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Veröffentlicht am 20.12.2017

Vier Morde, vier Länder

Die letzte Erkenntnis
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Der kanadische Schauspieler und Regisseur Lester Debuisson hat einen Vorsatz gefasst: Er will den Mörder seines Bruders Roland finden. Während der Suche stößt der 31-Jährige auf die Fälle von drei Wissenschaftlern, ...

Der kanadische Schauspieler und Regisseur Lester Debuisson hat einen Vorsatz gefasst: Er will den Mörder seines Bruders Roland finden. Während der Suche stößt der 31-Jährige auf die Fälle von drei Wissenschaftlern, die angeblich zufällig im selben Jahr in der Schweiz, Deutschland und Italien ums Leben kamen. In Europa versucht Lester, die Zusammenhänge zwischen den Todesfällen aufzuklären. Der Vater der Schweizerin Tia Brekmann ist einer der Wissenschaftler. Auf einer kanadischen Pferderanch will sie unter falschem Namen zusammen mit ihrem Freund dem Trauma entfliehen. Sowohl Lester als auch Tia müssen jedoch feststellen, dass sie sich in Gefahr befinden.

„Die letzte Erkenntnis“ von Bernadette Calonego ist ein facettenreiches Buch.

Meine Meinung:
Unterteilt ist die Geschichte in 41 Kapitel, deren Länge ich angenehm empfand. Dabei gibt es zwei parallel verlaufende Erzählstränge, wobei sich die Kapitel, die Lester betreffen, und die, in denen es um Tia geht, abwechseln. Diese Struktur hat mir gut gefallen. Sie hat mich gleich neugierig darauf gemacht, wie beide Hauptprotagonisten zusammenhängen.

Der Schreibstil ist flüssig und anschaulich. Auch sprachlich ist das Buch – abgesehen von einigen gestelzten oder holprigen Formulierungen – gelungen.

Mit dem äußerst fesselnden und schockierenden Prolog war sofort mein Interesse an der Handlung geweckt. In den folgenden Kapiteln allerdings flacht die Spannung für meinen Geschmack leider zu sehr ab und es braucht auch etliche Seiten, bis die Geschichte wieder an Fahrt aufnimmt. Mit einigen Cliffhangern und unerwarteten Wendungen wurde zwar meine Neugier auf die Auflösung des Ganzen aufrechterhalten. Die Handlung war durchaus stimmig. Insgesamt hätte das Buch für mich jedoch noch etwas packender sein können, weswegen ich die Bezeichnung „Spannungsroman“ in diesem Fall treffender als „Thriller“ finde.

Andererseits ist es der Autorin hervorragend gelungen, falsche Fährten zu legen und Komplexität in der Geschichte zu schaffen. Interessante Themen wie Wissenschaft und religiöser Fanatismus verleihen dem Buch Tiefe. Zusammen mit der Vielzahl an Personen war es dabei nicht immer leicht, den Überblick zu erhalten. Die Geschichte verlangt daher die volle Aufmerksamkeit des Lesers.

Das Cover ist ansprechend gestaltet. Auch der Titel ist gut gewählt.

Mein Fazit:
„Die letzte Erkenntnis“ von Bernadette Calonego ist eine solide, lesenswerte Lektüre. Die Geschichte hat für unterhaltsame Lesestunden gesorgt.

Veröffentlicht am 18.12.2017

Das Monopol auf den Tod

Scythe – Die Hüter des Todes
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Citra Terranova und Rowan Damisch leben in einer scheinbar perfekten Welt der Zukunft. Krankheiten, Kriege, Unfälle, Armut und sogar der Tod sind besiegt. Um eine Überbevölkerung auf der Erde zu vermeiden, ...

Citra Terranova und Rowan Damisch leben in einer scheinbar perfekten Welt der Zukunft. Krankheiten, Kriege, Unfälle, Armut und sogar der Tod sind besiegt. Um eine Überbevölkerung auf der Erde zu vermeiden, müssen dennoch Menschen sterben. Die Entscheidung darüber obliegt den Scythe. Die Hüter des Todes dürfen bestimmen, wer leben darf und wer sterben muss. Gegen ihren Willen müssen Citra und Rowan bei Scythe Faraday eine solche Ausbildung absolvieren und die Kunst des Tötens lernen. Zwischen den jungen Leuten entsteht eine tiefe Verbindung, doch am Ende wird nur einer von den beiden auserwählt und der andere ist in großer Gefahr…

„Scythe – Hüter des Todes“ ist der Auftakt einer neuen Trilogie für Jugendliche von Neal Shusterman.

