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Veröffentlicht am 17.06.2024

Reihe kann ich zufrieden gehen lassen

Let's Be Free
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Die gemeinsame Buchreihe von Anabelle Stehl und Nicole Böhm wurde ursprünglich mit zwei Bänden angekündigt. Nach dem zweiten Band hatten wir zwar einen Punkt erreicht, mit dem man durchaus leben konnte, ...

Die gemeinsame Buchreihe von Anabelle Stehl und Nicole Böhm wurde ursprünglich mit zwei Bänden angekündigt. Nach dem zweiten Band hatten wir zwar einen Punkt erreicht, mit dem man durchaus leben konnte, aber dennoch fühlte es sich so an, als ob noch einmal große Baustellen möglich wären. Im Grunde könnte man die Geschichte ohnehin um Kapitel um Kapitel erweitern, denn wir wissen selbst, dass das persönliche Wachsen niemals aufhört, aber nachdem ich den zum Glück noch geschriebenen dritten Band gelesen hatte, wurde mir klar, ja, das fehlte noch, jetzt ist es runder.

Die einzige Perspektive, die ich vielleicht etwas ausklammern möchte, ist die von Ariana, denn ich denke, dass sie als Figur schon wirklich an einem Punkt war, an dem sie mit sich im Reinen war. Den beiden Autorinnen ist für sie zwar auch nochmal was eingefallen, was ich auch spannend war, aber es war für sie als Charakter nicht nochmal der Meilenstein, den die drei anderen bekommen haben. Aber Ariana gehört zu den vier dazu und es ist eigentlich ohnehin immer wieder wunderschön, wie selbstverständlich sie nach einem SOS zusammenkommen und dann diese gemeinsamen Freundschaftsmomente genießen können. Das emotionalste Thema war aber sicherlich das von Tyler. Es war in Band 2 schon der große Schritt, es seiner Gruppe anzuvertrauen. Aber es ist noch einmal etwas ganz anderes, es mit einem weiteren Kreis zu teilen und vor allem die Person, die den Missbrauch begangen hat, für ihre Taten verantwortlich zu erklären. In dem Zusammenhang fand ich sogar den großen Streit zwischen Tyler und Shae sehr wertvoll, weil diese beiden Figuren sich so viel bedeuten und das unterstrichen hat, wie solches Trauma auch sich liebende Menschen belasten und auseinandertreiben kann.

Umgekehrt fand ich es aber auch extrem interessant, wie Tylers Beziehung dargestellt wurde. Ich musste bei Lily ein wenig an Sophia Thiel denken, die ihre Geschichte auch ausgiebig über Social Media geteilt hat. Lily ist nun keine Hauptfigur, weswegen ich es auch okay fand, sie irgendwann sich selbst zu überlassen. Aber dennoch fand ich es bewundernswert, wie Lily und Tyler an einen Punkt kamen, an dem nichts mehr ging. Erwachsene Geschichten in diesem Punkt findet man doch so selten, deswegen bin ich dankbar. Generell muss ich auch sagen, dass die zentralen männlichen Hauptrollen auch wirklich toll geschrieben sind. Seien es auch Cam und Casey, aber auch Oliver. Sie sind völlig unterschiedlich als Typus, aber unterm Strich tolle Unterstützer, sehr sensibel und einfach zum Schwärmen.

