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Veröffentlicht am 12.09.2017

Wer mordet im Krimihotel?

Mord im Krimihotel
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„...Friedo kam ihr zuvor. Er nahm die Hände ein Stück weit auseinander, was die Länge der Waffe andeuten sollte. Nur, bei Männern musste man vorsichtig sein. Da wurden aus zwölf Zentimetern schnell zwanzig...“

Lea ...

„...Friedo kam ihr zuvor. Er nahm die Hände ein Stück weit auseinander, was die Länge der Waffe andeuten sollte. Nur, bei Männern musste man vorsichtig sein. Da wurden aus zwölf Zentimetern schnell zwanzig...“

Lea Schein träumt von einer Karriere als Schriftstellerin. Ihren Job als Tarotkartenlegerin beim Fernsehen hat sie dafür aufgegeben. Ihr erster Krimi hat allerdings noch nicht die vom Verlag gewünschte Länge. Da erhält sie plötzlich eine Einladung zu einer Lesung in ein Krimi-Hotel in Hillesheim.
Die Autorin hat einen abwechslungsreichen und humorvollen Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Im Hotel wird Lea von 10 Gästen erwartet. Zu ihnen gehört Friedo, den man durchaus als Stalker bezeichnen kann, denn er bedrängt Lea schon längere Zeit auf den sozialen Medien.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Geschickt nutzt die Autorin die Geschehnisse, um mir die handelnden Personen und den Ort nahezubringen.
In einem Vorstellungsgespräch am ersten Tag zeigt sich, wie unterschiedlich die Gruppe zusammengesetzt ist. Nicht jeder wollte, mancher musste an der Veranstaltung teilnehmen. Natascha zum Beispiel erhofft sich in einer persönlichen Frage Hilfe von Lea. In gewisser Weise ist Lea selbst daran Schuld. Auf ihrer Webseite hat sie nicht nur mehr von sich preisgegeben, als gut ist; sie hat es auch mit der Wahrheit nicht allzu genau genommen.
Eine Stadtbesichtigung bringt mir Hillesheim nahe. Keiner ahnt, wie dieser Spaziergang den Fortgang der Handlung beeinflusst, denn danach gibt es die erste Tote. Lea, die sich krampfhaft überlegt hatte, wie sie mit ihren wenigen Veröffentlichungen die Leseabende bestreiten will, ist in der Krimiwirklichkeit angekommen. Im Verhör mit den Polizisten erlebt sie die Praxis. Jetzt war ihre logische Kombinationsgabe gefragt. Nun lebt die Geschichte von der spannenden Suche nach dem Täter, aber auch von gekonnt genutzten Überhöhungen. Was letzteres genau bedeutet, möge der zukünftige Leser selbst herausfinden. Ein feiner Humor durchzieht das Buch, wie obiges Zitat zeigt. Gut herausgearbeitet Gespräche bringen das Geschehen voran und oftmals auf den Punkt.
Ein besonderes Stilmittel war die Einbettung eines kurzen, erzählten Krimis in die Handlung. Der sollte die Frage nach den möglichen Motiv beleuchten.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Er war gekonnt in die lokalen Gegebenheiten eingebettet.

Veröffentlicht am 31.08.2017

Fesselnd und tiefgründig

Grado im Dunkeln
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„...Das Herbstlicht verlieh der Landschaft gestochene Klarheit. Brombeerblau das Wasser, hagebuttengelb die den Kanal säumenden Häuser, sanddornorange die Sonne. Ein Potpourri von Farben und Klängen, gleich ...

„...Das Herbstlicht verlieh der Landschaft gestochene Klarheit. Brombeerblau das Wasser, hagebuttengelb die den Kanal säumenden Häuser, sanddornorange die Sonne. Ein Potpourri von Farben und Klängen, gleich denen ihrer Kindheit...“

