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Veröffentlicht am 06.10.2021

Fesselnder historischer Roman

Der Pfeiler der Gerechtigkeit
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„...Stumm betete der Junge zum Allmächtigen, er möge ihm vergeben und Arkan gesund werden lassen. Gelobte, sich fortan um Schwächere und weniger Begünstigten zu kümmern, Zeit seines Lebens...“

Julius ...

„...Stumm betete der Junge zum Allmächtigen, er möge ihm vergeben und Arkan gesund werden lassen. Gelobte, sich fortan um Schwächere und weniger Begünstigten zu kümmern, Zeit seines Lebens...“

Julius Echter von Mespelbrunn ist 5 Jahre alt, als er ein Verbot übertritt und seinen Hund Arkon mit in den Wald nimmt. Ein Wildschwein verletzt ihn schwer. Julius` Gebet wird erhört. Der Hund überlebt, ist aber als Jagdhund nicht mehr zu gebrauchen.
Dann wechselt die Geschichte ins Jahr 1572. Julius ist mittlerweile 27 Jahre alt.
Die Autorin hat einen spannenden und umfangreich recherchierten historischen Roman geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen.
Der Schriftstil passt sich den Gegebenheiten an.
In Würzburg stirbt der Bildhauermeister Reber. Noch ahnt sein 13jähriger Sohn Simon nicht, dass für ihn schwere Zeiten anbrechen. Seine 28jährige Mutter heiratet bald wieder. Für den Bäckermeister ist Simon ein besserer Knecht, der sich seinem eigenen Sohn Wulf unterzuordnen hat. Das Erbe des Vaters wird für die Ausstattung dr Bäckerei verwendet.
In Würzburg wird ein neuer Fürstbischof gewählt. Die Stelle bekommt trotz seiner Jugend Julius Echter.
Die Autorin verknüpft auf geschickte Weise das Leben des Simon Reber mit dem des Fürstbischofs.
Als sich Simon in die Apothekentochter Julia verliebt, bäckt er ihr einen besonderen Zopf aus süßem Teig. Der aber gerät in die Hände des Fürstbischofs. Er erinnert ihn an das Brot, dass ihm einst eine Magd immer gab, wenn er Kummer hatte. Sie nannte es Seelenbrot, weil es mit Liebe gebacken war.
Bis der Fürstbischof erfährt, wer wirklich den Zopf gebacken hat, sollten Jahre vergehen. Das Leben und der Streit mit dem Stiefbruder zwingen Simon, Würzburg zu verlassen und nach Venedig zu gehen. Dort werden seine Begabungen erkannt. Er entwickelt sich zu einem gefragten Zuckerbäcker.
Sehr gut werden die gesellschaftlichen Verhältnisse in das Geschehen eingeflochten. Zum einen lerne ich das Leben in Venedig und damit auch dunklen Jahre der Pest kennen, zum anderen nehme ich teil an Julius` Bestreben, in Würzburg ein Spital und eine Universität zu bauen. Er hat nicht vergessen, dass er ein Auge auf die weniger Bemittelten haben will. Es gibt allerdings eine Menge an Widersätnden zu überwinden.

„...“Die Geizkrägen“, schimpfte Echter vor sich hin, „stellen sich in den Dienst der Kirche und verdienen damit Geld. Was ist mit Nächstenliebe? Fürsorge für die Armen und Kranken und die Waisenkinder?...“

Gut beschrieben wurde, wie Lehrlinge damals in die Zunft aufgenommen wurden und welche Rechte und Pflichten sie hatten.
Zusammen mit Simon erfahre ich in Venedig, wie Kunstwerke aus Zucker entstehen. Das hat eine Menge Gemeinsamkeiten mit der Glasbläserei.

„...Dann formte er ein Ei und steckte am Ende ein gläsernes Rohr hinein, setzte das andere an die Lippen und blies Luft hinein, während seine Rechte dabei durch ständiges Drehen aus dem Ei eine schillernde Zuckerblase entstehen ließ...“

Natürlich ist Julius auch bemüht, den Protestantismus in Würzburg zurückzudrängen. Allerdings geht er dabei wesentlich subtiler vor als der Fürstabt von Fulda, der es sich mit wichtigen Adelsfamilien verscherzt.
Spannend fand ich die Gerichtsverhandlungen, die von Julius geleitet wurden. Er sieht hinter die Dinge und lässt sich nichts vormachen. Dabei stellt er geschickt Fragen und nimmt, wie man heute sagen würde, Fachleute zur Hilfe.
Ein Personenverzeichnis, eine Zeittafel und Ergänzungen zum historischen Hintergrund runden das Buch ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es verfügt über einen hohen Spannungsbogen und ist ein gelungenes Zeitgemälde.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Ein Auf und Ab der Gefühle

