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meggie3

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 02.09.2024

Vielsprechender Reihenauftakt

Tode, die wir sterben
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Im Malmöer Stadtteil Hermodsdal wird ein dreizehnjähriger Junge auf offener Straße erschossen. Da es zunächst nach einem verunglückten Anschlag im Gangmilieu aussieht, werden der frisch verwitwete Jon ...

Im Malmöer Stadtteil Hermodsdal wird ein dreizehnjähriger Junge auf offener Straße erschossen. Da es zunächst nach einem verunglückten Anschlag im Gangmilieu aussieht, werden der frisch verwitwete Jon Nordh und Svea Karhuu, die nach einem verunglückten Undercovereinsatz aus Stockholm abgezogen wurde, mit dem Fall betraut. Dies stößt bei der eigentlich zuständigen Soko gegen Gangkriminalität nicht wirklich auf Zustimmung. Doch bald fallen Ungereimtheiten auf und es kommen die ersten Zweifel auf, ob es sich tatsächlich um eine Tat im Gangmilieu handelt.

Sowohl Svea Karhuu als auch Jon Nordh haben sich von traumatischen Erlebnissen zu erholen und kämpfen mit ihrer Geschichte. Die beiden Ermittler:innen sind sehr unterschiedlich, was das Duo so interessant macht. Insbesondere Jon scheint im Laufe des Krimis eine Entwicklung durchzumachen, die ich durchaus realistisch finde.

Besonders gelungen finde ich aber die Beschreibung der Atmosphäre in dem sogenannten Brennpunktstadtteil Hermodsdal, in dem die Kriminalitätsrate hoch ist. Die zum Teil bedrückenden Situationen waren sehr eindrücklich und es wurde meiner Meinung nach sehr deutlich, wie leicht man in Gangaktivitäten „rutschen“ kann.

Der Plot hat sich langsam entwickelt, da den beiden Protagonist:innen viel Raum gegeben wurde. Mit der Zeit hat sich das Tempo verschärft und ich fand den Krimi richtig spannend. Es werden viele sehr aktuelle Themen eingebunden, die nachdenklich machen.

Ich werde sicherlich weitere Bände um Nordh und Karhuu lesen und bin gespannt, wie das Autor:innenduo die beiden Charaktere weiterentwickelt.

Ich würde „Tode, die wir sterben“ Krimi-Fans empfehlen, die aktuelle gesellschaftliche Themen interessieren und die die Entwicklung der Protagonist:innen spannend finden.

Veröffentlicht am 06.08.2024

Ein berührendes Leseerlebnis

In den Farben des Dunkels
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Patch und Saint wachsen in den 70-ern gemeinsam im US-amerikanischen Monta Clare auf. Beide sind eher Außenseiterinnen, Patch hat nur ein Auge und Saint begeistert sich für ihre Bienen und die Herstellung ...

Patch und Saint wachsen in den 70-ern gemeinsam im US-amerikanischen Monta Clare auf. Beide sind eher Außenseiterinnen, Patch hat nur ein Auge und Saint begeistert sich für ihre Bienen und die Herstellung von Honig. Als Patch beobachtet, wie die stadtbekannte Misty Meyer in Gefahr ist, greift er ein. Sie kann fliehen, während er entführt wird. Saint setzt alle Hebel in Bewegung, um ihren Freund zu finden. Doch auch nach der erfolgreichen Befreiung wirkt die fast ein Jahr dauernde Gefangenschaft nach. Patch macht sich auf die Suche nach Grace, dem Mädchen, das mit ihm im dunklen Keller war. Saint versucht ihre Freundschaft aufrechtzuerhalten und unterstützt ihn so gut sie kann. Beide Leben drehen sich über Jahrzehnte um die Suche nach Grace und der Wahrheit…

Für mich ist in „In den Farben des Dunkels“ ein ganz besonderer Roman. Chris Whitaker hat es über die fast 600 Seiten geschafft, die Spannung jederzeit hochzuhalten. Sein Schreibstil ist sehr ruhig und es hat mir viel Freude gemacht, mitzuleiden und mitzufiebern. Die Charaktere sind authentisch und sehr liebevoll beschrieben. Nicht nur Saint und Patch haben viel Tiefe, auch alle anderen Charaktere sind mehrdimensional. Die Entwicklung der Charaktere ist sehr gelungen und ich habe mit den beiden Protagonist
innen sehr mitgefiebert. Die Beziehung zwischen Saint und Patch ist wirklich besonders und interessant.