Auch wenn die vier eigentlich immer alles unter sich aufgeteilt hatten, aber Shae wirkte ein wenig wie die zentrale Stimme, wahrscheinlich auch weil sie die sehr persönliche Verbindung zu der Agentur hat und immer ihrem Onkel geschrieben hat. Als wäre sie daher eine Erzählerin, die noch über allem steht. Sie also noch einmal durch so eine Selbstrealisierung zu schicken, war in jedem Fall sehr wertvoll. Es wurde sicherlich etwas übertrieben, wie sie sich überall einmischte, weil mir das bis dato nicht als so negativ aufgefallen ist, möglicherweise, weil ich auch selbst ein ganz ähnlicher Typus bin. Aber dennoch war es das richtige Mittel, damit Shae auch ihre Rolle in der Agentur hinterfragen konnte. Ich fand es dann auch gut, dass ihre Beziehung zu Cam nicht mehr herausgefordert wurde. Letztlich haben wir dann noch Evie und besonders bei ihr sind auch die diversen Projekte immer gut festzumachen, sei es das Umweltprojekt, sei es Missbrauchsopfern eine Stimme geben, weil sie mit ihren Fotoideen noch einmal eine ganz eigene Note hinzugibt. Letztlich ist es aber dann doch vor allem ihr Verhältnis zu ihrer Sexualität, das noch einmal ausgiebig besprochen wird. Das ist ein noch so seltenes Thema in diesem Bereich und ich fand es toll umgesetzt, vor allem weil es nicht überhastet erzählt wurde, damit Evie quasi ‚geheilt‘ ist. Generell kann man da auch Tyler noch hinzunehmen, der auch noch einen weiten Weg vor sich hat, aber Band 3 hat es geschafft, dass ich endgültig sage, die sind alle auf einem guten Weg, die bekommen das jetzt hin.

Fazit: Ich fand die „Let’s Be“-Reihe wirklich sehr wertvoll, weil sie das besondere Gefühle der Freeform-Serie „The Bold Type“ wunderbar auf die Seiten gezaubert hat. Die Reihe fühlt sich jetzt in allen Aspekten rund an und ich habe die finalen Abenteuer der vier mit Anhang noch einmal sehr genossen!

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Veröffentlicht am 11.06.2024

Spicy Wissenschaftsnerds

Not in Love – Die trügerische Abwesenheit von Liebe
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Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich ...

Ali Hazelwood ist mir natürlich ein Begriff, aber „Not in Love“ ist tatsächlich mein erstes Buch von ihr. Mich hat speziell bei diesem Buch gereizt, dass es sich thematisch offenbar etwas wissenschaftlich orientieren will. Das hatte mich von der Prämisse her ein wenig an Susannah Nix und ihre „Chemistry Lessons“ erinnert, wobei ich da etwas enttäuscht war, wie wenig ‚nerdig‘ die Geschichte letztlich doch war.

Bei „Not in Love“ lässt sich das Urteil auf eine Art und Weise auch fällen, aber aus einem ganz anderen Grund. Es ist durchaus so, dass wir Protagonistin Rue bei ihrem Arbeitsalltag begleiten und man auch durch die ganze Firma, für die sie arbeitet, tief in wissenschaftliche Kontexte und vor allem den Arbeitsalltag dort eintaucht. Das fand ich eigentlich wirklich positiv, auch weil es bei Liebesgeschichte so nicht oft auftaucht, da sind andere Berufsfelder oft viel attraktiver einer größeren Leserschaft zu verkaufen. Dennoch war ich letztlich überrascht, zumal ich vom Ruf her Hazelwood auch eher zu den humoristischen Liebesromanautorinnen gepackt hätte, wie groß der Anteil an spicy Szenen war und auch auf eine Art und Weise, dass es mir fast zu viel war. Es war weniger, wie oft es solche Szenen über die Buchlänge gab, sondern mehr konkrete Darstellung. Es ist schließlich nicht das erste und sicherlich auch nicht das letzte Mal, dass ich ein solches Buch lese und da war augenscheinlich, dass es für mich eine Richtung hatte, die ich nicht so gerne lese, aber das ist totale Geschmackssache, je nach Vorliebe wird es andere wahrscheinlich sehr willkommen beim Lesen sein.