Alea Aquarius 7. Im Bannkreis des Schwurs
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„...Eine neue Etappe begann. Alles war möglich. Im Gemenge der zukünftigen Begebenheiten existierten ebenso viele Möglichkeiten für Niederlagen wie für Erfolge. Doch wenn Alea in diesem Sommer eines gelernt ...

„...Eine neue Etappe begann. Alles war möglich. Im Gemenge der zukünftigen Begebenheiten existierten ebenso viele Möglichkeiten für Niederlagen wie für Erfolge. Doch wenn Alea in diesem Sommer eines gelernt hatte, dann, dass sie den Gang der Dinge maßgeblich beeinflussen konnte...“

Dieses Zitat steht ziemlich am Anfang des Buches. Noch ahnt Alea nicht, wie nahe dieses Mal Sieg und Niederlage liegen. Und mancher Sieg fühlt sich im ersten Moment wie eine Niederlage an.
Dieses Mal hat sich die Alpha Cru getrennt. Alea und Lennox stehen in Florenz am Bahnhof, um nach Deutschland zu fahren. Ziel ist der Felsen der Loreley. Dort hofft Alea endlich ihre Zwillingsschwester zu treffen. Sammy, Ben und Tess fahren per Schiff nach Rom. Dort wollen sich später alle wiedertreffen, um endlich gegen Dr. Orion vorzugehen.
Die Autorin hat erneut eine spannende Fortsetzung geschrieben. Es ist erstaunlich, welche neuen Stämme der Meermenschen sie jedes Mal kreiert. Trotzdem klingt alles logisch und nachvollziehbar.
Der Schriftstil ist abwechslungsreich. Es gibt schöne Landschaftsbeschreibungen, bei denen die Autorin gekonnt mit Metaphern spielt.

„...Die Morgensonne funkelte auf der Oberfläche, und zarte Frühnebelschwaden zogen wie Zauberwolken am Ufer entlang….“

Andere Stellen stecken voller Emotionen und Romantik. Die Zweisamkeit lässt die Protagonisten
weiter zusammen wachsen.


„...Alea hatte noch nie so viel beim Singen getanzt, aber sie musste sich einfach im Regen bewegen, um ihm zu zeigen, wie sehr sie sich über seine Existenz freute...“

Natürlich durchzieht das Buch einer hoher Spannungsbogen. Mehrmals geht es um Leben und Tod.
Schon auf der Fahrt geht nicht alles glatt. Alea und Lennox müssen den Zug vorzeitig verlassen. Auf ihren Weg über Land kommt es zu einer überraschenden Begegnung. Auf einem Bauernhof diskutiert Alea über Tierhaltung und Landwirtschaft. Sie muss erkennen, dass Schwarz oder Weiß bei dem Thema keine Lösung ist. Ein Junge erklärt ihr:

„...Weißt du, ich bin total dafür, dass Regelungen für mehr Tierschutz erlassen werden. Dann muss aber eben dafür gesorgt werden, dass Bauern mit ihrer Arbeit trotzdem noch ihren Lebensunterhalt verdienen können...“

In diesem Band gibt es mehrmals Rückblenden in die Vergangenheit. Das ermöglicht mir als Leser einen Einblick, warum sich mancher der Protagonisten so entwickelt hat, wie er sich entwickelt hat. Außerdem erhalte ich so Informationen, wie Dr. Orion die Dragoner von sich abhängig gemacht hat. Dieser Herrenschwur wird später in der Handlug noch eine Rolle spielen.
Die Telefonate mit dem Rest der Cru stecken voller philosophischer Weisheit. Vor allem Sammy, der Jüngste, kommt auf ungewöhnliche Gedanken.

„...Gedanken sind im Vergleich zu einem Bauchgefühl bloß Schnipsel, die der kleinste Windhauch durcheinanderwirbelt, wie es ihm gefällt. Ein Bauchgefühl ist dagegen was Handfestes...“

Noch ahnen Alea und Lennox nicht, dass Orion für sie eine Falle inszeniert hat. Ob er aber gewinnen wird? Nicht nur Alea und Lennox wachsen über sich hinaus.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ist eine Fantasygeschichte mit viel Tiefgang.

