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Veröffentlicht am 03.11.2021

Macht und Manipulation

Die Kampagne
9

Zum Inhalt:
Die Trouble-Shooterin Maggie Costello hat die freie Auswahl aus zwei besonders interessanten Jobs: Einerseits lockt sie der Präsidentschaftskandidat in sein Team und auf der Gegenseite winkt ...

Zum Inhalt:
Die Trouble-Shooterin Maggie Costello hat die freie Auswahl aus zwei besonders interessanten Jobs: Einerseits lockt sie der Präsidentschaftskandidat in sein Team und auf der Gegenseite winkt Natasha Winthrop, eine erfolgreiche Anwältin. Diese hat einen Mann erschlagen, der sich in ihrem Büro auf sie gestürzt hat, um sie zu vergewaltigen. Maggie wählt die zweite Möglichkeit und sieht sich bald mit einer Gemengelage aus MeToo, dubiosen Dating-Portalen und der Schwerfälligkeit der Justiz, sich adäquat mit Fällen von Vergewaltigung auseinanderzusetzen konfrontiert. Und mit einer geheimnisvollen Natasha, die mehr verbirgt, als es den Anschein hat und dadurch Maggie in Gefahr bringt.

Mein Eindruck:
Sam Bourne hat wieder einmal ein Garn gesponnen, in dem sich seine Leser gerne verfangen. Dabei nutzt er seine Erfahrungen mit den politischen Schlichen weidlich aus, um für seine Charaktere einen nicht nur glaubwürdigen, sondern auch noch höchst brisanten Hintergrund zu kreieren. Denn was an Manipulation durch social media und künstliche Intelligenz möglich ist, durchsetzt das öffentliche und private Leben schon längst wie ein Krake. Doch diese erschreckende Entwicklung ist nur das Hintergrundrauschen für eine Geschichte, die sich um die Hilflosigkeit dreht, die in Fällen von Vergewaltigung zum Tragen kommt: Aussage gegen Aussage, fragwürdige Einlassungen, Macht und Angst, - viele Vergewaltiger missbrauchen einfach deshalb weil sie es können und kaum Konsequenzen fürchten müssen.
Gut strukturiert, mit einer Grundspannung, die er teilweise noch einen Ticken höher dreht, fesselt Bourne mit einem eingängigen Schreibstil, interessanten Charakteren und einer durch und durch sympathischen, patenten, zugänglichen Protagonistin, die sich das Glaube an das Gute im Menschen bewahrt, - egal, wie oft dieser Glaube auf die Probe gestellt wird. Dass er sich zusätzlich so gut in die weibliche Psyche einfühlen kann, ist bemerkenswert; - dass er das sehr unaufgeregt und ohne den nervenden, erhobenen Zeigefinger tut sondern seine Fakten kühl präsentiert, ist eine Wohltat im Empörungsgewitter der heutigen Zeit.

Mein Fazit:
Die Kunst der Entzauberung, - perfekt beherrscht

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 31.03.2021

Groß angelegt

Geiger
8

Zum Inhalt:
Die Polizistin Sara - eigentlich bei der Sitte in Stockholm beschäftigt - wird zu einem Tatort gerufen, weil sie mit der Familie gut bekannt war: Onkel Stellan – ein überaus beliebter schwedischer ...

Zum Inhalt:
Die Polizistin Sara - eigentlich bei der Sitte in Stockholm beschäftigt - wird zu einem Tatort gerufen, weil sie mit der Familie gut bekannt war: Onkel Stellan – ein überaus beliebter schwedischer Hans-Dampf-in-allen-Gassen der 70er Jahre wurde erschossen, seine Frau Agneta ist verschwunden. Sara beginnt sich durch den Todesfall wieder an ihre Jugendzeit zu erinnern, die von dem Opfer und seinen Töchtern geprägt war. Sie stellt schnell fest, dass Stellan eine andere Seite hatte als die, die er im Fernsehen präsentierte und dass diese Seite möglicherweise zu dem Mord führte.