Zum Glück ist es aber nicht so, dass die expliziten Szenen den ganzen Bucheindruck überschatten. Auf eine Art passte es auch zu den Figuren bzw. hat sich keinesfalls widersprochen. Denn beide haben eine schwere Geschichte hinter sich und vor allem familiär nie wirklich Rückhalt erfahren. Während Eli in seinen Freunden eine richtige Familie gefunden hat, die ihn aber dennoch auch seine Freiheit immer noch sehr genießen lässt, kennt Rue das weniger. Sie hat Tisha und sie hat auch ihre Chefin Florence, aber dennoch ist sie vor allem eine Einzelgängerin, die sich auch in sozialen Kontexten sehr schwer tut, aber dennoch sich gerne auf eine Art austobt. Das ist schließlich auch der Grund, warum sich die beiden Figuren kennenlernen. Ich fand ihr erstes Aufeinandertreffen gut gemacht und es war dabei vor allem wichtig, dass es genau da noch nicht zu mehr gekommen ist, da so gleich die Grundlage gelegt wurde, dass es zwei Figuren sind, die vieles für sich behalten, sich aber gegenseitig sehr private Aspekte anvertrauen können. Das hat mich gleich überzeugt, denn wenn bedingungsloses Vertrauen nicht selbstverständlich ist, dann sind solche Szenen gleich eine besondere Grundlage, von der aus man miteinander arbeiten kann.

Im Verlauf fand ich auch, dass das Buch sich genug tiefgründige Momente gönnt. Die Sprache brachte mich zwar manches Mal raus, aber es ist oft dann doch noch mehr daraus geworden, aus dem die Figuren gut ausgearbeitet wurden. Ich habe beide auf eine Art lieb gewonnen. Rue mehr als individuelle Person, weil sie schon ungewöhnlich war und dadurch faszinierend. Dafür war Eli mehr der, der durch die Personen um ihn herum sehr interessant wurde. Sein Freundeskreis mit all den Schichten, die Schwester, aber natürlich auch, wie respektvoll er in Rues Leben eingetreten ist. Auch auf der Handlungsebene war ich zufrieden. Es war eine Geschichte, die sich zwar irgendwie absehbar gestaltete und sie hatte auch nicht so viele Wendungen, weil wie gesagt, die expliziten Szenen dafür auch zu viel Raum eingenommen haben, aber es war letztlich rund und ein Ende, was sehr, sehr viel richtig gemacht hat. Für Rue und Eli alleine, aber auch für sie als Paar.

Fazit: Ich weiß nicht, wie Ali Hazelwoods Stil sonst ist, aber mir war es anteilig doch zu sehr spicy und auch in der Art nicht so meins. Aber das wäre für mich kein Grund, ein Buch abzubrechen und das wäre bei „Not in Love“ auch schade gewesen, denn ansonsten ist es eine sehr runde Geschichte, mit gut ausgearbeiteten Figuren, vielleicht was wenig Handlung, aber dafür auch mit wissenschaftlichen Themen ein ungewöhnlicher Rahmen. Es gab also starke Pro-Argumente, aber auch Contra-Argumente. Aber ich würde auf jeden Fall so gerne nochmal was von Hazelwood lesen, um zu ergründen, ob die Stilistik generell so ist.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Einmal Vollgas aus der Kurve geschossen

The Last Dragon King - Die Chroniken von Avalier 1
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Natürlich ist mir Leia Stone schon vorher begegnet, aber dass ich bei Fantasy zugreife, da muss mehr zusammenkommen als bei anderen Genres. Dementsprechend war es hier tatsächlich die Kombination aus ‚hatte ...

Natürlich ist mir Leia Stone schon vorher begegnet, aber dass ich bei Fantasy zugreife, da muss mehr zusammenkommen als bei anderen Genres. Dementsprechend war es hier tatsächlich die Kombination aus ‚hatte schon Erfolg‘ und ich bin dank Rebecca Yarros ohnehin im Drachenfieber.