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Veröffentlicht am 05.10.2021

Neues von Phoebe und Layla

Phoebe & Layla
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„...Nein, du musst aufwachen! Da ist ein fremder Geruch und überall ist dieser seltsame Nebel...“

Laylas Worte klingen dringend. Sie ist es, die den Rauch in der Hundepension gerochen hat. Zusammen mit ...

„...Nein, du musst aufwachen! Da ist ein fremder Geruch und überall ist dieser seltsame Nebel...“

Laylas Worte klingen dringend. Sie ist es, die den Rauch in der Hundepension gerochen hat. Zusammen mit Phoebe weckt sie die anderen. Glücklicherweise können alle dem Feuer entkommen. Trotzdem beginnen für beide einige unschöne Tage, bevor sie ihre Herrchen finden.
Der Autor hat erneut ein amüsantes Hundebuch geschrieben. Erzähler ist die Hündin Phoebe, deren lockerleichter Stil gut zu lesen ist.
Zurück bei Uwe und Oliver werden Layla und Phoebe nach Strich und Faden verwöhnt. Die vergangene Tage haben bei allen Seiten Spuren hinterlassen. Hector, dem Mops von Anna, war schon klar, dass sie sich jetzt mehr erlauben dürfen. Phoebe ist skeptisch. Aber nach einem Ausflug im Wald, wo sich Phoebe und Hector kurzzeitig abgesetzt haben, muss er feststellen:

„...Und mein kluger Freund scheint mit seinen Vermutungen tatsächlich richtig zu liegen, denn statt der üblichen Strafpredigt drückt mein Herrchen mich mit glasigen Augen an sich, als wir nach unserer erfolglosen Jagd zu unseren Menschen zurückkehren….“

Weniger Spaß haben Uwe und Oliver mit einer sogenannten Hoteltesterin. Die junge Frau ist auf Nepp aus und hat an allem und jedem herum zu mäkeln.
Auf Hector kommen harte Zeiten zu. Bisher war er der einzige Hund seines Frauchen. Plötzlich will sie noch einen Labrador zu sich nehmen. Damit ist Hector gar nicht einverstanden. Und Phoebe sitzt zwischen allen Stühlen. Zwar mag er Labradors nicht, aber Charly tut ihm leid.
Im Ort blüht Tratsch und Klatsch. Irgendwie hat sich Barbara verändert. Anna scheint mehr zu wissen. Sie lässt aber Uwe lange zappeln. Und genau dann, wenn das Geheimnis eben gelüftet werden soll, kommt etwas dazwischen.
Dascha konnte ja wegen ihrer Hundehaarallergie nicht im Hotel arbeiten. Nun empfiehlt sie ihre Cousine Svetlana. Hier werden eine Menge an Klischees bedient. Besonders gefällt mir die bildhafte Sprache, mit der Dascha ihre Cousine beschreibt.

„...Ist zwar klein und mager wie Frettchen, aber sie kann arbeiten für zwei. Ist sie wie Traktor von Onkel Borislaw – braucht sie ein bisschen, bis Motor läuft, aber dann pflügt sie jeden Acker...“

Eines Tages wird Phoebe für einen Werbespot für Hundefutter angefordert. Uwe ist aufgeregt und trainiert eifrig mit der Hündin. Hector und Anna wollen sie begleiten. Natürlich kommt alles anders als erwartet. Wie drückt es der Kameramann voller Wut aus?

„...Vielleicht sollten die keine teuren Werbespots drehen lassen, sondern lieber ein bisschen mehr Kohle in den Geschmack von dem Zeug investieren...“

Aber Hector frisst alles!
Das buch endet mit Uwes 50. Geburtstag. Bevor er sich auf den Weg macht, sieht er kurz die Nachrichten.

„...Stell dir vor, in China ist so ein komischer Virus ausgebrochen und die haben ganze Städte abgeriegelt...“

Damit ergibt sich die zeitliche Einordnung der Geschichte.
Einige Fotos und eine kurze Vorstellung der menschlichen und tierischen Protagonisten runden das Buch ab.
Das Buch hat mich erneut blendend unterhalten.

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Veröffentlicht am 04.10.2021

Wer hat recht?

