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Veröffentlicht am 16.02.2024

Rasante Spannung

Gestehe
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Als der Wiener Starermittler Johann Winkler, Jacket genannt, an einen Tatort kommt, glaubt er seinen eigenen Augen kaum. Das grausam ermordete und zur Schau gestellte Opfer gleicht eins zu eins der ermordeten ...

Als der Wiener Starermittler Johann Winkler, Jacket genannt, an einen Tatort kommt, glaubt er seinen eigenen Augen kaum. Das grausam ermordete und zur Schau gestellte Opfer gleicht eins zu eins der ermordeten Frau, die in Winklers neuestem Buch vorkommt. Einem Buch, das allerdings noch als unveröffentlichtes Skript in einer Schublade liegt. Das mit Blut an die Wand geschmierte Wort macht das Ganze noch mysteriöser, denn es lautet so, wie der Titel des geplanten Thrillers, nämlich GESTEHE. Zwischen Wahn und Wirklichkeit erkennt Winkler bald, dass das Morden gerade erst angefangen und er eine besondere Rolle in einem perfiden Spiel zugewiesen bekommen hat.

Ich bin nicht sofort ins Buch eingetaucht, war nicht direkt gebannt, sondern eher verwirrt, weil der Prolog und die folgenden Kapitel zwischen verschiedenen Personen hin und her gesprungen sind. Auch war ich zunächst ein wenig skeptisch, ob es funktionieren kann, dass da mal wieder ein Autor im Mittelpunkt steht, dessen Werk eine Rolle spielt. Henri Faber hat mich allerdings sehr schnell eines Besseren belehrt, er zog mich kontinuierlich in eine Geschichte rein, die mich kurze Zeit später vollkommen vereinnahmt und gefesselt hat. Dabei fand ich die Protagonisten gleichermaßen unsympathisch wie interessant, weil beide lange nebulös geblieben sind. Der Autor verstand es dabei meisterhaft, die Spannung immer wieder ins Unermessliche zu steigern, die abwechselnde Perspektive überschnitt sich oft, was dazu führte, dass ich vor Neugierde wahnsinnig geworden bin. Einige Enthüllungen waren schlau platziert, viele Spuren klug gelegt. Ein bestimmter Hinweis führte mich schnell auf die richtige Fährte, aber nicht im mindesten dazu, dass es dadurch weniger aufregend wurde; im Gegenteil legte Henri Faber noch eine Schippe drauf.

Tempo- und wendungsreich war die Story, ich bewunderte die vielen Einfälle, den großartigen Humor und den ein oder anderen klugen Twist. Immer wieder gab es Überraschungen, die keine Langeweile aufkommen ließen, so liebe ich es. Die Auflösung war schlüssig, das Ende unvorhersehbar und im Abschluss folgte unerwartet ein schöner Moment. Ein toller Thriller, der mir unglaublich gut gefallen hat. Volle Punktzahl gibt es von mir und natürlich eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 14.02.2024

Ein Leben für ein Leben

VITA
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Justine Callaghan hat als Mitbegründerin der Vita-Bewegung vor Jahren dazu beigetragen, die Todesstrafe zu revolutioniern; sollte sich eine zum Tode verurteilte Person als unschuldig herausstellen, muss ...

Justine Callaghan hat als Mitbegründerin der Vita-Bewegung vor Jahren dazu beigetragen, die Todesstrafe zu revolutioniern; sollte sich eine zum Tode verurteilte Person als unschuldig herausstellen, muss der dies zu verantwortende Staatsanwalt oder Staatsanwältin selbst auf den elektrischen Stuhl. Justine hat ein einziges Mal ein Todesurteil verhängen lassen und weigert sich seitdem, dies ein weiteres Mal zu tun. Als die Frau des zum Tode verurteilten Mannes sich bei Justine meldet und behauptet, einen Beweis für die Unschuld ihres Ehemannes gefunden zu haben, ist das Entsetzen und die Angst vor den Konsequenzen groß.

