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Veröffentlicht am 02.06.2021

Im Hofstaat von Kaiserin Sisi

Das Kaffeehaus - Falscher Glanz
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Wien am Ende des 19. Jahrhunderts: Komtess Sophie von Werdenfels, genannt Phiefi, bekommt eine Stelle als Hofdame von Kaiserin Sisi. Aber im Hofstaat hat es die junge Frau ganz und gar nicht leicht. Sie ...

Wien am Ende des 19. Jahrhunderts: Komtess Sophie von Werdenfels, genannt Phiefi, bekommt eine Stelle als Hofdame von Kaiserin Sisi. Aber im Hofstaat hat es die junge Frau ganz und gar nicht leicht. Sie muss an der Hochzeit ihrer großen Liebe mit einer anderen Komtess teilnehmen. Und dann soll sie selbst auch noch zwangsverheiratet werden...

„Das Kaffeehaus - Falscher Glanz“ ist der zweite Teil der Kaffeehaus-Trilogie von Marie Lacrosse.

Meine Meinung:
Der Roman beginnt mit einem Prolog und endet mit einem Epilog. Sie umrahmen 26 Kapitel, die sich über fünf Teile erstrecken. Die Handlung umspannt die Jahre 1889 bis 1891 und spielt an diversen Orten innerhalb und außerhalb von Wien. Einheitliche Zeit- und Ortsangaben machen die Orientierung leicht. Erzählt wird nicht nur aus der Sicht von Sophie, sondern auch aus der weiterer Personen.

Der Schreibstil ist gewohnt anschaulich und einfühlsam. Lebhafte Dialoge, gelungene Beschreibungen und gelegentliche Einschübe des Wiener Dialekts machen ihn aus.

Obwohl es sich empfiehlt, zuerst den ersten Teil der Saga zu lesen, ist der zweite Band auch ohne Vorkenntnisse verständlich. Ich hatte keinerlei Probleme, wieder in die Welt von Sophie einzutauchen.

Sophie steht im Mittelpunkt der Geschichte, eine starke und äußerst sympathische Protagonistin, mit der ich sehr gerne mitgefiebert habe. Sie ist ebenso authentisch wie die übrigen Charaktere, von denen es einige gibt. Hilfreich ist daher eine Personenübersicht mit Erläuterungen, die historische Persönlichkeiten als solche ausweist.

Trotz der mehr als 700 Seiten kommt keine Langeweile auf. Die Handlung ist abwechslungsreich und spannend.

Besonders gereizt an der Lektüre haben mich Sisi und das Leben am kaiserlichen Hof. Darüber hinaus hat die Geschichte noch viele andere Facetten zu bieten, die die damalige Gesellschaft und Politik beleuchten. Dabei glänzt der Roman mit gründlich recherchierten Fakten und Hintergründen, die der Leserschaft auf unterhaltsame Weise näher gebracht werden. Wie umfangreich und fundiert die Recherche ist, zeigt sich unter anderem im ausführlichen Nachwort „Wahrheit und Fiktion“. Darin erläutert die Autorin, was auf tatsächlichen Begebenheiten basiert und was der Fantasie entsprungen ist. Ein Quellenverzeichnis lädt zu eigenen Nachforschungen ein.

Erfreulicherweise ist dieses Mal wieder zusätzliches Bonusmaterial enthalten. Es gibt Stadt- und Landkarten. Ein Glossar erklärt einige weniger bekannte Begriffe. Außerdem ist ein Rezept der Mokka-Prinzentorte abgedruckt.

Das Cover fügt sich gut in die Reihe ein. Der Titel, der sogar im Nachwort erläutert wird, ist ebenfalls passend.

Mein Fazit:
Mit „Das Kaffeehaus - Falscher Glanz“ ist Marie Lacrosse ein vielseitiger, sehr lesenswerter Roman gelungen, der mich sogar noch mehr als der Auftakt der Trilogie überzeugt hat. Ich freue mich bereits auf den finalen Band, der für Oktober 2021 angekündigt ist.

