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Veröffentlicht am 06.03.2023

Nicht ganz die versprochene Handlung

Hold Me - New England School of Ballet
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Nachdem die neue Reihe von Anna Savas, die New England School of Ballet erscheint, angekündigt worden ist, war ich aufgeregt. Es gibt einfach gewisse Settings, auch wenn sie nie Teil meiner eigenen Hobbys ...

Nachdem die neue Reihe von Anna Savas, die New England School of Ballet erscheint, angekündigt worden ist, war ich aufgeregt. Es gibt einfach gewisse Settings, auch wenn sie nie Teil meiner eigenen Hobbys etc. waren, die eine gewisse Faszination auslösen und das ist für mich Tanzen und damit auch verbunden Ballett. Wenn man sich nur auch die TV-Landschaft ansieht, wie oft Ballett die Kulisse für dramatische Geschichten ist, dann kommt das auch nicht von ungefähr. Deswegen war ich sehr gespannt, wie die Autorin uns auf eine neue Reise mitnimmt und wie sich dabei einnehmende Liebesgeschichten erzählen lassen.

Der Einstieg in „Hold Me“ ist wirklich großartig gelungen, denn durch den Prolog gelingt sofort eine Bindung an Protagonistin Zoe, die gegen ihre vermeintlich beste Freundin Charlotte die Hauptrolle in einer Ballettaufführung verloren hat. Gleich danach beginnt eine ganz besondere Geschichte mit Jase und sofort ist das emotionale Zentrum geschaffen, das auch noch durch diese süße Idee mit den Wahrheiten, die auf Zettel gekritzelt werden und im Baumhaus ausgetauscht werden, verstärkt war. Hiernach war ich wirklich wunderbar in dieser Geschichte drin. Es war dementsprechend auch genial, wie wir dann als Leser in die Ballettschule eingeführt werden und den Alltag kennenlernen. Anna Savas zeigt dabei auch eine große Liebe für ihre Nebencharaktere, die genauso schnell Profil entwickelt, sei es Mae, Skye oder auch Caleb. Es gibt also genug, was durch die Geschichte gleitet wie eben auch die besondere Chemie zwischen Zoe und Jase, die schon viele Wahrheiten geteilt haben, so dass einfach die Luft flimmert.

Doch dann erfährt die Geschichte irgendwann einen Bruch, der für mich persönlich dort begonnen hat, wo ein sehr körperlicher Aspekt in die Geschichte hineinkommt. Dazu ist zu sagen, dass Zoes Vergangenheit ein sehr dunkles Erlebnis hat, eines, das ihren Start an der Ballettschule zu einer riesigen Herausforderung macht. Auch wenn es inzwischen gerade bei NA gang und gäbe ist, dass es Triggerwarnungen gibt, ist es nicht überall gleichermaßen vonnöten. Bei „Hold Me“ aber definitiv. Die Autorin handhabt das auch zunächst wirklich vorbildlich, weil wir in Zoes Trauma intensiv einsteigen dürfen. Aber gleichzeitig will eben auch die Liebesgeschichte vorangetrieben werden und ich empfinde es leider so, dass Anna Savas den Spagat nicht hinbekommen hat. Sie hat Zoes Geschichte in meinen Augen in ihrer Realitätsnähe aus den Augen verloren, als sie sich tatsächlich mal eben Jase hingeben kann. Auch wenn ich das Vertrauen grundsätzlich verstehe, was zwischen den beiden herrscht, aber er hat selbst sein Päckchen zu tragen und verhält sich manchmal dabei auch recht unsensibel, gerade im Angesicht all dieser Eindrücke war es leider zu schnell und hat dann eben diesen eingangs erwähnten Bruch für mich herbeigeführt.