Ja, manchmal ist es doch etwas blöd, wenn man sich mitreißen lässt, weil es auf dem Papier so vielversprechend klingt, nur um dann festzustellen, dass es leider kein Hit geworden ist. Dabei startete „The Last Dragon King“ für mich eigentlich vielversprechend. Arwen ist eine mutige Protagonistin, die weiß, was sie will und nicht will und die als Frau, die schon früh den Familienvater ersetzen musste, gelernt hat, sich in der Welt auch als Frau zu behaupten. Ich mochte sie wirklich auf Anhieb. Es geht auch in meinen Augen inhaltlich vollkommen okay los. Wir bekommen eine Welt präsentiert, die in Arwens Perspektive relativ normal und karg ausfällt und mit König Valdren tauchen wir dann in etwas deutlich Pompöseres ein, wobei man dennoch sagen muss, dass es auf mich wie keine Protz-Welt wirkte, aber einfach eine Welt mit deutlich weniger Sorgen. Die Prämisse, dass der König sich in einen Drachen verwandeln kann, passte für mich auch und erklärte auch logisch seine Machtposition. Ich mochte dann auch noch die ersten Szenen der beiden. Wie sie sich offiziell kennenlernen und wie sie dem König bei dem Flug in die Hauptstadt beisteht, weil sie zwar nicht für den Kampf ausgebildet ist, aber zum Überleben.

Danach hat mich die Geschichte aber immer mehr verloren. Schon die Seitenzahl hatte mich ehrlich gesagt stutzig gemacht. Gerade Fantasy lebt wegen des World-Buildings oft von deutlich mehr Inhalt. Der Inhalt war hier also knapp und er wirkte noch knapper, weil das Tempo so unglaublich rasant war. Denn einmal im Königreich und seinem Zentrum angekommen, da ging es nur noch Schlag auf Schlag. Das schnelle Aussortieren der Ehefrauen, tolle, innige Freundschaften zwischen den Kandidatinnen, keine Eifersucht etc., jede gönnt der anderen alles. Dazu dann eine Liebesgeschichte, die mal eben durchgekloppt wird und dann sofort in absurder Eifersucht mündet. Aber das war nicht alles. Mit Arwens Geheimnis, das offenbart wird, kommt auch ihre Ausbildung ins Spiel und auch hier, mal alles ganz schnell, schnell. Dazwischen mal kleinere Höhepunkte und wild durch die Gegend geworfene Paukenschläge, damit man dem Genre vermeintlich gerecht wird. Aber ein Charaktertod, der so gar nicht in die sonstige Erzählweise passt, das ist schon etwas seltsam.

Mich hat dann auch immer mehr gestört, dass nicht richtig deutlich wurde, was eigentlich die anvisierte Zielgruppe ist. Auch wenn Arwen volljährig ist, aber da die Welt ein wenig ‚unschuldig‘ dargestellt wurde, war ich dann an anderen Stellen wieder überrascht, dass ein ganz anderer Eindruck entstand. Was Arwen und der König teilweise für Dialoge hatten und die Kinderthematik, etwas grausig. Zudem fand ich dann noch, dass sich viele Gedankengänge von Arwen wiederholten. Immer wieder dasselbe Gefühlschaos und kaum neue Erkenntnisse, das war etwas anstrengend. Bislang sind vier Bände angekündigt, die wahrscheinlich den Inhalt von zwei regulären Bänden haben. Ich bin nach diesem Auftakt auf jeden Fall bei dem Eindruck, das war es für mich. Das ist sehr dürftig und da habe ich noch gar nicht davon angefangen, wo überall abgekupfert wurde.

Fazit: Leia Stone kannte ich bislang noch nicht und „The Last Dragon King“ wird wahrscheinlich auch dafür sorgen, dass ich sie nicht näher kennenlernen will. Das Tempo war absurd hoch und so kam nirgendwo mal Tiefgang auf. Arwen erschien mir so vielversprechend, aber alles wurde Opfer von einer großen Hast und dann Zusammenwürfeln von typischen Aspekten einer Fantasy-Erzählung. Authentisch fühlte sich dadurch kaum noch was an.

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Veröffentlicht am 06.06.2024

Inhaltlich andere Schwerpunkte

Der Totenarzt (Ein Hunter-und-Garcia-Thriller 13)
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Bald zwei Jahre sind seit dem letzten Chris Carter-Thriller vergangen. Aber vielleicht war das auch gar nicht mal schlecht, denn der Autor hatte wirklich ein absurdes Tempo offenbar im Schreiben und wenn ...