Meine Meinung:
Das Buch gliedert sich in fünf Teile, die wiederum in 40 Kapitel unterteilt sind. Zudem sind immer wieder Einträge aus Nachlese-Tagebüchern eingestreut.

Der Schreibstil ist angenehm und flüssig, die Schilderungen sind anschaulich und erzeugen viele Bilder. Sprachlich ist der Roman absolut gelungen.

Erzählt wird aus der Sicht der beiden Hauptprotagonisten Citra und Rowan, in deren Gedankenwelt ich gut eintauchen konnte. Beide Charaktere waren mir schnell sympathisch, ihr Handeln erscheint authentisch und nachvollziehbar.

Die spannende und ungewöhnliche Grundidee des utopischen Romans hat mich von Anfang an angesprochen. Das Konzept ist nicht ein bloßer Abklatsch anderer Bücher, sondern zeugt von Kreativität. Auch die Umsetzung konnte mich überzeugen, denn die Welt, die hier literarisch geschaffen wurde, wirkt stimmig und gut begründet. Meine hohen Erwartungen, die ich an die utopische Geschichte hatte, wurden nicht enttäuscht.

Die Handlung war von Beginn an spannend, sodass ich die Geschehnisse gebannt verfolgt habe. Auch dank mehrerer Wendungen blieb der Roman bis zum Ende sehr kurzweilig und unterhaltsam.

Gut gefallen hat mir, dass unterschiedliche ernste Themen wie Leben und Tod angesprochen werden. Dabei geht es auch um moralische und gesellschaftliche Aspekte, sodass der Roman Tiefgang erhält und zum Nachdenken anregt.

Die Gestaltung des Covers finde ich sehr ansprechend. Ein Pluspunkt ist für mich auch, dass sich der deutsche Titel nah am Original orientiert.

Mein Fazit:
„Scythe – Hüter des Todes“ von Neal Shusterman ist ein äußerst fesselnder Roman, der nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene eine tolle Lektüre ist. Nach dem sehr gelungenen Auftakt der Reihe warte ich schon gespannt auf die Fortsetzung. Der erste Band war eines meiner Lieblingsbücher dieses Jahr und ist absolut empfehlenswert.

Veröffentlicht am 17.12.2017

Wie ein Leben auf die schiefe Bahn geraten kann

Alles wird unsichtbar
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Milano wächst in der Bronx der 1970er-Jahre auf. Er wurde von afro-kubanischen Eltern adoptiert und ist das einzige spanischsprechende weiße Kind in der Nachbarschaft. Aber es geht dem Fünfjährigen gut ...

Milano wächst in der Bronx der 1970er-Jahre auf. Er wurde von afro-kubanischen Eltern adoptiert und ist das einzige spanischsprechende weiße Kind in der Nachbarschaft. Aber es geht dem Fünfjährigen gut – bis zum schicksalhaften Autounfall. Im Krankenhaus muss er feststellen, dass sein linker Arm unsichtbar geworden ist. Was Phantomschmerzen sind, begreift er erst nach und nach: als seine Mutter Miriam stirbt und sein Vater ihn wie Luft behandelt. Sein Leben wird zu einer Abwärtsspirale, bis er im Jugendknast landet. Aber er hält eine zweite Chance.

„Alles wird unsichtbar“ ist der Debütroman von Gerry Hadden.

Meine Meinung:
Der Roman gliedert sich in drei Teile und 30 Kapitel. Erzählt wird aus der Ich-Perspektive aus der Sicht von Milano. Ungewöhnlich ist die Erzählstruktur: Neben dem Geschehen in den 1980er-Jahren gibt es immer wieder Rückblenden in die 1970er-Jahre. Zudem spielt die Handlung an mehreren Orten und sogar in unterschiedlichen Ländern. Daher braucht es etwas, um sich in die Geschichte einzufinden. Allerdings sorgen die Sprünge zwischen den Ebenen auch für Abwechslung und Dynamik.

