Unterhaltsame göttliche Spiele
The Games Gods Play – Schattenverführt (The Games Gods Play 1)Die römischen und griechischen Sagen habe ich schon relativ früh für mich entdeckt, da mein Vater sehr alte Bücher dazu hatte und ich fand es interessant, die Geschichten zu verfolgen, die ähnlich wie ...
Die römischen und griechischen Sagen habe ich schon relativ früh für mich entdeckt, da mein Vater sehr alte Bücher dazu hatte und ich fand es interessant, die Geschichten zu verfolgen, die ähnlich wie Märchen dem menschlichen Leben so ähnlich und doch auch ganz anders erscheinen. Auch später habe ich dann immer wieder Serien/Filme und Bücher gesehen und gelesen, die sich bei den Göttern bedient haben. Für mich vor allem prominent wird da die „Göttlich“-Reihe nach Josephine Angelini sein, aber auch Percy Jackson ist sicherlich nicht zu vergessen. Dennoch würde ich römische und griechische Götter nicht als Hype-Thema sehen, weil es da immer Projekte jeglicher Art zu gibt, so hat es in meiner Beobachtung in den letzten Jahren auch viele Versuche gegeben, die klassischen ‚Bösewichte‘ wie Medusa etc. mit einer möglichen Hintergrundgeschichte mehr zu vermenschlichen. Nun also „The Games Gods Play“ nach Abigail Owen und ich hatte mal wieder richtig Lust auf das Thema.
„The Games Gods Play“ habe ich als Hörbuch konsumiert und ich habe Franziska Trunte wiederholt als gute Hörbuchsprecherin wahrgenommen. Sie hat sich als Ich-Erzählerin von Lyra sehr hervorragend präsentiert und ihre verschiedenen Schichten sehr gut abgebildet. Richtig beeindruckt hat mich aber, dass Trunte auch sehr bemüht war, den anderen Figuren in Dialogen sehr individuelle Stimmfarben oder Charakteristiken (Akzent, Nuscheln etc.) zu geben. Es wirkte auch aufgrund der stattlichen Länge des Hörbuchs wie ein Kunstwerk, weil man auch die Liebe für Details gemerkt hat. Das ist sicherlich aber auch nur durch Owens Vorleistung auch möglich gewesen. Denn auch wenn ich die gedruckte Version nicht vorliegen habe, so denke ich auch, dass Owen auch genug Hinweise gegeben hat, um sich beim Vorlesen ihres Buchs austoben zu können. Abseits des Hörerlebnisses bin ich in einem sehr großen Teil auch höchst zufrieden gewesen. Die ganze Idee fand ich zunächst lobenswert. Auch wenn ich mir noch nicht sicher bin, ob sie wirklich in allem Details clever bedacht ist, aber Owen zieht das Ganze auch so abwechslungsreich und groß auf, dass ich mich da auch gar nicht total kritisch hintergewagt habe. Denn bei mir blieb vor allem die Faszination hängen, dass wir in einer Welt leben könnten, in den die Götter ein Teil des Ganzen sind und nicht nur in einer antiken Vorstellung unser Leben mitgestalten, sondern auch in modernen Zeiten. Das ist tatsächlich auch das Thema, wo ich mir für die nächsten Bände wohl auch mehr wünschen würde, denn ein Großteil hat im Olymp gespielt und damit dann doch vom typischen menschlichen Leben abgekapselt, aber diese Art auf die Götter zu blicken, sie zu ehren oder auch zu verachten, das hat noch mehr Potenzial.
Auch das Crucival ist als Wettbewerbsidee clever. Klar, erinnert auch irgendwie an Hunger Games, zumal auch tatsächlich ein ganzes Crucival im ersten Band abgebildet wird, aber es war hier dennoch so individuell und einzigartig, weil die ganze Mythologie in allen Facetten eingebaut wurde, so dass es sich echt wie eine überzeugende Hommage anfühlte. Auch im Vergleich zur „Göttlich“-Reihe ist hier noch einmal so viel mehr möglich gewesen und man hat richtig gemerkt, wie Owen Spaß hatte, sich mit den Vorlagen auszutoben. Es war auch genial, wie die Götter dargestellt wurden, weil es ähnlich wie bei den Sagen rübergekommen ist. Sie sind höchst ambivalente Gestalten, uns als Menschen so ähnlich, obwohl es aufgrund ihres Einflusses ganz anders sein könnten, so dass es vertraut und doch fern wirkt. Auch wenn die Götter bewusst eher als Antagonisten zu sehen sind, so ist abseits von Hades, Charon und Cerberus auch bei den anderen zu merken, dass es da mehrere Schichten gibt. Das ist bei Aphrodite und Demeter schon deutlich gewesen und ich könnte mir vorstellen, dass es für die weiteren Bände auch hier noch weiter ausgebaut werden könnte.
