zielgruppe zugeschnitten. Detailgenau wird die Reise beschrieben. Dabei werden auftretende Schwierigkeiten keinesfalls ausgeblendet. Als in Gießen Angel, eine Freundin von Noah, zur Gruppe stößt, nehmen die Spannungen zu.
Sehr viel Wert legt die Autorin auf die Emotionen ihrer Protagonisten. Nele kämpft nicht nur mit Heimweh, sie macht sich Vorwürfe, mit einer kurzen Nachricht ihre Mutter und die kleine Schwester allein gelassen zu haben. Lars fällt es schwer, zu seinen Gefühlen zu stehen. Wenn sich Nele mit Noah unterhält, fühlt er sich ausgeschlossen. Angel wirkt nach außen eiskalt. Sie provoziert und verdeckt damit ihre tiefe Verletzlichkeit.
Ab und an erfahre ich ein paar Episoden aus Noahs bisherigen Wanderleben.
Zu den Höhepunkten des Buches gehören die exakt ausgearbeiteten und zum Teil tiefgründigen Gespräche. Mit Noah unterhält sich Nele über Fragen des Glaubens. Lars ahnt, dass sich Neles Wünsche nicht erfüllen werden und tauscht sich darüber mit Noah aus. Der antwortet.

„...Manchmal muss man etwas ganz Bescheuertes tun, damit offene Wunden heilen können...“.

Heftig sind die Dialoge von Nele mit ihrem Vater. Sie sagt ihm unverblümt, wie sie die Trennung sieht.
Die Autorin zeigt durch diese Gespräche vor allem, wie jeder einzelne in den Tagen innerlich reift. Sie lernen, nicht nur sich selbst, sondern auch die Probleme des anderen in ihre Entscheidung einzubeziehen. Außerdem bekommen sie eine völlig neue Sicht auf den Glauben.
Auf ihren Weg begegnet die Gruppe völlig unterschiedlichen Menschen. Sie erfahren Hilfsbereitschaft, müssen an anderen Stellen aber sehr vorsichtig sein.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Auswahl der Gruppenmitglieder hat eine permanente innere Spannung aufgebaut. Jeder hatte seine Stärken, aber auch gewisse Ecken und Kanten. Es ging um Verantwortung und gegenseitige Achtung.

Veröffentlicht am 04.04.2018

Ansprechendes Kinderbuch

Ferdinand, der kleine Feuerwehrmann
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Als der Wecker klingelt, dreht sich Ferdinand nochmals auf die andere Seite. Er hat ihn nicht gehört. Doch dann wacht er auf und stellt fest, dass es jetzt ganz schnell gehen muss, denn er hat fast verschlafen. ...

Als der Wecker klingelt, dreht sich Ferdinand nochmals auf die andere Seite. Er hat ihn nicht gehört. Doch dann wacht er auf und stellt fest, dass es jetzt ganz schnell gehen muss, denn er hat fast verschlafen. Ferdinand arbeitet bei der Feuerwehr und begibt sich auf den Weg zur Wache.
Nach diesem kurzen Einstieg erzählt die Geschichte in Bild und Text von den Aufgaben der Feuerwehr. Es handelt sich um ein Lesebilderbuch. Das bedeutet, dass in den Text immer wieder kleine Bilder statt Worten eingefügt werden. Im Anhang werden diese Bilder dann mit Worten belegt.
Das Buch enthält mehrere Kurzgeschichten. Ferdinand hilft beim Löschen eines Brandes. Die Feuerwehr pumpt Wasser aus dem Keller des Kindergartens und die Männer holen einen Drachen vom Baum.
Die Geschichten werden kindgerecht und teilweise humorvoll dargestellt. Viele farbige Illustrationen veranschaulichen die Handlung.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist zum Vorlesen geeignet, aber durch die eingestreuten Bilder auch zum gemeinsamen Lesen und Betrachten.

Veröffentlicht am 03.04.2018

Eine berührende Geschichte

Die Möwe Jonathan
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„...Wenn du unbedingt etwas lernen willst, dann lerne, wie man sich sein Futter beschafft. Fliegerei, gut und schön, aber vom Gleitflug kann man nichts abbeißen...“

Die Möwe Jonathan ist anders als ihre ...

„...Wenn du unbedingt etwas lernen willst, dann lerne, wie man sich sein Futter beschafft. Fliegerei, gut und schön, aber vom Gleitflug kann man nichts abbeißen...“

Die Möwe Jonathan ist anders als ihre Artgenossen. Während sich die anderen Möwen mit den Grundbegriffen des Fliegens begnügen, die zur Futtersuche benötigt werden, will Jonathan wissen, wie hoch und wie weit er fliegen kann. Das Eingangszitat gibt die Meinung des Vaters wieder.
Doch Jonathan lässt sich vom Üben und Probieren nicht abbringen.
Die Autoren haben eine berührende Geschichte geschrieben, die auf sehr feine Art philosophische Themen behandelt. Was geschieht, wenn man seine Grenzen auslotet? Was bedeutet es für das persönliche Leben, gegen den Strom zu schwimmen? Welchen Wert hat Freiheit? Das sind nur einige Fragen, die unterschwellig in der Erzählung beantwortet werden.
Der Schriftstil ist sehr poetisch. Treffende Metapher und passende Adjektive beschreiben die Schönheit des Fliegens und den Rausch der Geschwindigkeit. Jonathan ist anfangs ein Lernender. Er beobachtet den Flug der Falken, versucht deren Flugstil zu kopieren oder abzuwandeln. Er lässt sich nicht entmutigen und überwindet seine Angst. Seine Begeisterung ist mit Händen greifbar, als sich erste Erfolge einstellen. Doch seine Artgenossen verstehen ihn nicht. Sie sind gebunden in alte Gewohnheiten und das Hamsterrad des Alltags.
Jonathan wird zum Ausgestoßenen. Geduld und Ausdauer aber führen ihn in höhere Sphären. Er wird zurückkehren und Gleichgesinnte finden. Aus dem Außenseiter wird ein Lehrer. Das folgende Zitat zeigt eine wichtige Einstellung:

„...Am weitesten sieht, wer am höchsten fliegt...“

Wunderschöne Flugbilder veranschaulichen die Handlung. Sie zeugen von der Weite des Himmels.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist ein Plädoyer für Freiheit und Aufbruch. Es zeigt, wie der eigene Wille Grenzen überwinden kann.