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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.08.2021

Satirischer Krimi

Giftrausch
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„...Paul wäre vermutlich pünktlich gewesen, wenn er sich nicht im letzter Sekunde diesen verdammten Espressso über sein weißes Hemd geschüttet hätte. Ja – wenn es wenigstens nur das Hemd gewesen wäre!...“

Rechtsanwalt ...

„...Paul wäre vermutlich pünktlich gewesen, wenn er sich nicht im letzter Sekunde diesen verdammten Espressso über sein weißes Hemd geschüttet hätte. Ja – wenn es wenigstens nur das Hemd gewesen wäre!...“

Rechtsanwalt Paul Colossa wird auf Schloss Hirschenhaid erwartet. Im dortigen Schulinternat gilt es, die schwere Erkrankung eines Schülers zu vertuschen. Paul soll dazu eine passende Expertise schreiben, muss aber laut seines 37 Seiten starken Vertrages jeden Kontakt mit dem Schüler unterlassen. Auch an andere Personen darf er keine Fragen stellen. Im Prinzip soll er die Schule reinwaschen.
Der Autor hat einen amüsanten Krimi geschrieben.
Der Schriftstil ist ausgereift. Der Autor beherrscht das Spiel mit Worten, wie das folgende Zitat zeigt:

„...Ihre Stimme besaß die Contenance einer Nachrichtensprecherin bei einer schweren Panne während einer Liveschaltung...“

Manche Szenen werden ausführlich und bis ins Detail dargestellt. Sarkasmus, Ironie und eine überspitzte Darstellung finden sich an vielen Stellen. Das geht allerdings ab und an auf Kosten des Spannungsbogens. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Bis ich mit Paul warm wurde, brauchte ich eine Weile. Er verliert sich gern in Nebensächlichkeiten, scheint Pech und Pannen anzuziehen und ist eher kein kontinuierlicher Arbeiter. Wie sagt er so schön?

„...Was du später kannst besorgen, verschieb`s doch lieber gleich auf morgen...“

Paul hat die Kanzlei von seinem Vater übernommen, der für ihn aber lange Zeit ein Onkel war. Wer Genaueres dazu wissen will, sollte das Buch lesen. Der war in der Gegend bestens vernetzt. Davon kann Paul nun zehren. Gleichzeitig hat er die Mitarbeiter übernommen, die wissen, wo es lang geht und Paul schon mal in die richtige Richtung schubsen.
Sein Freund Attila ist beinah das Gegenteil. Der weiß, was er will, setzt sich durch und lässt sich auch in schwierigen Situationen kaum aus der Ruhe bringen. Er ist für jeden Spaß zu haben, weiß aber ganz genau, wo die Grenzen liegen. Auch bei Frauen kommt er gut an.

„...Attila, der Bienenwolf, wollte kein neues Bienenvolk gründen. Er hatte es lediglich auf den Honigtopf abgesehen...“

Paul gerät ins Visier des Bloggers Babik. Der hatte schon bei der Pressekonferenz in der Schule kritische Fragen gestellt. Dort hatte sowohl die Schulleiterin, Frau Dr. Wanek, als auch der Anwalt Dr. Stahl falsch reagiert.

„...Beide waren erkennbar beunruhigt. Kein Wunder. Sie wollten Babiks kleine Kerze auslöschen – aber dazu hatten sie dummerweise Öl verwendet, und jetzt brannte der ganze verdammte Tisch. Bildlich gesprochen...“

Paul lässt den Vertrag Vertrag sein und versucht herauszufinden, was in der Schule wirklich abläuft. Dabei muss er feststellen, dass die pädagogischen Fähigkeiten des Stardirigenten Sir Evelyn Rutland mehr als grenzwertig sind. Die Schule will Musikgenies entlassen. Die anderen Fächer werden eher stiefmütterlich behandelt. Um das Ziel zu erreichen, ist jedes Mittel recht. Paul sticht in ein Wespennest und muss aufpassen, dass er dabei nicht selbst untergeht. Der Grat zwischen Lüge und Wahrheit ist extrem schmal. Glücklicherweise ist Attila im Ernstfall an seiner Seite.
Am Ende weiß ich als Leser, was in Schule und Internat gelaufen ist. Der Fall ist geklärt. Trotzdem hat das Buch ein, sagen wir, halboffenes Ende.
Insgesamt hat mir die Geschichte gut gefallen. Die vier Stelle gibt es vor allem für den gekonnten Schriftstil. Der Abzug ist der nicht durchgehenden Spannung geschuldet. Ein besonderes Zitat habe ich mir für den Schluss aufgehoben. Es klingt fast philosophisch:

