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Veröffentlicht am 25.12.2018

Liebgewonnene Umgebung

Hamish Macbeth und das tote Flittchen
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Zum Inhalt:
Maggie hat sich nach einem bewegten Leben als bezahlte Freundin reicher Gönner in Lochdhub niedergelassen. Doch irgendwie plagt sie die Einsamkeit, weshalb sie vier Ex-Freunde und ihre Nichte ...

Zum Inhalt:
Maggie hat sich nach einem bewegten Leben als bezahlte Freundin reicher Gönner in Lochdhub niedergelassen. Doch irgendwie plagt sie die Einsamkeit, weshalb sie vier Ex-Freunde und ihre Nichte bei sich einquartiert. Aber das Schicksal ist Maggie nicht länger hold und sie stirbt an ihrem schwachen Herzen. Oder hat doch jemand nachgeholfen?

Mein Eindruck:
Auch im fünften Band um den Dorfpolizisten Hamish Macbeth bleibt M.C. Beaton ihrem Schema treu: Schottische Landschaft, knorrige Figuren, gefangen in Vorurteilen, Anspruchsdenken und Dünkel. Trotzdem wird es nicht langweilig, denn – wie immer – bietet sie den Lesern einen Fall zum Mitdenken, ein Wiedersehen mit alten (und liebgewonnenen) Bekannten und britischen Humor. Dazu verabreicht sie Blut, Sex und Probleme nur in homöopathischen Dosen und schafft damit eine gelungene Abwechslung zum normalen Krimi-Einerlei. Möglicherweise zwar dem frühen Entstehungsdatum der Romane geschuldet, ist es dennoch dem Lesegenuss höchst zuträglich. Auch Beatons Stil erinnert an den von Agatha Christies Whodunnits: Einfach gehalten und geradeaus – so, wie ein „normaler“ Mensch spricht und denkt. So stolpert man nicht über Satzbau und Fremdwörter, sondern kann sich ganz einer dennoch nicht schmucklosen Geschichte hingeben und über Motiv und Täter sinnieren. Dass sich der Täter einem geübten Krimileser erschließt ist ein absolutes Goodie der meisten von Beatons Krimis und krönt als Kirsche die Torte. Der Mini-Cliffhanger zum Schluss lässt auf ein baldiges Erscheinen des nächsten Bandes um den Dorfpolizisten hoffen.
Dieser Band lässt sich ohne Kenntnisse seiner Vorgänger lesen. Möchte man jedoch die Entwicklung der Charaktere – allen voran Hamish Macbeths und die der (früheren?) Dame seines Herzens Priscilla – in vollen Zügen würdigen, ist es besser, Band 1 bis 4 gelesen zu haben.

Mein Fazit:
Trotz Aussicht auf Mücken und/oder Regen wünscht man sich in die schottischen Highlands.

Veröffentlicht am 25.12.2018

Du bekommst, was Du siehst

Wir zwei auf Wolke sieben
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Zum Inhalt:
Sebastian ist weg. Und mit ihm ihre Ersparnisse. Dabei dachte Lea, sie wären glücklich in der neuen Wohnung mit Sebastians Kater und der Aussicht auf eine lange, innige Beziehung. Lea würde ...

Zum Inhalt:
Sebastian ist weg. Und mit ihm ihre Ersparnisse. Dabei dachte Lea, sie wären glücklich in der neuen Wohnung mit Sebastians Kater und der Aussicht auf eine lange, innige Beziehung. Lea würde in Selbstmitleid und Kartoffelchips zerfließen, doch dann bietet ein neuer Job bei einer Modezeitschrift Abwechslung. Und wie es der Himmel (oder der Teufel) will, zusätzlich die Möglichkeit, Sebastians Tun auf den Grund zu gehen.

