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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.12.2020

Hier wurde Potential verschenkt

Das Wunder von Errikousa
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„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter ...

„...Ihr Vater, Savvas, war Schneider. Er hatte alle seine Töchter Nähen gelehrt. Und sie haben es mir beigebracht. Sie waren meine Freundinnen...“

Es war Anfang der 80er Jahre, als Yvettes Großmutter das erste Mal diese Geschichte erzählt, eine Geschichte von Mut und Menschlichkeit. Ein einschneidendes persönliches Erlebnis sorgt dafür, dass Yvette sich Jahre später nochmals damit beschäftigt.
Es fällt mir nicht leicht, das Buch zu rezensieren. Das liegt nicht nur daran, dass ich eigentlich was anderes erwartet habe. Das Wunder von Errikousa macht nicht einmal ein Viertel der Geschichte aus. Ansonsten bewegt sich die Autorin in mehreren Zeitebenen. Stellenweise fehlt mir ein roter Faden.
Ausgangspunkt der Geschichte ist ein Geschehen im Jahre 2014. Yvettes Neffe Reat und dessen Großvater Bill werden vor einem jüdischen Gemeindezentrum erschossen. Das nimmt die Autorin als Aufhänger, um Parallelen zwischen Gegenwart und Vergangenheit aufzuzeigen.
Yvettes Familie hat griechische Wurzeln. Erst nach dem Krieg ist die Mutter mit den Kindern dem Vater nach Amerika gefolgt. Die ältere Generation lebte dort in einer griechischen Gemeinde. Auch in der neuen Heimat wurden die alten Traditionen fortgesetzt.
Im Buch erfahre ich einiges über das Leben auf Errikousa im Krieg und die Schwierigkeiten des Neubeginns in Amerika.

„...Fest entschlossen, ihre Kultur und ihre Bräuche zu erhalten, verließen Yiayia und die anderen Frauen nur selten den geschützten Kreis aus Griechisch sprechenden Bekannten und Verwandten...“

Gleichzeitig berichtet die Autorin über das Leben der Juden auf Korfu und ihre Vernichtung kurz vor Kriegsende. Savvas und seiner Familie war es gelungen, auf Errikousa zu fliehen. Dort konnten sie sich verbergen.
Einen weiten Raum im Buch nimmt die Suche nach Savvas Töchtern und deren Nachkommen ein.

„...Alle wussten, dass Savvas auf Errikousa gestorben und beerdigt worden war. Aber es gab keine übereinstimmenden Aussage darüber, was nach dem Krieg aus den Mädchen geworden war...“

Häufig werden verschiedene Dinge unter anderen Blickwinkel neu erzählt oder wiederholt. Das gibt der Geschichte eine gewisse Zähigkeit. Auch das Einbeziehen weiterer Lebensgeschichten lenkt vom Thema des Buches ab.
Die Autorin verliert sich in Details. Dadurch steht weniger das Geschehen in Errikousa im Mittelpunkt, sondern mehr ihre eigene Familiengeschichte und die gegenwärtigen Erlebnisse.
In Glaubensfragen bleibt einiges offen, vor allem, was ihr Tante Mindy angeht, deren Sohn Reat war. Es ist für mich weder logisch noch nachvollziehbar, dass sie kurzzeitig mit dem Gedanken spielt, zum Judentum zu konvertieren.
Für mich sieht es so aus, als wolle die Autorin mit ihrem Buch den Mut derjenigen hervorheben, die sich in schwieriger Zeit für andere eingesetzt haben und dazu aufrufen, das Schweigen über die dunkle Vergangenheit zu brechen. Mit der Gestaltung des Buches und ihrer Erzählweise ist ihr das aber nur bedingt gelungen.
Auch die Gleichstellung von persönlichen Hassattacken und staatlich sanktioniertem Hass gehe ich nicht mit.
Eine straffere Erzählweise und eine klare Abgrenzung der unterschiedlichen Themen hätte dem Buch gut getan.

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Veröffentlicht am 01.09.2017

Nicht das, was ich erwartet habe

Amazing Grace
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„...Wir sind niemals nur Besitzer, sondern einfach nur Bevollmächtige über das, was Gott uns anvertraut hat...“

Das Buch beginnt mit einer Szene bei der Gemeinschaft Methernitha in der Schweiz. Klaus ...

