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Veröffentlicht am 14.10.2021

Wieder alles auf Anfang

Für Glück ist es nie zu spät
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Nach dem Krebstod ihres Mannes René ist Johanna Landgraf schon mit 52 Jahren Witwe. Ihre Ehe war schon seit Jahren unglücklich gewesen, als das Paar die schlimme Diagnose ereilte. Verantwortungsvoll hat ...

Nach dem Krebstod ihres Mannes René ist Johanna Landgraf schon mit 52 Jahren Witwe. Ihre Ehe war schon seit Jahren unglücklich gewesen, als das Paar die schlimme Diagnose ereilte. Verantwortungsvoll hat sie ihren Mann fortan gepflegt. Nun ist sie frei für Neues. Doch direkt nach dem Begräbnis herrscht bei ihr zunächst Orientierungslosigkeit. Da findet sie zwischen den Trauerkarten eine Nachricht ihrer ehemaligen Freundin Ines - zusammen mit einem leeren Notizbuch, das sie als Tagebuch nutzen soll. Das Schreiben wäre immerhin schon mal ein Anfang, oder?

„Für Glück ist es nie zu spät“ ist ein Roman von Heike Abidi.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus drei Teilen. Sie umfassen insgesamt 25 Kapitel mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird aus der Sicht von Johanna in chronologischer Reihenfolge, aber mit Rückblenden. Der Aufbau ist unspektakulär, funktioniert jedoch prima.

Der Schreibstil ist wunderbar anschaulich, einfühlsam und - dank vieler Dialoge - lebhaft. Immer wieder sind die Tagebucheinträge Johannas sowie mehrere Nachrichten eingefügt.

Gut gefällt mir, dass mit Johanna eine bereits etwas reifere Protagonistin im Vordergrund steht. Sie kommt sympathisch und lebensnah rüber. Ihre Gedanken und Gefühle lassen sich gut nachvollziehen und wirken schlüssig. Auch die weiteren Charaktere lassen psychologische Tiefe und Warmherzigkeit nicht vermissen.

Auf fast 350 Seiten bleibt der Roman kurzweilig und abwechslungsreich. Die Geschichte konnte mich an vielen Stellen abholen und emotional berühren.

Dabei geht es inhaltlich um viel mehr als nur die Liebe in unterschiedlichen Facetten. Auch Freundschaft, Familie, Krankheit und Verlust, Träume und Lebensziele spielen unter anderem eine Rolle und verleihen dem Roman Tiefgang. Die Idee mit dem Tagebuch ist gelungen umgesetzt. Allerdings hat mir hier das Besondere gefehlt, das ich in früheren Romanen der Autorin gefunden habe, um mich komplett zu begeistern.

Das genretypische Cover ist erwartungsgemäß austauschbar, aber ansprechend gestaltet. Der Titel ist ebenfalls passend.

Mein Fazit:
Wieder einmal hat es die Autorin geschafft, mir schöne Lesestunden zu bereiten. Mit „Für Glück ist es nie zu spät“ ist erneut ein unterhaltsamer und bewegender Roman von Heike Abidi erschienen. Eine empfehlenswerte Lektüre für jüngere und ältere Leserinnen und Leser gleichermaßen.

Veröffentlicht am 01.10.2021

Ein Sommer, der alles verändert hat

Die Überlebenden
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20 Jahre ist es her, dass ein Ereignis am Sommerhaus am See die Familie von Benjamin, Nils und Pierre erschüttert hat. Mehrere Wochen haben die drei Brüder in einer einsamen Gegend Schwedens mit ihren ...

20 Jahre ist es her, dass ein Ereignis am Sommerhaus am See die Familie von Benjamin, Nils und Pierre erschüttert hat. Mehrere Wochen haben die drei Brüder in einer einsamen Gegend Schwedens mit ihren Eltern verbracht. Schon damals war ihre Kindheit nur auf den ersten Blick idyllisch. Nun, zwei Jahrzehnte später, haben sich die Brüder entfremdet. Doch ein Brief mit dem letzten Willen ihrer Mutter bringt sie dazu, zum Ort ihrer Kindheit zurückzukehren. Was ist damals passiert?

„Die Überlebenden“ ist der Debütroman von Alex Schulman.

