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Veröffentlicht am 18.12.2017

Das Monopol auf den Tod

Scythe – Die Hüter des Todes
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Citra Terranova und Rowan Damisch leben in einer scheinbar perfekten Welt der Zukunft. Krankheiten, Kriege, Unfälle, Armut und sogar der Tod sind besiegt. Um eine Überbevölkerung auf der Erde zu vermeiden, ...

Citra Terranova und Rowan Damisch leben in einer scheinbar perfekten Welt der Zukunft. Krankheiten, Kriege, Unfälle, Armut und sogar der Tod sind besiegt. Um eine Überbevölkerung auf der Erde zu vermeiden, müssen dennoch Menschen sterben. Die Entscheidung darüber obliegt den Scythe. Die Hüter des Todes dürfen bestimmen, wer leben darf und wer sterben muss. Gegen ihren Willen müssen Citra und Rowan bei Scythe Faraday eine solche Ausbildung absolvieren und die Kunst des Tötens lernen. Zwischen den jungen Leuten entsteht eine tiefe Verbindung, doch am Ende wird nur einer von den beiden auserwählt und der andere ist in großer Gefahr…

„Scythe – Hüter des Todes“ ist der Auftakt einer neuen Trilogie für Jugendliche von Neal Shusterman.

Meine Meinung:
Das Buch gliedert sich in fünf Teile, die wiederum in 40 Kapitel unterteilt sind. Zudem sind immer wieder Einträge aus Nachlese-Tagebüchern eingestreut.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, die Schilderungen sind anschaulich und erzeugen viele Bilder. Sprachlich ist der Roman absolut gelungen.

Erzählt wird aus der Sicht der beiden Hauptprotagonisten Citra und Rowan, in deren Gedankenwelt ich gut eintauchen konnte. Beide Charaktere waren mir schnell sympathisch, ihr Handeln erscheint authentisch und nachvollziehbar.

Die spannende und ungewöhnliche Grundidee des utopischen Romans hat mich von Anfang an angesprochen. Das Konzept ist nicht ein bloßer Abklatsch anderer Bücher, sondern zeugt von Kreativität. Auch die Umsetzung konnte mich überzeugen, denn die Welt, die hier literarisch geschaffen wurde, wirkt stimmig und gut begründet. Meine hohen Erwartungen, die ich an die utopische Geschichte hatte, wurden nicht enttäuscht.

Die Handlung war von Beginn an spannend, sodass ich die Geschehnisse gebannt verfolgt habe. Auch dank mehrerer Wendungen blieb der Roman bis zum Ende sehr kurzweilig und unterhaltsam.

Gut gefallen hat mir, dass unterschiedliche ernste Themen wie Leben und Tod angesprochen werden. Dabei geht es auch um moralische und gesellschaftliche Aspekte, sodass der Roman Tiefgang erhält und zum Nachdenken anregt.

Die Gestaltung des Covers finde ich sehr ansprechend. Ein Pluspunkt ist für mich auch, dass sich der deutsche Titel nah am Original orientiert.

Mein Fazit:
„Scythe – Hüter des Todes“ von Neal Shusterman ist ein äußerst fesselnder Roman, der nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene eine tolle Lektüre ist. Nach dem sehr gelungenen Auftakt der Reihe warte ich schon gespannt auf die Fortsetzung. Der erste Band war eines meiner Lieblingsbücher dieses Jahr und ist absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 17.12.2017

Eine tragikomische Fahrt mit der „Glücksmaschine“

Signor Rinaldi kratzt die Kurve
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Pietro Rinaldi ist verbittert und plant seinen Selbstmord. Mit 80 Jahren hat er genug vom Leben. In seiner Wohnung in Genua hat der ehemalige Schriftsteller schon genügend Schlaftabletten für den Suizid ...

