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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.08.2023

Lesenswerte Kurzgeschichten

Diese paar Minuten
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„...Wo ist der Mann mit dem Schäferhund, fragte eine Frau aus der Gegend vor einigen Tagen Er ist doch dein Nachbar?...“

Mit diesen Fragen beginnt die erste Erzählung. Der Mann schweigt gegenüber der ...

„...Wo ist der Mann mit dem Schäferhund, fragte eine Frau aus der Gegend vor einigen Tagen Er ist doch dein Nachbar?...“

Mit diesen Fragen beginnt die erste Erzählung. Der Mann schweigt gegenüber der Frau. Doch ich als Leser erfahre, was passiert ist. Dabei werden auf ungemein geschickte Art mehrere Lebensgeschichten miteinander verwoben.
Das Buch enthält insgesamt 12 Kurzgeschichten. Sie sind mitten aus dem Leben gegriffen und streifen dabei oft die Grenzbereiche. Manche ähneln einen Krimi, andere beinhalten besondere Schicksale.
Der Schriftstil ist ausgereift. Der Autor versteht es, dem roten Faden zu folgen und trotzdem gekonnt auf Nebenschauplätze abzuweichen. Dadurch werden trotz der Kürze die Personen meist gut charakterisiert. Die Handlung wirkt vielschichtig.
Der Autor spielt ab und an mit der Psyche seiner Protagonisten. Das zeigt sich unter anderen in der folgenden Geschichte:

„...Wenn ich allein bin, und ich bin zu viel allein, denke ich, dass es meine Schuld ist. Man denkt an alles Mögliche...“

Sie wünschen sich ein Kind. Die Untersuchungen haben ergeben, dass er zeugunsunfähig ist. Es passiert das, was oft passiert. Sie reden zu wenig miteinander. Dafür reflektiert der Protagonist für mich als Leser, was in ihn vorgeht. Er fragt, was er getan haben könnte, um nun mitden Folgen leben zu müssen. Dabei kommt auch wieder Tschernobyl zur Sprache. Er war Kind, als das Unglück passierte.
Viele der Geschichten passieren auf einem Ich-Erzähler. Bei manchen berichtet der Protagonist einem Gegenüber, wie er die Sache sieht.
Die letzte Erzählung ist etwas Besonderes. Darin werden einige der vorhergegangen Geschichten aufgegriffen und zu einer neuen verbunden.
Die Geschichten haben mir sehr gut gefallen. Der Autor erzählt von den Abgründen des Lebens, die sonst meist im Verborgenen bleiben.

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Veröffentlicht am 19.08.2023

Tiefgründige Geschichte

Die Lesereise
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„...Ich muss dreizehn oder vierzehn Jahre alt gewesen sein, als meine Mutter starb. Es kam alles sehr schnell...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Buch, dass zwei Lebensgeschichten verknüpft und gekonnt ...

„...Ich muss dreizehn oder vierzehn Jahre alt gewesen sein, als meine Mutter starb. Es kam alles sehr schnell...“

Mit diesen Sätzen beginnt ein Buch, dass zwei Lebensgeschichten verknüpft und gekonnt die Probleme der Gegenwart integriert. Der Junge wird von einem Mann aus dem Waisenhaus geholt und begleitet ihn fortan auf seinen Leserreisen.
Der Schriftstil ist ausgereift. Er wirkt manchmal erzählend, geht in philosophische Tiefen und hat Stellen, die eher unergründlich sind. Das betrifft vor allem die Vorträge des Alten. Neben Sätzen, die sich einprägen und zum Nachdenken anregen, scheinen manche Gedanken eher diffus zu sein.

„...Viele meinen ja, dass allein das Denken schon schwierig genug ist. Deshalb versucht man es uns von Kindesbeinen an, mit allen möglichen Mitteln beizubringen. Aber selbst nach zwanzig Jahren intensiven Studierens, können selbst die meisten unserer Doktoren noch nicht denken...“

Wer ist der Alte? Wie kommt er zu dieser Meinung? Wie kam es dazu, dass er als Vortragender von Ort zu Ort zieht? Das bleibt zunächst im Dunkeln. Er gibt dem Jungen manches zum Nachdenken.