Meine Meinung:
Der Roman hat zwei Teile, die 24 Kapitel beinhalten. Es gibt zwei sich abwechselnde Erzählstränge. Die eine Ebene handelt von den jüngeren Ereignissen rund um den Tod der namenlosen Mutter. Dabei wird rückwärts im Präsens erzählt. Der andere Strang besteht aus Rückblicken in die entferntere Vergangenheit, vorwiegend den Erlebnissen während des Sommers vor 20 Jahren am Ferienhaus. Dieser ungewöhnliche Aufbau funktioniert sehr gut.

Sprachlich ist der Roman sehr beeindruckend. Starke Bilder, gelungene Naturbeschreibungen und eine dichte Atmosphäre machen den unaufgeregten, aber zugleich intensiven Schreibstil aus.

Die drei Brüder stehen im Fokus der Geschichte, wobei ein besonderes Augenmerk auf Benjamin liegt. Auch die Eltern spielen eine große Rolle. Die Protagonisten sind mir allesamt unsympathisch. Mehr noch: Vor allem das Verhalten der Eltern, aber in etwas abgeschwächter Form auch das der Brüder hat mich in vielen Szenen abgestoßen und befremdet.

Inhaltlich bietet der Roman auf knapp 300 Seiten ein ganzes Spektrum an Problemen. Es geht um Alkoholismus, Vernachlässigung, Aggressionen, Krankheiten, Trauer, Einsamkeit, Schuld und derartiges mehr. Dargestellt wird eine durch und durch dysfunktionale Familie, in der die Kinder mit fragwürdigen Methoden um die Gunst der Eltern konkurrieren müssen. Auffällig ist die Abwesenheit von Liebe - einerseits zwischen Mutter und Vater, andererseits zwischen den Eltern und ihren Söhnen. Zudem geht es um einen dramatischen Vorfall, der die Familienmitglieder zusätzlich entzweit hat.

In zweifacher Hinsicht schwächelt der Roman in meinen Augen. Zum einen bleiben auch nach dem überraschenden Ende, das ein neues Licht auf das zuvor Geschilderte wirft, zu viele Fragen offen. An einigen Stellen bleibt der Roman so vage, dass es mir schwergefallen ist, die Lücken mit eigenen Interpretationen zu füllen. Zum anderen schafft es die Geschichte trotz der heftigen Thematik erst im letzten Drittel, mich emotional wirklich zu bewegen. Über weite Strecken ist die Distanz zu den Charakteren leider zu groß. Das ist umso bedauerlicher, als der Autor in dem Buch seine eigenen Erfahrungen mit seinen Brüdern und seiner alkoholkranken Mutter verarbeitet hat.

Warum auf dem Cover nur zwei statt drei Jungen abgebildet sind, erschließt sich mir auch nach der Lektüre nicht. Der deutsche Titel, der sich stark am schwedischen Original („Överlevarna“) orientiert, passt jedoch ausgesprochen gut.

Mein Fazit:
„Die Überlebenden“ von Alex Schulman ist ein aufrüttelnder Roman, der mich immer wieder fassungslos gemacht hat. Seine raffinierte Erzählkunst hat mich begeistert. Inhaltlich hat mich das Buch hingegen nicht gänzlich überzeugt.

Veröffentlicht am 28.09.2021

Eine kaputte Schwesternbeziehung

SCHWEIG!
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Sie ist zweifache Mutter und berufstätig. Das Weihnachtsfest steht kurz bevor und Esther hätte eigentlich viel vorzubereiten: den Baum abholen, einkaufen, zu Hause dekorieren. Doch ihre kinder- und arbeitslose ...

Sie ist zweifache Mutter und berufstätig. Das Weihnachtsfest steht kurz bevor und Esther hätte eigentlich viel vorzubereiten: den Baum abholen, einkaufen, zu Hause dekorieren. Doch ihre kinder- und arbeitslose Schwester Sue, die seit ihrer Scheidung allein in einem Haus im Wald lebt, geht ihr nicht aus dem Kopf. Deshalb fährt sie mit einem Geschenk zu ihr. Sie will vor allem kontrollieren, ob bei der Schwester alles in Ordnung ist. Aber Sue, von Esther „Schnecke“ genannt, will die ungebetene Besucherin nur schnell loswerden. Hat die Enddreißigerin etwas zu verbergen?

„Schweig!“ ist ein psychologischer Spannungsroman von Judith Merchant.