„...Wir sind niemals nur Besitzer, sondern einfach nur Bevollmächtige über das, was Gott uns anvertraut hat...“

Das Buch beginnt mit einer Szene bei der Gemeinschaft Methernitha in der Schweiz. Klaus und Gaby waren zur inneren Einkehr in die Einsamkeit gegangen. Während er nach drei Tagen zurückkehrte, wurde Gaby erst nach einer Woche geholt. Sie galt nun als Erleuchtete und gehörte ab sofort zum inneren Zirkel. Wenig später flieht Gaby.
Der Autor war lange Jahre der Leiter eines christlichen Verlags, der seinen Namen trägt. Mit dem Buch hatte ich seine Biografie erwartet. Dem ist aber nicht ganz so.
Klaus Gerth erzählt die Geschichte selbst. Dazu hat er das Buch in drei größere Abschnitte und ein kurzes Schlusskapitel eingeteilt.
Nach dem oben beschriebenen Geschehen folgt im ersten Abschnitt ein kurzer Rückblick auf Gabys Leben. Gaby ist seine zweite Frau. Dann berichtet er über seine Kindheit, die Jugend und den beruflichen Aufstieg in der Kosmetikbranche. Die harte Kindheit ohne Vater, der im Krieg geblieben ist, entfacht den Ehrgeiz des Jungen. Außerdem verfügt er über ein gesundes Selbstvertrauen. Mit Niederlagen kann er weniger gut umgehen. Sie führen zum Abbruch der Aktivität. Als er Gaby kennenlernt, beschäftigen sich beide mit der Bibel und finden zum Glauben. Dieser Teil endet damit, dass er sich entschließt, einen christlichen Verlag zu übernehmen.
Im zweiten Kapitel erfahre ich als Leser, dass er den maroden Verlag in die Gewinnzone führt und neue Verlage dazu kauft. Außerdem beschreibt er, welche Personen er dadurch kennenlernt und was der Verlag anbietet.
Der dritte Abschnitt widmet sich seinen Leben in Amerika nach dem Verkauf des Verlages.
Dieser Teil ist allerdings mehr Predigt als Lebensbeschreibung.
Der Schriftstil ist nüchtern und sachlich. Gefühle kommen kaum zum Tragen. Während er über den geschäftlichen Bereich ausführlich spricht, bleibt das Privatleben ab dem zweiten Abschnitt sehr vage. Von den Kindern aus erster Ehe erfährt man nichts. Auch Christoph, der Sohn aus zweiter Ehe, wird selten erwähnt. Über die Anfechtungen des Glaubens und mögliche geschäftliche Schwierigkeiten schreibt er nur kurz. Wie es ihm gelang, den Verlag in die Gewinnzone zu führen, konnte ich auch nicht ganz nachvollziehen. Dafür legt der Autor im dritten Teil ausführlich seine Glaubensüberzeugungen da. Hier gehe ich mit vielen seiner Ausführungen nicht konform. Obiges Zitat kann ich nur schwer mit seinem Lebensbild und seinen Vorstellungen von der Ewigkeit in Einklang bringen.
Im kurzen letzten Teil gibt es eine Einladung zum Glauben. Eine Danksagung beschließt das Buch.
Viele Fotos ergänzen die Geschichte.
Ich hatte mich auf das Buch gefreut, aber definitiv etwas anderes erwartet.

Veröffentlicht am 26.01.2024

Was hat sie wirklich erreicht?

Wir waren frei
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„...Tatsächlich ist heute der erste Tag eines vollkommen neuen Lebens, dass ich bald beginnen werde...“

Dem ist wohl so, aber davon ahnt die 16jährige Vinnie noch nichts. Sie wird heute ihren künftigen ...

„...Tatsächlich ist heute der erste Tag eines vollkommen neuen Lebens, dass ich bald beginnen werde...“

Dem ist wohl so, aber davon ahnt die 16jährige Vinnie noch nichts. Sie wird heute ihren künftigen Bräutigam kennenlernen, den ihr auf Lex ein Computerprogramm ausgewählt hat.
Die Autorin hat eine Dystopie geschrieben, die mich nicht nur in eine Zukunft führt, die mich eher an die Vergangenheit erinnert, sondern in einem zweiten Handlungsstrang auch erläutert, wie es dazu kam.
Lex ist eine künstliche Insel irgendwo in den Weiten des Ozeans. Vinnie hat in ihrem Leben der Regeln verinnerlicht, die sich so zusammenfassen lassen.