Pietro Rinaldi ist verbittert und plant seinen Selbstmord. Mit 80 Jahren hat er genug vom Leben. In seiner Wohnung in Genua hat der ehemalige Schriftsteller schon genügend Schlaftabletten für den Suizid gehortet. Der Witwer steht kurz davor, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, da kommt alles anders. Denn plötzlich soll sich der chronisch übellaunige Alte um seinen 15-jährigen Enkel Diego kümmern, den er bis dato nicht besonders gut kennt. Auf die beiden wartet ein Roadtrip nach Rom in einem alten Cabrio, das von Rinaldi die „Göttin“ oder die „Glücksmaschine“ genannt wird.

In dem Roman „Signor Rinaldi kratzt die Kurve“ schildert Lorenzo Licalzi die tragikomische Reise eines Großvaters und seines Enkels.

Meine Meinung:
Der Roman umfasst 22 Kapitel und eine Art Epilog. Erzählt wird die herzerwärmende Geschichte vorwiegend aus der Sicht des grantigen Ex-Schriftstellers. Der Erzählstil ist locker und flüssig und beinhaltet an einigen Stellen Situationskomik und gelungene sprachliche Bilder.

Mit Pietro Rinaldi steht ein zynischer, ziemlich eigenwilliger Charakter im Vordergrund, dem viele seiner Mitmenschen „auf den Sack gehen“, kein typischer Romanheld also. Doch schnell wird klar, dass sich unter seiner harten Schale ein weicher Kern befindet, den sein Enkel immer wieder zutage fördern kann. Pietros schwarzer Humor und seine bitterbösen Kommentare konnten mir so manches Schmunzeln entlocken. Im Gegensatz dazu steht sein durchweg sympathischer, liebenswerter Enkel. Beide zusammen bilden ein interessantes Gespann.

Gut gefallen haben mir auch die unterschiedlichen Stimmungen, die der Roman transportiert. Mal macht er nachdenklich, mal ist er humorvoll, mal traurig. Eine tolle Mischung. Skurrile Situationen wechseln sich mit melancholischen Passagen ab. Immer wieder hat es die gefühlvolle Geschichte dabei geschafft, mich zu bewegen. Für Kurzweil sorgen außerdem einige überraschende Wendungen. Dennoch bleibt die Handlung durchgehend stimmig und wirkt nicht übertrieben.

Ich habe den Roman in Form eines Hörbuchs als ungekürzte Lesung genossen, bei der Sprecher Erich Wittenberg seine Aufgabe sehr gut gemeistert hat.

Auch das minimalistische, ansprechende Cover und der treffende Titel sind ganz nach meinem Geschmack.

Mein Fazit:
„Signor Rinaldi kratzt die Kurve“ von Lorenzo Licalzi ist ein gleichsam unterhaltsamer wie sehr berührender Roman, der mich in mehrfacher Hinsicht positiv überrascht hat. Von mir gibt es eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 28.11.2017

Ein „Püppchen“ auf der Suche nach dem Glück

Kukolka
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Ukraine in den 1990er-Jahren: Aus einem Heim, wo sie als „Zigeunerkind“ gemobbt und schikaniert wird, haut die siebenjährige Samira eines Nachts ab. Sie wünscht sich Freiheit und Wohlstand. Doch ihr Weg, ...

Ukraine in den 1990er-Jahren: Aus einem Heim, wo sie als „Zigeunerkind“ gemobbt und schikaniert wird, haut die siebenjährige Samira eines Nachts ab. Sie wünscht sich Freiheit und Wohlstand. Doch ihr Weg, dessen Ziel Deutschland ist, endet schon nach wenigen Kilometern vorerst bei Rocky, der seine „Kukolka“, das „Püppchen“, ganz entzückend findet und das hübsche Mädchen bei sich aufnimmt. Mit einigen Straßenkindern lebt sie in einem heruntergekommenen Haus, in dem es weder Strom noch warmes Wasser und noch eine Toilette gibt. Mit den anderen muss Samira für Rocky betteln und stehlen. Zwar geht es ihr gut, doch sie hält an ihrem Traum von Deutschland fest, obwohl das Ende der Ausbeutung und Gewalt noch lange nicht erreicht ist...

„Kukolka“ ist der beeindruckende Debütroman von Lana Lux.