Bald zwei Jahre sind seit dem letzten Chris Carter-Thriller vergangen. Aber vielleicht war das auch gar nicht mal schlecht, denn der Autor hatte wirklich ein absurdes Tempo offenbar im Schreiben und wenn man über eine so lange Zeit Figuren begleitet, dann birgt das natürlich gewisse Gefahren. Zu „Der Totenarzt“ hat es nun also etwas länger gedauert und ich finde durchaus, dass dieser 13. Band andere Seiten aufzieht.

Man kann nicht wahrlich behaupten, dass Chris Carter immer Kopien erstellt, so war beispielsweise auch der 10. Jubiläumsband deutlich von gewissen Mustern abgewandelt. Aber insgesamt weiß man, was man bei dem Autor bekommt. Brutale Fälle, kurze Kapitel, eine brillante Hauptfigur mit dem Namen Robert Hunter und dann Adrenalin pur. Im Grunde behält „Der Totenarzt“ diese Erfolgszutaten immer noch bei und dennoch hatte ich bei diesem Band zwischendurch ganz neue Eindrücke. Zum einen war die Opferzahl, die wir konkret miterleben, sehr niedrig gehalten. Normalerweise begleiten wir über einen Band hinweg immer einige Opfer, wo oft auch der Eindruck entstand, es muss sich immer nochmal übertreffen. Das war hier gar nicht. Zum anderen hatte ich überhaupt den Eindruck, dass diesmal das Marketing nicht beabsichtigt hat zu tun, als könne Carter sich immer nochmal übertreffen. Denn das ist irgendwann nicht mehr möglich. Nicht nach 12 Bänden, in denen wir wirklich unheimlich viel Ekelhaftes, Gruseliges und Brutales erlebt haben. Aber ich brauche es auch gar nicht, dass es immer noch mehr ist. Dementsprechend fiel mir auch mehr auf, dass „Der Totenarzt“ eine sehr psychologische Komponente hatte.

Der Band hat sich allgemein in seiner 13. Runde sehr viel Zeit gelassen. Alleine die Sequenz in der Gerichtsmedizin der Uni, in der wir einer Lehrstunde beiwohnen, war sehr lange aufgebaut, aber ich mochte es. Es ist genau die Stilistik von Carter, die wir sonst eher durch die Augen des Täters oder Opfers erleben, hier ist es mal eine vorwitzige Medizinstudentin, die mal eine großartige Pathologin werden wird. Dann wieder lohnt sich auch der Blick auf den Täter selbst, der nicht gleich als der Brutalste überhaupt inszeniert wird und er will es auch gar nicht sein. Wenn man bedenkt, wie er die Morde tarnen wollte, da wird schnell eine andere Mission deutlich und das ist auch ein Täterprofil, das wir von Carter so oft noch nicht angeboten bekommen haben. Seine Serientäter wollen zwar nicht geschnappt werden, aber doch etwas Bestimmtes in der öffentlichen Wahrnehmung erreichen. Aber nicht dieser hier. Er war die clevere Wahl, um einen ruhigeren Eindruck mit mehr Tiefgang zu vermitteln. Während Hunter und sein Partner Carlos Garcia nämlich den Spuren folgen, gibt es viele Passagen, die sich ausführlich dem Thema Missbrauch in allerlei Formen widmet. Es sind bedrückende Passagen, aber mit so viel Respekt geschrieben, dass es unweigerlich berührt. Auch wenn es lange dabei um die Opfer geht, geht es auch um den Täter und es war eine gelungene Symbiose.