Ich konnte immer noch mit den Charakteren mitfühlen und mitfiebern, aber gleichzeitig ist in meinem Kopf auch etwas angesprungen, was es mir nicht mehr ermöglicht hat, einfach nur noch zu genießen. Das liegt sicherlich auch daran, dass leider Ballett in der Geschichte zunehmend keine Bedeutung mehr einnimmt. Am Anfang war es für mich wirklich toll ausbalanciert, denn grundsätzlich will ich erstmal eine Liebesgeschichte lesen und dann eben erst Ballett, aber am Ende wurde es alles rund um die Figuren nur noch aus ihren individuellen Leben heraus entwickelt, aber nicht mehr aus der Schule, aus dem Tanzen und generell dem damit verbundenen Lebensgefühl. Letztlich hätten wir die New England School of Ballet auch einfach streichen können, und die Geschichte hätte genauso funktioniert. Das finde ich einfach schade, zumal eben das Cover und das ganze Marketing ein anderes Bild erzeugt hat. Zuletzt ist auch schade, dass gewisses Dramapotenzial etwas zu künstlich erzeugt wurde. Ich hatte am Ende schon noch ein paar Fragezeichen über dem Kopf stehen, weil das Figurenrepertoire und dabei speziell die Familien von Zoe und Jase in solchen Extremen agiert haben, dass sich mir manches nicht logisch erklären wollte. Das sollte einfach etwas runtergeschraubt werden, denn auch wenn manche mein Leben vielleicht als langweilig bezeichnen würden, Drama gibt es genug. Das zeigt doch, dass sich die Geschichten des Lebens aus dem Kleinen entwickeln und da ist Anna Savas einfach etwas über das Ziel hinausgeschossen.

Fazit: „Hold Me“ hinterlässt mich sehr zwiespältig. Ein großartiger Beginn konnte in jedem Fall qualitativ nicht gehalten werden. Ich habe einige Handlungsentwicklungen kritisch hinterfragt und auch die zunehmend weniger wichtige Bedeutung von Ballett für die Geschichte war nicht fördernd. Dennoch lässt sich das Buch sehr schnell lesen und es ist noch eine Hoffnung da, dass sich die Schwächen im späteren Verlauf der Reihe wieder ausmerzen lassen.

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  • Handlung
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  • Charaktere
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  • Gefühl
Veröffentlicht am 06.03.2023

Sprachliches Korsett zum Träumen

No Longer Lost - Mulberry Mansion
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Willkommen zurück in der Mulberry Mansion! Den ersten Ausflug dorthin mit „No longer yours“ fand ich auf jeden Fall gelungen, weswegen für mich sofort im Anschluss klar war, dass ich zurückkehren werde. ...

Willkommen zurück in der Mulberry Mansion! Den ersten Ausflug dorthin mit „No longer yours“ fand ich auf jeden Fall gelungen, weswegen für mich sofort im Anschluss klar war, dass ich zurückkehren werde. In „No Longer Lost“ geht es nun um May, die ich im ersten Teil schon unwahrscheinlich sympathisch fand und in der ich viel von mir selbst wiedererkannt habe. Deswegen war ich gespannt, welche Geschichte ich mit ihr geboten bekomme.

Zunächst ist es so, dass für Autorin Merit Niemeitz festzustellen ist, dass sie eine ganz klar hervorstechende Stilistik schon entwickelt hat, die man wohl überall wiedererkennen wird. Zum einen ist das der poetische Schreibstil, den ich im ersten Band in seinem Potenzial mit Colleen Hoover verglichen haben. Das nenne ich auch gerne wieder, denn ich finde im zweiten Band hat sich Niemeitz noch einmal übertroffen. Ich bin gespannt, wie das im dritten Band wird, weil dort Willow eine recht zügellose Klappe hat, aber gerade bei May war es jetzt einfach nur genial, ihr eine solche Sprache und ein solches Denken zuzuordnen. Ich war wirklich verliebt in die Gedanken, die sich May gemacht hat. Im ersten Band war vor allem Eden die treibende Kraft, da er der Intellektuelle war, der so den Takt angegeben hat und so eine gewisse Stilistik erlaubt hat. Hier ist es nun May, die die ganze Welt auf eine Art sieht, die nur berühren kann. Sie würde ich gerne sofort als Freundin in meinem Leben haben, um stundenlang mit ihr sprechen zu können und mir von ihr die Welt erklären zu lassen. Ich kann die Art, wie Niemeitz aus Mays Sicht schreibt, gar nicht richtig in Worte fassen, aber es berührt mich tief. Eine zweite typische Stilistik ist, dass die männliche Perspektive eine deutlich kleinere Rolle spielt. Das ist auch hier wieder der Fall. Auch wenn es mich nicht im großen Ausmaß gestört hat, aber ich finde die Stilistik dennoch auffällig und ich weiß nicht, ob es wirklich geschickt ist. Denn das Ungleichgewicht ist offensichtlich. Ich bin eigentlich immer eher dafür, halbwegs es in der Waage zu halten oder eben nur sie oder ihn zu nehmen. So wirkte es am Ende so, als sei der Mann einfach nicht so wichtig für die Geschichte wie sie. Auch wenn Wes also weniger im Zentrum war als May, ich durfte ihn genug kennenlernen und deswegen setze ich hier einen Haken drunter, dennoch ist es für die Zukunft vielleicht eine Überlegung wert.