Violetta, eine junge Lehrerin, und ihre Kollegin Olivia waren auf einem Popkonzert. Bei der Rückfahrt mit dem Auto in der Nacht bleibt der Wagen mitten im Tunnel stehen. Die Angst ist mit Händen greifbar. Violetta bekommt Panik, Olivia versucht, einen Weg aus der Situation zu finden. Sie ruft die Polizei. Die schleppen sie aus den Tunnel auf den Randstreifen, rufen den Abschleppwagen und müssen zu einem anderen Unfall. Die Zeit zieht sich. Olivia geht zum Auto, um ihr Handy zu holen. Als sie zurückkehrt, ist Violetta verschwunden. Wenig später wird sie auf einem Parkplatz gefunden. Der Täter wurde gestört, deshalb lebt sie noch. Der Fall landet bei Commissaria Maddalena Degrassi.
Die Autorin hat einen spannenden Krimi geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Das zeigt sich vor allem an den Stellen, wo die Erschütterung und innere Verletzung der Vergewaltigungsopfer zum Tragen kommt, denn Violetta war nicht die erste und ist nicht die letzte. Eine nach außen demonstrierte Stärke kann von jetzt auf gleich in tiefe Verzweiflung umschlagen. Gleichzeitig wird deutlich, wie schwierig es für Angehörige und Bekannte ist, damit umzugehen. Zuviel Fürsorge kann genauso falsch sein wie zu wenig. Es gilt, das rechte Maß zu finden. Auch Olivia, die eigentlich unbeteiligt war, kämpft mit ihren Schuldgefühlen. Das führt bei ihr ebenfalls zu teilweise irrationalen Handeln.
Die Ermittlungen kommen nicht recht voran. Solange der Täter keine Spuren hinterlässt und kaum Fehler macht, ist es die Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Wenig hilfreich ist dabei auch das Verhalten von Maddalenas Vorgesetzten. Einerseits macht er Druck, andererseits lehnt er die Zusammenarbeit mit den Dienststellen ab, wo weitere Fälle registriert wurden.
In angemessenen Umfang wird das Privatleben von Maddalena in das Geschehen mit einbezogen.
Obiges Zitat zeigt, dass die Autorin das Spiel mit Worten und Bildern beherrscht. Es sind Worte von Violetta.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Sie lässt allerdings ein paar Fragen offen, obwohl ein Täter gefasst ist.

Veröffentlicht am 29.08.2017

Zurück in die Vergangenheit?

Das Schattencorps
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„...Und weißt du, meine größte Sorge ist gerade nicht, dass die Russen angreifen. Das ist jetzt alles Diplomacy...“
Wir schreiben das Jahr 1962. Hans Barkhusen arbeitet als Taucher in Hamburg. Er ist ...

„...Und weißt du, meine größte Sorge ist gerade nicht, dass die Russen angreifen. Das ist jetzt alles Diplomacy...“
Wir schreiben das Jahr 1962. Hans Barkhusen arbeitet als Taucher in Hamburg. Er ist zur Taufe seines Neffen geladen. Dazu kommt auch die Verwandtschaft aus München. Auf einem gemeinsamen Spaziergang macht ihm Fritz, sein Schwager und Kriminalkommissar in München, einen Vorschlag. Die Polizei hat Informationen erhalten, dass sich vor Kreta der geheimnisvolle Rommel-Schatz befinden soll. Für dessen Bergung brauchen sie einen Taucher. Bei dem Schatz handelt es sich um Schmuck, Gold und Wertsachen, die den Juden in Tunis abgenommen wurden.
Der Autor hat einen spannenden Spionageroman geschrieben. Er zeichnet darin ein bizarres Bild des politischen Untergrunds in Deutschland in den 60er Jahren.
Im Mittelpunkt steht Hans. Er hat ein bewegtes Leben hinter sich. Erzogen wurde er in der Napola, der Eliteschule der Nationalsozialisten. Am Ende des Krieges gehörte er mit seinen 15 Jahren zum letzten Aufgebot. Um sein Leben zu retten, verpflichtete er sich nach der Besetzung einer geheimen Organisation der Engländer.
Nach dem Gespräch mit Fritz meldet sich bei Hans plötzlich Jim Rowland, sein ehemaliger Agentenführer der Engländer, wieder.
Eine weitere schillernde Gestalt ist Ira von Mallank. Sie verdient sich ihren Lebensunterhalt mit Waffenhandel und hofft darauf, ihre verlorengegangenen Ostgebiete zurück zu erhalten.
Und dann gibt es noch den undurchschaubaren Max von Krein. Er war Hans` Vorgesetzter, ist Taucher und begeisterter Schatzsucher. Seine politischen Ambitionen lassen alle Möglichkeiten für mich als Leser offen.
Der Schriftstil des Buches ist anfangs gewöhnungsbedürftig. Das liegt daran, dass die Geschichte im Präsens erzählt wird. Nachdem ich allerdings in die komplexe Handlung eingetaucht war, ist mir das kaum noch aufgefallen.
Die politischen Positionen der einzelnen Akteure waren lange Zeit unklar. Am einfachsten war es noch bei den Ewiggestrigen, die glaubten, das Deutsche Reich wieder aufrichten zu können. Dazu war ihnen jedes Mittel recht, und jede Besatzungsmacht war der Gegner. Die Einstellung verdeutlicht das folgende Zitat:
„...Die Wehrmacht hat kapituliert, das Reich nicht...“
in Italien steht das Schiff für die Bergung des Schatzes noch nicht zur Verfügung. Dafür belauert dort jeder jeden. Es geht weniger um politische Befindlichkeiten, mehr um persönliche Gier. Jeder möchte in Stück vom Kuchen haben und träumt von einer sicheren Zukunft.
Der Autor nutzt die Situation des Stagnierens der eigentlichen Handlung auf zweierlei Weise. Einerseits wird die Gegend um La Spezia sehr detailliert beschrieben. Schöne Metapher veranschaulichen die abwechslungsreiche Landschaft. Auch ein Blick in die Geschichte der Stadt wird mir als Leser gewährt. Andererseits beginnt hier Hans` Wandlung. Tiefgreifende Gespräche mit Carlo, einem Student, und Betty, der Wirtin der Jugendherberge, geben nicht nur Einblick in das Denken eines Teils der italienischen Jugend. Gerade Betty führt Hans die Schattenseiten des Naziregimes vor Augen. Nicht nur diese Dialoge im Buch gehören für mich zu den stilistischen Höhepunkte. Auch andere Gespräche zeigen das innere Gedankengebäude der Akteure..
Wie ein roter Faden durchzieht die Angst das Buch, dass einer der Großmächte den falschen Knopf drücken könnte und Deutschland im Atomkrieg versinkt. Obiges Zitat stammt von einem reichen Amerikaner und fällt nach Beginn der Kubakrise. Er hat Angst vor den eigenen Offizieren und ihren Handlungen. Dass die eigentliche Gefahr im deutschen Untergrund liegt, begreift Hans noch rechtzeitig.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es arbeitet ein Stück Geschichte auf, von dem nur Bruchteile je an die Öffentlichkeit gedrungen sind.