Ich fand sehr spannend, wie Chris Whitaker die Auswirkungen eines so traumatischen Erlebnisses beschreibt und wie es das gesamte Leben vieler verschiedener Personen bestimmt.

„In den Farben des Dunkels“ ist toll geschrieben und absolut empfehlenswert, für alle, die sich auf berührende Literatur einlassen möchten. Es geht um Freundschaft, Liebe, Hingabe und Verzweiflung. Insgesamt ist es ein sehr emotionaler, umfangreicher Roman und sicherlich nicht das letzte Buch, das ich von Chris Whitaker gelesen habe.

Veröffentlicht am 06.08.2024

Starke Fortsetzung

Signum
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Kim Ribbing hat beschlossen, einige Antworten auf seine Fragen bekommen zu wollen. Dazu entführt er seinen früheren Peiniger, den Psychiater Martin Rudbeck. Als alles anders läuft als geplant, muss Kim ...

Kim Ribbing hat beschlossen, einige Antworten auf seine Fragen bekommen zu wollen. Dazu entführt er seinen früheren Peiniger, den Psychiater Martin Rudbeck. Als alles anders läuft als geplant, muss Kim reagieren. Und auch die Schriftstellerin Julia Malmros, seine Freundin, muss die Entscheidung treffen, auf welcher Seite des Gesetzes sie in diesem Fall stehen möchte bzw. kann. Sie selbst recherchiert zu der rechtsextremen Bewegung der „wahren Schweden“. Außerdem beschäftigt sie der Umgang mit dem Sterben, da ihr Vater alt und krank ist und ihre Vertraute und Freundin Irmi das Thema immer wieder thematisiert.

In dem Thriller ist thematisch sehr viel drin, auch unabhängig von der „reinen“ Thrillerhandlung. Mir hat die Mischung aber gut gefallen. Die Charaktere werden im Vergleich zum ersten Teil nochmal weiterentwickelt und haben viel Tiefe. Mich hat der Thriller wie schon Band 1 sehr gefesselt. Auch wenn es nicht klassisch um das Aufklären eines Verbrechens geht, wie ich es sonst gerne mag, fand ich das Buch sehr spannend. John Ajvide Lindqvist gelingt ein guter Spannungsaufbau und er spielt mit Charakteren, die Ecken und Kanten haben. Gerade die zwischenmenschlichen Beziehungen sind sehr gut herausgearbeitet.

Ich würde empfehlen, den ersten Teil (Refugium) zuerst zu lesen, da einige Zusammenhänge dadurch besser verständlich sind und im zweiten Teil Aspekte vorweggenommen werden, sodass aus meiner Sicht das Lesen des ersten nach dem zweiten Teil nicht mehr viel Sinn macht.

Ich freue mich schon sehr auf den dritten Band, den ich mit Sicherheit auch lesen werde.

Veröffentlicht am 21.05.2024

Ein wirklich schöner Roman

Windstärke 17
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Ida flieht nach dem Tod ihrer Mutter aus der gemeinsamen Wohnung, weil sie es nicht mehr aushält und alles hinter sich lassen möchte. Spontan entscheidet sie sich, nicht zu ihrer Schwester Tilda und ihrer ...

Ida flieht nach dem Tod ihrer Mutter aus der gemeinsamen Wohnung, weil sie es nicht mehr aushält und alles hinter sich lassen möchte. Spontan entscheidet sie sich, nicht zu ihrer Schwester Tilda und ihrer Familie nach Hamburg zu fahren, sondern einfach weiter ans Meer. Sie landet auf Rügen und lernt durch Zufall Knut und Marianne kennen, die sie bei sich aufnehmen und als Familienmitglied akzeptieren. Dort erlebt Ida ein Familienleben, wie sie es aus ihrer Kindheit nicht kannte. Sie darf in Knuts Kneipe „Die Robbe“ helfen und verbringt die verbleibende Zeit mit Marianne und Schwimmen. Sie versucht, zur Ruhe zu kommen und mit den Bildern, die sie verfolgen, klarzukommen. Und sie lernt zu vertrauen und Bindung zuzulassen, lernt Leif kennen und lässt sich langsam auf ihn ein. Doch als alles besser zu werden scheint, wird Ida mit Mariannes schwerer Krankheit konfrontiert und muss für sich herausfinden, wie sie damit umgehen kann.

