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Veröffentlicht am 14.04.2017

eine beeindruckende biografie

Martha Argerich
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Martha Argerich – dieser Name ist wohl nur für diejenigen von Bedeutung, die sich in der Welt der klassischen und insbesondere in der Klaviermusik bewegen.
Ein Freund und Kollege, mit dem ich diese (musikalische) ...

Martha Argerich – dieser Name ist wohl nur für diejenigen von Bedeutung, die sich in der Welt der klassischen und insbesondere in der Klaviermusik bewegen.
Ein Freund und Kollege, mit dem ich diese (musikalische) Leidenschaft teile brachte mich vor gut drei Jahren auf die Musik von Martha Argerich. Bekannt bin ich zwar eher für meine Leidenschaft als Hardrock- und Heavy Metal-Fan, jedoch habe ich noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich auch die klassische und dort insbesondere die Klavier-Musik sehr zu schätzen weiß. Eine weitere Kollegin war ganz erstaunt, als sie mich dann vor zwei Jahren mit der nun zu rezensierenden Biographie von Martha Argerich im Bus sah. Aber auch sie konnte ich schnell davon überzeugen, dass ich als selbsternannter „King of Music“ (fast) allen musikalischen Ergüssen offen gegenüberstehe hust.

Okay, genug der Plänkelei – jetzt geht´s ans Eingemachte. Als ich mir Mitte Januar das Buch aus dem Regal schnappte, konnte ich noch nicht ahnen, dass ich drei Wochen später eine der (Achtung: hier kommt schon jetzt das Fazit) herausragendsten Biographien gelesen haben sollte, die ich jemals in den Händen gehalten habe.
Zum einen liegt es an der teils humorvollen, jedoch immer voller Respekt ausstrahlenden Schreibweise, den der französische Musikjournalist Olivier Bellamy in seiner Biographie über die „Löwin am Klavier“ anschlägt, aber auch an den Hintergründen und interessanten Fakten, wie Martha Argerich zu der Person wurde, die sie ist.

So kann man beispielsweise ihrem Spielkameraden im Kindergarten, der ihr immer wieder neue Herausforderungen stellt, nicht dankbar genug sein, dass er ihr eines Tages sagte „Wetten, du kannst nicht Klavier spielen?“ (S. 22) und sie sich sodann ans Klavier setzte und fehlerfrei eines der Wiegenlieder, die sie jeden Tag im Kindergarten hörte, nachspielte. Das war der Grundstein für eine bis heute andauernde beeindruckende Karriere.
Ein paar Seiten weiter heißt es über ihr erstes Konzert: „Im Alter von sieben Jahren gab sie ihr erstes richtiges Konzert im Teatro San Martin: […]. Der Druck, unter dem die kleine Martha stand, war enorm. Am Morgen des Konzerts beschwor sie sich im Badezimmer auf Knien selbst: „Wenn du eine einzige falsche Note spielst, stirbst du auf der Stelle!“ Die Bedrohung durch die Strafe ließ sie wieder heiter werden.“ (S. 39)

Auch lernen wir ihre Lehrer wie Vincenzo Scaramuzza oder Friedrich Gulda kennen, die Martha mit ihren jeweils eigenen Mitteln immer wieder vorantrieben und so ihre Persönlichkeit festigten. Auch wenn sie bis heute nicht ihre Schüchternheit und Introvertiertheit abgelegt hat, gehört sie zu den stärksten und bescheidensten Persönlichkeiten, die ich kenne und ich habe größten Respekt vor Martha Argerich, die sich trotz mehrerer persönlicher Schicksalsschläge (darunter eine Krebserkrankung) nie hat unterkriegen lassen.

Ich hatte mir beim Lesen dieser außergewöhnlichen Biographie so viele Stellen mit interessanten und lustigen Passagen markiert und wollte einiges davon in dieser Rezension unterbringen. Jetzt merke ich, dass ich lieber an die Leserinnen und Leser die Bitte richte: kauft euch diese faszinierende Geschichte über eine mittlerweile etwas zahmer gewordene, aber nicht minder ausstrahlungskräftige "Löwin", die in diesem Jahr ihren 75. Geburtstag feiert und lasst euch von ihr berauschen, tief in die Welt der Klaviermusik einzudringen.