Meine Meinung:
Die Geschichte umfasst mehrere Jahre und ist in drei Teile untergliedert. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Samira. Entsprechend des Alters der Hauptprotagonistin ist der Ton kindlich-naiv. Klar und nüchtern, fast schon sachlich ist der Erzählstil. Die eindrücklichen Schilderungen kommen ohne Kitsch und Übertreibungen aus und konnten mich von den ersten Seiten an bereits fesseln. Schon ab dem ersten Kapitel fiel es mir schwer, das Buch zur Seite zu legen, weil ich die Handlung gebannt verfolgt habe.

Das hat vor allem mit dem Inhalt des Romans zu tun, denn die Geschichte von Samira ist aufrüttelnd und schockierend. Schonungslos wird das Leid erzählt, das dem armen Mädchen widerfährt. Ihre Erlebnisse sind tragisch, traurig und aufwühlend. Die beschriebene Gewalt in ihren unterschiedlichen Formen hat mich nachdenklich gemacht. Bewegen konnte mich auch, dass Samira dennoch ihre Hoffnung nicht verliert. Neben Missbrauch und Gewalt gibt der Roman auch Einblicke in politische und gesellschaftliche Umstände, was mir sehr gut gefallen hat.

Die Gestaltung des Covers ist ungewöhnlich und macht das Buch zu einem Blickfang. Auch der Titel ist treffend gewählt.

Mein Fazit:
Mit „Kukolka“ hat Autorin Lana Lux einen schonungslosen und schockierenden Roman geschrieben, der mich fesseln konnte. Keine leichte Kost, sondern ein Buch, das noch eine Weile bei mir nachhallen wird und das ich deshalb empfehlen kann.

Veröffentlicht am 13.11.2017

Eine düstere Zukunftsvision

Leere Herzen
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Braunschweig im Jahr 2025: Die Besorgte-Bürger-Bewegung hat die Wahlen gewonnen und beschließt ein Effizienzpaket nach dem anderen, das zulasten der Grundrechte geht. Das Bedingungslose Grundeinkommen ...

Braunschweig im Jahr 2025: Die Besorgte-Bürger-Bewegung hat die Wahlen gewonnen und beschließt ein Effizienzpaket nach dem anderen, das zulasten der Grundrechte geht. Das Bedingungslose Grundeinkommen wurde eingeführt. Viele haben sich mit den Umständen abgefunden und den Glauben an eine bessere Zukunft verloren. So auch Britta Söldner und ihr Geschäftspartner Babak Hamwi, beide desillusioniert und pragmatisch. In der Zeit der Perspektivenlosigkeit haben die beiden gemeinsam eine kleine Firma, „Die Brücke“, aufgebaut, die sie unter dem Deckmantel einer Heilpraxis betreiben. In Wahrheit floriert in den unscheinbaren Büroräumen aber das Geschäft mit dem Tod. Alles läuft gut, bis unliebsame Konkurrenz auftaucht. Britta und Babak setzen alles daran, die unbekannten Trittbrettfahrer skrupellos auszuschalten…

Juli Zehs dystopischer Roman „Leere Herzen“ ist Polit- und Psychothriller zugleich.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte in 29 Kapiteln, deren Länge ich als angenehm empfunden habe. Sprachlich konnte mich der Roman absolut überzeugen. Der flüssige Schreibstil wirkt zunächst einfach und nüchtern, ist aber auf den zweiten Blick wesentlich detailreicher und raffinierter.

Schon ab dem ersten Kapitel war die Neugier auf die Geschichte geweckt und Spannung erzeugt, die dafür gesorgt hat, dass ich das Buch kaum zur Seite legen konnte. Das Bild, das von der nicht allzu ferner Zukunft gezeichnet wird, ist provokant und etwas überspitzt, aber grundsätzlich durchaus vorstellbar. Dabei geht es um heute schon aktuelle Themen. Immer wieder kommt die Kritik an der Gesellschaft und deren Politikverdrossenheit durch. Dadurch ist der Roman mehr als nur bloße Unterhaltung. Er hat mich sowohl zum Nachdenken angeregt als auch schockiert. Einen Spiegel will uns die Autorin vorhalten, denn schon ganz am Anfang heißt es: „Da. So seid ihr.“

Mit Britta dreht sich die Geschichte um eine interessante Hauptprotagonistin. Authentisch und facettenreich werden auch die Personen der Geschichte beschrieben. Dargestellt wird eine Generation, deren Herzen leer sind und die ihre Überzeugungen verloren. Sie gibt dem Roman den treffenden, ansprechenden Titel. Inhaltlich passend dazu ist auch das reduzierte Cover, das ich sehr gelungen finde.