Kommen wir dann also intensiver zu den Figuren. Bei May bleibt es dabei, dass sie mir sehr ähnlich ist, nicht komplett, aber in doch so einigen Aspekten, so dass ich mich komplett in ihrer Geschichte fallen lassen konnte. Sie hat einfach ein großes Herz. Sie arbeitet zwar auch mit Vorurteilen, aber mehr weil ihre beste Freundin so verletzt wurde, denn eigentlich kennt eine May keine Vorurteile. Das zeigt die Geschichte ganz deutlich. Sie begegnet so offen den Menschen und ist dann entweder bereit, sich noch weiter zu öffnen oder wie eine Muschel zusammenzuklappen. Ich fand es auch bewundernswert, was für ein Körperbild May hatte, das hat mich sehr inspiriert. Gegen sie konnte ich wirklich nichts anbringen, weil ich zu 100% bei May war, in allen Momenten. Zu so einer Persönlichkeit braucht es dann eben einen Kerl, wo ich sagen kann, der hat sie verdient und ich bin dankbar, dass es Wes geworden ist, denn er hat mein Herz genauso im Sturm erobert. An ihm ist mir speziell auch noch einmal deutlich geworden, wie sehr sich mein Bild zu den männlichen Protagonisten im NA-Genre gewandelt hat. Bei meinen ersten Ausflügen in diesem Genre war es oft so, dass ich gerne die Bad Boys hatte. Das ist schon lange nicht mehr der Schlüssel für mich, weil dann mehr Toxik in meinem Kopf prangt. Wes wirkt zwar auch zunächst wie ein Bad Boy, aber es ist tatsächlich nur eine Wirkung, weil er vieles von sich verschließt, weil er eben nicht als der gesehen wird, der er wirklich ist. Die Mauern wurden aber wahnsinnig schnell eingerissen und er ist ein wirklich lieber Kerl, der in Fürsorge und Tiefsinnigkeit May in nichts nachsteht, das hat mich richtig gefesselt, denn die beiden waren damit wie füreinander geschaffen.

Ich mochte auch die Grundidee des Romans, indem für das Sozialprojekt die Frage gestellt wird, ob man sich in jede Person verlieben kann. Ich fand es toll, wie May und Wes angesichts des Rahmens gezwungen waren, sich kennenzulernen. Auch wenn das Projekt mehr und mehr unwichtiger wurde, was ich manchmal etwas schade fand, war es doch auch sinnig, denn sie wollten sich irgendwann kennenlernen und mussten es nicht mehr. Zwar gab es im Verlauf der Geschichte immer wieder Aspekte, die mich mal gestört haben, wie May, die Wes Freunden eigentlich nicht begegnen wollte, aber sofort zur Party rennt oder was jetzt genau wann mit Wes und seiner Mutter los war, aber insgesamt sind diese Gedanken auch jedes Mal wieder in Grund und Boden gestampft worden, weil wieder etwas so Tolles geschah, dass ich hin und weg war. Es ist also nicht die formal perfekte Geschichte, aber es war in dem Moment die perfekte Geschichte für mich, weswegen ich es sehr genossen habe, was Niemeitz mit dieser Handlung geschaffen hat.

Fazit: „No Longer Lost“ ist auf jeden Fall ein Herzensbuch und Merit Niemeitz hat sich in meinen Augen mit ihrer Sprache und ihren Figuren selbst übertroffen. Die beiden passten genial zusammen und ich habe heftig wie lange nicht mitgefiebert. Das alles war dann in einem sprachlichen Korsett gebettet, das mich gerade wegen der ganzen Sprachspiele sehr begeistern konnte. Es war nicht alles perfekt ausgearbeitet, aber das fiel für mich überhaupt nicht ins Gewicht. Sehr guter Job hiermit!