Veröffentlicht am 14.04.2017

sehr viel verwirrung

Zwanzig Jahre und ein Tag
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Kennt ihr das? Ihr wollt unbedingt ein Buch aus dem Bereich eures Lieblingsthemas (in meinem Fall die spanische Literatur) lesen, wollt freudestrahlend vor Begeisterung die Arme in die Luft reißen – und ...

Kennt ihr das? Ihr wollt unbedingt ein Buch aus dem Bereich eures Lieblingsthemas (in meinem Fall die spanische Literatur) lesen, wollt freudestrahlend vor Begeisterung die Arme in die Luft reißen – und landet nach Lektüre ernüchtert und enttäuscht auf dem Boden der Tatsachen und seid völlig verwirrt.

So ging es mir mit dem Roman „Zwanzig Jahre und ein Tag“ von Jorge Semprun. War es die verwirrende Schreibweise, die den Leser innerhalb einer Seite von der Gegenwart in die Vergangenheit und zurück in die Zukunft gebracht hat? War es die noch verwirrendere (literarische) Verbindung zwischen den sexuellen Neigungen einer spanischen Familie und dem spanischen Bürgerkrieg? War es das falsche Buch zur falschen Zeit? Ich glaub es war eine Mischung aus allem, die diesen Roman zu meiner ersten Leseenttäuschung 2016 gemacht hat.

Vielleicht revidiere ich meine Meinung zu diesem Buch zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal, aber aktuell lässt es mich mit tausenden von Fragezeichen zurück. Ein Highlight hat das Buch jedoch zu bieten: es verleitet mich dazu, die für mich bisher kürzeste Rezension zu schreiben – das hat vorher noch keines meiner Bücher geschafft g.

Veröffentlicht am 14.04.2017

gute Einblicke

Die Unperfekten
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In 11 Kapiteln serviert uns Tom Rachman die Geschichte einer (fiktiven) Zeitung – von der Gründung in den 1950er Jahren in Rom bis zu ihrem unrühmlichen Ende im Jahr 2007. Das ist der rote Faden, der ...

In 11 Kapiteln serviert uns Tom Rachman die Geschichte einer (fiktiven) Zeitung – von der Gründung in den 1950er Jahren in Rom bis zu ihrem unrühmlichen Ende im Jahr 2007. Das ist der rote Faden, der sich Kapitel für Kapitel (jeweils die letzten Seiten) durch das Buch schlängelt – dargestellt in kursiver Schrift. Darin lernen wir den Gründer der Zeitung, die persönlichen Ups and Downs von einigen seiner Angehörigen (aber auch sein persönliches Schicksal) sowie den Ablauf HINTER der Zeitung kennen. Das alles verpackt in eine unprätentiöse Sprache, die einem recht schnell deutlich macht, dass Tom Rachman einiges an Insiderwissen und Erfahrung hat – was nicht weiter verwundert, da er vor seiner Tätigkeit als Vollzeitschriftsteller Redakteur verschiedener Zeitungen war.

Was für mich dieses Buch aber zu einem Highlight werden lässt, sind die Einblicke in die Leben verschiedener Redakteure und Angestellten der Zeitung oder einer jahrzehntelangen Leserin, die plötzlich mit alten Gewohnheiten bricht (nein, ich bin kein Voyeur g). Es sind Menschen wie Du und ich; Menschen die Dir im täglichen Leben begegnen und die alle die gleichen Probleme haben: mit Partnern, mit Kindern, mit sich selber – in jeder vorgestellten Figur findet man sich selber oder andere einem nahestehenden Personen wieder.
Jede einzelne Figur macht sich Gedanken über sich und ihr Leben – mal mehr, mal weniger philosophisch, aber auch mal selbstkritisch…Es sind laute und viele leise Töne, die angeschlagen werden, mal voller Hoffnung, dann aber auch tottraurig. Tom Rachman ist es meiner Meinung nach gelungen, in jeden von uns einen Blick zu werfen und diese Beobachtungen zu einem großartigen, tiefgehenden und MENSCHLICHEN Opus zu verarbeiten, dass mich von nun an stets und immer (nämlich in meinem Herzen) begleiten wird.