„...Der Sinn der Dinge verschwindet, wenn er nicht sorgsam von Mund zu Mund weitergegeben wird. Und wenn wir unsere eigene Geschichte nicht weitergeben, wird sie eines Tages von Fremden erzählt, so wie wir heute die Geschichte der Inkas erzählen...“

Der Junge ist Realist und sieht die finanziellen Schwierigkeiten. Im richtigen Moment nutzt er die Gunst der Stunde und schafft ihnen ein Heim in einem Wohnwagen auf einem Campingplatz. Die Dauercamper gehören nun zu den regelmäßigen Zuhörern des Alten. Er dringt in einen Worten tief in die gesellschaftlichen Probleme ein.

„...Denn es ist eine geschwächte Moral, die dazu führt, dass man Gesetze nach Gutdünken des Zeitgeistes und der wechselnden Mehrheiten erlassen kann. Irgendwann sind Gesetze dann nur noch Regeln, die man umgeht, wo man kann...“

Als der Alte stirbt, hinterlässt er dem Jungen sein Erbe. Mit dem Leben des Jungen beschäftigt sich der zweite Teil. Der geht anfangs einen geraden Weg. Ohne besondere Mühen gelangt er zu seinem Doktortitel in Soziologie. Dann aber wagt er in einer Vorlesung Dinge zu sagen, die grenzwertig sind. Plötzlich wird er in eine Ecke gestellt, in die er nicht gehört.
Das Buch erzählt eine leise Geschichte. Die enthaltene Gesellschaftskritik kommt auf sanften Pfoten daher. Sie zeigt aber eine Entwicklung auf, der unbedingt Einhalt zu gebieten ist.

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Veröffentlicht am 18.08.2023

Hanna hat das richtige Gespür

Die Mutter des Kommissars und das doppelte Grab
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„...Plötzlich zerriss ein schriller Schrei die fromme Stille, mit der die Trauergemeinde den Gebetsformeln des Pfarrers gelauscht hatte. Die Messdienerin, ein junges Mädchen von vielleicht vierzehn oder ...

„...Plötzlich zerriss ein schriller Schrei die fromme Stille, mit der die Trauergemeinde den Gebetsformeln des Pfarrers gelauscht hatte. Die Messdienerin, ein junges Mädchen von vielleicht vierzehn oder fünfzehn Jahren, starrte entsetzt in die Graböffnung...“

Was sie dort sieht, ist eine menschliche Hand. Die Beerdigung wird abgebrochen, die Polizei gerufen.
Die Autorin hat erneut einen spannenden Krimi geschrieben. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Er sorgt für den hohen Spannungsbogen, lässt aber auch ruhige Momente zu.
Der Fall landet bei Kriminalhauptkommissar Thomas Morgenroth. Seine Mutter Hanna war auch auf der Beerdigung und mischt fleißig mit.

„...“Schlaf gut, Mama! Und komm ja nicht auf die Idee, Detektiv spielen zu wollen.“ Aber wo denkst du hin, Thomas, würde ich doch niemals tun. Du kennst mich doch!“ „Eben“, meinte Thomas trocken...“

Das Zitat zeigt, dass auch der feine Humor im Buch nicht zu kurz kommt.
Der Tote ist ein Student, der bei seiner Familie in Cloppenburg zu Besuch war. In seinem Blut wurden Rückstände von Medikamenten gefunden. Der Ermittlungen kommen nicht vorwärts. Sowohl seine Familie als auch die Studienkameraden wissen nicht viel über ihn. Er galt als verschlossen.
Hanna, pensionierte Lehrerin, trifft sich regelmäßig mit zwei Freundinnen zum Kaffeekränzchen. Dabei werden Erinnerungen an Ole, den Toten, ausgetauscht, der das hiesige Gymnasium besucht hat. Hanna macht auch bei der Familie einen Kondolenzbesuch. Sie versteht es, ihre Fragen geschickt anzubringen.
Eines Nachts wird Thomas erneut aus dem Schlaf gerissen.