Veröffentlicht am 30.05.2021

Facetten unseres Lebens

Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?
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Anthropozän, so heißt unser aktuelles Erdzeitalter. Was steht sinnbildlich für unsere Zeit? Was spiegelt unser Leben wider? Der Autor John Green stellt unterschiedliche Facetten dieser Epoche dar - und ...

Anthropozän, so heißt unser aktuelles Erdzeitalter. Was steht sinnbildlich für unsere Zeit? Was spiegelt unser Leben wider? Der Autor John Green stellt unterschiedliche Facetten dieser Epoche dar - und zwar in Form von Rezensionen.

„Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?“ ist ein Sachbuch von John Green.

Meine Meinung:
Das Buch beginnt mit einer sehr persönlichen Einleitung, deren Offenheit mich sofort eingenommen hat. Daran schließen sich 43 Texte, die Rezensionen, an, wovon nur eine bebildert ist. Sie bauen nicht aufeinander auf und können in beliebiger Weise gelesen werden. Das Buch endet mit einem Nachwort, Anmerkungen sowie den Text- und Bildnachweisen.

Alle Texte sind in der Ich-Perspektive verfasst. Der Schreibstil wechselt immer wieder zwischen sachlichen Darstellungen und faktenbasierten Passagen sowie Anekdoten und eigenen Anmerkungen, sodass der Inhalt zwar informativ ist, aber nicht zu trocken vermittelt wird. Die Sprache ist leicht verständlich und locker, aber angemessen und nicht zu salopp. Es gibt 45 Fußnoten.

Inhaltlich umfasst das Buch ein erfreulich breites Spektrum interessanter Themen. Es reicht vom Internet über Klimaanlagen und Teddybären bis zu Sonnenuntergängen. Auch populäre Marken, Produkte, Figuren und Phänomene werden rezensiert. Einschränkend ist anzumerken, dass einige Rezensionen für ein US-amerikanisches Publikum wohl besser nachvollziehbar sind, weil Dinge wie Dr Pepper dort wesentlich bekannter sind. Ich hatte allerdings keinerlei Verständnisprobleme.

Das Konzept, Aspekte des aktuellen Erdzeitalters zu rezensieren, gefällt mir. Obwohl ich nicht alle Bewertungen unterschreiben würde, habe ich mich prima unterhalten gefühlt. Das Gute: Nebenbei erfährt die Leserschaft nicht nur eine Menge Wissenswertes, sondern lernt auch den Autor selbst besser kennen. Zudem schafft er es, zum Nachdenken anzuregen.

Das Cover entspricht der amerikanischen Ausgabe und erschließt sich nicht direkt. Der deutsche Titel ist leider etwas ungelenk formuliert und nicht so treffend wie das Original („The Anthropocene Reviewed“).

Mein Fazit:
Mit „Wie hat Ihnen das Anthropozän bis jetzt gefallen?“ ist John Green ein ungewöhnliches und unerwartet persönliches Sachbuch gelungen, das gleichsam unterhaltsam, kreativ und lehrreich ist.

Veröffentlicht am 22.05.2021

Das aufregende Leben der Emmy Seidlitz

Sturmvögel
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Emmy Seidlitz ist 86 Jahre alt, als die Ärzte bei ihr Herzprobleme feststellen. Die Seniorin, die ansonsten noch ziemlich rüstig ist, kann auf ein aufregendes Leben zurückblicken. Und ihre Kinder müssen ...

Emmy Seidlitz ist 86 Jahre alt, als die Ärzte bei ihr Herzprobleme feststellen. Die Seniorin, die ansonsten noch ziemlich rüstig ist, kann auf ein aufregendes Leben zurückblicken. Und ihre Kinder müssen erkennen, dass die Mutter so ihre Geheimnisse hat...