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Veröffentlicht am 22.02.2023

Krankenhausalltag verträgt sich nicht mit meinen Erwartungen

Whitestone Hospital - Drowning Souls
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Ah, Ava Reed, was machst du nur mit mir? Ich habe die „Whitestone Hospital“-Reihe von der Ankündigung weg geliebt, eben weil ich so viele Arztserien schauen und es also genau mein Metier ist. Aber der ...

Ah, Ava Reed, was machst du nur mit mir? Ich habe die „Whitestone Hospital“-Reihe von der Ankündigung weg geliebt, eben weil ich so viele Arztserien schauen und es also genau mein Metier ist. Aber der erste Band hat es mir schon schwer gemacht, so dass ich anschließend gehofft habe, dass sich die Komposition aus Krankenhausalltag und Liebesgeschichte erst noch einpendeln muss. Aber leider kann ich nicht bestätigen, dass „Drowning Souls“ eine Steigerung darstellt.

Die Probleme bleiben also dieselben, nur dass ich sogar noch glaube, dass die Voraussetzungen hier besser waren, dennoch aber nicht genutzt werden. Im ersten Band war mir Privatleben und Abarbeiten von Krankheitsbildern zu abgehackt nebeneinander, aber mit ihrem fiesen Cliffhanger hat Reed eigentlich alles grandios vorbreitet. Deswegen fand ich den Einstieg so spannend, weil es durch die Einbindung des Personals als Patienten sofort emotionaler war. Ich habe mit allen gefühlt, wie sie geliebte und respektierte Menschen behandeln musste und dann eben speziell über Sierras Perspektive, wie sie Mitch helfen muss. Doch nach der Rettung kam so ein Bruch, den ich nicht verstanden habe. Denn Mitch muss gefühlt mehr oder weniger für sich selbst genesen, dabei wäre es doch gerade interessant gewesen, ihn als Patienten intensiv zu begleiten. Zudem hat es mich gestört, dass in der Zeit die heimlichen Besuche von Sierra beschrieben wurden und einer von Laura und Grant, aber ansonsten? Da ich mir einfach vorgestellt habe, dass sie eine schnell eng zusammengewachsene Truppe sind, hat mich das ehrlich gesagt ziemlich enttäuscht. Auch später, als Mitch längst wieder im Dienst ist, hat mir das einfach gefehlt. Denn er wird sein Leben lang gezeichnet sein und dennoch spricht keiner drüber. Auch wenn er verständlicherweise lange nicht selbst darüber reden konnte, aber ich fand die ganze Atmosphäre wenig emphatisch.

Da diese Vorlage dann nicht genutzt wurde, blieb der Rest dann erst recht wie im ersten Band, denn auch der Alltag in der Notaufnahme, der am meisten über Sierra abgebildet wird. Da geht es fast eigentlich nur darum, lustige und absurde Fälle zu schildern, die einfach abgearbeitet werden. Der einzige Patient, mit mehr Tiefe ist dann Mr Joon, der für Mitch wichtig wird. Das war für mich definitiv ein Ansatz, wo ich sagen würde, DAS ist es, damit muss mehr gearbeitet werden, weil es sofort emotionaler und nachvollziehbarer wird. Privat kommt dadurch wieder etwas zu kurz, denn man merkt auch, dass durch die Liebesgeschichte ein wenig gesprintet wird. Auch wenn es im ersten Band natürlich Vorbereitungen gab, aber ich wollte es im Hier und Jetzt inniger haben. Dazu kommt hinzu, dass Sierra eine komplizierte Person ist, die man nicht einfach ins Herz schließen kann. Mitch ist ein wahrer Herzensmensch, weswegen es auch schade ist, dass es ihm ähnlich wie Nash im ersten Band ergeht, denn die Männer kommen einfach kürzer. Aber Sierra ist jemand, der unnahbar ist, der immer lieber erstmal austeilt und dann erst nachdenkt und die dazu einen bissigen Humor ist. Das ist nicht unbedingt eine Kombination, die ich sympathisch finde. Natürlich ist es ein Schutzmechanismus, denn man sieht ja, dass sie weiche Seiten hat und dennoch ist es schwer, die Geschichte durch ihre Augen zu begleiten. Das erschwert automatisch auch etwas die Liebesgeschichte. Eins möchte ich da aber noch hervorheben, die erste intime Szene mit ihren Nachwirkungen hat mir sehr gut gefallen, weil es sensibel und realistisch war. Das ist bei erotischen Szenen nicht immer selbstverständlich, daher ziehe ich hier meinen Hut.

