Profilbild von marcello

marcello

Lesejury Star
offline

marcello ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit marcello über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.03.2019

Vertauschte Rollen

My Dearest Enemy
0

R. S. Grey ist im deutschsprachigen Raum eine unbekannte Autorin, so dass ich ohne viele Erwartungen und sehr neugierig an die Lektüre gegangen bin. Zudem liebe ich einfach Liebesgeschichten, bei denen ...

R. S. Grey ist im deutschsprachigen Raum eine unbekannte Autorin, so dass ich ohne viele Erwartungen und sehr neugierig an die Lektüre gegangen bin. Zudem liebe ich einfach Liebesgeschichten, bei denen sich die bald Liebenden feurige Wortgefechte liefern und irgendwann dann hinter die Fassade blicken. Genau das versprach „My Dearest Enemy“.

Gleich zu Beginn der Lektüre ist mir aufgefallen, dass es unheimlich schwerfällt, sich ein wirkliches Bild von der Protagonistin Daisy zu machen und das, obwohl wir das Geschehen ausschließlich aus ihrer Perspektive erleben. Sie ist so von ihrem Konkurrenzdenken bestimmt, dass alle Charakterzüge, alle Handlungen und alle Worte keinerlei Aufschluss darüber geben, wer diese Daisy nun tatsächlich ist. Zu Beginn habe ich noch gedacht, dass dies ein anfänglicher Eindruck bleiben wird und dass wir nach und nach ihr wahres Wesen kennenlernen dürfen, aber diese Hoffnung hat sich nicht bestätigt. Selbst bei ihrer großen romantischen Geste am Schluss wirkt sie extrem egoistisch und selbsteingenommen. Sie zeigt so im Endeffekt durchweg die Eigenschaften, die wir normalerweise beim Protagonisten einer solchen Liebesgeschichte bemängeln.

Eben dieser männliche Protagonist, mit Namen Lucas, ist dann tatsächlich das, was man eher von der Frau kennt. Er hat ein großes Herz, ist charmant, romantisch und unheimlich empathisch. Und all das kann ich sogar sagen, obwohl wir seine Perspektive nie erleben und seine Stimme nur durch drei oder vier Mails kennen, die er an Daisy verfasst, aber nie abschickt. Er hat einen wirklich fassbaren Charakter, er ist das Herzstück dieser Geschichte. Damit ist er eben auch die Figur, die dieser Geschichte auch wirklich Liebe gibt, da ich ansonsten irgendwann an Daisys Art verzweifelt wäre. Er hat mich weiterlesen lassen und gleichzeitig frage ich mich, was ist es, das er an ihr liebt?

Kritisch sehe ich auch, dass der Arbeitsalltag der beiden praktisch gar keine Rolle spielte. Mit der Grundprämisse, dass sie gemeinsam in einer Arztpraxis tätig sind, hätte ich mir gut vorstellen können, dass hierum empathische Patientengeschichten entwickelt werden. Aber nein, wir erleben sie hier und da mal bei einer Patientenhandlung, aber da geht es nicht darum, diesem zu helfen, sondern Daisy will immer nur alles an sich reißen, um Lucas zu besiegen. Irgendwann ist die Arztpraxis auch nur noch Schauplatz von sexuellen Vergnügen und genau diese sind auch noch total eintönig und dass Verhütung keinerlei Thema ist und das gerade bei Ärzten, das muss ich auch anprangern.

Fazit: Leider wird der Protagonistin keinerlei Raum gegeben, um sich zu entfalten, so dass bis zum Ende ein sehr negatives Bild von ihr präsent bleibt. Zum Glück ist ihr männliches Pendant ein wahrer Glücksfall, da sich so noch eine erträgliche Geschichte ergibt. Doch insgesamt hat sich der verbale Kleinkrieg zu lange durchgesetzt, so dass es für mich keine klassische Lektüre zum Träumen ist.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Nervige Unentschlossenheit

Selection – Die Elite
0

Die Pause zwischen dem ersten Band der „Selection“-Reihe und dem nun zweiten Band von Kiera Cass war eigentlich viel zu lang, aber ich habe mir vorgenommen, die Reihe nun zügig zu beenden. Warum es nun ...

Die Pause zwischen dem ersten Band der „Selection“-Reihe und dem nun zweiten Band von Kiera Cass war eigentlich viel zu lang, aber ich habe mir vorgenommen, die Reihe nun zügig zu beenden. Warum es nun eine so lange Zeit gebraucht hat, damit ich wieder zu der Reihe greife, kann ich gar nicht so genau sagen, da mich der erst Band eigentlich sehr angesprochen hat.