„...Wir haben hier einen Toten, offensichtlich Fremdverschulden. Du musst sofort herkommen...“

Während die Kriminalpolizei davon ausgeht, dass beide Fälle nichts mit einander zu tun haben, sucht Hanna nach Zusammenhängen. Dabei macht sie überraschende Entdeckungen. Natürlich informiert sie ihren Sohn. Der ist erst einmal nicht amüsiert.
Gut gefällt mir, dass ich so nebenbei auch über die deutsche Rechtslage und ihre Bestimmungen bei Ermittlungen informiert werde.
Die Autorin versteht es, lebendig zu erzählen und mich als Leser kontinuierlich an den Ergebnissen zu beteiligen. Zum einen stehe ich bei allen Gesprächen gedanklich an Hannas Seite, zum anderen erlebe ich die Zusammenfassungen, aber auch den Frust im Kommissariat.
Am Ende bleiben keine offenen Fragen bei diesem fast tragischen Krimi.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, wie eine einzige falsche Entscheidung zu einem Dominoeffekt führt. Dabei erhalte ich auch Einblick in die psychische Verfassung der Protagonisten.

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Veröffentlicht am 17.08.2023

Bewegender Nachkriegsroman

Der Klang eines neuen Lebens
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„… Sie hatte sich bemüht und geglaubt, es zu schaffen, aber nun hielt sie es keinen Tag länger mehr mit seinen Elten aus. Sie sah noch kurz aus dem Fenster, wo der Verwalter gerade durch das große Tor ...

„… Sie hatte sich bemüht und geglaubt, es zu schaffen, aber nun hielt sie es keinen Tag länger mehr mit seinen Elten aus. Sie sah noch kurz aus dem Fenster, wo der Verwalter gerade durch das große Tor davon ritt...“

Der Krieg ist zu Ende. Emma von Kall hatte ihn auf dem Gut ihrer Schwiegereltern verbracht. Von ihrem Mann fehlt bisher jede Nachricht. Emma kann die Missachtung der Schwiegermutter nicht länger ertragen. Sie will zurück nach Köln. Ob ihre Eltern noch leben?
Die Autorin hat ein bewegende Nachkriegsgeschichte geschrieben. Der Schriftstil ist ausgereift. Er bringt die historischen Gegebenheiten auf den Punkt.
Bei Emmas Schwiegermutter wird deutlich, dass sie den alten Zeiten nachtrauert. Für sie sind die Fremdarbeiter, die auf ihren Gut schuften mussten, noch immer Menschen zweiter Klasse.
In Köln trifft Emma zuerst nur ihren Vater an. Er hat die geplünderte Wohnung so gut wie möglich wieder hergerichtet. Allerdings ist Emmas Zimmer vermietet. Kurt, der Untermieter, erweist sich als Verwandlungskünstler. Nicht nur, dass er entsprechend des Anlasses seine Garderobe wechselt, er kann auch alles besorgen, was gebraucht wird. Außerdem ist er sich nicht zu schade, zuzugreifen, wenn es nötig ist. Als Leser erfahre ich nach und nach Episoden aus seiner Vergangenheit. Für seine Umgebung hält er sie geheim.
Emma hat vor dm Krieg Akkordeon gespielt. Das Instrument hatte sie von ihrer Tante Lydia, die ihr auch den Musiklehrer versorgt und bezahlt hat. Nun will sie mit ihrer Musik am Rande des Schwarzmarktes Geld verdienen. Doch das rechnet sich nicht.
Die schwierigen Lebensverhältnisse in Köln im Jahre 1945 werden sehr ausführlich und realistisch geschildert. Es ist nie genug zu Essen da. Als Armin, Emmas kleiner Bruder, zurück nach Hause kommt, schließt er sich einer Kinderbande an. Die stromern durch die Ruine und holen alles heraus, was noch brauchbar ist.
Die Autorin lässt mich einen Blick in die Vergangenheit ihrer Protagonisten werfen. Dabei erhalte ich auch Informationen über das amerikanische Gefangenenlager in den Rheinwiesen bei Sinzig.

