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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.04.2017

Humorvolle Geschichte

Braut auf Zeit
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„...Also gut. Sie haben gewonnen, Mr. Addleshaw. Das ist ein Angebot, das ich unmöglich ablehnen kann...“

Wir schreiben das Jahr 1882. In New York Hannah Peabody arbeitet als Hutmacherin bei Mrs. Feinman. ...

„...Also gut. Sie haben gewonnen, Mr. Addleshaw. Das ist ein Angebot, das ich unmöglich ablehnen kann...“

Wir schreiben das Jahr 1882. In New York Hannah Peabody arbeitet als Hutmacherin bei Mrs. Feinman. Normalerweise ist ihr Arbeitsplatz im Hinterzimmer. Heute aber hat Mr. Feinman einen besonderen Auftrag für sie. Sie soll eine Hutlieferung an Miss Birmingham, Mr. Addleshaws Verlobte, übernehmen. Als sie bei dem Haus ankommt, ist die Situation schon eskaliert. Mr. Addleshaw erwartet, dass Mrs. Birmingham mit ihrer Tochter ins Hotel zieht. Die aber sieht das ganz anders. Obwohl die Verlobung noch nicht stattgefunden hat, wünscht sie, im Haus aufgenommen zu werden. Nun bekommt Hannah ihren Ärger ab. Mrs. Birmingham sorgt dafür, dass Hannah ihre Stelle verliert. Gerade heute aber ist Hannahs Geburtstag. Als sie um ein besonderes Erlebnis für diesen Tag gebetet hat, hat sie sicher nicht an eine Entlassung gedacht.
Die Autorin hat einen humorvollen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Personen werden gut charakterisiert. Hannah ist Waise. Sie wurde von ihrer Tante Jane großgezogen. Die hält sich mit unlauteren Geschäften mehr schlecht als recht über Wasser. Als sie Hannah in ihre Machenschaften einbinden wollte, ist diese ihren eigene Weg gegangen. Hilfe und Unterstützung fand sie bei Pastor Gilmore. Sie wohnt zusammen mit ihren Freundinnen Lucetta, einer begabten Schauspielerin, und Millie, die als Kindermädchen gearbeitet hat, aber schon häufig die Stelle wechseln musste.
Mr. Addleshaw gehört zu den begehrtesten Junggesellen in New York. Das hat er vor allem seinen Reichtum zu verdanken.
Der Schriftstil des Buches ist lockerleicht. Trotzdem sind tiefgehende Probleme mit eingebunden. Nach den Auseinandersetzungen vor seinem Haus trennt sich Oliver Addleshaw von Miss Birmingham. Nun hat er ein Problem. Für eine geschäftliche Transaktion braucht er eine Frau an seiner Seite. Er bietet Hannah die Stelle an, denn sie ist so ganz anders als die weiblichen Wesen, die sich bisher um seine Gunst bemüht haben. Hannah lehnt ab. Als er nach jedem Nein das Gehalt weiter erhöht, fällt obiges Satz. Die Dialoge zwischen Hannah und Oliver gehören zu den köstlichen Höhepunkten der Geschichte. Lange können beide nicht verleugnen, dass sie mehr zueinander empfinden, als es die Geschäftsbeziehungen erfordern. Doch keiner gibt es zu. Da Hannah das Leben in den gehobenen Kreisen nicht gewöhnt ist, kommt es zu manch amüsanten Szenen. Hinzu kommt, dass ihre romantische Ader auf Oliver eher unterkühltes Wesen trifft. Auch Millie, ihre Freundin, sorgt für viel Humor. Sie will ihre Bildung verbessern, trägt stets ein Wörterbuch bei sich, verwendet aber die gelernten Fremdwörter selten richtig.
Sehr gut beschrieben werden die gesellschaftlichen Verhältnisse in New York. Hannah versteht es, Oliver auch auf Menschen aufmerksam zu machen, denen es nicht so gut geht wie ihm. Er ist lernfähig, was ihm Hannahs – stille – Bewunderung einbringt. Gleichzeitig arbeitet Hannah ehrenamtlich für Menschen, die noch weniger haben als sie. Ihre Begabung als Schneiderin setzt sie dabei ein. Es bleibt der Autorin unbenommen, dass sie in der Geschichte viele außergewöhnliche Menschen kreiert hat, die sich in kein Schema pressen lassen und den Roman spannend und abwechslungsreich machen. Auf alle kann und will ich hier nicht eingehen.
Dass es sich um einen christlichen Roman handelt, wird zum einen in der angemessenen Wortwahl, zum anderen in einigen Szenen unterschwellig deutlich. Das Thema wird mehr im Handeln als durch Reden eingebracht.
Das Cover mit der jungen Frau passt zum Geschehen.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie hat eine gewisse Leichtigkeit und wirft doch ein realistisches Licht auf die Zeitverhältnisse.