Mein Eindruck:
Ein Wohlfühlroman, wie er im Buche steht. Anja Rauter hat einen wahren Kosmos von sympathischen und unsympathischen Figuren rund um ihre Protagonistin erschaffen. Dieser trägt Lea durch die Story und verschiedene Schauplätze, welche für sich allein schon eine Geschichte wert wären. Der Leser befindet sich gemeinsam mit ihr in London, Paris, Wien und Hamburg, da die Autorin sich nicht nur große Mühe mit ihren Figuren gibt, sondern auch die Gegenden malerisch beschreibt, in denen sich diese aufhalten.
Rauters wunderbar lockerer Schreibstil fängt die zwischenmenschlichen Atmosphären perfekt ein, so dass die Leserin (ich glaube nicht, dass sich Männer mit dieser Art von Geschichte befassen) durch die Seiten fliegt. Ihre Charaktere sind zwar ein bisschen überzeichnet, aber von mittelwertigen Menschen mag doch niemand lesen. Es gefällt, dass die Hauptfiguren – gute wie böse - allesamt eine Art Entwicklung durchmachen, die natürlich zu einem befriedigenden Happy-End führt. Denn was wäre eine solche Geschichte ohne ein Happy-End? Ein schlechter französischer Roman. Aber hier handelt es sich um ein gelungenes deutsches Debüt und dieses lässt auf eine Fortsetzung hoffen.

Mein Fazit:
Gerne mehr!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Geschichte
  • Gefühl
  • Erzählstil
  • Figuren
Veröffentlicht am 07.12.2018

Bodenlose Frechheit

Tödlich ist die Versuchung
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Zum Inhalt:
Seit dem Grippetod ihres Bruders und der kurz darauf erfolgten Abreise ihrer Jugendliebe vor 17 Jahren kommt die Psychologin und Dozentin Emanuela nicht mehr wirklich in den zwischenmenschlichen ...

Zum Inhalt:
Seit dem Grippetod ihres Bruders und der kurz darauf erfolgten Abreise ihrer Jugendliebe vor 17 Jahren kommt die Psychologin und Dozentin Emanuela nicht mehr wirklich in den zwischenmenschlichen Tritt. Deshalb lässt sie sich auf eine Beratung bei dem Beziehungscoach Bernhard Rett ein. Dieser rät ihr dazu, ihre Beziehungsfähigkeit damit zu stärken, dass sie Männer verführt und fallen lässt. Jedoch muss Emanuela nach kurzer Zeit erkennen, dass diese Männer nicht nur ihr Herz, sondern auch ihr Leben verlieren.

Mein Eindruck:
So ein schlechtes Buch ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Wirklich nichts ist gelungen, absolut nichts. Das fängt schon damit an, dass sich der Verlag gewagt hat, das Wort „Thriller“ auf das Cover zu drucken, wo „Porno“ richtiger gewesen wäre. Dann die Wahl der Protagonistin: Wunderschön, wunderklug, wundererfolgreich und selbst Psychologin (wie auch die Autorin), aber 17 Jahre lang nicht imstande, die verlorene Jugendliebe aufzuspüren? Dann die vielen unethischen Vorgänge (die jedem anständigen Psychologen Zornesfalten auf die Stirn zaubern würden), welche die Protagonistin nicht nur selbst auf Geheiß des Coachs begeht, sondern zu denen sie auch noch ihre Studenten anhält. Und weil der Autorin nicht besonders viel zu einem Krimi einfällt, gibt es eine Sexszene nach der nächsten. Diese sind lächerlich schlecht geschrieben und bedienen viel zu oft das Klischee, dass Frauen gerne hart rangenommen werden – auch direkt an der Tür von einem Typen mit Brad Pitt Maske. Ganz ehrlich, man muss kein Verfechter von „Me Too“ sein, um so etwas unterirdisch zu finden. Zum Ausgleich gibt es dann die liebevolle Lesben-Szene. Wenn die Autorin zeigen will, „wie Männer ticken“, frage ich mich, welche Uhrwerke in Wien vor sich hin schlagen, - die mir bekannten Vertreter dieses Geschlechts halte ich nicht für dermaßen schwanzgesteuert und roh.
Überhaupt die Charaktere. Alle schwirren mehr oder weniger um Emanuela, die Superfrau, und jeder will entweder so sein wie sie oder träumt schon seit der Schulzeit nur von ihr, wenigstens jedoch, nachdem der erste Blick auf sie gefallen ist. Hallo, irgendwelche Erwachsene unter uns? So verhalten sich Teenager – und die wären wahrscheinlich zu Recht beleidigt, wenn sie mit dieser geballten Dämlichkeit verglichen würden, die als Personal dieses Machwerk bereichert.
Und dann die Krimihandlung: Haarsträubende Szenen wechseln mit gähnender Langeweile. Was bitteschön soll der Kokolores mit den verschiedenen Zuständigkeiten von Polizisten, die niemanden interessieren? Dafür dann aber das Schänden einer Leiche, um einen Test auf ein Gift durchführen zu lassen – glücklicherweise hat man ja den passenden Spezialisten zur Hand.
Täter gibt es einige, gestörte Charaktere viele, eigentlich ist niemand „normal“. Nun möchte man zwar gerade in einem Thriller von dem Unnormalen unterhalten werden, hier ist es aber eindeutig viel zu viel des Unguten.

