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Veröffentlicht am 27.12.2017

Die Zukunft: Optimal optimiert !(?)

Die Optimierer
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Zum Inhalt:

In einer nicht allzu fernen Zukunft wählt man seinen Beruf nicht mehr nach Neigung und Können, sondern bekommt ihn nach Passgenauigkeit zugewiesen. Eine der dafür zuständigen Personen ist ...

Zum Inhalt:

In einer nicht allzu fernen Zukunft wählt man seinen Beruf nicht mehr nach Neigung und Können, sondern bekommt ihn nach Passgenauigkeit zugewiesen. Eine der dafür zuständigen Personen ist Samson Freitag. Systemgläubig und angepasst führt er ein für ihn befriedigendes Leben. Doch dann gerät ein kleines Sandkorn in das optimierte Getriebe und Stück für Stück fällt Samsons Wohlfühl-Utopie in sich zusammen.


Mein Eindruck:

Die perfekte Lektüre für alle, die es schon immer geahnt haben: Das perfekte Leben ist die perfekte Illusion und hinter der perfekten Fassade lauert das perfekte Grauen.

Hannig spielt gekonnt mit den Möglichkeiten, die sich schon aus heutiger Sicht bieten und webt daraus maliziös ein Netz, in dem sich ihr Protagonist wie das Beutetier einer Spinne verfängt. Zuerst zappelt er nur ein bisschen, dann wickelt ihn die Staatsmacht immer fester ein und schließlich wird ein Entkommen so gut wie unmöglich. Ein schnörkelloser, aber absolut nicht langweiliger Schreibstil, eine fantasievolle, aber nicht unrealistische Erfindungsgabe und die perfekte Balance aus Spannung und Humor führen zu großem Lesevergnügen. Mit Samson hat die Autorin eine Figur erschaffen, die es dem Leser nicht allzu leicht macht. Einerseits möchte man ihn ob seiner Naivität verachten, andererseits wächst das Mitleid mit einem Helden, der unschuldig in große Not gerät und erkennen muss, dass er trotz aller Gesetzestreue zur Persona non Grata wird – einem Paria in einer Gesellschaft, die jeden mit einem einzigen Scan in eine Schublade stecken kann.

Diese Ausweglosigkeit zieht die Leser in einen Bann, eine Spirale, die sich immer schneller dreht und zum immer Weiterlesen verführt. Und zum Glück ist der Schluss des Buchs noch nicht das Ende und eine Fortsetzung angekündigt, die hoffentlich noch einige offene Fragen beantwortet.


Mein Fazit:

Wer jetzt noch sagt „Alles gut mit der gläsernen Persönlichkeit, ich habe doch nichts zu verbergen“, hat den Schuss nicht gehört

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Figuren
  • Idee/Originalität
  • Spannung
Veröffentlicht am 26.12.2017

Wahn oder Wirklichkeit?

Woman in Cabin 10
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Zum Inhalt:
Lo ist Journalistin eines Reisemagazins und erhält die große Chance, als Vertretung ihrer Chefin der Jungfernfahrt eines Luxus-Kreuzfahrtschiffs beizuwohnen. Durch dieses Erlebnis erhofft sich ...

Zum Inhalt:
Lo ist Journalistin eines Reisemagazins und erhält die große Chance, als Vertretung ihrer Chefin der Jungfernfahrt eines Luxus-Kreuzfahrtschiffs beizuwohnen. Durch dieses Erlebnis erhofft sich Lo, von der traumatischen Begegnung mit einem Einbrecher und den daraus folgenden Komplikationen in ihrer Beziehung abgelenkt zu werden. Aber dann wacht die labile Frau mitten in der Nacht auf und meint zu hören, dass in der Nebenkabine eine Frau über Bord geworfen wird. Als die alarmierte Besatzung eintrifft, gibt es weder Spuren eines Verbrechens noch weist irgendetwas darauf hin, dass die Kabine überhaupt bewohnt wurde. Verzweifelt versucht Lo zu beweisen, dass weder Alkohol noch Psychopharmaka ihre Wahrnehmung beeinträchtigt haben; sie betätigt sich als Hobbyermittlerin und bringt sich damit in große Gefahr.

