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Veröffentlicht am 14.12.2023

Bewegende Geschichte über einen Bruderzwist

Elias - wenn Freiheit nicht genügt
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„...Du hattest eine Lungenentzündung sowie eine Entzündung in beiden Ohren. Das ist der Grund, weshalb du zur Zeit nichts hörst. Mach dir keine Sorgen, dass bekommen wir wieder hin...“

Elias ist 12 Jahre, ...

„...Du hattest eine Lungenentzündung sowie eine Entzündung in beiden Ohren. Das ist der Grund, weshalb du zur Zeit nichts hörst. Mach dir keine Sorgen, dass bekommen wir wieder hin...“

Elias ist 12 Jahre, als er nach einem Streich seines älteren Bruders Nathan das Gehör verliert. Die Worte der Ärzte treffen nicht zu. Sie bekommen es nicht hin. Elias kann seine Behinderung nur bedingt akzeptiern.
Die Autorin hat einen bewegenden und tiefgründigen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist sehr fein ausgearbeitet. Er sorgt für eine hohen Spannungsbogen, lässt viel Platz für Gefühle und gibt den inneren Zwiespalt der Protagonisten wieder.
Nach dem Abitur hat Elias seine Familie verlassen. Normalerweise wollte er nur für ein Jahr nach Australien. Mittlerweile sind 10 Jahre vergangen. Er lebt in Amerika. Eine Rückkehr ist kein Thema. Die Dominanz der Mutter auf den Weingut und die Verachtung seines Bruders will er nie wieder spüren.
Dann aber erreicht ihn ein Hilferuf seiner minderjährigen Schwester Sophie. Einmal pro Woche hatte er mit ihr geskypt. Nun meldet sie sich außerhalb der Zeit. Bei einem Unfall wurden sein Mutter und sein Bruder getötet.

„…Diese Rachegefühle sind mit seinem Tode nutzlos geworden. Das Leben ist meiner Rache zuvorgekommen...“

Die Gedanken bewegen Elias, wenn er an Nathan denkt. Mit seiner Mutter aber hätte er sich gern noch ausgesprochen. Der Vater hat schon vor Jahren die Familie verlassen. Eine Scheidung gab es nie.
Elias lässt alles stehen und liegen und fliegt nach Deutschland. Hier sieht er sich einer Situation gegenüber, die er so nie haben wollte. Er muss sich um ein Weingut kümmern, das kurz vor der Insolvenz steht, die Sorgen und Wünsche seiner Schwester ernst nehmen und nebenbei Geld verdienen. Er hat zwar keine Ausbildung, ist aber ein begnadeter Mechaniker. Das verdankt er seinem Vater, der ihn schon als Dreikäsehoch bei Reparaturen helfen ließ. Als er den Traktor untersucht, mit dem der Unfall geschah, wird er stutzig.
Außerdem erscheint ein Fremder auf dem Hof, der Geld will, dass ihn Nathan angeblich schuldet. In der Nähe trifft Elias auf Lulu. Die junge Frau war in Australien seine Freundin. Sie kennt sich mit Buchhaltung aus und greift Elias unter die Arme. Ab und an geigt sie ihm auch gehörig die Meinung.

„...Eins noch. Es ist es wert, Elias. Am Ende wirst du erkennen, für die Menschen, die du liebst, ist es leicht, ein Stück seiner Freiheit zu opfern...“

Nach und nach wird deutlich, welche seelischen Verletzungen Elias mit sich herumträgt. Als sein Vater erscheint, werden die Karten neu gemischt. Er übernimmt Verantwortung. Das Gespräch des Vaters mit Elias ist für mich nicht nur der sprachliche Höhepunkt des Buches. Hier wird deutlich, was in der Familie alles schief gelaufen ist. Elias stellt sich mit dem Vater an seiner Seite seinen Ängsten. Die Familie findet zusammen.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist heftig, wie es ausarten kann, wenn ein Bruder den anderen dominiert. Hinzu kam, dass für die Mutter nur das Weingut zählte. Die Wünsche der Kinder spielten keine Rolle. Für Nathans Narzissmus hatte sie keinen Blick.