Mein Fazit:
Dieses Buch hat nur eine gute Seite. Die letzte.

Veröffentlicht am 06.12.2018

Zu viele Zutaten verderben den Brei

Deine letzte Stunde
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Zum Inhalt:
Raquel ist nicht wirklich zufrieden mit ihrem Leben. Die Ausbildung zur Lehrerin hat sie nicht geschafft, so dass ihr nur Aushilfsjobs in diesem Beruf bleiben, mit der kürzlich verstorbenen ...

Zum Inhalt:
Raquel ist nicht wirklich zufrieden mit ihrem Leben. Die Ausbildung zur Lehrerin hat sie nicht geschafft, so dass ihr nur Aushilfsjobs in diesem Beruf bleiben, mit der kürzlich verstorbenen Mutter hat sie sich nicht versöhnt und ihre Ehe mit dem arbeitslosen Gérman hat ebenfalls schon bessere Tage gesehen.
Aber dann scheint sich mit dem Jobangebot in Gérmans Heimatstadt die Möglichkeit für einen Neuanfang zu bieten. Doch diese Vertretung hat einen schalen Beigeschmack, - die Vorgängerin Raquels wurde tot aufgefunden. Selbstmord oder – wie deren Exmann vermutet – Mord?
Raquel beginnt zu ermitteln und verstrickt sich immer tiefer in ein Gespinst von Lügen, Halbwahrheiten und illegalen Machenschaften.

Mein Eindruck:
Ausgezeichnet mit einem hochdotierten Preis, eine beängstigend realistische Geschichte, - so steht es auf dem Klappentext. Leider bekommt man als Leser schnell den Eindruck, dass diese Geschichte weit von irgendeinem Realismus entfernt ist oder derselbe sich in Spanien auf einem ganz anderen Level befindet. Wenn dort jedoch zum Beispiel Drogen und übermäßiger Alkohol-Genuss so üblich sind, wie von diesem Buch suggeriert, verwundert die Verleihung des Premio Primavera nicht mehr so sehr. Oder meint „Realismus“, dass ein Problem nach dem anderen in den Fokus der Story gerät – leider alle ohne jeglichen Nachhall, da ob der schieren Menge nur kurz angerissen. Es gibt Depression, Arbeitslosigkeit, Fehlgeburten, Mobbing, Pädophilie, Untreue, Internetkriminalität, Erpressung, Drogenkonsum und –handel, Prostitution, und so weiter und so fort. Praktisch alles, was die Büchse der Pandora an Widrigkeiten zu bieten hat, wird aufgeboten. Wenn es denn wenigstens eine glanzvolle Heldenfigur – nun ja, vielleicht auch nur eine ganz normale Lehrerin mit Liebe zu ihrem Beruf, ihren Schützlingen und einigermaßen mit beiden Beinen im Leben stehend – gäbe, wäre der Schmonzes noch im blassgrünen Bereich. Aber Monteros Heldin ist in ihrer chaotischen, egoistischen, dämlichen und weinerlichen Art einfach nur schwer zu ertragen. Und auch irgendeine andere wirklich sympathische Figur fehlt dem Buch ebenso wie eine letztendlich gelungene Auflösung aller Fäden, die der Autor irgendwann für seine Leser auslegt. Nein, seine Charaktere sind alle ziemlich unangenehm und das Ende bietet zwar eine gewisse Auflösung, kommt jedoch viel zu schnell und kann nicht in jeder Hinsicht überzeugen.
Eins muss man Montero jedoch lassen: Durch das dauernde Auslegen immer mehr Fährten, die mit irgendeinem neuen dunklen Geheimnis verknüpft sind, fiebert man auf das unbefriedigende Ende zu. Der Schreibstil ist interessant und lässt die Tristesse deutlich werden, ein Lesespaß stellt sich jedoch nicht ein.