„...Alles ist genau festgelegt. Jeder hat seinen Platz in dem System...“

Natürlich ist sie nervös vor dem Treffen. Begegnungen mit männlichen Wesen außerhalb der Familie gab es nicht mehr, seitdem sie die Schule verlassen hat. Mädchen werden nur vier Jahre lang unterrichtet. Die Mutter macht ihr klar:

„...Senke den Blick und sprich nur nicht so viel, das erwartet er gar nicht. Je weniger du redest, desto besser...“

Und dann kommt der Schock. Der Mann ihrer Träume entpuppt sich als älterer Witwer, mit dem sie sich ein Zusammenleben nicht vorstellen kann. Er stößt sie ab und macht ihr Angst.
Vinnie entwickelt sich zur Rebellin. Als sie bei einem Spaziergang mit ihrer Schwester im Wald ein verstecktes Buch findet, nimmt sie es mit. Das kommt Staatsverrat gleich. Das Buch enthält die Tagebuchaufzeichnungen eines gewissen Paul, der die Gründung von Lex miterlebt hat. Das ist mittlerweile 70 Jahre her.
So weit, so gut. Leider hat die Geschichte eine Menge an logischen Brüchen. Vinnie stellt innerhalb weniger Tage ihr gesamtes Leben infrage. Sie verwendet Begrifflichkeiten, die sie von nirgendwoher kennen kann, denn die Bildung war unzureichend und Literatur gibt es keine.
Dass sie nun selbst über ihr Leben bestimmen möchte, kann ich ja noch nachvollziehen. Ihre Handlungen aber sind wenig durchdacht. Nehmen wir ein konkretes Beispiel. Sie verlässt in der Nacht ihr Zimmer im ersten Stock durch ein Fenster. Ein Ast bremst den Fall. In wenigen Stunden aber muss sie zurück sein. Wie will sie ins Haus gelangen?
Gut gefällt mir beim Blick in Pauls Tagebuch, dass dort die Probleme unserer Zeit angesprochen werden. Die Autorin hat dabei auch Ideen, wie sich die Situation weiter zuspitzt. Genau das ist der Grund für die Errichtung von Lex.
Das Buch hat eine Menge an Potential. Das wurde aber leider nicht konsequent umgesetzt. Auch hätte ich mir einen tiefen Blick in Vinnies Gedanken gewünscht. Zwar klingt das eine oder andere vor allem im letzten Teil der Geschichte an, ist aber nicht immer nachvollziehbar.
Konsequent war das Ende. Doch der Sinn dieses Endes erschließt sich mir nicht. Was hat sie damit erreicht?

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Veröffentlicht am 31.12.2022

Die Autorin kann es besser

Bittersüße Weihnachtszeit
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„...Emma rekelte sich auf der Couch. Vor dem großen Fenster rieselte der Schnee. Es hatte sich bereits eine dicke, watteweiche Schicht auf dem Mauervorsprung gebildet...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein ...

„...Emma rekelte sich auf der Couch. Vor dem großen Fenster rieselte der Schnee. Es hatte sich bereits eine dicke, watteweiche Schicht auf dem Mauervorsprung gebildet...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Weihnachtskrimi, der leider einige Ecken und Kanten hat. Damit kommt die Autorin nicht an ihre anderen Krimis heran.
Schön beschrieben werden die Weihnachtsmärkte in Dresden und die Atmosphäre in Prag. Die Protagonisten dagegen sind sehr einseitig gekennzeichnet. Da wäre zum einen Josef, Emmas Ex. Ehe ich mir hier den Mund verbrenne, lasse ich den Kommissar zu Wort kommen.

„...Was für ein Widerling, dachte Gustav, wie hält diese entzückende Frau den nur aus? Und da Emma Becker ebenfalls mit diesem Narziss verheiratet gewesen war, wunderte er sich umso mehr. Zwei so wunderbare Frauen und ein so aufgeblasener, selbstherrlicher Mann...“

Lucy, Emmas Tochter, ist für ihre vier Jahre sehr altklug. Sie ist schon ziemlich von ihrem Vater beeinflusst und sieht ab und an auf ihre Mutter herab. Allerdings lässt Emma auch viel durchgehen. Man hat den Eindruck, dass Lucy zu Hause das Sagen hat.
Emma mangelt es an Selbstbewusstsein. Die Wortwahl ihres Ex hätte sie von Anfang an unterbinden müssen. Doch jetzt wird sie aktiv. Kurzerhand fährt sie für die Weihnachtstage mit Lucy nach Prag.
Vor der Rathausuhr in Prag lässt Emma ihre Tochter einen Moment los, um nach einem Taschentuch zu greifen. Plötzlich ist das Kind verschwunden.
Trotz der Entführung fehlt es der Geschichte an Spannung. Während die Polizei nach dem Kind sucht, geht das Familiengeplänkel weiter. Jo, der junge Rezeptionist des Hotels, kümmert sich um Emma. Josef nervt und Marie, seine Neue, steht kurz vor der Entbindung.
Als Leser weiß ich, was mit Lucy passiert ist. Das Motiv des Entführers allerdings bleibt für mich lange Zeit im Dunkeln. Seine Handlungen scheinen mir mehr als unlogisch.
Schade! Hier wurde einiges an Potential verschenkt.

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