Meine Meinung:
Das Buch ist in viele kurze Kapitel eingeteilt. Es gibt eine Art kurzer Prolog. Die Geschichte endet mit einem Epilog. Er spielt ein Jahr nach dem eigentlichen Geschehen, das sich an einem 23. Dezember ereignet. Zwischendurch sind außerdem Rückblicke eingefügt, die in die Kindheit der Protagonistinnen führen. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Sue und Esther, und zwar im Wechsel. Später kommt eine weitere Perspektive hinzu. Die Handlung konzentriert sich auf Esthers Haus, der Schauplatz ändert sich nur selten. Der Aufbau funktioniert sehr gut.

Das Erzähltempo nimmt nur langsam zu. In sprachlicher Hinsicht ist das Buch unspektakulär. Es weist eine einfache Syntax auf und ist sehr dialoglastig. Der Schreibstil passt aber hervorragend zur Geschichte. Positiv anzumerken ist auch, dass die Erzählstimme gekonnt variiert.

Die Zahl der Figuren ist sehr überschaubar und trotzdem absolut ausreichend. Im Mittelpunkt stehen die beiden Schwestern, die eine schwierige Beziehung zueinander haben und recht unterschiedlich sind. Keine der zwei Frauen ist zu trauen. Sie haben abweichende Wahrnehmungen und eigene Geheimnisse. Beide schrecken nicht vor dem Lügen zurück, was sie nicht sympathisch, aber zu reizvollen Charakteren macht, die bis zum Schluss nicht gänzlich zu durchschauen sind.

Inhaltlich ist der Roman erfreulich facettenreich und komplex. Es geht um Familien- und Ehekonflikte, psychische Krankheiten, unverarbeitete Kindheitstraumata und einiges mehr, das ich nicht vorwegnehmen möchte.

Zwar konnte ich ein paar Hintergründe erahnen. Auf fast 350 Seiten kann die atmosphärisch dichte Geschichte aber auch unerwartete Wendungen bieten. Sie ist durchweg schlüssig. Im Mittelteil dreht sich die Handlung im Kreis und wird dadurch ein wenig langatmig. Größtenteils ist die Geschichte allerdings unterhaltsam und packend. Mit der Bezeichnung „Thriller“ tut der Verlag dem Buch dennoch keinen Gefallen. „Psychologischer Spannungsroman“, wie es an anderer Stelle heißt, trifft es besser.

Die Farbgebung des Covers ist leider wenig originell. Das Tannenbaum-Motiv passt aber sehr gut.

Mein Fazit:
„Schweig!“ von Judith Merchant ist ein unterhaltsamer Roman, der vor allem für Fans psychologischer Spannung empfehlenswert ist. Eine stimmige und packende Lektüre - nicht nur für die Vorweihnachtszeit.

Veröffentlicht am 24.09.2021

Eine Familie mitten im Vietnamkrieg

Der Gesang der Berge
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Vietnam in den 1970er-Jahren: Huʾoʾng, liebevoll auch „Guave“ genannt, wächst bei ihrer Großmutter Diêu Lan auf, mitten im Krieg. Der Vater wird vermisst, die Mutter ist auf der Suche nach ihm. An langen ...

Vietnam in den 1970er-Jahren: Huʾoʾng, liebevoll auch „Guave“ genannt, wächst bei ihrer Großmutter Diêu Lan auf, mitten im Krieg. Der Vater wird vermisst, die Mutter ist auf der Suche nach ihm. An langen Abenden erzählt die Großmutter ihrer Enkelin die Geschichte ihrer Familie, von Flucht und Vertreibung, aber auch von starken Frauen, die dem Schicksal eine lebenswerte Zukunft abtrotzen möchten…

„Der Gesang der Berge“ ist ein Roman von Nguyễn Phan Quế Mai.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 16 unterschiedlich langen Kapiteln. Die Handlung umfasst die Jahre 1972 bis 2017 und spielt an verschiedenen Schauplätzen. Einheitliche Orts- und Zeitangaben zu Beginn der Kapitel erleichtern die Orientierung. Erzählt wird - mit Zeitsprüngen - in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Huʾoʾng. Zudem gibt es eine Geschichte in der Geschichte, nämlich dann, wenn die Großmutter ihre Erlebnisse schildert. Der Aufbau ist etwas komplex, aber funktioniert gut.

Der Schreibstil ist bildstark, atmosphärisch und eindringlich. Es tauchen immer wieder Begriffe und Sätze in der Landessprache auf, die jedoch übersetzt werden.