Veröffentlicht am 24.08.2017

Silvanas neue Liebe

Auf den Wellen des Glücks
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„...Wenn du gehen wolltest, bist du gegangen. Ohne Rücksicht auf die Scherben, die du hinterlässt...“

Die 52jährige Silvana ist auf einer Kreuzfahrt. Seit etwa zwei Jahren hält sie zu Männer Abstand. ...

„...Wenn du gehen wolltest, bist du gegangen. Ohne Rücksicht auf die Scherben, die du hinterlässt...“

Die 52jährige Silvana ist auf einer Kreuzfahrt. Seit etwa zwei Jahren hält sie zu Männer Abstand. Zu viele Beziehungen sind schon in die Brüche gegangen. Dann aber gibt es an Bord einen Tanzabend. Sie dreht mit Marcos Costales nicht nur eine Runde.
Die kurze Geschichte spielt vor dem Roman „Körbchen mit Meerblick“, in dessen Mittelpunkt Silvanas Tochter Melli steht.
Die Erzählung lässt sich zügig lesen, ist spannend geschrieben und hat mich sofort in ihren Bann gezogen.
Marcos ist nicht nur gut aussehend, sondern auch vermögend. Silvana ist eine Frau, die sofort aus einer Bindung ausbricht, wenn sie sich eingeengt fühlt.
Der Schriftstil ist ausgefeilt. Im kurzen Prolog gibt es ein Wiederlesen von Schoki, Mellis Hund. Er stellt die Verbindung zwischen beiden Büchern her. Der Kürze der Geschichte ist es geschuldet, dass sich die Beziehung Silvana und Marcos relativ schnell entwickelt. Sehr behutsam und gekonnt werden die sexuellen Szenen beschrieben. Geschickt geht Marcos mit Silvana um. Er weiß, dass sie keine einfache Frau ist. Einerseits möchte er sie nicht bedrängen, andererseits möchte er ihr zeigen, dass er für sie da ist. Natürlich liest sich die Erzählung stellenweise wie ein modernes Märchen. Das relativiert sich aber, wenn man Silvanas Probleme mit Männern kennt. In einem kurzen Gespräch mit Melli werden die angedeutet, denn die Tochter hatte unter der Ruhelosigkeit und Bindungsunfähigkeit der Mutter zu leiden.
Obiges Zitat stammt von Marco. Er macht Silvana damit klar, dass er ihre Probleme kennt, aber damit umgehen kann. Gewünscht hätte ich mir, die Reaktion vom Marcos` Eltern auf Silvana mitzubekommen.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Ich freue mich auf die Fortsetzungen.