Zuletzt habe ich noch einen Aspekt, der für mich auch hervorstach. Auch wenn sich Hunter als Marketinggesicht für die Reihe durchgesetzt hat. Garcia ist auch wichtig und ich habe mich oft über seine Rolle aufgeregt, weil er immer nur dieses Beiwerk war. Hier nimmt er eine sehr prominente Rolle ein. Generell fand ich es auch gut, dass Hunter und Garcia viel isoliert voneinander gearbeitet haben, weil es auch zeigt, dass Hunter seinem Partner vertraut, auch wenn sie so unterschiedlich sind, aber er traut ihm zu, die Ermittlungen genauso zu einem Ende zu bringen, wie er die Fähigkeiten hat. Dazu war dann auch spitze, dass Garcias ganze humorvolle Art sehr gut durchgekommen ist. Ich kann an dem Punkt wirklich nicht mehr sagen, aber es war tolle Garcia-Arbeit hier, was ich sehr zu schätzen weiß.

„Der Totenarzt“ war das erste Mal, dass ich Hunter in Hörbuch-Form hatte. Uve Teschner war für mich also eine neue Erfahrung, aber ich muss sagen, dass er stimmlich sehr gut zu der Atmosphäre der Reihe passt. Auch wenn die Wahl schon vor vielen Bänden getroffen wurde, aber auch mehr als 13 Jahre später kann ich es noch lobend festhalten.

Fazit: Reihen können sich abnutzen und auch Chris Carter hat in seiner Thrillerreihe zur UV-Einheit des LAPDs viele Höhen und Tiefen erlebt. „Der Totenarzt“ bleibt mir nun als einer der besseren Bände in Erinnerung, weil er vieles anders macht und dennoch Carter erkennen lässt. Es war mehr psychologisch und diesmal auch Spielfläche für Garcia. Also Daumen hoch!

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Veröffentlicht am 31.05.2024

Leider zwiegespalten

Flat-Out Love
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„Flat-Out Love“ von Jessica Park ist schon einige Jährchen alt, tatsächlich hat die Geschichte die zehn Jahre schon überschritten, da ist es durchaus verwunderlich, dass sie es jetzt noch auf den Buchmarkt ...

„Flat-Out Love“ von Jessica Park ist schon einige Jährchen alt, tatsächlich hat die Geschichte die zehn Jahre schon überschritten, da ist es durchaus verwunderlich, dass sie es jetzt noch auf den Buchmarkt geschafft hat. Denn „180 Seconds“ von der Autorin ist auch nicht total frisch, so dass man sich erklären könnte, als Werke nun zu übersetzen. Aber möglicherweise ist das Buch bei TikTok etc. viral gegangen und da ich in dieser Welt nicht so zuhause bin, geht sowas einfach an mir vorbei. Ich fand auf jeden Fall den Titel schon interessant und wollte deswegen einfach mal reinlesen.

„180 Seconds“ habe ich tatsächlich nicht gelesen, weswegen der Stil der Autorin für mich völlig neu ist. Ich fand auf jeden Fall, dass sie gut schreibt, aber dennoch war schnell einiges auffällig. Das eine ist, dass sie sehr ausführlich ist. Ich habe gerade bei New Adult oft das Gefühl, dass sich die Lager da sehr spalten, wer mag es kurz und knackig und wer mag es lieber mehr ausgeführt. Park auf jeden Fall hat etwas zu sagen und ist da nicht mit wenigen Worten durch. Ich bin eigentlich mehr ein Fan davon, weil es Oberflächlichkeiten vorbeugt. Warum es mir doch auch hier manchmal etwas zu viel wurde, führe ich gleich nochmal aus. Bleiben wir aber nochmal beim Stil und da finde ich, dass die ganze Geschichte schon sehr außergewöhnlich ist. Park hat es dich also eindeutig nicht einfach gemacht und einfach einen aktuellen Trope-Trend bedient, stattdessen hat sie eine sehr individuelle Geschichte geschrieben, die ich so in der Art noch nicht gelesen habe. Durch Matt und Celestes Familie war es nicht nur auf eine Liebesgeschichte ausgelegt, sondern auch auf etwas eben sehr Familiäres und Tiefgründiges. Bezeichnend war ein Gespräch von Julie mit einem Psychologie-Dozenten, bei dem deutlich wurde, dass dieses Buch die Figuren doch sehr intensiv ausgearbeitet hat. Also rein stilistisch kann ich gut erahnen, dass mir Park grundsätzlich gut liegt.