Von der Masse hebt sich auch der Schreibstil ab. Der Roman enthält viel wörtliche Rede. Und trotz der eher sachlichen, schnörkellosen, zum Teil auch etwas derben Sprache gelingt es, Emotionalität zu erzeugen und die Gefühle Milos gut zu vermitteln.

Hauptprotagonist Milano ist ein sehr spezieller Charakter, der größtenteils authentisch auf mich wirkte. Es war interessant, seine Entwicklung zu verfolgen.

Inhaltlich verbindet der Roman viele ernste Themen. Die Geschichte erhielt dadurch Tiefe und konnte mich zum Nachdenken bringen. Leider hat die Handlung in ihrem späteren Verlauf etwas an Glaubwürdigkeit eingebüßt, weil ich einige Episoden als etwas überzogen empfand. Im Großen und Ganzen konnte mich die Geschichte jedoch berühren.

Nicht nur das Buch an sich ist ungewöhnlich, sondern auch dessen Gestaltung. Der Kartoneinband mit Leinenrücken sticht in der Buchhandlung sicherlich hervor. Das Cover selbst ist zwar thematisch passend, trifft allerdings nicht so ganz meinen persönlichen Geschmack.

Mein Fazit:
„Alles wird unsichtbar“ von Gerry Hadden ist keine leichte Kost, sondern eine anspruchsvolle Lektüre und ein Roman, der durchaus polarisieren kann. Ich jedenfalls empfinde das Buch als lesenswert.

Veröffentlicht am 17.12.2017

Eine tragikomische Fahrt mit der „Glücksmaschine“

Signor Rinaldi kratzt die Kurve
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Pietro Rinaldi ist verbittert und plant seinen Selbstmord. Mit 80 Jahren hat er genug vom Leben. In seiner Wohnung in Genua hat der ehemalige Schriftsteller schon genügend Schlaftabletten für den Suizid ...

Pietro Rinaldi ist verbittert und plant seinen Selbstmord. Mit 80 Jahren hat er genug vom Leben. In seiner Wohnung in Genua hat der ehemalige Schriftsteller schon genügend Schlaftabletten für den Suizid gehortet. Der Witwer steht kurz davor, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen, da kommt alles anders. Denn plötzlich soll sich der chronisch übellaunige Alte um seinen 15-jährigen Enkel Diego kümmern, den er bis dato nicht besonders gut kennt. Auf die beiden wartet ein Roadtrip nach Rom in einem alten Cabrio, das von Rinaldi die „Göttin“ oder die „Glücksmaschine“ genannt wird.

In dem Roman „Signor Rinaldi kratzt die Kurve“ schildert Lorenzo Licalzi die tragikomische Reise eines Großvaters und seines Enkels.

Meine Meinung:
Der Roman umfasst 22 Kapitel und eine Art Epilog. Erzählt wird die herzerwärmende Geschichte vorwiegend aus der Sicht des grantigen Ex-Schriftstellers. Der Erzählstil ist locker und flüssig und beinhaltet an einigen Stellen Situationskomik und gelungene sprachliche Bilder.

Mit Pietro Rinaldi steht ein zynischer, ziemlich eigenwilliger Charakter im Vordergrund, dem viele seiner Mitmenschen „auf den Sack gehen“, kein typischer Romanheld also. Doch schnell wird klar, dass sich unter seiner harten Schale ein weicher Kern befindet, den sein Enkel immer wieder zutage fördern kann. Pietros schwarzer Humor und seine bitterbösen Kommentare konnten mir so manches Schmunzeln entlocken. Im Gegensatz dazu steht sein durchweg sympathischer, liebenswerter Enkel. Beide zusammen bilden ein interessantes Gespann.

Gut gefallen haben mir auch die unterschiedlichen Stimmungen, die der Roman transportiert. Mal macht er nachdenklich, mal ist er humorvoll, mal traurig. Eine tolle Mischung. Skurrile Situationen wechseln sich mit melancholischen Passagen ab. Immer wieder hat es die gefühlvolle Geschichte dabei geschafft, mich zu bewegen. Für Kurzweil sorgen außerdem einige überraschende Wendungen. Dennoch bleibt die Handlung durchgehend stimmig und wirkt nicht übertrieben.

Ich habe den Roman in Form eines Hörbuchs als ungekürzte Lesung genossen, bei der Sprecher Erich Wittenberg seine Aufgabe sehr gut gemeistert hat.