„Sturmvögel“ ist ein Roman von Manuela Golz.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 27 Kapiteln mit einer angenehmen Länge. Erzählt wird vorwiegend aus der Sicht von Emmy, aber auch aus der weiterer Personen. Dabei gibt es zwei Stränge: Einerseits spielt die Handlung in der jüngeren Vergangenheit (1994 und 1995) und andererseits in ferneren Zeiten (ab 1911). Zeitangaben zu Beginn der Kapitel machen die Orientierung leicht.

Der Schreibstil ist anschaulich und dank vieler Dialoge lebhaft, aber recht unspektakulär.

Protagonistin Emmy ist eine selbstbewusste und resolute Persönlichkeit, die mit ihrer direkten Art schnell meine Sympathie gewonnen hat. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr gut deutlich. Leider sind nicht alle Charaktere vielschichtig angelegt.

Der Roman basiert auf dem Leben der Großmutter der Autorin. Inhaltlich ist er abwechslungsreich. Die Schicksalsschläge und Erlebnisse, die Emmy widerfahren, machen die mehr als 300 Seiten umfassende Geschichte kurzweilig, facettenreich und unterhaltsam. Allerdings hatte ich mir eine etwas tiefgründigere und originellere Lektüre erhofft.

Ein schöner Pluspunkt ist das angefügte Glossar, das sich am Ende des Buches versteckt. Auch das Interview zum Roman gehört zum interessanten Zusatzmaterial.

Das moderne Cover gefällt mir gut. Der Titel ist passend.

Mein Fazit:
„Sturmvögel“ von Manuela Golz ist ein unterhaltsamer Roman, der mir schöne Lesestunden bereitet hat, aber das gewisse Extra vermissen lässt, um noch lange nachzuhallen.

Veröffentlicht am 20.05.2021

Kopf oder Zahl

Du kannst kein Zufall sein
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Josh trifft es knüppelhart: Seinen Antrag lehnt Freundin Jade Toogood am Silvesterabend ab und konfrontiert den 28-Jährigen damit, dass sie ihn betrogen hat. Auf einen Schlag verliert er nicht nur die ...

Josh trifft es knüppelhart: Seinen Antrag lehnt Freundin Jade Toogood am Silvesterabend ab und konfrontiert den 28-Jährigen damit, dass sie ihn betrogen hat. Auf einen Schlag verliert er nicht nur die Beziehung, sondern auch Job und Wohnung. Was soll er nur tun? Weil er seinen eigenen Entscheidungen nicht mehr traut, will der Engländer bei allen anstehenden Fragen eine Münze werfen.

„Du kannst kein Zufall sein“ ist eine romantische Komödie von James Bailey.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus 41 Kapiteln. Sie erstrecken sich auf fünf Teile, die nach den Jahreszeiten benannt sind. Erzählt wird in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Josh. Dieser Aufbau funktioniert gut.

Der Schreibstil ist locker und anschaulich. Es gibt viel wörtliche Rede. Dem Korrektorat sind noch einige Fehler durchgerutscht.

Der unsympathische Protagonist ist für mich ein echtes Manko des Romans. Fast bis zum Ende verhält sich Josh wie ein unreifer Vollidiot, der kaum ein Fettnäpfchen auslässt und von einem Fremdschäm-Moment zum nächsten schlittert. Mit seinem Charakter wurde ich überhaupt nicht warm. Allerdings gibt es die eine oder andere liebenswürdige Nebenfigur.

Die Idee mit dem Münzwurf hat mich an der Geschichte gereizt. Die Handlung ist tatsächlich sehr kurzweilig und erstaunlich abwechslungsreich, obwohl die Münze zeitweise etwas in den Hintergrund rückt. Auf unterhaltsame Art werden interessante Fakten eingestreut. Ich habe außerdem gerne etwas über Bristol gelernt. Zudem enthält der Roman mehrere bewegende und ernsthafte Passagen.

Leider war die Story für mich aber in weiten Teilen eher wie ein Unfall, bei dem man nicht weggucken kann. Größtenteils hat mich der platte Humor und Klamauk nicht erreicht. Viele Szenen sind unrealistisch und unangenehm übertrieben.

