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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 08.07.2018

Thriller ohne Thrill

Without You - Ohne jede Spur
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Zum Inhalt:
Die 17jährige Eva geht bei einem Sturm über Bord. Es wird zwar keine Leiche gefunden, dennoch geht eigentlich jeder davon aus, dass sie ertrunken ist. Die Ehe ihrer Eltern zerbricht fast an ...

Zum Inhalt:
Die 17jährige Eva geht bei einem Sturm über Bord. Es wird zwar keine Leiche gefunden, dennoch geht eigentlich jeder davon aus, dass sie ertrunken ist. Die Ehe ihrer Eltern zerbricht fast an dieser Tragödie. Nur ihre jüngere Schwester Faith glaubt an das Überleben Evas, - und sie hat recht: Der Einsiedler Billy hat Eva gefunden und wiederbelebt. Jetzt betrachtet er sie als persönlichen Besitz, denn die Stimme in seinem Kopf hat ihm diesen Fund vorhergesagt. Und seinen persönlichen Besitz gibt man nicht so einfach wieder her.

Mein Eindruck:
Sarginson hat ein sehr spannendes Ausgangsszenario für ihren Roman erschaffen: Ein verschwundenes Mädchen, ein seltsamer Mann mit Vergangenheit, eine Familie mit Geheimnissen, eine interessante Umgebung. Aber dann macht sie einfach so gar nichts aus ihrer Idee. Die Vergangenheit, die Geheimnisse, die Umgebung – alles ist nur sinnlose Ausstattung und keinesfalls Gerüst für die Story. Die ganze Zeit wartet der Mensch vor dem Buch auf einen Zusammenhang zwischen den düsteren Andeutungen, die im Buch gemacht werden – aber es gibt keinen. So wird man ein ums andere Mal enttäuscht, weil Figuren eingeführt werden, bedeutungsschwanger durch die Geschichte wabern, um dann sang- und klanglos wieder zu verschwinden. Ähnlich verhält es sich mit den Zeitsprüngen, die das Kennenlernen von Evas Eltern und die nähere Vergangenheit beinhalten. Alles ganz sympathisch und nett geschildert, für die Geschichte um die Entführung jedoch belanglos.
Die Idee, Evas und Faiths Sicht der Dinge jeweils in der ersten Person zu beschreiben, ist etwas Neues und hat mir gefallen, auch wenn es einiger Konzentration bedurfte. Hier zeigt die Autorin ihr Können, sich in die Gedanken von zwei unterschiedlich alten Mädchen einzufühlen.
Aber auch das kann über die riesigen Logiklöcher nicht hinwegtäuschen. Das größte ist, dass niemand auf der nahen Insel sucht. Aber dann wäre der Roman ja schon sehr früh zu Ende gewesen, - der Literaturwelt hätte das bestimmt nicht sonderlich große Schmerzen bereitet.

Mein Fazit:
Verschenkt, einzig das Einfühlungsvermögen Sarginsons rettet den zweiten Stern

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Spannung
  • Charaktere
  • Atmosphäre
  • Handlung
Veröffentlicht am 17.06.2018

Ich seh den Sternenhimmel...

Miss Gladys und ihr Astronaut
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Zum Inhalt:
Thomas Major fliegt zum Mars. Das war so nicht geplant, aber ihm ist die Aussicht auf ein Leben ohne andere Menschen – wenigstens für die nächsten 20 Jahre – nicht unangenehm. Doch dann verwählt ...

Zum Inhalt:
Thomas Major fliegt zum Mars. Das war so nicht geplant, aber ihm ist die Aussicht auf ein Leben ohne andere Menschen – wenigstens für die nächsten 20 Jahre – nicht unangenehm. Doch dann verwählt er sich und landet bei Gladys, einer älteren Dame, die das Sorgerecht für ihre minderjährigen Enkel innehat und an Demenz leidet. Major Tom merkt durch sie und ihre Familie, dass Gemeinschaft auch etwas Wundervolles sein kann, wenn man Nähe zulässt und sich gegenseitig hilft. Selbst dann, wenn man Millionen Kilometer voneinander entfernt ist.