Im Mittelpunkt stehen mehrere Generationen der Familie Trân. Die vielen fremden Namen sind am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig. Allerdings ist vorne im Roman der Stammbaum abgedruckt, was das Verständnis einfacher macht. Huʾoʾng und ihre Großmutter, zwei sympathische Charaktere, nehmen am meisten Raum ein.

Thematisch geht es einerseits um die Geschichte der Familie Trân und andererseits um den Vietnamkrieg. Inhaltlich ist der Roman keine leichte Kost. Kriegerische Auseinandersetzungen, Leid, Tod und Armut spielen eine große Rolle.

Dabei basiert der Roman auf den persönlichen Erlebnissen der Autorin und den Erzählungen ihrer Verwandten, wie unter anderem in der „Danksagung“ zu erfahren ist. Das schafft eine Menge Authentizität und macht die Lektüre umso berührender. Auf mehr als 400 Seiten konnte mich die Geschichte fesseln und auch mehrfach überraschen.

Der deutsche Titel klingt sehr poetisch und ist stark an das englischsprachige Original („The Mountains Sing“) angelehnt. Auch das hübsche Cover, das nicht immer zum manchmal düsteren Inhalt passt, wurde übernommen.

Mein Fazit:
Mit „Der Gesang der Berge“ ist Nguyễn Phan Quế Mai ein sehr bewegender und packender Roman gelungen. Ein eindrucksvolles und aufwühlendes Buch, das ich wärmstens empfehlen kann.

Veröffentlicht am 17.09.2021

Eine zweite Chance für die Liebe

Herzklopfen unterm Sternenhimmel
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Hark Harksen ist überzeugter Single. Der Witwer arbeitet als Tierarzt auf Borkum und ist mit seinem Alltag im Großen und Ganzen zufrieden. Schon lange hatte er nichts mehr mit seiner Jugendliebe Ella Lübbens ...

Hark Harksen ist überzeugter Single. Der Witwer arbeitet als Tierarzt auf Borkum und ist mit seinem Alltag im Großen und Ganzen zufrieden. Schon lange hatte er nichts mehr mit seiner Jugendliebe Ella Lübbens zu tun. Aber plötzlich taucht die geschiedene Kneipenwirtin wieder in seinem Leben auf und alte Probleme treten erneut zutage…

„Herzklopfen unterm Sternenhimmel“ ist der zweite Teil der „Verliebt auf Borkum“-Reihe von Cornelia Engel.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 23 angenehm kurzen Kapiteln und endet mit einem Epilog. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge im Wechsel aus der Perspektive von Hark und der von Ella. Die Handlung spielt auf der Insel Borkum.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich, einfühlsam und warmherzig. Viel wörtliche Rede macht das Geschehen lebendig. Gelungene Beschreibungen erzeugen Fernweh und schaffen ein tolles Setting. Dem Roman merkt man immer wieder an, dass die Autorin sorgsam recherchiert hat und sich an den Schauplätzen auskennt.

Inhaltlich ist die Geschichte mit dem Auftaktband der Reihe verbunden. Allerdings lässt sich der zweite Teil unabhängig lesen. Vorkenntnisse sind nicht vonnöten. Trotzdem empfiehlt es sich, die Reihe in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

Dieses Mal stehen der sympathische Hark und die nicht minder sympathische Ella im Vordergrund. Die Innenwelt der beiden, ihre Gedanken und Gefühle, wird gut transportiert. Auch die übrigen Figuren sind interessant und liebenswert ausgestaltet. Natürlich trifft man erneut auf Personen aus dem ersten Band, was mir gefallen hat.

Der Roman umfasst etwas mehr als 300 kurzweilige Seiten mit gefühl- und humorvollen Passagen. Die Handlung ist abwechslungs- und facettenreich. Die Liebesgeschichte nimmt viel Raum ein. Sie wird realitätsnah dargestellt. Darüber hinaus streift der Roman weitere Themen, zum Beispiel bedenkliche Auswüchse des Tourismus und Demenz.

Das stimmungsvolle Cover ist traumhaft schön geworden und passt zum Inhalt. Der Titel fügt sich gut in die Reihe ein.

Mein Fazit:
Mit „Herzklopfen unterm Sternenhimmel“ ist Cornelia Engel eine unterhaltsame Fortsetzung der „Verliebt auf Borkum“ gelungen, die für schöne Lesestunden sorgt. Auf den dritten Teil bin ich schon jetzt gespannt.