Mein Eindruck:
So stellt sich das Geschehen für Sara dar, - und damit auch für die Leserschaft. Doch bald wird klar, dass es sich eben um eine viel größere Sache handelt, als nur den Mord an einem ehemaligen TV-Star. Dabei gönnt der Autor den Menschen vor dem Buch tiefere Einblicke als seiner Protagonistin, die bis zum Schluss nicht überblickt, in was für ein Wespennest sie stößt. Denn „Geiger“ ist ein Schläfer, der geweckt wird, um Großes zu vollbringen, - Großes im Sinne eines Anschlags, der die Welt, wie wir sie kennen, zu erschüttern vermag. Und damit begibt sich der Thriller in die Abgründe von Politik, DDR-Verklärung, alte Seilschaften und kalter Krieg, gut abgeschmeckt mit einer gehörigen Menge Lokalkolorit und schwedischen Eigentümlichkeiten. Das kann man gut finden, - man kann es aber auch nicht mögen und dann von einem Buch enttäuscht sein, das sich viel Zeit lässt, Zusammenhänge zu erklären, aber dadurch erst sehr spät wirklich Fahrt aufnimmt.
Doch einen Punkt sollte man wirklich herausstreichen, weil dieser eine besondere Güte von „Geiger“ bzw. des Autors Gustaf Skördeman ist: Ein boshafter, spitzbübischer Humor, der seine Leser/innen gerne einmal nach Luft schnappen lässt. Sei es eine Bombenstimmung bei Bruderschafts-Studenten, foltererprobte Senioren, übellaunige Agenten oder hoch-und-weggelobte Vorgesetzte, - insbesondere bei diesen Nebencharakteren kommt viel Freude auf.
Das Wesen einer Trilogie ist, dass nicht alles auserzählt ist. Doch Geiger bietet einen gelungenen Abschluss seiner (Teil-)Geschichte mit Ausblick auf mehr.

Mein Fazit:
Insbesondere geeignet für Fans der jüngeren schwedischen Geschichte und solche, die es werden wollen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
  • Spannung
  • Erzählstil
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.12.2021

Unmenschlich

Sterbende Seelen
6

Zum Inhalt:
Frankfurt wird von einer neuen Spezies im Bereich "organisiertes Verbrechen" heimgesucht: Nigerianer, die ihre aus der Heimat importierten Prostituierten in menschenverachtender Weise misshandeln. ...

Zum Inhalt:
Frankfurt wird von einer neuen Spezies im Bereich "organisiertes Verbrechen" heimgesucht: Nigerianer, die ihre aus der Heimat importierten Prostituierten in menschenverachtender Weise misshandeln. Als es Tote gibt findet Mara eine Spur nach Sizilien und versucht mit dem dort ermittelnden Beamten die Wege dieser afrikanischen Mafia zu durchkreuzen.

Mein Eindruck:
Der sechste Fall für Mara Billinsky - Abnutzungserscheinungen zeigt die unkonventionelle Ermittlerin mit dem Spitznamen "Krähe" jedoch keine. Wie gewohnt brutal - jedoch ohne Beschreibung von Grausamkeiten zum Selbstzweck - und mit dem ganz eigenen, schwarzen Humor überzeugt auch diese Geschichte mit gut ausgearbeiteten Charakteren und (das ist eher ungewohnt) anderen Schauplätzen als dem tristen Frankfurt. Born gönnt seinen Figuren eine Entwicklung, die einerseits erfreut, andererseits insbesondere bei Liebhabern der Reihe um Mara und ihren Best Buddy die Alarmglocken dröhnen lassen. Denn eins stellt der Autor mit vielerlei überraschenden Wendungen klar: Nix ist fix und wer eben noch lässig in den Sonnenuntergang reitet kann morgen schon im Leichenschauhaus liegen. Und obwohl auf der Seite der nigerianischen Prostituierten in dieser Geschichte noch am wenigstens gestorben wird, liegt der Fokus auf den Grausamkeiten, die diesen Frauen angetan werden und die Folgen, die für Geist und Seele daraus entstehen. Denn manchmal stirbt eine Seele, weil das Gegenüber nur eine menschliche Maske trägt, sich unter dieser Maske jedoch eine Bestie verbirgt.

Mein Fazit:
Gut geschrieben, schwer zu ertragen

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Charaktere
  • Erzählstil
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 06.10.2024

Die Liebe und der Tod

Agatha Raisin und der tödliche Biss
5

Zum Inhalt:
Agatha hat es nicht leicht. Das neueste Objekt ihrer Begierde beißt unfreiwillig ins Gras - der Gärtner stirbt wenigstens an der frischen Luft. Nichtsdestotrotz kann Agatha bei einem Mord nicht ...