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Veröffentlicht am 12.12.2023

Eric Hollers heftigster Fall

Eric Holler: Gelsenkugeln
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„...Holler war klar, ein Vergeltungsakt konnte ihn jeden Tag ereilen, aber er rechnete in Gelsenkirchen weit weniger damit als in den Staaten...“

Eric arbeitet als Privatdetektiv in Gelsenkirchen. Seine ...

„...Holler war klar, ein Vergeltungsakt konnte ihn jeden Tag ereilen, aber er rechnete in Gelsenkirchen weit weniger damit als in den Staaten...“

Eric arbeitet als Privatdetektiv in Gelsenkirchen. Seine Vergangenheit allerdings lag in Amerika. Dorthin hatte er auch Silvia geschickt. Mittlerweile ist sie zurückgekehrt.
Der Autor hat erneut eine spannenden Krimi geschrieben. In diesem Fall allerdings greift sein Protagonist das erste Mal auf seine rüden Methoden aus der Vergangenheit zu.
Der Schriftstil sorgt für eine hohen Spannungsbogen. Was bisher passiert ist, wird im ersten Kapitel kurz zusammengefasst.
Eric besucht Silvia und nimmt sie mit. Dann geschieht das Folgende:

„...Es geschah blitzschnell, innerhalb von noch nicht einmal einer Minute. Schüsse fielen. Nicht aus Pistolen oder leicht zu beschaffenden Handfeuerwaffen, sondern aus Präzisionsgewehren...“

Eric überlebt den Anschlag, doch Silvia stirbt. Eric setzt alle seine Möglichkeiten ein, um die Spur der Täter zu finden. Die Polizei ist davon jedoch nicht begeistert, denn sie ahnt, dass Eric über sehr diffizile Methoden verfügt. Bei Kommissar Werthofen klingt das so:

„...Unser Chef hat keine Ahnung. Niemand kennt Holler, ich womöglich m wenigsten. Der Mann steckt voller Geheimnisse und ist vergleichbar mit einer Wundertüte...“

Zuerst muss Eric klären, ob ihn seine Feinde aus Amerika aufgespürt haben oder ob der Anschlag ein deutsches Problem ist. Im zweiten Fall bleibt die Frage nach dem Motiv.
Bei seinen Nachforschungen kommt er zu überraschenden Erkenntnissen. Über seine Verhörmethoden hülle ich mich mal lieber in Schweigen. Sie sind effektiv. Eines muss man Erich zugute halten. Er hat die entsprechende Erfahrung einzuschätzen, ob diejenigen, die er unter seine Fittiche nimmt, wirklich nichts mehr wissen. Dann bricht er das Verhör ab.
Es gibt einiges Auf und Ab, bis letztendlich alle Fälle geklärt sind.
Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen, auch wenn mir Eric als logischer und klar denkender Ermittler lieber ist. Das aber hätte hier nicht genügt.

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Veröffentlicht am 12.12.2023

Amüsanter Krimi

Misthaufensportler-Mord
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„...Revierinspektor Noah Hofer war ein von Geselligkeit und Fleiß geprägter Mühlviertler, wie er im Buche stand. Also, na ja, nicht wirklich...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein spannender und humorvoller ...

„...Revierinspektor Noah Hofer war ein von Geselligkeit und Fleiß geprägter Mühlviertler, wie er im Buche stand. Also, na ja, nicht wirklich...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein spannender und humorvoller Krimi, der mich als Leser auch in die Besonderheiten des Mühlviertels einführt. Der Schriftstil ist abwechslungsreich und zeichnet sich durch die Benutzung des Dialekts aus. Das gibt der Geschichte seine örtliches Flair.

„...“Kommts schnell, mein Bub liegt am Misthaufen!“ blazte eine hysterische Frauenstimme am Telefon...“

Noch ahnt Noah nicht, dass mit dem Mord sein beschauliches Leben zu Ende ist. Die Dienststelle in Linz ist unterbesetzt, also müssen sie im Ort den Fall allein aufklären. Ihre Erfahrung ist gleich Null.