„..Denk nicht so oft an das, was dir fehlt, sondern an das, was du hast...“

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Veröffentlicht am 20.06.2021

Historie gekoppelt mit Fantasy

In den Weiten der Highlands
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„...Sie wussten, dass sie beide keine Kinder mehr waren und dass sie trotzdem nie mehr voneinander lassen wollten. Sie hatten ihre Herzen dem jeweils anderen verschrieben...“

Das Buch enthält drei Erzählungen. ...

„...Sie wussten, dass sie beide keine Kinder mehr waren und dass sie trotzdem nie mehr voneinander lassen wollten. Sie hatten ihre Herzen dem jeweils anderen verschrieben...“

Das Buch enthält drei Erzählungen. Obiges Zitat stammt aus der ersten Geschichte.
Eleonore, die Tochter von Ian McLarens, und Elroy Dougal träumen von einem gemeinsamen Leben. Doch Ian hat andere Pläne mit seiner Tochter. Sie soll Steven McGregor heiraten. Ian hofft, dass damit der Nachbarschaftsstreit aus der Welt ist. Eleonore weigert sich und Rupert McGregor hatte mit der geplanten Hochzeit ganz eigene Pläne.
Die Geschichte lässt sich gut lesen. Ich erhalte einen detaillierten Einblick in die historischen Gegebenheiten. Der Spannungsbogen ist hoch.

„..Der Herr bürdet unserem Königshaus eine große Prüfung auf. Eine schwere und seltsame Krankheit hat den König befallen...“

Diese Worte fallen im Gottesdienst zu Beginn der zweiten Geschichte. Ian und seine Frau machen sich Sorgen, denn ihre älteste Tochter ist mit dem Thronfolger verheiratet. Auf den Weg zu ihr finden sie im Wald eine Frau mit einem kranken Kind. Ian lässt sie in sein Haus bringen, weil dort dem Kind geholfen werden kann.
Diese Geschichte hat mir am besten gefallen. Während der Reise gibt es stimmungsvolle und mit passenden Metaphern versetzte Landschaftsbeschreibungen.

„...Das Land erhob sich waldig und kühl zu den Bergen hinauf, die den Himmel zu küssen schienen, um danach in sanften Senken wieder zu den Menschen zurückzukehren...“

Sehr gut finde ich, wie geschickt Ian mit dem Jungen umgeht. Er nimmt sich Zeit für ihn und erklärt ihm den Sternenhimmel.
Ian ahnt nicht, dass sein eigenes Leben in Gefahr ist, als er die Frau zurück zu ihrem Zielort begleitet. Dadurch allerdings erhalte ich einen Einblick in die Gerichtsbarkeit der damaligen Zeit.

„...Er hasst euch aus tiefster Seele. Niemals wird er Frieden mit einem von euch schließen, und niemals wird er sich mit dir […] verbrüdern, indem er mich dir zur Frau gibt...“

Moira McLeod liebt den Engländer Thomas Geoffrey. Sie sieht nur eine Chance: eine gemeinsame Flucht. Doch wovon sollen sie leben? Geoffreys Land liegt genau an der Grenze zu Schottland. Momentan ist er bei Ian, weil der einen Streit zwischen ihm und Ruaidhri McLeod klären soll. Obwohl Thomas im Recht ist, ist er kompromissbereit ganz im Gegensatz zu McLeod. Als sich Moira und Thomas heimlich in einem Spukhaus treffen, eskaliert die Situation. Hier waren mir aber eindeutig zu viele Fantasyelemente eingewoben. Während in den anderen beiden Geschichten behutsam mit dem Genre umgegangen wurde, spielt es in dieser die entscheidende Rolle. Weniger wäre eindeutig mehr gewesen. Dadurch hat die Geschichte nicht ganz meinen Geschmack getroffen.
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 28.01.2021

Das Geheimnis von Abteilung 8

Reichsland
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„...Alles, was wir hören, ist eine Meinung, keine Tatsache. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit...“

Mit diesem Zitat von Aurelius beginnt ein Buch, dass mich in die Tiefen der ...