Zum Inhalt:
Agatha hat es nicht leicht. Das neueste Objekt ihrer Begierde beißt unfreiwillig ins Gras - der Gärtner stirbt wenigstens an der frischen Luft. Nichtsdestotrotz kann Agatha bei einem Mord nicht die Finger vom Ermitteln lassen und bei persönlicher Verstrickung schon gleich gar nicht. Dadurch bringt sie sich und auch ihr Team in Gefahr.

Mein Eindruck:
Dieses Buch ist Teil einer Reihe, doch es lässt sich auch ohne Kenntnis der Vorgänger lesen, - mit macht jedoch mehr Spaß. Denn ein großes Pfund des Wohlfühlens in dieser Serie liegt an den vielen über Jahre liebgewonnenen Charakteren, die gemeinsam mit Agatha älter, aber nicht unbedingt weiser werden. So schaut man nicht nur der Detektivin beim Kriminalisieren zu - und das macht diese inzwischen wirklich meisterhaft -, sondern ergötzt sich zusätzlich an den vielen Nickligkeiten, die das Leben ihr und ihrem Team bereitet.
M.C. Beaton hat für dieses Buch ebenfalls sehr viel "tödlichen Biss" ausgepackt. Es gehört definitiv zu den spannenderen der Serie und bietet allerlei Gefahren nicht nur für Agatha, sondern auch für Teile ihres Teams. Doch auch der Humor kommt nicht zu kurz, - dafür sind ihre Sidekicks prädestiniert: Ihr aufgedrehter Ex-Kollege Roy, die besonnene Pfarrersgattin Mrs Bloxby und - last but not least - ihr im wahrsten Sinne "HopOn-HopOff-Lover" Sir Charles. Die Autorin schafft es meisterhaft, die Konstellationen am Schweben zu halten ohne zu nerven und damit perfekt auf den neuen Band anzufüttern.

Mein Fazit:
Es ist immer wieder lustig, es ist immer wieder spannend, es ist immer wieder großartig!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 02.08.2021

Zum Wohl

Ein Prosit auf den Mörder
5

Zum Inhalt:
Clarissa war Chefin der Mordkommission, doch nach einer Entscheidung, die fast das Leben eines Mitarbeiters kostete, hat sie ihren Job an den Nagel gehängt. Sie mietet ein Forsthaus an der ...

Zum Inhalt:
Clarissa war Chefin der Mordkommission, doch nach einer Entscheidung, die fast das Leben eines Mitarbeiters kostete, hat sie ihren Job an den Nagel gehängt. Sie mietet ein Forsthaus an der Mosel und freundet sich dort mit den Mitgliedern eines Krimi-Clubs an. Es kommt, wie es kommen muss: Bei einem Ausflug purzelt ihr eine Leiche vor die Füße und gemeinsam mit Club, Neffe und alter Kollegin beginnt sie zu ermitteln.

Mein Eindruck:
Schon das Cover macht deutlich, dass in diesem Krimi eher die gute Laune überwiegt und nicht so sehr der Blutverlust, - hier kommt das Rot aus den Weintrauben der Umgebung. Und die ist gut getroffen, wie insgesamt vor allen Dingen in der Beschreibung die Güte des Autors sichtbar wird: Seine Landschaften sind echt und seine Charaktere sprühen vor Lebensfreude (wenn man von der Leiche absieht…). Zu seiner Protagonistin Clarissa hat Andreas Erlenkamp eine Schar von Figuren entwickelt, die in ihrer Bandbreite Spaß machen, denn egal ob Allround-Handwerker, Quasselstrippe oder Pedant, - alle sind gut ausgearbeitet und damit liebenswert, da lebensnah.
Erlenkamp schreibt ähnlich wie die von ihm oft zitierte Agatha Christie: Eingängig, ohne banal zu werden. Dazu widmet er sich ausführlich den Gedanken seiner Protagonistin und nutzt gerne Dialoge und Interaktionen, um die Lebensumstände der anderen Figuren mit denen von Clarissa zu verquicken.
Die Kriminalgeschichte entwickelt sich zwar langsam, ist aber in Gänze nachvollziehbar und gut hergeleitet. Zwar wird das Motiv erst spät (und nicht unbedingt für die Leser) deutlich, dass man trotzdem – mit Clarissas Hilfe – auf die für den Mord verantwortliche Person kommen kann ist ein weiterer Pluspunkt für „Ein Prosit auf den Mörder“.

Mein Fazit:
Kein Weintrinker kann auf einem Bein stehen, - also bitte schnell den Nachfolger kredenzen

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