Aufgrund der großen Zeitraums muss ich natürlich gestehen, dass ich mich erst ganz gewaltig wieder in die Geschichte einfinden musste. Das Kastensystem und auch die Hauptfiguren waren mir noch recht gut präsent, da brauchte es nur ein paar Stichworte, um wieder reinzukommen, bei den Nebenfiguren, vor allem den Mitbewerberinnen habe ich mich dagegen eher schwer getan, aber auch bei denen hat man ja doch wieder alle Infos angereicht bekommen, so dass sich am Ende wieder ein Gesamtbild ergab.

Dennoch habe ich relativ schnell festgestellt, dass der 2. Band ein klassischer Zwischenband ist, in dem sich vieles im Kreis dreht, um so nur ja die die Handlung hinauszuzögern. Zwar habe ich den dritten Band noch nicht gelesen, aber ich ahne schon jetzt, dass ich nach der Lektüre wohl zum Fazit kommen werde, dass man diese beiden zusammenziehen hätte können. Ich habe mich nicht gelangweilt, da der Schreibstil alleine schon sehr flott ist und den Leser antreibt, dafür habe ich mich stellenweise aber geärgert. Vor allem in Bezug auf America hätte ich mir gerne die Haare gerauft. Einerseits merkt man überdeutlich, dass sie ein sehr mutiges, soziales und gerechtigkeitsbedürftiges Wesen ist und dann wiederum wird sie wie ein Püppchen inszeniert, die alle zwei Minuten mal wieder Aspen, mal wieder Maxon mehr liebt. Es ärgert mich wirklich, dass man bei ihr nicht viel konsequenter umgeht, denn eine junge Frau, die zwischendurch rebellische Züge hat, um dann auch Herzschmerz wieder zurückzuzucken, die kann ich auf Dauer nicht ernstnehmen.

Zudem habe ich nach diesem Band auch den Eindruck, dass Aspen und Maxon mehr Minus- als Pluspunkte sammeln. Aspen weiß grundsätzlich alles besser und Maxon ist beleidigt, wenn er nicht seinen Willen kriegt und genießt körperlich Avancen einer anderen, weil er es sich halt „verdient“ hat. Man merkt glaube ich deutlich, dass Cass sich in diesem Band, meiner Meinung nach zumindest, keinen Gefallen mit den Hauptcharakteren getan hat, weil sich hier leider die positiven Eindrücke etwas aufheben. Aber es gab natürlich tolle Momente, aber die waren eher zwischen America und den Nebenfiguren. Interessant wird auch die Rebellion sein, da bin ich wirklich schon sehr gespannt, die Figuren richtig kennenzulernen.

Fazit: Band 2 ist nach dem Auftakt ganz klar eine Enttäuschung, da die Handlung kaum entscheiden vorankommt und dabei werden auch noch die Hauptcharaktere reihenweise in ein schlechtes Licht gestellt. Schon jetzt erahne ich, dass man sich dieses Geplänkel lieber erspart hätte und die Liebesgeschichte mit einer Dilogie über die Bühne gebracht hätte.

Veröffentlicht am 05.03.2019

Zwiespältiges Urteil

The Hurting
0

Bei einer neuen Autorin, bei einem sehr schlichten Cover und bei einem knappen Klappentext, da muss man schon sehr viel Mut haben, um zur Lektüre zu greifen. Bei mir war es schließlich die Leseprobe, die ...

Bei einer neuen Autorin, bei einem sehr schlichten Cover und bei einem knappen Klappentext, da muss man schon sehr viel Mut haben, um zur Lektüre zu greifen. Bei mir war es schließlich die Leseprobe, die mich zu dem Buch hat greifen lassen, da dieses Großstadtmädchen in der rauen Natur von Norwegen es mir einfach angetan hatte. Dennoch bin ich eher mit sehr geringen Erwartungen an die Lektüre rangegangen, denn bei diesen Vorabinformationen hätte „The Hurting“ wirklich alles sein können.