Dennoch bin ich nicht der allergrößte Fan von „Flat-Out Love“ geworden. Ein großer Knackpunkt war für mich die Darstellung von Julie. Ich fand sie am Anfang furchtbar übergriffig, wertend und dadurch unsympathisch. Sie ist auf ein falsches Wohnangebot reingefallen, war also die Deppin der Nation, aber kaum ist sie in der neuen Familie, urteilt sie über alles ständig und überall. Das fand ich sehr deplatziert, denn nichts konnte ihr eigentlich etwas recht machen. Diesen sehr vorverurteilenden Eindruck hat Julie irgendwann zum Glück etwas abgebaut, dennoch ist sie eindeutig das Lowlight des Buchs. Da sie selbst familiär Baustellen hat, ist auch aufgefallen, dass diese nicht so intensiv angegangen wurden und auch am Ende fand ich Julie noch einmal sehr strikt-wertend, was völlig übertrieben war. Durch ihre Art war mir das Beschreibende deswegen stellenweise zu viel, weil wenn man es durch die Augen einer Person hat, die einen aufregt, ja, dann kann man sich den Rest denken. Die anderen Figuren um sie herum waren nicht so, sondern sie waren auf eine besondere Art und Weise ausgearbeitet. Lassen wir den Vater nochmal außen vor, aber Erin, Celeste und Matt (sowie Finn) sind gut präsentiert worden. Sie waren alle für sich sehr ikonisch, sie sind keine Charaktere von der Stange gewesen, sondern echt Figuren, die mir aus unterschiedlichen Gründen gefallen haben.

Die Geschichte ist auf eine Art vorhersehbar. Ich habe mir schnell gedacht, was eigentlich vorliegt, aber ich denke auch nicht, dass Park daraus ein riesiges Geheimnis machen wollte. Alleine schon, dass es nur Julies Perspektive gibt, ist eigentlich schon Hinweis genug. Aber ich fand es nicht schlimm, mir diesen Teil denken zu können, auch weil es mir früh viel zu Matt erklärt hat, der in sich wirklich ein toll nachvollziehbarer Charakter wurde. Auch wenn ich mit Julie so meine Probleme hatte, aber die Liebesgeschichte hat mir doch ganz gut gefallen. Sie hat ihre Schwächen, das ist letztlich auch nochmal das sehr abrupte Happy End, aber sie ist auch sehr süß und trotz allem innig. Aber es ist eben nicht nur die Liebesgeschichte alleine, sondern auch eine Geschichte über Trauer, Verlust, Zurückweisung, Schuldgefühle und so vieles mehr.

Dazu wurde zur eigentlichen Geschichte auch noch gleich eine Novella veröffentlicht. Da das von Park wie gesagt schon älter war, hatte der Verlag hier die Möglichkeit, die ganzen Bonuskapitel aus Matts Sicht gleich mit zu veröffentlichen. Ich finde es in jedem Fall eine wertvolle Ergänzung, zumal die Kapitel auch Mehrwert darstellen. Nicht nur, dass sie mit Matt aus der Sicht der mir lieberen Figur sind, nein, sie verraten inhaltlich nochmal Neues. Das hat sich also gelohnt.

Fazit: „Flat-Out Love“ hat mir von der Grundidee her sehr gut gefallen. Es ist – wenn auch eine ältere Geschichte schon – frisch und neu gewesen. Doch Julie war als Figur eine große Herausforderung, die mich in ihrer Art gerade im ersten Drittel oftmals genervt hat. Dadurch wurde auch der ausführlichere Schreibstil behäbiger. Aber Park kann gut schreiben und rettet über die Baustellen immer wieder hinweg. Insgesamt gut zum Weglesen, aber mit Schwächen.

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