Mein Eindruck:
Alfred Hitchcock trifft „Girl on the Train“, - deutlich sind die Anleihen Ruth Wares bei Regisseur und Bestseller: Eine verschwundene Frau und eine psychisch labile Protagonistin, die sich sehr am Hochprozentigen erfreut.
Das Gefühl eines Wellengangs ist während des Lesens dieses Krimis allgegenwärtig: Sehr oft meint man auf dem Wellenkamm zu reiten, die Spannung treibt das Adrenalin durch die Venen und man fühlt den Kick. Leider begibt man sich aber auch manchmal durch ein tiefes Wellental und fragt sich, ob der Alkohol nicht nur der Glaubwürdigkeit der Protagonistin schadet. Denn auch wenn man kein Anhänger der Prohibition ist, sind die Seiten füllenden Aufzählungen von verschiedenen Arten Alkoholika inklusive Genuss derselben ermüdend und fast schon verärgernd. Wie das Auf und Ab der Wellen gestaltet sich dadurch das Wohlwollen, dass man Lo entgegen bringt: Einerseits bangt man sehr mit ihr, andererseits möchte man sie schütteln, wenn sie sich wieder einmal selbst im Weg steht – und darauf das nächste Gläschen (oder zwei… oder drei) kippt. Auch wundert sich der geneigte Leser, wie es die Protagonistin so weit gebracht haben soll – Arbeit und Vorbereitung scheint ihr eher fremd.
Nichtsdestotrotz packt die Geschichte – wegen der immer vorhandenen Spannung, des schönen Schauplatzes, der interessanten Figuren und der nicht stringenten Erzählweise: Die Autorin springt in den Zeiten und sorgt mit Einschüben von Facebook-Einträgen und Meldungen für Unruhe.

Mein Fazit:
Zwar (zu) viel Schnaps, dennoch Unterhaltung, die mitfiebern lässt
4 Sterne

Veröffentlicht am 26.12.2017

Biblisch

Totengrab
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Zum Inhalt:
Zehn Jahre, nachdem der Polizist Solomon seinen Sohn auf dem Jahrmarkt verloren hat, wird er zu einer männlichen Leiche gerufen: Aus einem Hochhaus gefallen, etwa im Alter seines vermissten ...

Zum Inhalt:
Zehn Jahre, nachdem der Polizist Solomon seinen Sohn auf dem Jahrmarkt verloren hat, wird er zu einer männlichen Leiche gerufen: Aus einem Hochhaus gefallen, etwa im Alter seines vermissten Sohnes und mit einem Handy, in dem die Nummer Solomons gespeichert ist.

Mein Eindruck:
Der Held trägt nicht umsonst einen biblisch anmutenden Namen. Fasst wie auf Hiob prasselt das Schicksal auf ihn ein - und das nicht nur in der Vergangenheit, auch die Gegenwart hält Einiges an Stress für ihn bereit. Zusätzlich wird er in seiner katholischen Umgebung mit nicht unbedingt wohlwollenden Kollegen, sehr gläubigen Bekannten und einem Priester mit Seelenqualen konfrontiert. Trotz der interessanten Eingangsthematik wendet sich der Leser irgendwann mit Grauen von der trostlosen Suppe ab und das auch deshalb, weil Toms Verschwinden bald nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Zwar wird die Thematik von Kindesmissbrauch angeschnitten, - verfolgt wird dieser Ansatz jedoch nur am Rande. Außerdem wird nicht klar, warum eigentlich jede Figur versucht, Solomon für sein Unglück nicht nur verantwortlich zu machen, sondern ihn noch zusätzlich damit zu quälen. Das führt zu dem ja immer wieder gerne genommenen Problem des Alkoholmissbrauchs und dementsprechenden negativen Ausfällen Solomons, - und das habe ich inzwischen dermaßen satt, dass alleine dieser Punkt schon zu Abzug in der B-Note führt.
Bei der Bewertung dieser Geschichte ist man hin- und hergerissen. Das vordergründige Thema ist wichtig, man möchte Solomon bedauern und in seinem Kampf unterstützen und deshalb das Buch gut finden. Aber dann kommt der Punkt, an dem die Schere zwischen angeblicher Thematik – von Klappentext und Cover suggeriert – und tatsächlicher Geschichte so weit auseinanderklafft, dass die Kluft nicht mehr zu ignorieren ist.
Ich habe letztendlich den Eindruck gewonnen, dass der Autor eine Serie anstrebt und deshalb viel zu viel im Unklaren lässt. Das mag bei anderen Lesern verfangen, mich verärgert es mehr.

Fazit:
Ein zu offenes Ende

2 Sterne

Veröffentlicht am 26.12.2017

Schwierig und erschreckend

Der Serienkiller, der keiner war
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Zum Inhalt:
Einer der größten Justizskandale Schwedens ist die Geschichte um Sture Bergwall. Dieser wurde für viele Morde verurteilt, die er nicht begangen hatte, weil Psychotherapeuten ihm einredeten, ...

Zum Inhalt:
Einer der größten Justizskandale Schwedens ist die Geschichte um Sture Bergwall. Dieser wurde für viele Morde verurteilt, die er nicht begangen hatte, weil Psychotherapeuten ihm einredeten, verantwortlich zu sein und die Staatsanwaltschaften ihre Fälle abgeschlossen sehen wollten und deshalb schlampig arbeiteten.