Veröffentlicht am 14.04.2017

guter einblick in die pariser künstlerszene

Die von Montparnasse
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Angesiedelt im Paris (und dort getreu dem Titel) im Künstlerviertel Montparnasse der 1920er Jahre vermittelt der Roman einen guten Überblick über die dort ansässigen Künstler und ihre doch zum Teil verschrobenen ...

Angesiedelt im Paris (und dort getreu dem Titel) im Künstlerviertel Montparnasse der 1920er Jahre vermittelt der Roman einen guten Überblick über die dort ansässigen Künstler und ihre doch zum Teil verschrobenen Eigenarten.

Autor Michel Georges-Michel gelingt es durch seine Zugehörigkeit zu der Szene einen authentischen Blick hinter die Kulissen zu geben, auch wenn die Figuren erfunden sind und nur in den beschriebenen Charakterzügen und Ereignissen auf Realität beruhen.

Gefallen hat mir besonders die Reise von Modrulleau (dem Bildhauer Modigliani nachempfunden) und Haricot-Rouge nach Rom, wo sie in einem rasanten Lauf durch die Sixtinische Kapelle und andere Sehenswürdigkeiten jagen, um sich schließlich in einem Park oberhalb Roms zu lieben. Achtung: bei dem Teil des Buches kann es zu einem irrwitzigen Kopfkino kommen - es sage hinterher keiner, ich hätte keine Warnung ausgesprochen g

Während Haricout-Rouge mir eigentlich während des ganzen Buches symphatisch ist, habe ich Modrulleau zwischendurch gehasst - so geht man einfach nicht mit Frauen um. Am Ende versöhnen wir uns aber wieder und man ist traurig, dass Modrulleau und Haricot-Rouge so tragisch enden (nein, man kann es nicht mit dem Ende von Romeo und Julia vergleichen g).

Insgesamt ein interessanter, offener Blick hinter die Kulissen eines Viertels einer meiner Lieblingsstädte (auch wenn ich bisher leider nicht die Gelegenheit hatte, selbige zu besuchen).

Klare Empfehlung für alle Kunst- und Paris-Liebhaber!!!

Veröffentlicht am 14.04.2017

authentisch erzählt

Kein menschlicher Makel
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Da es die knapp 100 Seiten (nicht nur) inhaltlich in sich haben, muss man den richtigen Zeitpunkt zum Lesen abpassen. Dieser war bei mir in den vergangenen Tagen gekommen und ich möchte kurz meine Gedanken ...

Da es die knapp 100 Seiten (nicht nur) inhaltlich in sich haben, muss man den richtigen Zeitpunkt zum Lesen abpassen. Dieser war bei mir in den vergangenen Tagen gekommen und ich möchte kurz meine Gedanken dazu mit euch teilen.

Es ist schon viel geschrieben worden über die Ausgrenzung, Verfolgung usw. der Juden während der Zeit des Nationalsozialismus. Ellinor Wohlfeil zeichnet in ihrem Roman also kein (neues) Bild dieser Zeit, trotzdem stellen sich mir immer noch (nicht nur) die Nackenhaare auf, wenn ich von dieser sinnlosen Hetze lese.
Die Protagonistin Ruth erzählt hier ihre Erlebnisse. Durch den Umstand, dass sie kaum von einem Erzähler unterbrochen wird (die Erzählweise erinnert mich an ein Instrument der Geschichtswissenschaft, die sog. „Oral History“) ist der geneigte Leser mittendrin im Geschehen und in der Gefühlswelt von Ruth. So entsteht eine tiefe Verbundenheit mit ihr – ein von der Autorin wahrscheinlich gewünschter Effekt .

Ich wünsche dem Buch von Ellinor Wohlfeil die (große) Verbreitung, die es verdient hat – ob als Pflichtlektüre in der Schule oder in Lese- und Diskussionskreisen.