Mein Eindruck:
Was für eine grandiose Erzählung. Ein Märchen, - okay. Unglaubhaft, - geschenkt. Bar jeder Vernunft, - möglich. Aber selten schlägt einen ein unglaubhaftes Märchen, welches bar jeder Vernunft ist, derart in seinen Bann. Der Schreibstil nimmt einen von den ersten Zeilen an gefangen, die Reminiszenzen sind gerade für die Leser gut gewählt, die im Alter etwa Tom entsprechen und sich selber an die Zeit mit Star Wars und David Bowie erinnern. Musik und Filme, die Meilensteine bedeuteten und ihrem Genre einen Stempel aufsetzten, der bis in die heutige Zeit sichtbar ist.
Dazu eine Schar von Figuren, welche trotz ihrer Menge allesamt so gut gezeichnet sind, dass man sie sich bildlich vorstellen kann – egal ob Hauptperson oder nur mobbender Mitschüler, alle Charaktere erscheinen direkt und klar.
Wunderbar auch die Ausgewogenheit von typisch britischem, schwarzem Humor und Momenten von tiefster Trauer, manchmal unnachahmlich vermengt bei einer Gladys, die auf den ältesten Trick der Internet-Welt hereinfällt oder ihrem Enkel James, der erst einmal fragt, ob er zu einem Pädophilen ins Auto steigt. Momente, bei denen der Leser nicht weiß, ob er lachen oder weinen soll und kurzerhand beides gleichzeitig tut.
Schade, dass das Buch irgendwann zu Ende war, - ich hätte Gladys, Tom und die anderen noch gut weiterverfolgen können.

Mein Fazit:
Völlig losgelöst – ein Highlight

Veröffentlicht am 16.06.2018

Scheidewege

Truly Madly Guilty
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Zum Inhalt:
Vid und Tiffany – ein neureiches, herzliches Paar - haben ihre Nachbarn Erika und Oliver – steif und eher verschlossen – und deren Freunde Clementine und Sam – Künstlerin und selbständiger ...

Zum Inhalt:
Vid und Tiffany – ein neureiches, herzliches Paar - haben ihre Nachbarn Erika und Oliver – steif und eher verschlossen – und deren Freunde Clementine und Sam – Künstlerin und selbständiger Teilzeithausmann – zu einer Grillparty in ihrem Garten eingeladen. Doch dann passiert ein Vorfall und danach ist nichts mehr so, wie es vorher schien.

Mein Eindruck:
Ein Unglück geschieht und jeder der Beteiligten hat seine Art, mit sich, seiner (gefühlten) Schuld und den Auswirkungen der Begebenheit umzugehen. Dazu bedient sich Moriarty kurzer Kapitel, die die Sicht einer teilnehmenden Figur auf die Dinge darstellen. Trotz des Schreibens in der dritten Person gestattet sie dem Leser durch eine sehr einfühlsame Schilderung von Taten und Gedanken ihrer Charaktere einen perfekten Einblick in Kopf und Herz derselben. Dabei hat sie sich ein fast schon zu problembehaftetes Personal erdacht, welches eine gewisse Schwermut beim Leser auslöst. Das Wechseln in den Zeitebenen vor, während und nach der Grillparty erzeugt bis zur Auflösung etwa nach 60 Prozent des Buches eine große Spannung, obwohl die Geschichte schon vorher einen kleinen Höhepunkt hat. Diese Spannung hält die Autorin im weiteren Teil leider nicht mehr auf dem gleichen Level, seziert dafür aber den Kitt, der Beziehungen jedweder Art zusammenhält, fast wie unter einem Mikroskop. Diese genaue Betrachtung ist dabei gleichzeitig Segen und Fluch: Einerseits informiert Moriarty ihre Leser allumfassend, andererseits wartet man irgendwie noch auf einen großen Knall zum Schluss, bekommt jedoch nur einen kleinen Puff.
Das Buch endet offen und abgeschlossen zugleich. Abgeschlossen, da alle wichtigen Handlungen erklärt sind; offen, da jeder durch die beschriebenen Umstände an einem Scheideweg steht und für sich und sein Zusammenleben mit Familie, Partner und Freunden die passende Richtung und das Ziel aussuchen muss.


Mein Fazit:
Ein Buch, das gut unterhält, jedoch kein Weltklasse-Roman

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Geschichte
Veröffentlicht am 16.06.2018

Hinterwald

Bülent Rambichler und die fliegende Sau
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Zum Inhalt:
Der Tod der Verkäuferin Kerstin führt Kommissar Bülent Rambichler heim zu seinen Wurzeln in die fränkische Provinz. Gemeinsam mit Kollegin Astrid versucht er den Fall schnellstmöglich zu klären, ...

Zum Inhalt:
Der Tod der Verkäuferin Kerstin führt Kommissar Bülent Rambichler heim zu seinen Wurzeln in die fränkische Provinz. Gemeinsam mit Kollegin Astrid versucht er den Fall schnellstmöglich zu klären, um nicht nur dem Kleinstadtmief sondern auch seinen Eltern zu entkommen, die ihn väterlicherseits für die politische Karriere und mütterlicherseits für die Fortsetzung eines Familienstammbaums ausnutzen möchten. Denn Bülent ist zwar kein schlechter Ermittler, legt jedoch viel Wert auf eine schicke Erscheinung. Und der ist das Dorfleben sehr abträglich.