„...Alles, was wir hören, ist eine Meinung, keine Tatsache. Alles, was wir sehen, ist eine Perspektive, nicht die Wahrheit...“

Mit diesem Zitat von Aurelius beginnt ein Buch, dass mich in die Tiefen der Verschwörungstheorien führt.
Eric Tschirnhaus hatte von einem schnellen Aufstieg im Kanzleramt geträumt. Dann aber war ihm ein eklatanter Fehler unterlaufen, und nun sollte er sich in Abteilung 8 auf dem Schlossplatz 1.1. melden. Schon das finden dieser Adresse war eine Zumutung. Dann wird Eric von seinem Vorgesetzten mit Hakenkreuzfahne und in SA-Uniform empfangen.
Eric weiß zwar nicht, was er in der Abteilung soll, aber als Beamter kann ihm nicht viel passieren.

„...Volksvertreter kamen und gingen, je nachdem, wie die nächste Wahl ablief...“

Und dann bekommt Eric seinen ersten Auftrag. Er soll schlüssig nachweisen, dass das Dritte Reich nicht mehr existiert. Als studierter Jurist dürfte das für ihn eine der leichteren Übungen sein – glaubt er.
Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Auf einer Dienstfahrt ins Erzgebirge wird Eric auch mit der erzgebirgischen Mundart konfrontiert.
Die verschiedenen Verschwörungstheorien, die sich Eric vor einer Kneipe am Alex und in tiefster sächsischer Provinz anhören muss, werden interessant dargeboten. Doch insgesamt fehlt mir im Buch die Spannung. Es sind eher sachliche, oder besser gesagt unsachliche Diskussionen, die den Kern der Handlung ausmachen.
Gut beschrieben werden die örtlichen Verhältnisse, sei es die Atmosphäre auf den Alex, das Gemisch der Gefühle in Abteilung 8 oder das erzgebirgische Dorfleben.
Warum genau Eric in Abteilung 8 versetzt wurde, bleibt bis zum Ende unklar. Das Verhältnis seiner Mitarbeiterin wechselt ziemlich abrupt zwischen Zuneigung und Ablehnung.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen.

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Veröffentlicht am 09.12.2020

Ein "bad Boy" im historischen Gewand

Vom Earl verführt
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„...Von den meisten Blüten kostete er lediglich ein einziges Mal, bevor er weiterzog, um die Nächste zu erkunden...“

Mit diesen Worten wird die Vergangenheit von Lord Christopher Caverdish treffend charakterisiert. ...

„...Von den meisten Blüten kostete er lediglich ein einziges Mal, bevor er weiterzog, um die Nächste zu erkunden...“

Mit diesen Worten wird die Vergangenheit von Lord Christopher Caverdish treffend charakterisiert. Auf der Landpartie bei seinem Freund, Herzog Roderick Dashwood, lernt er Caithlyn kennen. Die junge Frau hatte vor drei Jahren nicht nur ihren Mann, sondern auch ihre Kinder verloren. Auf Wunsch von Natalie zeigt sie sich das erste Mal wieder in der Öffentlichkeit.
Die Autorin hat eine Liebesgeschichte im historischen England geschrieben. Das Leben des Adels wird gut wiedergegeben. Diejenigen darunter, die sich ihr Geld auch mit Arbeit verdienen, gehören eher zu einer seltenen Spezi.
Die Personen werden gut charakterisiert. Caithlyn lebt sei dem Tod des Mannes bei dessen Bruder, der das Gut geerbt hat. Er lässt ihr die nötige Freiheit und hat ihr die Möglichkeit eingeräumt, die Kinder der Angestellten und des Dorfes zu unterrichten. Einer der Jungen drückt aus, was damals die Regel war.