Was mir sehr früh aufgefallen, ist, dass das Jugendbuch einen Stil hat, den man bei vielen „anspruchsvolleren“ Jugendbüchern dieser Zeit immer wieder entdeckt. Es gibt teilweise eine fast schon poetische Sprache, die gepaart mit den Beschreibungen von Norwegens Naturschauspiel träumen lässt und dann wiederum ist die Sprache zwischendurch regelrecht plump. Diese Ambivalenz der Stile will mich einfach nicht so abholen, wie es vermutlich intendiert ist und das ist schade, weil man gerade durch die sprachgewaltigen Passagen merkt, dass van Smit schreiben kann, dies aber aus welchen Gründen auch immer stellenweise nicht nutzt.

Bei den Figuren ist es so, dass wir Zeuge einer kaputten Familie werden, was es natürlich automatisch erschwert, sich mich den einzelnen Figuren identifizieren zu können. Nells ältere Schwester Harper trägt mit ihrer Krebserkrankung ohne Frage ein hartes Schicksal und trotzdem wird sie zu 90% des Buchs so boshaft und neidisch dargestellt, dass ich sie am liebsten aus den Seiten gerissen hätte. Mit dem Vater verhält es sich nicht groß anders, nur dass er eher unbeteiligt und ängstlich ist und nur mit dem höchsten Alkoholpegel zu Gewaltausbrüchen neigt. In dieser dysfunktionalen Familie fällt es natürlich schwer, Nell durchweg positiv zu sehen, da sie sich in diesem Teufelskreis auch eingenistet hat. Zudem kommt auch noch ihre blinde Liebe zu Lukas hinzu. Man hat schnell gemerkt, natürlich auch weil wir seine Perspektive immer mal kurz präsentiert bekommen, dass er auch genug Probleme mit sich herumschleppt und zuweilen borniert nur nach vorne sieht.

In dieser negativen Umgebung war ich dann doch überrascht, wie sehr Nell mir noch ans Herz wachsen konnte. Zwar gab es auch am schlimmsten Punkt für sie immer noch Momente, wo ich sie gerne geschüttelt hätte, aber gleichzeitig war sie so mutig, weitsichtig, ausdauernd und empathisch, dass ich nur mit ihr mitfiebern konnte. Da auch die traurige Familiengeschichte irgendwann offenbart wird, bekommt man schließlich auch ein Verständnis für die einzelnen Figuren, aber dennoch ist damit nicht alles verziehen. Daher fand ich es auch gut, dass es kein klassisches Happy End gab. Es gab eines, das Hoffnung gibt, aber nicht mehr und nicht weniger. Richtig stark war definitiv auch, dass sich dieses Jugendbuch noch zu einem Thriller entwickelt hat, denn der Schreibstil, der mich durchweg gestört hat, wäre bei einer langatmigen Erzählung nur noch zur Qual geworden.

Zwar wurde das Buch zum Ende hin immer stärker und spannender und dennoch bleibt der Knackpunkt der Erzählung neben dem Stil bei der Figur Lukas. Er war alleine durch seine Kindheit schon eine höchst faszinierende Figur, aber durch die kleinen Perspektiveinblicke bei ihm gab es dennoch keine Chance, ihn als Figur richtig greifen zu können. Vielleicht hätte es geholfen, sein Aufwachsen bei den Wölfen intensiver zu beleuchten. Aber so konnte ich ihm zu keinem Augenblick, seine angebliche Liebe zu Nell abkaufen. Daher konnte ich auch seine ständigen Umentscheidungen nicht nachvollziehen und die haben doch auch einen entscheidenden Teil der Geschichte ausgemacht. Der Fokus war zu sehr auf Nell, aber die Geschichte war eigentlich die von Lukas und ihr.

Fazit: Das Jugendbuch bietet eine atmosphärisch tolle Szenerie, eine tolle Thrillerspannung im letzten Drittel und eine Protagonistin, die einem irgendwann unweigerlich ans Herz wächst. Aber auf der anderen Seite haben wir einen Schreibstil, der sich sehr gegensätzlich gestaltet und daher den Leseprozess teilweise zäh gestaltet. Zudem sind die restlichen Charaktere alle keine, die man bedingungslos ins Herz schließt, weil sie insgesamt viel zu wenig ausgearbeitet sind. Daher bleibt für mich ein sehr zwiespältiges Bild, bei dem ich keine klare Leseempfehlung geben kann.

Veröffentlicht am 25.01.2019

Stellenweise inkonsequent

Bad Bachelor
0

Der Name Stefanie London war mir völlig unbekannt, aber die Tatsache, dass direkt die ganze „New York Bachelors“-Reihe aufgelegt wird, hat mich vermuten lassen, dass es sich um eine Reihe handeln könnte, ...