„...Ein Toter am Misthaufen gehörte nun mal nicht zum Tagesgeschäft der Polizeiinspektion Gallneukirchen, an Mord gar nicht zu denken...“

Hinzu kommt, dass Noah den Toten gut kennt, denn während des Lockdowns hat er in dessen illegalen Fitnesscenter umsonst trainiert. Aber er war nicht der einzige. Manche wurden während des Trainings heftig abkassiert. Ob dort das Mordmotiv liegt? Doch es gibt noch mehr Verdächtige.
Leider ist die Zusammenarbeit im Revier mehr schlecht als recht. Mit seiner neuen Partnerin Bettina kommt Noah nicht zurecht. Mir als Leser ist sie auch unsympathisch.
Natürlich hat Noah auch seine Ecken und Kanten. Das Verhalten gegenüber seiner Mutter ist nicht in Ordnung. Auch sonst nimmt er manch Fettnäpfchen mit. Als Sündenbock ist er die ideale Besetzung. Und genau das nutzt Bettina aus. Sie schiebt ihn gern mal ihre Fehler in die Schuhe.
Doch es ist Noah, der sich ernsthaft um die Aufklärung des Mordes bemüht und die in seinen Augen Verdächtigen befragt.
Dabei lerne ich so einiges über die komplexen Beziehungen im Ort kennen. Auch der sogenannte Mühlviertler Überlebensmodus war mir nicht bekannt. Spannend ist der Dorftratsch, der immer alles besser weiß.
Auch am Ende hat Noah Pech. Als er glaubt, den möglichen Täter überführen zu können, fällt Bettina der wirkliche Täter ohne eigenes Zutun sprichwörtlich in den Schoß. Wieder ist Noah der Gelackmeierte.
Das Buch hat mich sehr gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Sehr schönes Kinderbuch

Feigenbaum und Gießkanne
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„...Eines Tages pflanzte die Gärtnerin einen Feigenbaum. Gespannt warteten alle darauf, dass er zu wachsen begann...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Kinderbuch, bei dem es um Warten und Geduld, aber auch ...

„...Eines Tages pflanzte die Gärtnerin einen Feigenbaum. Gespannt warteten alle darauf, dass er zu wachsen begann...“

Mit diesen Zeilen beginnt ein Kinderbuch, bei dem es um Warten und Geduld, aber auch Liebe und Fürsorge geht.
Die Texte sind kurz und in angenehmer Schriftgröße zum Vorlesen. Sie sind auch für Erstleser zum Selberlesen geeignet. Die Absätze sind klar gegliedert, der Inhalt verständlich. Auf einer Seite gibt es Sprechblasen.
Das Jahr vergeht, der Baum jedoch trägt nur wenige Blätter und keine Feigen. Da bitten die Kinder darum, sich um den Baum kümmern zu dürfen. Sie sind der Meinung, dem Baum fehle nur Liebe. Logischerweise sehen das die Erwachsenen anders. Aber die Kinder bekommen ihre Chance. Auch bei ihnen stellt sich nicht sofort ein Erfolg ein. Aber sie geben nicht auf. Nach einiger Zeit werden sie für ihre Mühe belohnt.
Das Buch ist wunderschön illustriert. Die Bilder sind farbenfroh und mit vielen Kleinigkeiten versehen. Gut gefällt mir, dass die Kinder von verschiedenen Erdteilen stammen.
Auf der vorletzten Seite gibt es Anmerkungen der Autorin. Sie beziehen sich auf das Gleichnis im Lukasevangelium und machen Vorschläge, welche Themen mit den Kindern nach dem Lesen der Geschichte betrachten könnte.
Die letzte Seite enthält ein Rezept für Feigenbällchen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt den Kindern, dass es sich lohnt, dranzubleiben und nicht aufzugeben.

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Veröffentlicht am 11.12.2023

Absolut lesenswer

Mein verdorbenes Blut oder Streuselkuchen nach schlesischer Art
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„...Warum könnt ihr alle nicht endlich begreifen, dass für eine Nazi Jude sein nur eines bedeutet: semitisches Blut zu haben! Es hat nichts mit irgendeiner Religion zu tun...“

Diese Worte fallen bei einem ...