Veröffentlicht am 04.04.2017

Was Freundschaft vermag

Jukka rennt
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„...Man war auch irgendwie einsam, wenn man von jedem gemocht, aber von niemanden verstanden wurde..."

Jukka stammt aus Finnland. Sein Vater hat in Deutschland eine Stelle als Koch angenommen, die Mutter ...

„...Man war auch irgendwie einsam, wenn man von jedem gemocht, aber von niemanden verstanden wurde..."

Jukka stammt aus Finnland. Sein Vater hat in Deutschland eine Stelle als Koch angenommen, die Mutter ist mit einem neuen Partner in Finnland geblieben. Nun kommt Jukka in seine neue Klasse. Nico macht sich sofort über den weiblichen Namen des Jungen lustig. Doch Leo kontert und bietet Jukka eine Platz an. Im kurz darauf folgenden Sportunterricht gibt es das nächste Problem. Bisher war Nico der beste Läufer der Klasse. Nun schlägt ihn Jukka problemlos.
Die Autorin hat ein spannendes und inhaltsreichen Kinderbuch geschrieben.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Jukka geht mit Nicos Sticheleien ziemlich gelassen um. Seine innere Kraft nimmt er aus dem guten Verhältnis zum Vater, mit dem er jede seiner Fragen besprechen kann. Leo ist ein Mädchen. Sie ist in der Klasse beliebt und kann phantastisch zeichnen. Für ihr Hobby aber interessiert sich kaum jemand, auch nicht ihre vielbeschäftigten Eltern. Nico steht gern im Mittelpunkt. Sein Vater ist daran nicht unschuldig. Er verlangt Spitzenleistungen von seinem Sohn. Und dann gibt es noch Leos Freundin Lissa. Sie hat völlig andere Interessen als Leo, fühlt sich aber zunehmend an den Rand gedrängt. Sie ist auf Jukka eifersüchtig.
Der Schriftstil des Buches ist der Zielgruppe, Kindern ab circa 10 Jahren, angemessen. Obiges Zitat bezieht sich auf Leo. Sie ist nicht nur selbstbewusst, sondern traut sich auch, den Erwachsenen unverblümt und trotzdem wohldurchdacht ihre Meinung zu sagen, wenn sie ungerechte Behandlung spürt. Dafür wird sie im stillen selbst von Nico bewundert. Sehr anschaulich hat die Autorin Leos Kinderzimmer beschrieben. Es zeugt von der Kreativität seiner Bewohnerin und hebt sich vom vornehmen Stil des restlichen Hauses ab. Leo und Jukka werden Freunde. Sie akzeptieren das Hobby des Gegenüber und bestärken sich gegenseitig. Beide haben ein Ziel vor Augen. Jukka will beim Sportwettbewerb die Laufdisziplinen gewinnen, und Leo hofft, bei einer Kunstausstellung zu den Preisträgern zu gehören. Während sich Jukka auch ohne seine sportlichen Erfolge vom Vater geliebt weiß, hofft Leo durch den Gewinn des Wettbewerbs endlich die Aufmerksamkeit ihrer Eltern zu erhalten.
Doch das Leben geht manchmal Umwege. Plötzlich wird beides infrage gestellt. Jukkas Initiative und Einsatzbereitschaft ist gefragt. Er rennt wie noch nie in seinem Leben. Der Handlungsverlauf schwankt zwischen Hoffnung und Niederlage. Lissa fällt eine völlig falsche Entscheidung, dafür wächst Nico über sich hinaus und zeigt eine völlig neues Seite.
Das Cover mit den rennenden Beinen auf grünem Gras weckt Interesse und zieht die Blicke auf sich.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Die Geschichte ist sehr realistisch, wird abwechslungsreich erzählt und zeigt verschiedene Facetten der Probleme und Beziehungen in einer Schulklasse. Der Wert der Freundschaft und des Vertrauens spielt eine besondere Rolle im Buch.