Vorbelastet
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„...So einen Kick hat er bisher nicht erlebt. Es ist wie im Film: Er setzt erneut auf Zero, obwohl die Kollegen den Kopf schütteln, die aus der Entfernung sein Spiel beobachten...“

Kinderarzt Dr. Kai ...

„...So einen Kick hat er bisher nicht erlebt. Es ist wie im Film: Er setzt erneut auf Zero, obwohl die Kollegen den Kopf schütteln, die aus der Entfernung sein Spiel beobachten...“

Kinderarzt Dr. Kai Rista war immer auf der Überholspur. Ob Schule, Sport oder Studium, Erster zu sein war Pflicht. Eine feste Beziehung möchte er nicht, denn dann müsste er teilen, was er sich aufgebaut hat. Zu seinem 36. Geburtstag überreden ihn zwei befreundete Ärzte zu einem Besuch im Casino. Plötzlich nimmt sein Leben eine unerwartete Wendung.
Die Bewährungshelferin Marie Marler bekommt einen Missbrauchstäter zugewiesen. Der hatte erst gestanden und dann das Geständnis widerrufen. Nun hat er seine dreijährige Haftstrafe verbüßt. Von Beruf ist Paul Keersten Physiotherapeut.
Der Autor hat erneut einen fesselnden Justizkrimi geschrieben. Der Schriftstil wechselt zwischen fast sachlichen Darstellungen und intensiven Gesprächen.
Schnell muss ich als Leser feststellen, dass Marie und ihr Freund Hauptkommissar Christian Kramer in diesem Fall unterschiedlicher Meinung sind. Maries Analyse klingt so:

„...Wenn ich ihm seine Schuld vorwerfe, bin ich auf der Seite der Justiz. Wenn ich ihm glaube, auf der Seite des Täters...“

Kramer leugnet auch gegenüber Marie alle Schuld. Er glaubt, das Opfer einer Intrige zu sein. Seine Familie hat zu ihm gehalten. Marie spricht auch mit der Frau. Christian allerdings wirft Marie vor, dass sie sich hat einwickeln lassen. Als Leser stehe ich in dem Moment auf Maries Seite. Mir kommt vor allem beim Verhalten des Anwalts einiges spanisch vor.
Nach seiner Entlassung wird Keersten anonym beschuldigt, sich wieder Kindern genähert zu haben. Ohne jedwede Untersuchung wird Keersten vorgeladen. Ihm wird mit erneuter Inhaftierung gedroht. In dem Moment habe ich nicht verstanden, warum die Polizei nichts unternommen hat, um die Anschuldigungen zu verifizieren. Auch Marie sieht das kritisch und lässt Christian das wissen:

„...Mal ehrlich! Wer ruft bei euch an und verteilt Flyer?...“

Keersten verdächtigt Dr. Rista, der bei ihm Schulden hat, der Drahtzieher zu sein. Es braucht, bevor die Polizei endlich das Leben des Arztes durchleuchtet.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen. Sie zeigt, dass es schwierig ist, seine Unschuld zu beweisen, wenn man einmal in die Mühlen der Justiz geraten ist.

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Veröffentlicht am 04.10.2021

Judenpogrome in Mainz anno 1096

Tod oder Taufe - Die Kreuzfahrer am Rhein
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„...Sein Spiegelbild starrte ihn aus dem Wasser des runden Beckens an. All die Zweifel hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben. Würde er je vor dem Gericht des Herrn bestehen können?...“

Diese Gedanken ...

„...Sein Spiegelbild starrte ihn aus dem Wasser des runden Beckens an. All die Zweifel hatten tiefe Furchen in sein Gesicht gegraben. Würde er je vor dem Gericht des Herrn bestehen können?...“