Die ganze Struktur war löblich, denn es war eine gute Mischung aus einzelnen Heldentaten, die sehr spannend inszeniert wurden, und Zwischenkapiteln, die mehr auf der menschlichen Ebene angelegt waren. Aber auch bei den Heldentaten, wenn alle Champions zusammen waren, ist viel an den Beziehungen und den einzelnen Entwicklungen gearbeitet worden, aber dennoch fühlte es sich beim Rest wie eine nötige Pause an. Ein Pluspunkt ist auch die Darstellung der zentralen Liebesgeschichte. Auch wenn die Funken schnell flogen und speziell Hades‘ Perspektive dann auch mal fehlte, aber ich fand es dennoch für die Länge des ersten Bandes sehr angemessen. Denn es war ein Hauptteil, aber für mich dennoch nicht der Hauptteil, deswegen bin ich auch froh, dass die körperliche Ebene nicht ständig in den Fokus gerückt wurde. Zwischen Hades und Lyra durfte sich auch ohne ständige Intimität viel entwickeln. Nun kommen wir zu zwei Kritikpunkten, die ich vielleicht auch erst richtig einschätzen kann, wenn ich die gesamte Reihe gelesen habe. Das eine wäre Lyras extrem selbstlose Art. Eigentlich würde ich mir selbst in die Tasche lügen, wenn ich das nicht eigentlich sympathisch finde, weil ich sehr ähnlich bin. Aber für die Handlung hätte ich mir bei manchen Heldentaten gewünscht, dass es nicht immer darauf hinausgelaufen wäre, dass Lyra einen Vorteil ihrer Mitmenschlichkeit opfern würde. So war es irgendwann so, dass ich das immer erwartet habe und das nimmt dem Spannungseffekt etwas die Wirkung. Außerdem muss Lyra auch kein absoluter Gutmensch sein. Sie funktioniert als Figur gut, auch wegen der Derbheit ihrer Sprüche und die Respektlosigkeit, die sie vor allem den Göttern gegenüber hat, aber ein bisschen mehr Komplexität, ein bisschen mehr Rotz, das hätte ihr nicht geschadet.
Ein zweiter Punkt ist die Frage, wie lange die Reihe geht und was sie wohl noch alles erzählen wird? Dazu war noch nicht wirklich etwas zu finden. Zwischendurch habe ich mich nämlich gefragt, warum der gesamte Crucival abgebildet wurde. Es wurde am Ende durch den Cliffhanger natürlich deutlich, aber so die Struktur durch die Heldentaten war natürlich genial. Aber weil für mich nicht wirklich abzuschätzen ist, was kommen wird, wirkte das Potenzial des Crucivals an manchen Stellen auch verschenkt. Ich kann hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber ein paar Heldentaten wurden ausgespart und da merkte man auf einmal eine gewisse Hektik. Dafür ist das Ende dann auch erst zu rosarot, nur um dann doch blutrot zu enden. Aber wie sich das wirklich alles ideal zusammensetzt und was verschenkt oder doch genau passend zurückgehalten wurde, das kann nur die Zukunft zeigen.
Fazit: „The Games Gods Play“ ist sehr groß und sehr überzeugend aufgezogen. Als Hörbuch war es definitiv auch ein Erlebnis. Von der Welt her hat man gemerkt, wie sich Owen ausgetobt hat, aber auch die Liebesgeschichte war in meinen Augen eigentlich ideal erzählt. Ich mochte auch die ganzen anderen Ebenen, die Abwechslung in Tempo und kurz ausgebremst. Lyra könnte mehr Ecken vertragen und ob das Ende so clever ist, wir werden es sehen, aber doch insgesamt eine empfehlenswerte Lektüre.