Veröffentlicht am 03.04.2017

Ein etwas anderer Krimi

Die Abbieger
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„...Er hatte begonnen, Buch zu führen...Vom 2. Juli 2012 bis 6. Juni 2016 hatte er ... 352 Stunden im Stau gestanden....“

Klaus-Werner Lippermann, genannt Klausi, ist Buchhalter. In seiner Freizeit kümmert ...

„...Er hatte begonnen, Buch zu führen...Vom 2. Juli 2012 bis 6. Juni 2016 hatte er ... 352 Stunden im Stau gestanden....“

Klaus-Werner Lippermann, genannt Klausi, ist Buchhalter. In seiner Freizeit kümmert er sich um seine beiden Kaninchen. Sie sind sein Ein und Alles. Den Wunsch seiner Mutter, sich endlich eine Frau zu suchen, überhört er geflissentlich. Als er eines Morgens die Kaninchen mit abgeschnittenen Köpfen im Garten findet und ihm die Polizei wenig Hoffnung macht, je die Täter zu finden, ist für ihn das Maß voll. Es ist nicht das einzige Ärgernis, dass ihn belastet. Als Autofahrer im Ruhrgebiet hat er vor allem auf der A40 auf den Weg zu und von der Arbeit mit dem tägliche Stau zu kämpfen. Deshalb entwickelt Klaus-Werner einen genialen Plan, den er mit seinem Partner Freddy umsetzen will. Gemeinsam entführen sie Dr. Rainer Weissfeldt, den Chef von Straßen:NRW.
Der Autor hat einen spannenden Krim geschrieben, der voller Sarkasmus steckt.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Eigentlich haben sich mit Klausi und Freddy zwei Typen gefunden, die gar nicht zusammen passen. Während Klausi exakt plant, sich am liebsten in Haus und Garten aufhält und immer eine gepflegte Erscheinung ist, spricht Freddy dem Alkohol zu und sucht sich entsprechende Freunde. Klausi verabscheut Brutalität, Freddy übt sie aus. Dafür kommt ihm die mit Schwefelsäure gefüllte Wasserpistole gerade recht. Klausi will, dass sich im Straßenverkehr was ändert und Tiere nicht als Sachen betrachtet werden, Freddy will Geld sehen.
Der Schriftstil des Buches steckt voller Humor und Ironie. Der Besuch von Elfriede, Klausis Mutter, im Baumarkt, gehört dabei zu den Feinsten, was das Buch an Humor zu bieten hat. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören für mich die Dialoge zwischen Klausi und Dr. Weissfeldt. Grundlage für die Gespräche ist obiges Zitat. Klausi hat exakt aufgeschlüsselt, was die Ursachen für die Stauzeiten waren. Klausi zwingt Dr. Weissfeldt, täglich stundenlang mit dem Auto durchs Ruhrgebiet zu fahren. Leider ist der kein versierter Autofahrer. Für den Dienstwagen hat er einen Fahrer, das Familienauto fährt die Ehefrau. Damit gibt seine Fahrweise schon zu manchem Schmunzeln Anlass. Nebenbei darf er noch Klausi die Ursache für jeden Stau erklären. Auch Baustellen und die verschenkte Arbeitszeit dort sind eines der Diskussionsthemen.
Polizei und Presse werden informiert, die neuen Regeln bei StraßenNRW zu veröffentlichen, aber mit der Entführung nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sie das Leben der Geisel nicht gefährden wollen.
Während Georg Schüppe ermittelt, beginnt sich ebenfalls der Reporter Tom Balzack auf Spurensuche. Dabei bindet er zunehmend seinen Sohn Chris mit ein.
Ganz nebenbei werden zwei weitere Fälle gelöst.
Eine Personenliste ergänzt die Handlung.
Das Cover mit der auf dem Kopf stehenden Autobahn hat hohen Wiedererkennungswert für diejenigen, die schon andere Bücher des Autors gelesen haben.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen und mich prima unterhalten. Einziger Wermutstropfen war die relativ kleine Schrift.