Der Roman hat mich sehr berührt, an einigen Stellen musste ich ihn zur Seite legen, weil ich sehr mit Ida mitgelitten habe. Dennoch habe ich ihn gerne gelesen, mir dabei aber die Zeit genommen, die ich brauchte.

Caroline Wahl kann das Fühlen und Handeln von Charakteren sehr authentisch beschreiben, sodass ich es als Leserin nachvollziehen kann, auch wenn es nicht unbedingt rational ist. Der Roman befasst sich mit Schuldgefühlen, Wut, Trauer, Ohnmacht und Unsicherheit, bietet aber auch Auszeiten davon und schöne, ausgelassene Momente, die das Lesen leichter machen und Hoffnung und Mut transportieren. Ein wirklich schöner Roman.

Wer den ersten Roman von Caroline Wahl, der sich in erster Linie um Idas Schwester Tilda dreht, noch nicht gelesen hat, dies aber noch tun möchte, sollte „22 Bahnen“ zuerst lesen. Trotzdem kann „Windstärke 17“ unabhängig von „22 Bahnen“ gelesen werden, er baut einfach auf den Geschehnissen aus dem ersten Roman auf und nimmt entsprechend einige zentrale Punkte vorweg.

Mir hat „Windstärke 17“ außerordentlich gut gefallen. Es gelingt wenigen Autor*innen und Romanen, mich auf diese Weise nachhaltig zu berühren.

Veröffentlicht am 21.05.2024

Drei Frauen zu unterschiedlichen Zeiten am gleichen Ort

Unter dem Moor
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In „Unter dem Moor“ geht es um drei sehr verschiedene Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten in der Region am Stettiner Haff gelebt haben.
Die junge Ärztin Nina stellt fest, dass sie so, wie sie bisher ...

In „Unter dem Moor“ geht es um drei sehr verschiedene Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten in der Region am Stettiner Haff gelebt haben.
Die junge Ärztin Nina stellt fest, dass sie so, wie sie bisher gelebt hat, nicht weitermachen kann. Sie fühlt sich überfordert und erschöpft. Sie beschließt, sich eine Auszeit zu nehmen. Als ihr Freund beruflich ins Ausland geht, ergreift sie die Gelegenheit, um für einige Wochen raus aus dem trubeligen Berlin zu kommen. Sie mietet sich ein Haus am Stettiner Haff und versucht mit ihrer anspruchsvollen Hündin zur Ruhe zu kommen. Allerdings stößt sie dort eines Tages auf der Suche nach ihrer entlaufenen Hündin auf menschliche Knochen…
Der zweite Erzählstrang befasst sich mit der Geschichte von Sigrun, die während der DDR in dem gleichen Ort am Stettiner Haff lebt. Sie wünscht sich mehr, als der Ort ihr bietet und hadert mit ihrer Rolle in der DDR.
Der letzte Strang geht um Gine, die 1936 zu einem Landjahr gezwungen wird. Dort muss sie harte Lebensbedingungen und harte Arbeit sowie ein schreckliches Erlebnis ertragen.

Die Zeit am Stettiner Haff verbindet die drei Frauen und der Autorin gelingt es durch das Abwechseln der Erzählstränge, die Zusammenhänge langsam deutlich zu machen. Ähnlich wie bei einem Krimi konnte ich als Leserin überlegen, wie die Erlebnisse der Frauen zusammenhängen könnten.
Die Protagonist*innen wirken auf mich authentisch und ich habe mitgefühlt. Ganz besonders gut gelungen fand ich die atmosphärischen Beschreibungen des Stettiner Haffs und die Stimmung, die zu den jeweiligen Zeitpunkten dort herrscht.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen. Wer sich auf verschiedene, zunächst nicht zusammenhängende, Erzählstränge einlassen möchte und mit Beschreibungen von Natur und Atmosphäre etwas anfangen kann, dem oder der könnte „Unter dem Moor“ gefallen.