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Der deutsche Titel erschließt sich mir nicht so ganz, das englische Original („The Flipside“) ist treffender formuliert.

Mein Fazit:
„Du kannst kein Zufall sein“ von James Bailey ist ein Roman, der mich zwar unterhalten, aber auch enttäuscht hat. Eine Leseempfehlung kann ich nicht aussprechen.

Veröffentlicht am 18.05.2021

Briefe an Herrn Namiya

Kleine Wunder um Mitternacht
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Der Gemischtwarenladen von Yuji Namiya ist kein Geschäft wie jedes andere, denn der Inhaber verkauft nicht nur allerlei, sondern ist ein gefragter Ratgeber. Mithilfe von Briefen erbitten Menschen in Not ...

Der Gemischtwarenladen von Yuji Namiya ist kein Geschäft wie jedes andere, denn der Inhaber verkauft nicht nur allerlei, sondern ist ein gefragter Ratgeber. Mithilfe von Briefen erbitten Menschen in Not bei ihm eine Lösung für ihre Probleme. Eines Nachts suchen die drei Einbrecher Atsuya, Shota und Kohei in dem Laden Unterschlupf und werden auf unerwartete Weise in diese Sache hineingezogen...

„Kleine Wunder um Mitternacht“ ist ein Roman von Keigo Higashino.

Meine Meinung:
Der Roman besteht aus fünf Kapiteln. Erzählt wird aus wechselnden Perspektiven. Handlungsorte und -zeiten variieren ebenfalls. Die geschickt aufgebaute, komplexe Struktur des Romans hat mir sehr gut gefallen.

In sprachlicher Hinsicht hat mich die deutsche Ausgabe leider enttäuscht. Der offenbar ohnehin recht einfache Stil des Originals wird durch eine in einigen Passagen missglückte Übersetzung gänzlich verschandelt. So entstehen mehrere Stellen, die sich nicht recht erschließen. Wobei: Interessanterweise spricht der Verlag gar nicht von einer „Übersetzung“, sondern einem „Übertragen ins Deutsche“. Zudem ist dem Korrektorat noch etliches durchgerutscht.

Die Charaktere sind reizvoll ausgestaltet. Anders als der deutsche Klappentext vermuten lässt, stehen nicht nur die drei Kleinkriminellen im Vordergrund. Besonders sympathisch finde ich Herrn Namiya selbst, der jedoch relativ wenig Raum erhält. Zwar ist es bei dem Umfang an Personen nicht immer leicht, den Überblick zu behalten. Gut gefallen haben mir aber die vielen Verknüpfungen der Figuren untereinander.

Die Grundidee des Romans finde ich sehr charmant. Inhaltlich geht es vor allem um persönliche Schicksale von Menschen, die sich in einem Dilemma befinden. Die geschilderten Fälle sind interessant und durchaus vielschichtig.

Auf rund 400 Seiten bleibt die Geschichte kurzweilig und abwechslungsreich. Dazu trägt auch eine Komponente des magischen Realismus bei, die sich durch die gesamte Handlung zieht und nachvollziehbar ist. Dabei kommt der Autor zwar nicht an andere schriftstellerische Größen wie Haruki Murakami heran, hat mich mit der Umsetzung aber durchaus überzeugt. Weniger gelungen ist aus meiner Sicht dagegen das letzte Kapitel, das zuerst mit einer Wendung überrascht, dann aber ins Kitschige abgleitet.

Das Cover ist ziemlich nichtssagend, aber hübsch. Der deutsche Titel ist nach meinem Verständnis nicht ganz korrekt.

Mein Fazit:
„Kleine Wunder um Mitternacht“ von Keigo Higashino ist ein unterhaltsamer und besonderer Roman, der jedoch nicht ohne Schwächen ist. Vor allem die misslungene Übertragung ins Deutsche schmälert den ansonsten positiven Gesamteindruck.