Veröffentlicht am 02.04.2017

Emmas neuer Fall - spannend

Und süß wird meine Rache sein
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„...Jette liebte es, wenn der Himmel ins Meer hineinlief, als würden sie sich küssen wie ein frisch verliebtes Paar. Sie liebte die changierenden Blautöne des Wasser, die jeden Tag anders aussahen...“

Das ...

„...Jette liebte es, wenn der Himmel ins Meer hineinlief, als würden sie sich küssen wie ein frisch verliebtes Paar. Sie liebte die changierenden Blautöne des Wasser, die jeden Tag anders aussahen...“

Das Buch beginnt mit einer Flucht im Jahre 1985. Dann wechselt die Handlung in die Gegenwart. Nach neunmonatiger Pause als Folge ihres letzten Falls kehrt Kriminalhauptkommissarin Emma Hansen an ihren Arbeitsplatz nach Ludwigshafen zurück. Sie erlebt einen unterkühlten Empfang von Linda. Matthias, ihr einstiger Partner, ist bei seiner Frau im Krankenhaus und auch ihr Chef lässt auf sich warten. Dann werden Linda und Emma zu ihrem ersten Fall gerufen. Achim Jahn, ein Gemüsebauer, wurde grausam ermordet.
Der neue Fall für Emma lässt genau wie die Vorgänger an Spannung nichts vermissen. Aufhänger ist wiederum ein Geschehen aus der Vergangenheit. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das trifft in diesem Fall insbesondere für Linda statt. Sie hofft, in den Kriminaldauerdienst übernommen zu werden, spielt aber bevorzugt mit ihren Reizen. Dabei ist sie wenig kollegial und verhält sich gegenüber Matthias weitaus aufgeschlossener als gegenüber Emma. Sie baut bewusst eine Konkurrenzbeziehung auf. Auch das Verhältnis zwischen Matthias und Emma hat in den letzten Monaten Schaden genommen. Hier bedarf es viel Aufklärungsarbeit von beiden Seiten. Es ist nicht zu übersehen, dass Emma noch etwas dünnhäutig ist.
Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Ort und Personen werden gut beschrieben. Sachlich wird die Lage am Tatort dargestellt. Obiges Zitat zeigt aber auch, dass der Autor die bildhafte Sprache beherrscht, treffende Metapher findet und ein Spur Romantik in die Geschichte bringt. Dazu sollte man wissen, dass Jette Jansen ein Künstlerin ist, die sich in die Einsamkeit des Meeres zurückgezogen hat. Warum, darf der künftige Leser selbst herausfinden.
Der Autor bevorzugt kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsorte. Das sorgt für einen gleichbleibend hohen Spannungsaufbau.
Der Roman ist in drei Handlungsstränge aufgebaut, die aber immer wieder Berührungspunkte haben. Der weitaus größte Teil gehört den Ermittlungen im Umfeld des Toten. Viel Raum nimmt dabei die Spargelernte und mögliche Machenschaften beim Verpflichten der Arbeiterinnen ein. Jeder der Beteiligten scheint Dreck am Stecken zu haben und kommt als potentieller Täter infrage. Die Spannungen im Team der Kriminalisten sind für die Arbeit nicht gerade förderlich. Der Gerichtsmediziner allerdings bringt positive Energie mit und sorgt kurzzeitig für eine gewisse Lockerheit.
Ein zweiter Strang widmet sich dem Leben von Jette.
Im dritten Teil wird erzählt, wie ein syrischer Bruder mit seiner Schwester nach Deutschland flieht. Die eigentliche Fluchtgeschichte wird nur knapp gestreift. Doch dann wird die junge Frau während der Flucht mittels eines Lastwagens verschleppt. Für sie beginnt ein Martyrium, dass unvorstellbar ist.
Gut wiedergegebenen werden die Emotionen der Protagonisten. Jettes Angst ist mit den Händen greifbar. Emmas Enttäuschung ist nachvollziehbar, und Matthias` Zwiespalt zwischen Hoffen und Bangen wirkt authentisch.
Das Cover mit der räumlich wirkenden Muschel auf schwarzem Untergrund und den wie hingemalt wirkenden Blutstropfen ist ein Hingucker. Auffallend ist, dass ausgerechnet das Wort „Rache“ schwarz auf hellem Untergrund geschrieben wurde, während der Rest des Titels weiß auf Schwarz steht. Es gibt dem Wort eine besondere Bedeutung.
Der Roman hat mir ausgezeichnet gefallen. Alle Fragen wurden am Ende logisch nachvollziehbar beantwortet .Allerdings lässt der Autor das Buch mit einem heftigen Cliffhanger enden.