Mein Eindruck:
Die Idee, einen mehrfachen Clash der Kulturen in einem Krimi zu packen, ist in dieser Art tatsächlich einmal etwas Neues. Nicht nur trifft Stadt auf Land, sondern auch Türkei auf Deutschland, vegane Ernährung auf Fleischfressend und Kultur auf Banausen. Aber insbesondere der letzte Punkt wird dermaßen auf Kosten der Landbevölkerung ausgewalzt, dass es schon peinlich ist. Natürlich muss ein Heimatkrimi überspitzen, aber die ganzen Körperflüssigkeiten und – dämpfe, die sich in Luft und Land ergießen, gehen einem halbwegs zivilisiertem Leser dann doch gehörig auf den Zeiger. Zusätzlich wird gesoffen, gegrabscht, geprügelt und mit Zoten um sich geworfen, dass nur so die Schwarte des entlaufenen Schweins kracht, welches sich irgendwann in Erkans Garten einfindet. Das ist vor allen Dingen deshalb schade, weil sich die Autorin wirklich um die Mundart und das Gefühl eines Miteinanders verdient macht und eine wirklich gute Auflösung für das Durcheinander bietet, den der Todesfall ins Dorf bringt. Ihre Figuren wären liebenswert, wenn sie nicht eine Schippe zu viel Verschrobenheit in sie hineingepackt hätte. Denn letztendlich ist es ein Furz zuviel bzw. bringt eine Inkontinenz das Fass zum Überlaufen – noch so ein Bild, das man im Kopf hat und nicht mehr hinaus bekommt. Und von diesen Bildern gibt es viele… zu viele….

Mein Fazit
Guter Beginn, leider aber zu derb in der Ausführung

Veröffentlicht am 03.06.2018

Vom alten Schlag

Hamish Macbeth spuckt Gift und Galle
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Zum Inhalt:
Hamish Macbeth liebt seine Heimat. Normalerweise. Aber jetzt gibt es gleich drei Dinge, die ihm missfallen: 1. die Mücken, 2. Priscillas neuer Freund und 3. eine Neubürgerin namens Trixie ...

Zum Inhalt:
Hamish Macbeth liebt seine Heimat. Normalerweise. Aber jetzt gibt es gleich drei Dinge, die ihm missfallen: 1. die Mücken, 2. Priscillas neuer Freund und 3. eine Neubürgerin namens Trixie Thomas, die sämtliche männlichen Bewohner Lochdubhs gegen sich aufbringt, da sie die dazugehörige Weiblichkeit in ihrem Sinne missioniert: Kein Alkohol, kein Rauchen, Salat statt Steaks und eine ökologisch wertvolle Umwelt. Zusätzlich schwatzt sie den Bewohnern antike Kostbarkeiten für den Bruchteil ihres Wertes ab und dann… ist Trixie plötzlich tot und Hamish beweist aufs Neue, was für ein guter Ermittler – wenn auch ohne sonstigen Ehrgeiz – er ist.

Mein Eindruck:
Wie aus der Zeit gefallen sind die Cosy Crimes von M.C. Beaton. Das liegt auch daran, dass z.B. „Hamish Macbeth spuckt Gift und Galle“ im Original schon 1989 veröffentlicht wurde, - zu einer Zeit, in der das Internet und die Handy-Kommunikation in den Kinderschuhen steckten und dadurch einiges entschleunigter ablief.
Trotzdem oder gerade deshalb haben die Geschichten viel Charme und lassen sich durch den immergrünen Schreibstil auch heutzutage gut genießen. Denn Beaton bevölkert ihre Krimis mit einer großen Schar skurriler Persönlichkeiten, die teilweise aus früheren Büchern bekannt sind. Dadurch fühlt sich der Leser direkt wieder heimisch und fiebert mit bei der Suche nach dem Mörder und dem persönlichen Glück von Constable Macbeth und das ohne viel Blut und Grausamkeit aber mit einer gehörigen Portion trockenem Humor. Dafür nimmt die Autorin Standesdünkel ebenso aufs Korn wie die Probleme, die auftreten, wenn Personen ihr Umfeld gar zu deutlich von den eigenen Standpunkten zu überzeugen suchen – und das ist heute so aktuell wie vor 30 Jahren.
Zum guten Schluss gibt es sogar noch eine Moral von der Geschichte – und ganz ohne erhobenen Zeigefinger.

Mein Fazit:
Ich liebe es!