Der Name Stefanie London war mir völlig unbekannt, aber die Tatsache, dass direkt die ganze „New York Bachelors“-Reihe aufgelegt wird, hat mich vermuten lassen, dass es sich um eine Reihe handeln könnte, in die sich ein Blick mal lohnen würde. Gerade für den ersten Band fand ich auch den Aspekt der Bachelor App sehr interessant, da es doch ein ungewöhnlicher Aufhänger ist, den ich so noch nirgendwo gelesen hatte.

Für mich steht der ganze Roman eigentlich unter dem Stichwort ‚Inkonsequenz‘, da die Autorin auf allen Ebenen den letzten Schritt nicht gegangen ist. Bei den Figuren beispielsweise ergeben sich auf den ersten Blick klare Tendenzen, die dann vor allem bei Darcy immer wieder vermischt werden, so dass ich am Ende gar nicht sicher bin, ob ich die „wahre“ Darcy überhaupt kennengelernt habe. Reed ist von Anfang von zwei Persönlichkeiten geprägt. Nach außen der arrogante Frauenaufreißer, von innen her sehnt er sich aber nach Freundschaft und Familie. Hier wird ganz klar damit gespielt, dass Reed sich mehr und mehr schwertut, die beiden Seiten strikt auseinanderzuhalten. Darcy wiederum wird einerseits als Rebellin dargestellt, andererseits aber doch irgendwie auch schüchtern und bieder, um ihr dann wieder eine scharfe Zunge und Freizügigkeit zu geben. Vor diesem Hintergrund hat dann leider auch die Chemie zwischen den beiden nicht von Anfang an gestimmt. Gerade am Anfang haben sie viele Wortgefechte ausgetragen, die ich generell in solchen Büchern ja total liebe, aber das letzte bisschen hat einfach gefehlt. Zudem wurden einige überhastete Entscheidungen getroffen, so dass ich nicht genau nachvollziehen konnte, warum Darcy so agiert hat und dadurch wurde auch einiges von dem prickelnden Pulver, das ich mir erhofft hatte, zu früh verschossen.

Dennoch will ich nicht komplett meckern in Bezug auf die Figuren, da ab der Mitte wirklich ein sehr starker Teil kam, in dem sich beide Charaktere sehr geöffnet haben. Auf der emotionalen Ebene haben sie dann die Verbindung erreicht, die auf der körperlichen Ebene nicht so recht gelingen wollte. Zudem gab es einige Aussprachen, die längst überfällig waren, so dass ich wirklich das Gefühl hatte, dass die Autorin an der Stelle wirklich alles Herzblut reingesteckt hat, denn da kam mir alles echt vor. Zum Ende hin hat sich dann aber eher wieder der Eindruck aufgedrängt, dass es am Ende schnell gehen musste, so dass erneut inkonsequent agiert wurde. Es gab doch einige Handlungen, die offenbleiben. Jetzt könnte man natürlich einschieben, dass ja noch zwei Bände folgen, die möglicherweise Antworten enthalten, aber ich rede eher von Nebenfiguren, die mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr auftauchen werden. Daher bleiben die losen Enden für mich bestehen.

Fazit: „Bad Bachelor“ ist eine nette Lektüre, die einige Anlaufschwierigkeiten hat, weil nicht alles auf den Punkt funktioniert, wie die Autorin es vielleicht beabsichtigt hatte. Erst ab der Mitte kann ich emotional erreicht werden, aber das reicht insgesamt nicht über eine durchschnittliche Lektüre hinaus.

Veröffentlicht am 18.01.2019

Zwischen Badass und unlogisch

Heartless, Band 1: Der Kuss der Diebin
0

Alleine schon das wunderschöne Cover, das Sara Wolfs „Heartless“ in Deutschland erhalten hat, hat mich um den Kauf dieses Buchs nicht herumkommen lassen, es war wirklich optische Liebe auf den ersten Blick. ...

Alleine schon das wunderschöne Cover, das Sara Wolfs „Heartless“ in Deutschland erhalten hat, hat mich um den Kauf dieses Buchs nicht herumkommen lassen, es war wirklich optische Liebe auf den ersten Blick. Hinzu kam der Klappentext, der bereits erahnen ließ, dass es sich bei Zera um eine sehr ungewöhnliche Protagonistin handeln würde, das sie scheinbar von Beginn an eine starke Persönlichkeit ist, die ihren Platz in der Welt kennt.