„...Warum könnt ihr alle nicht endlich begreifen, dass für eine Nazi Jude sein nur eines bedeutet: semitisches Blut zu haben! Es hat nichts mit irgendeiner Religion zu tun...“

Diese Worte fallen bei einem Familientreffen. Ein großer Teil der Verwandtschaft ist seit mindestens einer Generation zum Christentum konvertiert. Obige Worte sagt Günther, der als Kampfpilot bei der Luftwaffe arbeitet, zu seiner Tante. Er hat mit Nazigrößen zu tun und weiß, wovon er redet.
Der Autor erzählt aus seinem Leben. Die Geschichte ist sehr lebendig geschrieben und verfügt über einen feinen Humor. Der Schriftstil passt sich gekonnt den Gegebenheiten an und bringt so den Widerspruch zwischen den Ängsten der Mutter und dem Überschwang der Jugend zum Ausdruck.
Als besonderes Stilmittel gibt es deshalb ab und an Tagebuchaufzeichnungen der Mutter.
Horst ist Halbjude und lebt mit seiner Familie in Breslau. Im Jahre 1936 verstirbt sein Vater. Die jüdische Mutter kann sich nicht zur Ausreise entschließen. Horst ist sechs Jahre, als ihn die Mutter über seine Herkunft informiert. Sie ermahnt ihn, nie darüber zu sprechen. Er soll sich schlau verhalten wie Reineke Fuchs.

„...Es war schön und lobenswert, klug und vorsichtig wie er zu sein, aber wenn ich mich richtig erinnerte, ging er auch Risiken ein, als seine Familie von Hunger bedroht war...“

Schnell lernt Horst, wie er das karge Lebensmittelangebot aufbessern kann. Seinem Aussehen nach hält man Horst für einen Arier. Seine Freunde halten zu ihm
Schon in jungen Jahren interessiert sich Horst für Kochen und Backen. Deshalb sind auch einige Rezepte geschickt in den Text eingearbeitet. Eine Liste dazu gibt es am Beginn des Buches. Durch Meta wird er ein Experte in der Bestimmung essbarer Pilze. Gleichzeitig habe ich als Leser auch eine Menge darüber gelernt.
Nach dem Krieg freundet sich Horst mit einem russischem Major an. Der bringt ihm bei, wie man mit Handgranaten fischt. Bald versuchen es die Kids allein.

„...Dutzende Fische schwammen oben und wir bildeten eine Staffel, um sie herauszubekommen. Jede vorstellbare Fischart war dabei...“

Dann aber sind Horst und seine Familie gezwungen, Breslau zu verlassen. Sie haben auf dem Schwarzmarkt die falschen Leute auf sich aufmerksam gemacht. Wieder ist es der russische Major, der sie zu Verwandten nach Bayern bringt. Der Mann bleibt mir bis zum Ende des Buches ein Rätsel. Er scheint weit mehr als nur ein Major zu sein.
Von den Einheimischen werden sie allerdings nicht besonders willkommen geheißen. Man will weder Flüchtlinge noch Protestanten. Da sich aber Horst vor keiner Arbeit scheut, hilft er auf einem Bauernhof beim Schlachten. Das bringt der Großfamilie wichtige Nahrungsmittel. Beim Fest danach lernt er von der Bäuerin, dass er vorsichtig sein muss.

„...Bayern sind praktisch immun, was die Wirkung von Bier anbelangt. Es wird nicht als alkoholisches Getränk, sondern als wichtiger Ernährungsbestandteil betrachtet...“

Obwohl die Familie nie über ihren Hintergrund gesprochen hat, ist er vielen bekannt. Das bekommt Horst in der Schule zu spüren. Mancher Lehrer stammt noch aus der alten Garde. Horst allerdings sagt zu seiner Mutter:

„...Mama! Werde bloß nicht wieder schüchtern und ängstlich. Hitler ist tot, die Nazis sind weg, in ein paar Jahren wird niemand mehr wissen, was Antisemitismus war...“

Es sollte nicht lange dauern, bis Horst begreift, dass er damit völlig falsch liegt. Die Ewiggestrigen scharren schon wieder mit den Hufen. Letztendlich beugt er sich dem Willen der Mutter. Sie reisen zu Verwandten nach Amerika.
Viele Fotos illustrieren das Buch und lassen die Geschichte zusätzlich lebendig werden.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Horst ist ein Überlebenskünstler. Es gibt viele Situationen, die er gemeistert hat, obwohl sie den Keim des Scheiterns eigentlich in sich trugen. Trotzdem hat er sich nie in den Vordergrund gespielt. Er hat geteilt, was er erlangen konnte und hatte die Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen.

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