Diese Gedanken gehen dem jüdischen Rabbi Chaim im Prolog durch den Kopf. Es war irgendwie seine Idee gewesen. Aber so hatte er sie sich nicht vorgestellt. Doch auch sein Gegenüber zweifelt, der Domdekan Raimund. Hat er die ewige Seligkeit verspielt? Was war dem Geschehen vorausgegangen?
Der Autor hat einen spannenden und tiefgründigen historischen Roman geschrieben. Er geht nur über wenige Tage. Die aber haben es in sich.
Der Schriftstil ist ausgefeilt und abwechslungsreich. Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Besonders Chaim und Raimund sind ihrer Zeit weit voraus.
Wir schreiben den 23. Mai 1096. In Mainz wird Zacharias vermisst. Er ist von seiner Reise nicht zurückgekehrt. Rabbi Chaim nimmt das zur Kenntnis, ist aber gerade auf den Weg zu Domdekan Raimund. Beide tauschen sich über den Inhalt der Bibel aus.
Währenddessen sieht Peter, der Bauernsohn, in der Nähe von Mainz das Heer der Kreuzritter, das sich gen Jerusalem aufmacht. Er träumt von Ruhm und Reichtum und lässt sich von einem Geistlichen verleiten, sich dem Herr anzuschließen.
Erst einmal aber hat das Heer ein anderes Ziel. In Mainz sollen die Juden sich zwischen Tod und Taufe entscheiden. Zwar hat die Stadt und insbesondere der Bischof den Juden Sicherheit versprochen. Werden sie aber dem Heer widerstehen können?
Mir gefallen die vielen ausgeklügelten Sprachbilder, die der Autor verwendet.

„...Er genoss das Gefühl der Geborgenheit in all seinem Unwissen und trotz all der Fremdheit, mit der Gott ihm zuweilen entgegentrat. Er schwang mit in Gottes Wollen, wie der Samen einer Pusteblume...“

Das Besondere des Buches besteht darin, dass detailliert beschrieben wird, womit sich die Protagonisten in an jedem der Tage beschäftigen. Als Leser verfolge ich den Tagesablauf sowohl in den Wohnungen der Juden als auch im Bischofspalast und insbesondere mit den Augen von Peter bei den Kreuzfahrern.
Deutlich wird, dass es unterschiedliche Meinungen gibt, wie man sich verhalten sollte. Während Mosche eine eher radikale Meinung gegenüber den Christen vertritt, sucht Chaim das Gespräch. Raimund ist dafür aufgeschlossen. Allerdings dürfen seine Glaubensbrüder nichts davon wissen. Schon seine Äußerung über den jüdischen Glauben gegenüber den Kreuzfahrerheer ist in der damaligen Zeit gewagt.

„...Wir teilen das Wort mit ihnen, wir haben es sogar von ihnen geerbt...“

Im Kreuzfahrerheer geht es weniger um Glauben, mehr um Gewalt und Beute. Dafür wird das Recht gekonnt gebeugt. Peter muss bald begreifen, dass er nur ein kleines Rädchen im Getriebe ist. Er wird mit Lügen und dem Tod konfrontiert.

„...Das war kein heroischer Kampf, kein heldenhafter Einzug in die Stadt, wie Peter es sich erträumt hatte. Es war falsch...“

Neben der fesselnden Handlung gehören für mich die religiösen Diskussionen zu den inhaltlichen und sprachlichen Höhepunkten des Buches.

„...“Dieses Gebet (Anmerkung: Das Vaterunser) ist voller Vertrauen auf die Liebe Gottes“,sagte Chaim leise. „Es ist, als ob ein Jude zu mir sprechen würde.“ „Aber war Jesus nicht Jude?“ antwortete Chaim….“

Chaim und Raimund übersetzen die Psalmen ins Deutsche. Gleichzeitig unterhalten sie sich über die Widersprüche im Evangelium.
Nach dem Einzug des Heeres ins Mainz trennt sich die Spreu vom Weizen. Während manche der Einwohner ihre jüdischem Mitbürger verstecken, bedienen sich andere an deren Eigentum. Clever finde ich die Nonne Irmgard. Die mutige Frau hat nicht nur eine hervorragende Idee, wie die Menschen unerkannt in die Pfalz gelangen, sie faltet auch Vertreter des Heeres gekonnt zusammen.
Natürlich kommt ein Buch über Pogrome nicht ohne Gewalt aus. Der Autor versteht es aber, eine gewisse Grenze zu ziehen und es bei dem Notwendigen zu belassen ohne zu genau in Einzelheiten zu gehen.
Eine Karte und ein Personenregister zu Beginn sowie ein umfangreiches Nachwort und ein Glossar runden das Buch ab.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, dass viel Mut dazu gehört, wenn man sich den Kräften widersetzen muss, die den Glauben für ihre Zwecke missbrauchen.
Ein Zitat von Raimund, das er wenige Tage, nachdem alles vorbei war, geäußert hat, möge meine Rezension abschließen.

„...Und wir müssen erforschen, was damals wirklich geschehen ist. Mehr noch, wir müssen verstehen, was Jesus wirklich gemeint hat. […] Auch zusammen mit euch Juden, schließlich war Jesus einer von euch...“

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