Erzählerischer Stil im Ungleichgewicht
My Image of You - Weil ich dich liebeBei „My Image of You“ habe ich der vollen Überzeugung zugegriffen, dass es sich um mein Erstlingswerk der Autorin Melanie Moreland handelt, bis ich bei den weiteren Werken von ihr „Beneath the Scars“ entdeckt ...
Bei „My Image of You“ habe ich der vollen Überzeugung zugegriffen, dass es sich um mein Erstlingswerk der Autorin Melanie Moreland handelt, bis ich bei den weiteren Werken von ihr „Beneath the Scars“ entdeckt habe. Ups, da war mir der Autorenname wohl offensichtlich nicht hängengeblieben. Aber diese Erkenntnis war keine Katastrophe für mich, da mich „Beneath the Scars“ nicht bitter enttäuscht hatte, aber mich aber auch nicht restlos begeistern konnte. Daher war „My Image of You“ nun unfreiwillig meine zweite Chance für Moreland.
Der Autorin gelingt es, wie auch schon in „Beneath the Scars“ zwei sehr greifbare und transparente Charaktere zu schaffen, mit denen man gerne mitfiebert. Dies gelingt sogar, obwohl weit über die Hälfte des Romans hinweg den LeserInnen nur die männliche Perspektive von Adam geboten wird. Diesen Schritt fand ich sehr ungewöhnlich, weil man solche Bücher in diesem Genre nur zu lesen bekommt, wenn ein erster Band einer Reihe aus der Sicht der Frau ist und die Autorin oder der Autor den LeserInnen das Verlangen still, zu wissen, was auch der Mann empfunden und gedacht hat. Nun haben wir wie gesagt bewusst fast ausschließlich die männliche Perspektive und das klappt einwandfrei. Adam wird viel Gefühl und Fingerspitzengefühl gegeben und durch seine Empathie ist es wunderbar möglich, durch seine Augen auch Ally so wahrzunehmen, als ob man auch hinter ihren Kopf gucken kann. Das ist durchaus erstaunlich, da die Männer doch meistens eher härter und eindimensionaler wirken, aber ich empfand diese Eigenschaften bei Adam jetzt nicht als unrealistisch. Als gegen Ende hin dann auch ein paar kleinere Kapitel aus Allys Sicht folgen, habe ich sogar gedacht, dass ich die gar nicht gebraucht hätte, da Adam die Geschichte wirklich tragen konnte.
Zu Morelands erzählerischen Problemen habe ich die Charaktere und den Schreibstil ohnehin nicht gezählt. In „Beneath the Scars“ gefiel mir das Erzähltempo stellenweise nicht und auch die Dramatik war nicht richtig verteilt. Genau diese beiden Baustellen springen mir nun auch in „My Image of You“ wieder ins Auge. Der Anfang ist gemächlich geschrieben, man wird regelrecht in die erste Begegnung des Protagonistenpärchens hineingezogen und da diese so eine tolle Chemie haben, ist man gleich mittendrin. Doch relativ schnell wird das Tempo wieder angezogen und die Beziehung der beiden entwickelt sich in einem Tempo, das eigentlich zu der sonstigen Atmosphäre nicht so recht passen will. Relativ schnell erzählt Ally ihre gesamte Lebensgeschichte, ruckzuck stellt Adam sein Leben in den Kopf und besteht darauf, dass sie bei ihm einzieht. Und all in dieser Zeit werden die Probleme, die eine Beziehung ganz am Anfang durchaus bereithält, einfach ausgespart. So gesehen ist mir zu lange Friede, Freude, Eierkuchen.
Als das Drama dann kommt, ist dieses fast schon unerträglich gestaltet, weil die Mutterfigur von Ally so verbohrt und wahnsinnig ist, dass ich am liebsten in die Seiten gekrochen wäre, um sie mir selbst vorzuknüpfen. Zudem fehlt bei mir die entscheidende Reaktion von Allys Seite her, denn es ihre Familie, ihr Trauma, ihre Sorgen und Adam trägt diesen Kampf zu sehr für sie aus. Nach diesem Drama kehrt schnell wieder Ruhe ein und es war ein sehr langes harmonisches Ende eingeläutet. Ja, ich liebe es, das Paar am Ende glücklich zu erleben, aber da dies zu viel im beschreibenden und nicht im erzählenden Stil gestaltet war, war bei mir irgendwann die Luft raus.
Fazit: Melanie Moreland hat unstreitbar einen ganz eigenen Stil. Sie schafft nahbare Figuren, die eine tolle Chemie miteinander haben und sie kann auch wunderbar Gefühle transportieren. Aber zu ihren Stärken gehört definitiv nicht, das Erzähltempo gleichmäßig zu halten und das Drama richtig zu proportionieren. Da passt die Mischung für mich einfach nicht, um mich restlos zu überzeugen.