„...Sie nahmen ihre Löffel vom Essgeschirr und gruben sich ein gemeinsames Erdloch. Auf unerfindliche Weise gelang es Esser, eine Zeltplane zu beschaffen, unter der sie schlafen konnten. […] Das Lager wurde immer voller, es gab kaum etwas zu essen, um nicht zu sagen nichts...“

Dann findet Emma jemand, der ihr eine Stelle als Musikerin in einem neu eröffneten Restaurant beschaffen kann. Er hatte sie schon auf dem Schwarzmarkt gehört und war damals skeptisch.

„...Nun, Sie haben mich dazu gebracht, meine Einstellung zu überdenken, Ich glaubte immer, in diesen Zeiten hätten die Menschen keinen Sinn für Kunst. Aber es scheint anders zu sein...“

Die schwierigen Lebensverhältnisse haben die Menschen hart gemacht. Das zeigt sich nicht nur bei Emmas Schwiegermutter, sondern auch bei ihrer eigenen Mutter. Zuwendungen sind selbstverständlich und kein Grund, weitere Forderungen zu stellen. Jedes hat seinen Preis.
Emma erkennt nach und nach ihre eigene Stärke. Gleichzeitig beginnt es zwischen ihr und Kurt zu kribbeln. Doch sie ist verheiratet.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen.

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Veröffentlicht am 16.08.2023

Älter werden mit Humor

Von einem, der auszog, seine Falten zu lieben
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„...Das Älterwerden hat Vorzüge, die ich nicht missen möchte, aber es bringt auch Anstrengungen mit sich, die ich manchmal gerne überspringen würde...“

Mit diesen Worten bringt es der Autor gleich zu ...

„...Das Älterwerden hat Vorzüge, die ich nicht missen möchte, aber es bringt auch Anstrengungen mit sich, die ich manchmal gerne überspringen würde...“

Mit diesen Worten bringt es der Autor gleich zu Beginn des Buches auf den Punkt. Dann zeigt er in sieben Kapitel auf, wie man seine Lebensqualität im Alter erhalten oder verbessern kann.
Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er ist durchzogen von einer feinen Prise Humor. Die Schriftgröße passt sich der Zielgruppe an. Sie ist weder zu groß noch zu klein.
Der Autor will mit seinem Buch Mut machen. Dabei sagt er deutlich, wo es Einschränkungen gibt, aber auch, wie man damit umgehen kann.

„...Die höchste Form der Weisheit ist der Friede mit dem eigenen Alter...“

Einem Thema widmet der Autor besonders viele Seiten. Es geht darum, auch im Alter mit allen Sinnen zu genießen. An welche Düfte erinnerst du dich aus Kindheit und Jugend? Welche nimmst du heute wahr? Hast du beim Spazierengehen einen Blick für die Kleinigkeiten der Natur? Das sind nur einige Fragen, die gestellt werden.
An anderer Stelle geht es um das Nutzen von Chancen und das Wagen an neue Tätigkeiten.

„...Wer morgens mit dem inneren Schweinehund anfängt zu diskutieren, hat schon verloren...“

Ab und an fügt der Autor eine Liste von Fragen und Angeboten ein, die sich an mich als Leser richtet und mich ermuntert, mich damit auseinander zu setzen.
Ein weiteres Kapitel wendet sich dem Gebet, dem Lesen in der Bibel und der positiven Seite der Gemeinschaft zu. Nicht vergessen wird die Dankbarkeit gegenüber Gott, aber auch gegenüber den Mitmenschen. Es sind häufig kleine Gesten, die ein Lächeln auf die Lippen zaubern.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es enthält eine Menge an Anregungen, über die man nachdenken kann.

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