Fazit: Die Hälfte der „Whitestone Hospital“-Reihe ist abgeschlossen und ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht weiß, ob ich sie weiterhin verfolgen werde. Denn die Vereinbarkeit von Krankenhausalltag und Privatleben/Liebesgeschichte bleibt für Ava Reed eine große Herausforderung bzw. sie legt einfach einen anderen Schwerpunkt, als ich es mir wünschen würde. Das fand ich im zweiten Band in der Zusammenstellung sogar nochmal etwas schwächer als im ersten. Das ändert nichts an Reeds Erzählqualitäten und sollte es für mich wirklich vorbei sein, dann werde ich bei anderen Projekten die Augen sofort wieder offenhalten.

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Veröffentlicht am 16.02.2023

Authentische Beschäftigung mit einer Autoimmerkrankung

Vor uns die Dämmerung
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Als Ebook-Leserin von „Vor uns die Dämmerung“ nach B. Celeste habe ich nur wenig von einem im Dunkeln leuchtenden Buch, aber dennoch hat mich das Cover richtig gepackt, weswegen ich auch ohne nettes Gimmick ...

Als Ebook-Leserin von „Vor uns die Dämmerung“ nach B. Celeste habe ich nur wenig von einem im Dunkeln leuchtenden Buch, aber dennoch hat mich das Cover richtig gepackt, weswegen ich auch ohne nettes Gimmick zugegriffen habe. Tatsächlich war ich dann vom Handlungsverlauf doch etwas überrascht, aber ich finde es großartig, dass die Autorin in der Geschichte ihre eigenen Erfahrungen mit einer Autoimmunerkrankung verarbeitet hat, weil mich solche persönlichen Geschichten immer auf einem ganz anderen Level berühren.

„Vor uns die Dämmerung“ ist insgesamt eine recht bedrückende Erzählung, aber mit offenem Augen und Herzen in diese Geschichte gehend kann man dennoch viele lebensbejahende Botschaften entdecken. Stark fand ich an der Geschichte auch, dass es viel um Tod geht und auch die Frage nach dem 'Danach'. Das Buch will keine eindeutige Antwort liefern, was ich auch gut finde, denn im Grunde soll doch jeder seinen eigenen Glauben haben, aber ich fand es schön dargelegt, warum die Menschen sich nach einem 'Danach' sehnen. Zudem war es eben auch wichtig, dass sich die Figuren so bewusst mit dem Tod auseinandergesetzt haben, denn aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig ein solcher Vorgang ist, um weiterleben zu können. Selbst ein komplizierter Charakter wie Kieran besucht immer das Grab seines Vaters und zeigt damit, dass eine Nähe zu dem Thema wichtig ist. Der Trauerprozess kann bei all dem dennoch individuell bleiben und muss es im Grunde auch.

In „Vor uns die Dämmerung“ geht es vor allem um die Darstellung der Autoimmunkrankheit Lupus, die beispielsweise durch Selena Gomez auch durch einen prominenten Menschen vielleicht einigen ein Begriff ist. Das Buch hat aber sehr schön deutlich gemacht, dass es nicht den einen Krankheitsverlauf gibt, weswegen auch Zwillingsschwester Logan sehr früh gestorben ist, während Hauptfigur Emery bald 20 Jahren alt ist. Indem Emery auch den Krankheitsverlauf von Lo rekapituliert hat und man parallel ihr eigenes Leiden miterlebt, zeigt sich sehr deutlich, wie unterschiedlich es doch ist. Ich habe jedenfalls viel über die Krankheit gelernt und muss sagen, dass es zwar sehr bedrückend war, aber auch eine sooo echte Geschichte. Ich fand es dann auch überzeugend, dass Emery nicht immer gleich jedes Symptom von einem Arzt hat abklären lassen, weil sie in sich drin einfach genug gespürt hat und auch einfach Angst hat, immer jede Wahrheit über ihren Zustand zu kennen. Das fand ich sehr, sehr nachvollziehbar und ich war dankbar, dass Emery nicht als Übermensch dargestellt wurde, sondern als jemand, in dem man sich sehr gut wiederfinden konnte.