Auch das minimalistische, ansprechende Cover und der treffende Titel sind ganz nach meinem Geschmack.

Mein Fazit:
„Signor Rinaldi kratzt die Kurve“ von Lorenzo Licalzi ist ein gleichsam unterhaltsamer wie sehr berührender Roman, der mich in mehrfacher Hinsicht positiv überrascht hat. Von mir gibt es eine klare Empfehlung.

Veröffentlicht am 13.12.2017

Wenn die Suche nach dem großen Glück immer erfolglos bleibt

Das geflügelte Nilpferd
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Kann es sein, dass es das Glück überhaupt nicht gibt? Viele hetzen ihm hinterher. Sie glauben: „Wenn ich erst einen Partner oder eine Beförderung habe, dann ist mein Leben perfekt.“ Viele verfolgen Träume ...

Kann es sein, dass es das Glück überhaupt nicht gibt? Viele hetzen ihm hinterher. Sie glauben: „Wenn ich erst einen Partner oder eine Beförderung habe, dann ist mein Leben perfekt.“ Viele verfolgen Träume und Ziele. Dabei werden häufig Irrwege beschritten. Doch selbst wenn diese erreicht werden, verschwindet die Freude darüber wieder recht schnell. So wird die Suche nach dem Glück eine Aneinanderreihung von Enttäuschungen und Frust und bleibt am Ende erfolglos. Also was stattdessen tun?

Mit „Das geflügelte Nilpferd: Warum die Jagd nach dem großen Glück unserem Leben im Weg steht“ hat Psychologin Victoria Bindrum einen interessanten Ratgeber geschrieben.

Meine Meinung:
Untergliedert ist das psychologische Sachbuch in elf Kapitel. Beschrieben werden darin zunächst fünf Irrwege. Sie sollen erklären, warum es das Glück tatsächlich gar nicht gibt. Anschließend erklärt die Autorin, wie man das Leben neu entdecken, wie man ihm eine neue Richtung geben und es auskosten kann. Im Anhang finden sich eine Liste mit angenehmen Tätigkeiten und eine mit möglichen Werten, auf die man sich konzentrieren kann, wobei ich vor allem letztere Übersicht als hilfreich empfand. Dieser Aufbau des Ratgebers erscheint mir logisch und gut strukturiert.

Positiv aufgefallen ist mir der unterhaltsame, angenehme und humorvolle Schreibstil. Der Autorin gelingt es mit anschaulichen Beispielen und einprägsamen, treffenden Metaphern ihre Aussagen zu verdeutlichen. Die Erklärungen sind nachvollziehbar und verständlich, ihre Begründungen wirken überzeugend. Dabei scheut es die Autorin auch nicht, persönliche Erlebnisse zu teilen. Ein weiterer Pluspunkt ist die Vielzahl an alltagsnahen Übungsvorschlägen, die das Geschriebene noch greifbarer machen sollen und sich ebenfalls schnell erschließen.

Die Argumentation basiert auf der Akzeptanz- und Commitmenttherapie – eine solide Grundlage. An mehreren Stellen wird deutlich, dass tatsächlich wissenschaftliche Erkenntnisse in den Ratgeber eingeflossen sind. Forschungsergebnisse werden dargelegt. Zwar erfindet Victoria Bindrum mit ihren Aussagen das Rad nicht neu und es lassen sich Überschneidungen mit den Ausführungen anderer Autoren feststellen. Allerdings spricht die wissenschaftliche Untermauerung für die Argumentationskette. Ich selbst finde mich in meinen eigenen Überlegungen und Überzeugungen bestärkt und konnte noch die eine oder andere Anregung aus dem Buch ziehen.

Ein weiterer Pluspunkt ist für mich, dass der Ratgeber nicht dogmatisch daherkommt und keine überzogenen Versprechungen macht. Dadurch hebt er sich angenehm von anderen seines Genres ab.

Abgerundet wird das Sachbuch durch eine liebevolle, ansprechende Aufmachung und Zitate bekannter Persönlichkeiten. Auch der Titel ist gut formuliert und sagt mir zu.

Mein Fazit:
„Das geflügelte Nilpferd: Warum die Jagd nach dem großen Glück unserem Leben im Weg steht“ von Victoria Bindrum ist ein lesenswertes, unterhaltsames Sachbuch, das für einige Denkanstöße sorgen kann.