Mein Fazit:
Mit „Leere Herzen“ ist Juli Zeh in mehrfacher Hinsicht ein sehr lesenswerter Roman gelungen, der mich absolut überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 10.11.2017

Aza und die Gedankenspirale

Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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Wie viele Teenager besucht Aza Holmes eine Highschool in Indianapolis. Doch die 16-Jährige ist anders. Sie leidet unter einer Angststörung, zum Beispiel einer Phobie vor Körperflüssigkeiten, und an Zwängen. ...

Wie viele Teenager besucht Aza Holmes eine Highschool in Indianapolis. Doch die 16-Jährige ist anders. Sie leidet unter einer Angststörung, zum Beispiel einer Phobie vor Körperflüssigkeiten, und an Zwängen. Sie verbinden sich zu einem Gedankenstrudel, der die Halbwaise beschäftigt. Sie möchte sich deshalb zunächst nicht an der Suche nach dem verschwundenen Milliardär Russell Pickett, dem Vater ihres Bekannten Davis, beteiligen. Dieser ist vor einer bevorstehenden Hausdurchsuchung wie vom Erdboden verschluckt. 100.000 Dollar winken als Belohnung für Hinweise. Deshalb überredet ihre beste Freundin Daisy Ramirez sie, das Geheimnis um Pickett aufzuklären. Für Aza beginnt somit ein Abenteuer. Dabei merkt sie, dass es auch eine Reise zu sich selbst ist, nämlich in die Gedankenspirale, der sie entkommen will.

Mit „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ ist John Green wieder ein wundervoller Jugendroman gelungen.

Meine Meinung:
Erzählt wird die Geschichte in der Ich-Perspektive in 24 Kapiteln, die eine angenehme Länge haben. Der Erzählstil ist wieder einmal typisch für den Autor. Sprachlich konnte mich der Roman absolut begeistern. Viele tiefsinnige und zum Teil auch poetische Formulierungen sind darin zu finden.

Aza ist ein ungewöhnlicher, aber sehr reizvoller Charakter. Das Verhalten eines Menschen mit psychischer Krankheit wird sehr authentisch beschrieben. Man kann gut in ihre Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen. Für Außenstehenden ist das Verhalten der Hauptprotagonistin schwer zugänglich. Doch der Autor hat es sehr gut geschafft zu vermitteln, wie sich das Leben mit Ängsten und Zwängen gestaltet. Das fand ich sehr berührend und hat mich zum Nachdenken gebracht. Und obwohl Aza durch ihre Krankheit ein schwieriger Mensch ist, wurde sie mir sehr sympathisch.

Die Handlung ist nicht so spannend, wie es zunächst klingt. Dennoch habe ich mich nicht gelangweilt und habe das Buch nur ungern zur Seite gelegt. Das liegt auch daran, dass neben Azas Erkrankung weitere Themen wie Freundschaft und Liebe eine Rolle spielen. Traurige Passagen wechselten sie mit solchen ab, bei denen ich schmunzeln musste. An einigen Stellen wird es auch philosophisch. Diese Kombination habe ich als sehr unterhaltsam und bewegend empfunden.

Die limitierte deutsche Erstauflage ist nach meiner Ansicht von der Gestaltung sehr gelungen. Wenn auch inhaltlich passend, finde ich den deutschen Titel allerdings etwas sperrig.

Mein Fazit:
John Green hat mit „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“ einen Roman geschrieben, der auch für Erwachsene eine berührende Lektüre ist. Mich konnte Azas Geschichte begeistern. Ich kann das Buch definitiv empfehlen.