Veröffentlicht am 08.08.2017

Spannender Fall

Endstation Neukölln
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„...Wenn du schon nichts einkaufen gehst außer deinem Fusel, dann lass den Kleinen wenigstens ihren Kakao...“

Hauptkommissar Stefan Breschnow hat seinen freien Tag. Er verbringt ihn mit seinem besten ...

„...Wenn du schon nichts einkaufen gehst außer deinem Fusel, dann lass den Kleinen wenigstens ihren Kakao...“

Hauptkommissar Stefan Breschnow hat seinen freien Tag. Er verbringt ihn mit seinem besten Freund, dem Alkohol.
Cosma und Robert, zwei Reporter, sind bei einer Veranstaltung des Vereins „Für Berlin“, verlassen diese aber vorzeitig. Dabei kommt ihnen der Türsteher dumm.
Kimmie hat vor kurzem einige Tage bei ihrem Freund Thomas Tollner, genannt Toto, übernachten. Dafür besorgt sie ihn Drogen. Plötzlich steht ein Mann in der Wohnung und verlangt Geld. Toto ist nicht mehr aufnahmefähig. Kimmie hat kein Geld. Der Fremde fordert sie zu sexuellen Handlungen auf, doch sie flieht in die Küche und greift nach einer Schere. Kurze Zeit später liegt ein Toter im Haus.
Aus diesen kurzen Handlungssträngen hat die Autorin einen spannenden Krimi gestrickt. Er führt mich als Leser in die dunklen Gegenden von Berlin.
Die Personen werden gut charakterisiert. Breschnow trinkt und raucht mehr, als für ihn gut ist. Trotzdem hält sein Team noch zu ihm.
Kimmie hat eine alkoholkranke Mutter, die regelmäßig Männer mit nach Hause bringt, aber sonst nichts auf die Reihe bekommt. Allerdings leben im Haushalt noch Kimmies kleine Zwillingsschwestern. Kimmie sorgt dafür, dass sie ab und an was zu Essen bekommen und bringt sie in den Kindergarten.
Kimmie und ihr Freund Toto waren bisher stets Opfer im Kiez. Sie haben sich kaum gegen ihre Peiniger gewährt.
Der Schriftstil des Buches ist der düsteren Atmosphäre der Handlung angepasst. Obiges Zitat fällt, als Kimmies Mutter gerade dazu kommt, wie Kimmie den Kleinen Kakao macht, das einzige, was im Haus noch zu finden ist. Sehr gut wird herausgearbeitet, wie Kimmie sich im Laufe der Handlung ändert. Sie will nicht länger Opfer sein.
Im Gegensatz dazu ignoriert Breschnow die gut gemeinten Ratschläge seiner Kollegen und greift stets erneut zum Alkohol. Andererseits hat er eine gewisse soziale Ader. So redet er mit Willy, einem Obdachlosen, wie mit Seinesgleichen und hat keine Berührungsängste. Als ein Verdächtiger eine Kollegin beleidigt, schlägt er kurzerhand zu.
Cosma träumt davon, eine Reporterin zu werden, die Missstände aufklärt. In dem Job aber ist sie auf das Wohlwollen ihrer Vorgesetzten angewiesen und muss zusehen, wie die ihre Artikel auf ein Minimum zusammenstreichen
Die äußere Spannung ergibt sich aus den Ermittlungen, die sich als schwierig erweisen. Es existiert aber auch eine innere Spannung, die aus den ungeklärten Beziehungen der Verdächtigen resultiert. Nebenbei geht das Leben weiter. Der Fall weitet sich aus. Manch einer lügt, dass sich die Balken biegen. Geschickt erfahre ich nach und nach, wie die Verstrickungen in der Drogenszene funktionieren. Das Jugendamt, das auf die Verhältnisse in Kimmies Familie aufmerksam gemacht wird, spielt meiner Meinung nach ebenfalls eine unrühmliche Rolle.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, wie Situationen eskalieren, weil Hilfe dort fehlt, wo sie dringend gebraucht wird. Der gesellschaftskritische Aspekt wurde anschaulich verdeutlicht. Breschnow hat sich am Ende die Frage gestellt, ob das Desaster zu verhindern gewesen wäre. Jeder Leser wird sicher darauf seine eigene Antwort finden.