Veröffentlicht am 01.04.2017

Beeindruckendes Buch mit Tiefe

Osteraugen
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„...Vielleicht lag es daran, dass Menschen häufig nur das wahrnehmen, was ihrer Überzeugung nach möglich sein kann. Ein Auferstandener, der spazieren läuft, passte schlicht noch nicht ins Konzept..."

Das ...

„...Vielleicht lag es daran, dass Menschen häufig nur das wahrnehmen, was ihrer Überzeugung nach möglich sein kann. Ein Auferstandener, der spazieren läuft, passte schlicht noch nicht ins Konzept..."

Das Buch enthält 20 Ostergeschichten und 5 Ostergedichte. Beides ist entsprechend der Chronologie des Geschehens geordnet. Die erste Geschichte hat den Palmsonntag zum Inhalt, den Abschluss bildet das Gedicht „Ja, Jesus lebt“
Die Erzählungen unterscheiden sich nicht nur im Inhalt, sondern auch im Schriftstil. Ich möchte erst einmal beim Inhalt bleiben. Es kommt fast jeder der Personen zu Wort, die in das damalige Geschehen involviert waren. Dabei gelingt es dem Autor, eine völlig neue Sicht auf manche der Personen zu kreieren. Das beste Beispiel ist Judas, der nicht geahnt hat, das sein Wollen und das Ergebnis seines Handelns zwei völlig verschiedene Sachen sein werden. Auch Malchus, der Söldner des Hohepriesters, fragt sich, ob sein Hohepriester wirklich der integere Mann ist, für den er sich immer ausgibt. Auffallend ist, dass alle, die an der Verurteilung beteiligt waren, danach ein heftiges seelisches Unbehagen verspürten.
Doch der Autor lässt nicht nur Personen zu Wort kommen. Zwei der Geschichten spielen in der Gegenwart. Während die Pilgerströme durch die heiligen Stätten wandern, unterhalten sich die Pflastersteine und in einer weiteren Erzählung die Bäume im Garten Gethsemane über das damalige Geschehen. 2000 tausend Jahre sind für sie ja kein Problem. Sie haben es hautnah erlebt.
Auch tiere dürfen Protagonisten sein. So fragt sich in der ersten Geschichte ein kleiner esel, ob es in seinem Leben einmal etwas Besonderes geben wird.
Wie schon erwähnt, werden die Geschichte auf völlig eigene Art erzählt. So gibt es Erzählungen, die sich durch ihren feinen Humor auszeichnen. Ein Zitat gefällig?

„..Eine römische Wache schläft nicht..."

Andere Geschichten haben einen sehr ernsten Grundton, so zum Beispiel als Maria und Petrus das Geschehen auf ihre Art reflektieren. Häufig nutzt der Autor kurze, aber aussagekräftige Gespräche, um sein Anliegen zu verdeutlichen. Manches ist des Nachdenkens wert. Obiges Zitat ist eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die Emmausjünger Jesu nicht erkannt haben. Eines aber ist allen Geschichten gemeinsam. Es sind Geschichten im ersten Teil der Hoffnung, im zweiten der Freude.
Die Gedichte haben alle eine pyramidenförmige Form. Sie werden erst von Zeile zu Zeile länger, danach nimmt die Wortzahl wieder ab. Sie sind berührend und inhaltsreich und treffen genau den Punkt des Geschehens.
Doch nicht nur die Texte, auch die aussagekräftigen Illustrationen machen das Buch zu etwas Besonderen. Jede ganzseitige Schwarz-Weiß-Zeichnung zwischen zwei Erzählungen passt perfekt zum Thema, sei es die Dornenkrone, das Felsengrab oder die weiße Taube.
Das in Gelb- und Brauntönen gehaltene Cover mit den Kreuzen auf dem Hügel und dem Bild des Autors im unteren Teil wirkt edel.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht eine vielfältige Sicht auf das Ostergeschehen.