„...Sie ist ein Mädchen […] und wird das Wissen sowieso nie anwenden können...“

Das Mädchen allerdings ist in ihren Wissensstand wesentlich besser als die vorlauten Jungen. Und das passt denen nicht!
Ihre Ehe war für Cathlyn mehr Fluch als Segen. Das klingt so:

„...Sie war dennoch mit einem Mann geschlagen gewesen, der sie nicht geachtet hatte...“

Christopher ist mir unsympathisch. Das liegt wohlgemeint nicht an seiner Vergangenheit, sondern an seinem aktuellen Verhalten. Für ihn galt:

„...Keine Frau hatte bisher seinen Ansprüchen genügt. Dabei fand er diese nun wirklich nicht zu hoch angesetzt….“

Als er Caithlyn sieht, glaubt er, die Frau für sein Leben gefunden zu haben. Wie aber soll er sie davon überzeugen? Selbst sein Freunde glauben ihm nicht, dass er mehr will als ein Abenteuer. Was mich stört, ist sein Umgang mit möglichen Rivalen. Mag sein, dass dessen Reaktion auf die Drohung auch nicht die feine englische Art ist. Durch sein Verhalten aber zeigt Christopher in meinen Augen, dass er Caithlyn nicht zutraut, eine eigene Entscheidung zu treffen. Er wertet sie ab. Schade, dass Caithlyn nie erfährt, was er getan hat. Dann wäre die Geschichte unter Umständen anders ausgegangen. Ich glaube nicht, dass sie das akzeptiert hätte.
Außerdem versucht Christopher häufig durch seine körperliche Stärke zu punkten. Auch die Art und Weise, wie er sich Caithlyn nähert, ist nicht unbedingt die eines Gentleman. Er setzt auf seine Anziehungskraft und lotet aus, wie weit er gehen kann. Denkt er dabei an die Konsequenzen für Caithlyn? Wohl kaum! Es dauert, bis er eine vernünftige Entscheidung fällt und Konsequenzen für sein Leben zieht.
Trotzdem hat mir das Buch gut gefallen.

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Veröffentlicht am 05.12.2020

Eine immense Fleißleistung

Jesus. Eine Weltgeschichte.
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„...Man kann Lehre und Leben nicht voneinander trennen. Haltung und Handlung sind zwei Seiten derselben Medaille...“

Dieses Zitat stammt aus einem mehr als 1000 Seiten dicken Buch. Wie rezensiert man ...

„...Man kann Lehre und Leben nicht voneinander trennen. Haltung und Handlung sind zwei Seiten derselben Medaille...“

Dieses Zitat stammt aus einem mehr als 1000 Seiten dicken Buch. Wie rezensiert man ein solches Buch, wenn einerseits eine akribische und fleißige Recherche des Autors die Grundlage ist, andererseits seine Schlussfolgerungen aber auch Ecken und Kanten haben?
Ob mein Versuch einer realistischen Rezension gelingen wird, liegt im Auge des Betrachters.
Das Buch gliedert sich in drei Teile und zwölf Kapitel. Im ersten Kapitel untersucht der Autor, ob und wo es vor der Geburt Jesus schon das Wissen oder eher das Ahnen eines einzigen Gottes gab. Natürlich fallen in dem Zusammenhang Namen wie Echnaton und Platon.
Im zweiten Kapitel wendet sich der Autor der Geschichte des jüdischen Volkes zu. Geschickt vergleicht er die Religion der Juden mit denen ihrer Nachbarvölker. Gezielte Hinweise im Alten Testament auf Jesu werden erwähnt.
An dieser Stelle möchte ich kurz auf den Schriftstil eingehen. Er ist locker und leicht, stellenweise humorvoll und fast flapsig. Das sorgt dafür, dass sich die Seiten schnell hintereinander weg lesen lassen, ist aber sicher nicht jedermanns Fall.
Im dritten Kapitel wirft der Autor ein Schlaglicht auf das Rom zur Zeit der Geburt Jesu.

„...Bescheidenheit war definitv keine römische Tugend...“

Und heute? Auch andere Feststellungen, die er trifft, haben bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verloren.