Was ich an der Geschichte etwas schwieriger fand, das war die eingeflochtene Liebesgeschichte. Mir geht es aber speziell um DIESE Liebesgeschichte und nicht, dass es überhaupt Liebe gab. Ich fand Kieran nämlich etwas fragwürdig. Dass er am Anfang so deutlich gegen Emery rebelliert hat, geschenkt, aber seine ganze Art gegenüber anderen, wie er regelrecht die Schule beherrscht, wie er völlig unpassend eifersüchtig auf den Englischlehrer reagiert und damit seltsame Besitzansprüche stellt, das fand ich alles sehr hart an einer Grenze. Ich stelle nicht in Frage, dass wenn er wirklich für Emery da war, dass er alles gegeben hat und dass er ihr vor allem auch noch viel geschenkt hat, was sie nie mehr für möglich gehalten hat. Er hatte definitiv sensible Seiten, aber er hat diese auch immer wieder gut verstecken können, um einen Anschein zu wahren. Diese Seite ist nie ganz aufgebrochen worden, was ich nicht verstanden habe. Der Blick am Ende in die Zukunft deutet vielleicht an, dass Kieran gewachsen ist, aber insgesamt konnte ich meine schrillenden Alarmglocken in Bezug auf ihn nie ganz abstellen. Deswegen bin ich insgesamt nicht sicher, ob er wirklich genau der richtige Protagonist für eine solche Geschichte war. Mich hat es jedenfalls oft genug rausgebracht, was ich schade fand.

Fazit: „Vor uns die Dämmerung“ wird nicht umsonst als „Book that made my cry“ beworben, denn wie Celeste sich traut, die Autoimmunkrankheit Lupus darzustellen, verlangt mir großen Respekt ab. Dennoch hat diese Geschichte für mich auch ein Päckchen zu tragen und das ist Protagonistin Kieran, der mich nicht überzeugen konnte und einen gewissen Zauber weggenommen hat.

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Veröffentlicht am 15.02.2023

Tolle Übersicht für erfahrene Köche

Homefarming: Das Kochbuch
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Judith Rakers Erstlingswerk „Homefarming“ habe ich gar nicht bewusst wahrgenommen, wäre aber wohl ganz passend gewesen, da wir nahezu parallel mit dem eigenen Anbau im Garten angefangen haben. Da ich inzwischen ...

Judith Rakers Erstlingswerk „Homefarming“ habe ich gar nicht bewusst wahrgenommen, wäre aber wohl ganz passend gewesen, da wir nahezu parallel mit dem eigenen Anbau im Garten angefangen haben. Da ich inzwischen auch schon etwas erfahrener bin, kam dann aber das passende Kochbuch dazu genau recht für mich. Denn oft genug kommt man beim Anbau von Obst und Gemüse an den Punkt: wohin denn jetzt damit? Oft kann man so schnell gar nicht essen, wie man erntet. Dementsprechend fand ich die Idee einfach super, dass hier je nach Monat und was man aus der Erde oder vom Baum holen kann, passende Rezepte angeboten werden. Das Buch hat aber noch eine ganze Menge zu bieten.

Zunächst muss ich sagen, dass mir Rakers natürlich schon lange ein Begriff ist und ich sie immer als sehr natürliche Persönlichkeit erlebt habe. Das Kochbuch greift genau dieses Gefühl wunderbar auf, denn schon mit den einleitenden Worten, wo sie ihre Anfänge erklärt, war absolut lustig, charmant und nahbar erzählt. Diese ganze Stilistik zieht sich auch durch den weiteren Verlauf, denn auch die Rezepte sind immer mit einer persönlichen Note versehen und nicht ganz so bieder in der Gestaltung, wie man es sonst kennt. Natürlich koche ich mit normal formulierten Rezepten genauso gut, aber es war einfach nett, immer Rakers Stimme dazu im Ohr zu haben, wie sie noch kleine Tipps oder Einschätzungen gibt. Insgesamt ist es aber kein klassisches Kochbuch. Denn es gibt monatlich auch immer Übersichten, was nun am besten im eigenen Anbau zu tun ist. Es gibt immer eine übersichtliche Liste, was man nun im Freiland, was man vorziehen könnte, was vielleicht sogar schon geerntet werden kann etc. und so eine Übersicht ist wirklich sehr hilfreich. Daneben gibt es aber auch diverse Besuche bei Köchen etc. und anschließende Interviews. Mit diesen Interviews konnte ich persönlich nicht so viel anfangen, auch weil sie nicht meiner Erwartungshaltung an das Buch entsprachen. Zudem fand ich die mit den Personen ausgewählte Rezepte etwas abgehoben. Gerade angesichts der Situation, dass man oft einfach schnell etwas verarbeitet haben will, fand ich diese filigranen Rezepte etwas übertrieben und eher unpassend.

