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Veröffentlicht am 08.06.2022

Ein Neuanfang am Waldrand

In den Wäldern der Biber
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Die Beziehung mit Fabian ist vorbei, in ihrem hektischen Leben in Frankfurt am Main fühlt sich Alina mittlerweile unwohl. Bei ihrem Großvater Siegfried Engelhardt in dem Dorf Spechthausen in Brandenburg ...

Die Beziehung mit Fabian ist vorbei, in ihrem hektischen Leben in Frankfurt am Main fühlt sich Alina mittlerweile unwohl. Bei ihrem Großvater Siegfried Engelhardt in dem Dorf Spechthausen in Brandenburg möchte sie zur Ruhe kommen. Zwar hatten die beiden seit Längerem keinen Kontakt mehr. Dennoch nimmt er seine Enkelin bei sich in dem Haus am Waldrand auf.

„In den Wäldern der Biber“ ist ein Roman von Franziska Fischer.

Meine Meinung:
Der Roman setzt sich aus 24 Kapiteln und einem mit „Weihnachten“ überschriebenen Epilog zusammen. Die Struktur ist unkompliziert und funktioniert gut. Die Handlung ist chronologisch aufgebaut, beinhaltet aber auch Rückblenden.

Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Alina. In sprachlicher Hinsicht hat mich der Roman komplett überzeugt, obwohl der Schreibstil recht dialoglastig ist und überwiegend auf eine einfache Syntax zurückgreift. Gleichzeitig aber gelingt es der Autorin, immer wieder starke, oft sogar kreative Sprachbilder und eine eindringliche Atmosphäre zu schaffen.

Ein Manko ist für mich die Protagonistin. Zwar wirkt sie insgesamt durchaus lebensnah. Obwohl ihre Gedanken und Gefühle deutlich werden, blieb sie mir allerdings in ihrem Verhalten teilweise fremd.

Das Setting des Romans hat mich sofort angesprochen. Die Natur bildet jedoch größtenteils nur die Kulisse für Themen, die fast jeden beschäftigen: Wie stelle ich mir mein Leben vor? Welche Ziele, welche Wünsche habe ich? Lebensentwürfe und Neuorientierung spielen also eine große Rolle.

Auf den rund 300 Seiten ist die Geschichte abwechslungsreich und kurzweilig. Mir haben jedoch stellenweise etwas Tiefgang und überraschende Momente gefehlt.

Der Titel und das ansprechende Covermotiv sind in sehr gelungener Weise aufeinander abgestimmt.

Mein Fazit:
Mit „In den Wäldern der Biber“ hat Franziska Fischer einen unterhaltsamen Roman geschrieben, der mich in Bezug auf seine Sprache begeistert hat. Trotz kleinerer Schwächen eine Geschichte, die schöne Lesestunden verschafft.

Veröffentlicht am 07.06.2022

Was Menschen und Bäume gemeinsam haben

Sei wie ein Baum!
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Menschen sind wie Bäume. Sie brauchen Luft, Sonne und die Gemeinschaft der anderen. Die Natur kann uns aber noch etwas lehren…

„Sei wie ein Baum!“ ist ein Bilderbuch von Maria Gianferrari, geeignet für ...

Menschen sind wie Bäume. Sie brauchen Luft, Sonne und die Gemeinschaft der anderen. Die Natur kann uns aber noch etwas lehren…

„Sei wie ein Baum!“ ist ein Bilderbuch von Maria Gianferrari, geeignet für Kinder ab fünf Jahren.

Meine Meinung:
Das Buch besteht aus rund 20 Doppelseiten. Die Bilder erstrecken sich über jeweils beide Seiten. Als Besonderheit gibt es in der Mitte ein ausklappbares Panoramabild. Jedes Motiv ist mit einem Text versehen.

Die Texte verzichten auf die sonst üblichen, manchmal recht gequälten Reime. Sie weisen eine einfache Syntax auf. Allerdings sind die Sätze oftmals metaphorisch gemeint und es tauchen zwischendurch botanische Fachbegriffe auf. Beim Vorlesen sind daher zusätzliche Erklärungen notwendig.

Auf den letzten beiden Doppelseiten befindet sich nur Text. Hier sind die Anmerkungen der Autorin, Tipps zu Umweltschutz und Co. sowie die Anatomie eines Baumes untergebracht. Vermutlich ist diese Art Anhang für Fünfjährige noch zu überfordernd. Als Ergänzung finde ich diese Seiten jedoch wunderbar.

Die farbenfrohen, aber nicht knalligen Illustrationen von Felicita Sala empfinde ich als sehr gelungen. Sie zeigen ihre Liebe zum Detail und sind gleichzeitig nicht überfrachtet. Die Bildsprache ist einheitlich. Dennoch sind die Motive abwechslungsreich und transportieren unterschiedliche Stimmungen.