„...Was uns erlaubt ist, stößt uns zurück. Das Verbotene reizt uns...“

Das letzte Kapitel des ersten Teils widmet sich der Geburt Jesu. Hier hält sich der Autor an die Vorgaben der Bibel und ergänzt sie durch eine Menge an historischen Fakten. Das folgende Zitat fasst den Kern zusammen:

„...Der Gott, der aus Liebe die Welt gemacht und den Menschen anvertraut, schenkt sich selbst und ermöglicht einen Neuanfang...“

Einen breiten Rahmen in den Ausführungen nimmt das Thema Jungfrauengeburt ein. Dann versucht der Autor, die Geschehnisse in den historischen Kontext einzugliedern und die Abläufe logisch zu begründen. Was ich hier schreibe, gilt auch für die folgenden Kapitel. Leider hat es der Autor versäumt, auf konkrete Zitate zu verweisen. So wird oft nicht klar, ob ich eine angelesene oder seine persönliche Darstellung geboten bekomme.
Der gesamte zweite Teil, der die Kapitel vier bis acht umfasst, beschäftigt sich mit Jesu Leben und Werk bis zu seinem Tod am Kreuz. Neben der Analyse der biblischen Texte und deren Interpretation wendet sich er Autor auch heiklen Themen zu, ohne sie allerdings allgemeingültig zu beantworten. Eines ist die Frage: „War Jesus Pazifist?“
Die biblischen Geschehen erzählt der Autor auf seine unnachahmliche Art sehr pointiert. Es kommen auch die menschlichen Schwächen der Jünger nicht zu kurz.
Der dritte Teil beginnt im Kapitel 9 mit dem Kernpunkt der christlichen Lehre, der Auferstehung Jesu. Es folgt Pfingsten und die Erfahrungen der ersten Gemeinden.
Die nächsten zwei Kapitel widmen sich der Ausbreitung der Kirche und ihren positiven Wirkungen auf Bildung, Wissenschaft und Kultur. Genau hier aber bin ich häufig andere Meinung als der Autor. Einiges ist mit eindeutig zu positiv dargestellt. Probleme werden weitgehend ausgeblendet oder nur kurz erwähnt. Und eine Frage bleibt ganz im Dunkeln: Inwieweit hat die Kirche des Mittelalters noch die Lehre Jesus, und um den geht es ja den Autor, in ihren Mittelpunkt gestellt? Zwei Zitate belegen die Stellen, mit denen ich persönlich nicht einverstanden bin.

„...Falsch ist die Behauptung, Mission sei überwiegend gewaltsam und gegen den Widerstand der einheimischen Völker betrieben worden...“

Ich sehe nicht, dass das falsch ist. Es gab viele Ausnahmen, doch die Bekehrung der Sachsen unter Karl dem Großen oder die Bekehrung der Indianer Amerikas war mit Sicherheit keine freiwillige Angelegenheit. Es reagierte das Recht des Stärkeren. Und vor allem auf deutschen Boden galt lange: Was der Fürst glaubt, hat das Volk zu glauben.

„...Allerdings würde ohne den Einfluss des Christentums der Menschenhandel auch heute noch florieren...“

Und wie der floriert, zum Beispiel auf dem Gebiet der Prostitution!
Und dann formuliert der Autor einen Satz, der auf den Kern des Problems hinweist:

„...An einem Tag, an dem das Christentum und die Welt Freunde werden, wäre das Christentum abgeschafft...“

Hier hätte ich mir eine ausführliche Analyse der historischen Entwicklung gewünscht, denn in dm Moment, wo das Christentum ein Machtfaktor wurde, hat es sich von seine Wurzeln gekonnt und unmerklich entfernt. Es regierte ein Glauben der Angst, nicht der Liebe.
Ein einziges Kapitel widmet der Autor den Fehlentwicklungen, wobei mir die Suche nach den Ursachen zu kurz kommt. Aber das Thema hätte vermutlich Platz für ein eigenes Buch geliefert.
Zum Abschluss wendet sich der Autor den Christentum heute zu. Seine Zeitanalyse ist nicht von der Hand zuweisen, bleibt aber oberflächlich.
Eine ausführliche Literaturauswahl ergänzt das Buch. Zu erwähnen bleibt die Hochwertige Aufmachung mit Lesebändchen und vergoldeten Innenseiten.
Das Buch hat mir trotz mancher Kritik sehr gut gefallen.

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