Schon diese Kritik lässt erahnen, dass die Bandbreite in der Rezeptauswahl üppig ist. Das finde ich erstmal positiv. Denn es ist eben kein Themenkochbuch, sondern ein Kochbuch, das vielfältig Obst und Gemüse verarbeitet sehen will. Da treffen viele Geschmäcker aufeinander, die alle ein Ziel haben, sich lecker ernähren zu können. Dementsprechend passt es, dass nicht jedes Rezept gleich Begeisterungsstürme auslöst. Manche Einfälle wie Kräuteröl oder Gänseblümchen-Eiswürfel fand ich sogar etwas irritierend, weil es hier in meinen Augen etwas übertrieben wurde. Da sieht man aber deutlich, wie groß die Spannbreite von simpel zu kompliziert ist. Dennoch habe ich mir insgesamt eine größere Anzahl aus den Rezepten rausgesucht, durch die ich mich auch schon fleißig durchprobiert habe. Die gefüllten Zucchini mit Hackfleisch und Schmand oben drauf waren dabei mein Highlight. Auch die Kohlrabischnitzel mit Gurkensalat waren sehr lecker und eine schöne leichte Kost, gerade für den Sommer ideal. Der Nudelauflauf mit dem Rosenkohl wurde etwas trocken, aber das ist mit Nudeln im Ofen ja oft eher ein Glücksspielchen. Ganz toll fand ich auch das gefüllte Ofenbrot, das man so im Grunde wie eine Pitatasche nutzen kann. Da ich im letzten Jahr großen Gefallen an Pfannenbroten gefunden habe, ist das jetzt auch eine schöne Idee, diese einfach zusammenzuklappen. Interessiert habe ich auch das Rezept für den Wirsingauflauf zur Kenntnis genommen, denn dort hatte Rakers gewarnt, dass es den Männern in ihrer Familie zu trocken war. Dadurch habe ich tatsächlich geschaut, wo ich etwas Flüssigkeit dazu bekomme, auch wenn es nicht immer große Soßenmenge sein muss, aber das Ergebnis war auch sehr lecker. Zuletzt habe ich schon die gefüllten Crêpes ausprobiert, was auch ein echter Geheimtipp ist.

Insgesamt würde ich bei den Rezepten sagen, dass sie eine Gelinggarantie haben und gerade erfahren in der Küche kann man natürlich auch sofort Änderungen herbeiführen. Deswegen habe ich mich bei manchen Mengenangaben schon etwas gewundert, vor allem mit der dazu genannten Personenanzahl. Eigentlich alles war für 2 Personen, aber in meiner Erfahrung für zwei sehr, sehr gute Esser. Wenn ich dann schon mal das Doppelte gewagt habe, war es quasi schon wieder für 6. Natürlich hat jeder einen andere Appetit, aber ich würde sagen, dass hier die Angaben wirklich mit Vorsicht zu genießen sind und man sich dementsprechend dann erstmal einfühlen muss, um dann auch für andere Personenmenge genau die richtige Menge zu erwischen. Insgesamt würde ich daher sagen: ein Anfängerkochbuch liegt wahrlich nicht vor. Daher ist es eher ein tolles übersichtliches Monatsbuch, das mit mehr Erfahrung in der Küche gut einzuschätzen ist. Neue Ideen habe ich auf jeden Fall gesammelt.

Fazit: Das Kochbuch zum Homefarming von Judith Rakers ist toll gespickt mit ihrer Persönlichkeit, was es ein sehr nahbares Übersichtsbuch macht, bei dem man immer wieder schmunzeln muss. Gerade die Tabellen für die jeweiligen Monate mit Anbauübersicht sind echt toll. Über die Rezepte kann man etwas streiten, weil die Bandbreite mir zu krass war. Ich habe aber einiges gefunden, nur Vorsicht mit den Angaben. Erfahren in der Küche lässt sich damit aber gut arbeiten.

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