Die Botschaft des Buches ist wundervoll. Hier lernen Kinder nicht nur die Eigenschaften und Lebensweise von Bäumen kennen, sondern gewinnbringende Vergleiche zu den Menschen anzustellen. Was mir besonders dabei gefällt: Auch als Erwachsene können wir einiges aus der Lektüre ziehen.

Der Einband mit den unterschiedlichen Blättern trägt zur überzeugenden Gestaltung bei. Das Covermotiv passt hervorragend zum Thema.

Mein Fazit:
Mit „Sei wie ein Baum!“ hat Maria Gianferrari ein kreatives und rundum gelungenes Bilderbuch konzipiert, das ich nur empfehlen kann. Zwar sind die Texte beim Vorlesen für jüngere Kinder etwas erklärungsbedürftig. Dennoch lohnt sich die Lektüre sehr, weil sie nicht nur Unterhaltung bietet, sondern pädagogisch wertvoll ist.

Veröffentlicht am 02.06.2022

Wenn Trauern nur im Verborgenen möglich ist

Verheizte Herzen
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Als Anwältin hat Ana Kelly häufig mit Todesfällen zu tun. Doch auf den Anruf von Rebecca Taylor, die ihr von dem Unfalltod ihres Mannes Connor Mooney erzählt, war sie nicht gefasst. Drei Jahre hatten Ana ...

Als Anwältin hat Ana Kelly häufig mit Todesfällen zu tun. Doch auf den Anruf von Rebecca Taylor, die ihr von dem Unfalltod ihres Mannes Connor Mooney erzählt, war sie nicht gefasst. Drei Jahre hatten Ana und Connor eine heimliche Affäre, obwohl auch die Anwältin verheiratet ist. In ihrer Trauer versucht sie, sich mit ihrer früheren Kontrahentin anzufreunden…

„Verheizte Herzen“ ist ein Roman von Sarah Crossan.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fünf Teilen. Die Handlung umfasst einige Zeitsprünge in die Vergangenheit und die Zukunft.

In stilistischer Hinsicht ist das Buch sehr besonders. Es handelt sich um einen Versroman, der ohne Reime auskommt und doch bisweilen poetische Untertöne hat.

Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Ana. Die Sprache ist weder verschnörkelt noch schwülstig, sondern sogar recht reduziert, aber dennoch intensiv und eindringlich.

Ana ist für mich keine klassische Sympathieträgerin, aber eine durchaus interessante Protagonistin. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachvollziehen. Neben ihr bleiben die anderen Figuren jedoch größtenteils ziemlich blass.

Zwar spielt auch die romantische Liebe eine Rolle, aber ohne Kitsch und die üblichen Handlungsstränge. Inhaltlich geht es vielmehr um Trauer und Verlust, um Heimlichkeiten, Betrug und Schuldgefühle. Eine interessante Mischung, von der ich in dieser Form noch nicht oft gelesen habe.

Auf rund 260 Seiten entwickelt sich schnell ein Lesesog. Ein paar überraschende Enthüllungen steigern den Unterhaltungswert.

Das Cover mit den erhabenen Elementen ist hübsch geworden und macht einen wertigen Eindruck. Thematisch noch besser passen würde es allerdings, wenn der englischsprachige Originaltitel („Here is the Beehive“) wortgetreu übernommen worden wäre.

Mein Fazit:
„Verheizte Herzen“ ist ein lesenswerter Roman von Sarah Crossan. Eine vor allem stilistisch ungewöhnliche Lektüre mit nur kleineren Schwächen.

Veröffentlicht am 28.05.2022

Eine Teenagerin am Rande der Gesellschaft

Nachtschwärmerin
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East Oakland in Kalifornien: Die Mutter sitzt im Gefängnis, der Vater ist tot. Mit ihrem älteren Bruder Marcus muss sich Kiara (17) durchschlagen. Sie schafft es jedoch nicht, sich einen regulären Nebenjob ...

East Oakland in Kalifornien: Die Mutter sitzt im Gefängnis, der Vater ist tot. Mit ihrem älteren Bruder Marcus muss sich Kiara (17) durchschlagen. Sie schafft es jedoch nicht, sich einen regulären Nebenjob zu suchen. Deshalb rutscht sie in die Prostitution ab…

„Nachtschwärmerin“ ist der Debütroman von Leila Mottley.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus etlichen kurzen Kapiteln, die zumeist noch in Abschnitte aufgeteilt sind. Der Aufbau ist recht einfach.

Der Schreibstil hat mich leider nicht sonderlich beeindruckt. Er ist geprägt von einem umgangssprachlichen, teilweise vulgären Ton und von vielen Dialogen. Das wirkt zwar durchaus authentisch und anschaulich, liest sich aber nicht so elegant. Erzählt wird im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Kiara.

Kiara ist eine reizvolle und durchaus sympathische Protagonistin. Ihr Verhalten ist manchmal nicht ganz nachvollziehbar und schwer zu ertragen.