Mein Eindruck:
Dan Josefsson führt mit diesem Buch das Lebenswerk eines verstorbenen Kollegen weiter und tut dieses in akribischer und ausführlicher Art und Weise - eine Form, die man sich für die Ermittlungen zu den von Sture Bergwall gestandenen Morden ebenfalls gewünscht hätte. Hunderte Fußnoten, dutzende Interviews zeugen von dem Wunsch, allen Seiten gerecht zu werden und die Gefährlichkeit zu entlarven, die von fanatischen Psychotherapeuten ausgehen kann. Es macht sprachlos, zu lesen, wie sich dieser Fanatismus Bahn brach und Polizisten und Justiz sich einlullen ließen und wider besseres Wissen und Arbeitsstrukturen auf eine sektenähnlich aufgebaute Psycho-Schar hineinfielen. Die Persönlichkeit im Mittelpunkt dieser Schar wird dabei von Josefsson gekonnt seziert, obwohl sie das Licht der Öffentlichkeit zeitlebens scheute.

Dieses Sachbuch ist kein leichter Text, - man benötigt Wochen, um sich durch das Buch zu arbeiten. Das liegt an den für Laien komplizierten Zusammenhängen und an dem mit Fachbegriffen gespickten Text, aber auch an der Fassungslosigkeit, wenn man begreift, wie mächtig und manipulativ Menschen agieren können und wie einfach es zu sein scheint, gesunden Menschen krankhafte Erinnerungen einzutrichtern.

Obwohl ich mit dem Text kämpfen musste, bin ich dankbar, das Buch gelesen zu haben, denn ich vertraue auf die Ansicht, Einflüsterern jeder Couleur jetzt mit mehr Widerstand begegnen zu können.

Mein Fazit:
Schwere Kost, die sich lohnt
4 Sterne

Veröffentlicht am 02.12.2017

Meisterwerk

Das Erwachen des Feuers
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Zum Inhalt:
Mandinorien kämpft an allen Fronten. Der Angriff des benachbarten Kaiserreichs ist zu befürchten, außerdem wird der Vorrat an Drachenblut knapp. Mit diesem Produkt können besondere Menschen ...

Zum Inhalt:
Mandinorien kämpft an allen Fronten. Der Angriff des benachbarten Kaiserreichs ist zu befürchten, außerdem wird der Vorrat an Drachenblut knapp. Mit diesem Produkt können besondere Menschen - die Gesegneten - übermenschliche Kräfte entwickeln, je nachdem, welche Art von Blut sie zu sich nehmen. Um sich einen Vorteil zu verschaffen, wird eine Expedition ins Landesinnere geschickt, die erforschen soll, ob es den legendären weißen Drachen gibt, dessen Blut in die Zukunft blicken lässt.

Mein Eindruck:
Mit dem ersten Buch seiner Trilogie "Draconis Memoria" ist Ryan ein großer Wurf gelungen. Geschickt vermischt er dabei fantastische Elemente wie Drachen und die Superkräfte, die deren Blut verleiht, mit der Abenteuersehnsucht von Jungen (Seefahrerromantik, Piraten, Eisenbahnen) und weiblicher Emanzipation. So kann jeder Liebhaber von Fantasy seinen Honig saugen: Kampfgetümmel und Herzensangelegenheiten, Verrat und technische Erfindungen, - alles im Überfluss vorhanden und detailliert beschrieben.
Ryan konzentriert sich auf drei Hauptpersonen: Eine Agentin, einen Dieb und einen Offizier eines Schiffs. Diese lässt er zumeist jeden für sich an der gewählten Stelle kämpfen, - und das ist für mich der einzige Wermutstropfen bei diesem Buch. Es wird sehr viel gekämpft und gestorben, für meinen Geschmack etwas zu viel. Besser finde ich, dass der Autor Fantasie bei der Wahl seiner Schauplätze beweist: Bunt gemischt vom Armenviertel bis zur Residenz eines Adligen, vom Piratennest bis zum Tempel in einem Dschungel. Ein weiterer Aspekt, der den Leser bei der Stange hält, ist die Idee, jedes Kapitel aus Sicht einer der drei Hauptpersonen zu schildern und meistens mit einem Cliffhanger zu enden. Das verführt zum Weiterlesen, die Spannung bleibt zu jedem Zeitpunkt gegeben und lässt den Leser nach dem Erscheinungsdatum des zweiten Bandes googeln.
Gut gefällt, dass man sein Herz an keine Figur hängen sollte - sie könnte sich als Verräter entpuppen oder ihr Leben verlieren.

Mein Fazit:
Fulminant

5 Sterne