Relativ schnell habe ich festgestellt, dass Zera wirklich das Herzstück dieses Auftaktbandes ist, da sie das gesamte Geschehen wirklich problemlos mit ihrer Art an sich reißt. Sie ist eine Kämpferin, sie ist mutig, sie hat ein loses Mundwerk und vor allem sehnt sie sich nach Liebe. Die Reise mit ihr fand ich sehr faszinierend, da man in solchen Reihen häufiger mal genau das umgekehrte Phänomen erlebt: die Protagonisten müssen erst zu sich selbst finden, um zu einer gestärkten Persönlichkeit zu werden. Zera ist das bereits durch ein trauriges Schicksal und sie will aber zu ihrer Persönlichkeit zurück, sie will also eher rückwärtsgehen, während alle anderen vorwärtsgehen. Dadurch entwickelt natürlich auch die gesamte Story eine ganz andere Dynamik, die mir zur Abwechslung sehr gut gefallen hat.

Trotz dieser genialen Protagonistin, die wirklich jede Seite wert ist, ist „Heartless“ weit davon weg, die perfekte Lektüre zu sein. Das liegt vorrangig daran, dass man gefühlt auf zu vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen will und dadurch kann man aber nicht alle Baustellen im Überblick behalten und es ergeben sich Mängel und teilweise auch logische Fehler. Mir ist beispielsweise extrem ins Auge gefallen, dass das eher historische Setting, sicherlich auch durch die Hexenthematik an das Mittelalter erinnernd, einem stellenweisen sehr modernen Verhalten der Figuren gegenüberstand. Wenn man beispielsweise hemmungslos geflucht wird, der Mittelfinger gezeigt wird und gar manche Ausdrücke der Jetztzeit verwendet werden, dann ergibt sich für mich kein stimmiges Bild.

Mein Argument mit den zu vielen Baustellen auf einmal lässt sich daran erkennen, dass das World Building ebenfalls nicht ganz ausgereift scheint. Die Welt der Hexen, die wir am Anfang kennenlernen, wird nur angerissen, so dass dieser Teil der Geschichte sehr blass bleibt. Die Welt der Menschen wiederum bekommt zwar mehr Aufmerksamkeit zugeteilt und dennoch haben mir an vielen Stellen Beschreibungen gefehlt, so dass es mir extrem schwergefallen ist, manche Dinge überhaupt vorzustellen. Ich habe so einfach kein bildliches Packan bekommen. Das zu viel merkt man auch daran, dass nur ein geringer Personenkreis ein wirkliches Profil bekommt. Es bleiben auch genug Figuren auf der Strecke.

Stark wiederum ist der Handlungsverlauf, da ich einen durchgehenden Spannungsbogen wahrgenommen habe. Es gab genug Höhepunkte, es gab genug Wendungen, es fiel mir also sehr leicht, der Geschichte durchgängig folgen zu wollen. Es hilft sicherlich auch, dass Zera mit Lucien einen ebenso starken Gegenpart hat. Er ist ein selbstbewusster junger Mann, der sich genaue Vorstellungen gemacht hat und alles hinterfragt, um es neu aufzubauen. Zum Ende hin wird er in seinen Gefühlen zu Zera etwas zu pathetisch, da hätte man eine Schippe herausnehmen können, aber insgesamt bleibt mir in Erinnerung, dass sie wirklich ein Power-Couple sind. Es gab auch viele eher ungewöhnliche Beziehungen, da möchte ich vor allem Zera und ihre „Tante“ hervorheben. Für diese Beziehung wurde sich verhältnismäßig viel Zeit genommen und gerade auf einer emotionalen Ebene konnte ich erreicht werden. Ganz am Ende gibt es dann einen Cliffhanger, der wirklich perfekt gewählt ist, da er die Lust auf den zweiten Band definitiv schürt. Ich freue mich ehrlich gesagt auch auf diesen, da ich genug unausgeschöpftes Potenzial erahne.

Fazit: Der Auftakt zu „Heartless“ hat definitiv noch viel Luft nach oben, da gerade das World Building noch sehr ausbaufähig ist. Zudem lassen sich auch gewisse logische Fehler nicht verleugnen. Dafür ragt man mit einer richtigen Anti-Heldin heraus, die viel Spaß bereitet und mit einem Cliffhanger, der es unmöglich macht, weiterlesen zu wollen.