Das Thema des Romans hat mich sofort angesprochen. Ich finde es wichtig, die oft strukturellen Probleme schwarzer Frauen sichtbar zu machen. In dem interessanten Nachwort der Autorin ist zu lesen, dass die Geschichte auf wahren Tatsachen beruht. Die Recherche ist dem Roman immer wieder anzumerken.

Auf etwas mehr als 400 Seiten ist die Geschichte aufgrund von Themen wie Gewalt und Missbrauch keine leichte Kost, aber kurzweilig und fesselnd. Allerdings gibt es einige inhaltliche Wiederholungen, was mich ein wenig gestört hat.

Der deutsche Titel ist auf gelungene Weise aus dem amerikanischen Englisch („Nightcrawling“) übertragen. Das Cover des deutschen Verlags gefällt mir sogar besser als das Original.

Mein Fazit:
Mit ihrem Debüt hat mich Leila Mottley nicht in allen Punkten überzeugt. Dennoch ist „Nachtschwärmerin“ ein besonderer Roman.

Veröffentlicht am 28.05.2022

In der trüben Brühe rühren

Ein Leben lang
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Die Anfrage der Journalistin kommt unerwartet. 15 Jahre ist der aufsehenerregende Mord her, für den ihr gemeinsamer Freund verurteilt worden ist: lebenslänglich. Nun sollen die promovierte Astronomin Sabine, ...

Die Anfrage der Journalistin kommt unerwartet. 15 Jahre ist der aufsehenerregende Mord her, für den ihr gemeinsamer Freund verurteilt worden ist: lebenslänglich. Nun sollen die promovierte Astronomin Sabine, die Lehrerin Emilia, der Jurist Benjamin, der Musiker Till und der Pressesprecher Sebastian erzählen, woran sie sich von damals erinnern.

„Ein Leben lang“ ist ein Roman von Christoph Poschenrieder.

Meine Meinung:
Der Roman verfügt über eine sehr klare Struktur. Er gliedert sich in zwei Teile, wobei der erste aus zwei Hälften besteht. Darüber hinaus gibt es insgesamt rund 25 Kapitel.

Die Geschichte wird weder zeitlich noch räumlich genau verortet. Erzählt wird mit einem Abstand von 15 Jahren in chronologischer Reihenfolge über einen Kriminalfall.

In stilistischer Hinsicht ist der Roman sehr interessant. Es gibt einerseits die als „Memo“ bezeichneten Niederschriften einer nicht näher definierten Journalistin und andererseits die Antworten der fünf Freunde, des Anwalts und des „Gefangenen“. Ein ungewöhnliches und ansprechendes Konzept.

Sprachlich ist der Roman unauffällig und durch die vielen Redeanteile literarisch wenig herausragend. Etwas gestört hat mich, dass sich die verschiedenen Perspektiven in Bezug auf die Sprache kaum unterscheiden.

Die fünf Freunde stehen im Fokus des Romans. Man lernt sie jedoch nur im Gespräch mit der Journalistin kennen. Ihre Biografien bleiben recht blass. Die einzelnen Charakterzüge werden allerdings gut deutlich.

Der Roman basiert auf einem tatsächlichen Mordfall, der 2006 in München passiert ist. Das an sich ist für mich kein Minuspunkt. Geärgert hat mich aber, dass der Autor fast jedes Detail des echten Falls abgekupfert hat und sich lediglich die Mühe gemacht hat, zwei Fakten geringfügig abzuändern. Mit nur einer kurzen Internetrecherche lässt sich der Inhalt des Romans herausfinden. Das ist mir zu wenig Eigenleistung.

Am Ende hat sich bei mir Enttäuschung breitgemacht. Es bleiben viele Fragen offen. Das mag daran liegen, dass der echte Mord ebenfalls nicht komplett eindeutig ist. Man kann natürlich auch argumentieren, dass es dem Autor vorwiegend darum ging, die Freundschaft zu einem verurteilten Mörder zu beleuchten. Das zumindest schildert der Schriftsteller in einer angehängten Notiz. Aber in diesem Aspekt stellt mich der Roman ebenfalls nicht zufrieden. Zu diffus sind die beschriebene Freundschaft zum Verurteilten und die Dinge, die diese ausmachen. Mir war am Schluss immer noch nicht klar, warum die Freunde gegenüber dem Angeklagten so loyal waren. Sein eigentliches Ziel hat der Roman damit meiner Ansicht nach also verfehlt.

Positiv anzumerken ist, dass sich der Roman dennoch süffig liest und nur wenige Längen aufweist. Über weite Strecken bietet er keinen geringen Unterhaltungswert.

Mein Fazit:
„Ein Leben lang“ von Christoph Poschenrieder ist leider kein ungetrübtes Lesevergnügen. Der gelungene Aufbau und das vielversprechende Konzept gefallen mir gut. In der Umsetzung schwächelt die Geschichte jedoch an mehreren Stellen.