Mein Fazit:
Ein schöner Stil macht noch kein gutes Buch.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Geschichte
  • Charaktere
  • Thema
Veröffentlicht am 25.11.2018

Unsterblich oder einfach tot?

Die Unsterblichen
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Zum Inhalt:
Vier Geschwister hören von einer Wahrsagerin, die imstande ist, jedem den Todestag vorherzusagen. Neugierig geworden, besuchen sie die Frau und diese nennt ihnen ihre Daten. Mit diesem Wissen ...

Zum Inhalt:
Vier Geschwister hören von einer Wahrsagerin, die imstande ist, jedem den Todestag vorherzusagen. Neugierig geworden, besuchen sie die Frau und diese nennt ihnen ihre Daten. Mit diesem Wissen ausgestattet leben Simon, Karla, Daniel und Varya ihr Leben, - mehr oder weniger glücklich, mehr oder weniger erfüllt. Bis zum Ende.

Mein Eindruck:
Was würdest du tun, wenn du das Datum deines Todes wüsstest? Leben auf Teufel komm heraus? Mit deinem Schicksal hadern, dich ihm ergeben oder dagegen ankämpfen? Vor dieser Frage stehen die vier Gold-Geschwister, nachdem sie eine Zigeunerin besucht haben, und alle vier finden eine eigene Antwort auf die Frage. Dafür hat die Autorin ihr Buch nach dem Prolog in vier Teile geteilt, welche sich mit der jeweils nächsten sterbenden Person beschäftigen und dieses fast ausschließlich. Denn bis auf Karla und Simon, die ersten Delinquenten, pflegen die vier – wenn überhaupt - nur noch losen Kontakt zueinander und so ist diese Konzentration folgerichtig. Man mag gar nicht glauben, dass die Autorin erst 28 ist, so viel Tiefe zeigen ihre Charaktere, so viel Unterschiedlichkeit billigt sie ihnen zu. Und bei allen kommt irgendwann der Punkt, an dem man sie als Leser schütteln möchte, weil man merkt, wie sie auf ihr Unheil zuwanken – und es stellt sich die Frage, ob „selbsterfüllende Prophezeiung“ nicht auch eine Antwort sein kann, die insbesondere bei Karlas Schicksal naheliegt.
Mein persönlicher Lieblingssatz – in diesem Buch findet sich tatsächlich einer – ist „So wie sie das beschreiben, hört es sich an, als könnten wir selbst entscheiden, ob wir leben oder überleben wollen.“ Denn genau das zeigt sich in der Geschichte – derjenige, der länger lebt, hat nicht unbedingt mehr Lebensqualität. Ganz im Gegenteil nimmt der Rausch der Lebendigkeit bei jedem weiteren Schicksal ab, bis er bei Varya fast ganz verschwindet.

Mein Fazit:
Jedes Leben kann erfüllt sein, selbst wenn es nur kurz dauert. Das ist ein sehr schöner Gedanke, der nachhallt.