„Wie kann man wiedergutmachen, was nicht wiedergutzumachen ist?“ (Seite 113)

Dieser Roman war nicht einmal annähernd das, was ich erwartet habe, aber bereits jetzt kann ich verraten, dass er meine Erwartungen, seien es auch andere gewesen, bei weitem übertroffen hat. Zu Beginn hatte ich einige Schwierigkeiten, um ins Buch zu finden, denn obwohl ich damit sonst nie Probleme habe, war ich überrascht, dass Justine als Ich-Erzählerin fungierte. Dies legte sich nach einigen Kapiteln allerdings und kurze Zeit später hätte ich es mir nicht anders vorstellen können. Auch die schriftlichen Bekenntnisse des Insassen im Todestrakt erfolgten in der Ich-Form, diese unterbrachen die Geschichte und ergänzten mein Wissen, verrieten allmählich, was wirklich geschah.

„Und genau das zeigen sie eben nicht im Film, schreiben es nicht in die Hinrichtungshandbücher des Justizministeriums. Aus gutem Grund: Sie können es nicht.“ (Seite 106)

Stückchenweise erfuhr ich die Hintergründe des Gesetzes, der Tat und ihren Folgen, auch die Lebensumstände von Justine, die öfters mal ins Plaudern kam, wurden thematisiert. Was Anfangs nach einer unterhaltsamen Dystopie klang, entwickelte sich zu einem Drama, das es an Spannung stellenweise mit einem Thriller hätte aufnehmen können. Je mehr ich erfuhr, desto erschütterter war ich, bis eine Wendung folgte, die mir die Sprache verschlug. Ich fragte mich, wie ich entschieden hätte, dies war aber nicht einfach zu beantworten. Geschockt las ich weiter, gespannt darauf, welche Richtung die Story nun einschlagen würde. Was ich dann erfuhr, brach mir das Herz.

„All das ist so ungeheuerlich und unvorstellbar, dass mir die Worte fehlen. Ich habe das Gefühl, nie wieder Worte zu finden.“ (Seite 262)

Nie hätte ich eine solche Erklärung erwartet und auch nicht, was dann geschah, denn als ich mir sicher war, den richtigen Wegweiser zu sehen, überraschte mich die Geschichte zum wiederholten Mal und bog ganz anders ab. Der Ausgang war perfide, gemein und einfach fies, aber auch passend, voller Hoffnung und vielleicht gab es einen Kompromiss. Nichts wird verraten meinerseits, aber eines ist sicher: Dieser dystopische Thriller war eines der besten Bücher im Genre, die ich in letzter Zeit lesen durfte. Von mir gibt es dafür volle Punktzahl und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 12.02.2024

Alles ist miteinander verbunden

Leuchtfeuer
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Ein furchtbarer Unfall stellt das Leben der Familie Wilf auf den Kopf. Noch viele Jahre später hat dieses Geschehen Einfluss auf die Menschen, die darin verwickelt waren. Eine Lüge bestimmt fortan das ...

Ein furchtbarer Unfall stellt das Leben der Familie Wilf auf den Kopf. Noch viele Jahre später hat dieses Geschehen Einfluss auf die Menschen, die darin verwickelt waren. Eine Lüge bestimmt fortan das Leben der vier Familienmitglieder, die nicht in der Lage sind, miteinander zu sprechen. Zwanzig Jahre später droht durch die Begegnung von Dr. Wilf mit dem zehnjährigen Nachbarskind Waldo ein langgehegtes Geheimnis ans Licht zu kommen.

„Es konnte nicht sein, doch es war so. Das alles war ihm durch den Kopf geschossen, als er zum Wagen rannte. Er handelte nicht als Arzt, sondern als Vater. Er versuchte, seine eigenen Kinder zu schützen.“ (Seite 142)

Auf mehreren Zeitebenen verfolgte ich das Leben der Familie Wilf, war hautnah bei dem tragischen Ereignis dabei, durch das die Zeitrechnung der Wilfs in ein Davor und ein Danach getrennt wurde. Die Ereignisse im August 1985 hatten dramatische Auswirkungen auf alle Familienmitglieder, die daraus erwachsene Sprachlosigkeit führte dazu, dass sie alle noch Jahrzehnte später mit den Folgen kämpften. Waldo Shenkman kreuzte die Wege von Dr. Benjamin Wilf auf einer der Ebenen, der außergewöhnliche Junge purzelte in der Silvesternacht im Jahr 1999 förmlich ins Leben, und das in einer dramatischen Art und Weise, die mir Gänsehaut bescherte. Auch Waldo war Teil dieser Geschichte, ergänzte mit seinem Vater die Stimmen im Buch.

„Wie soll er seinem Vater begreiflich machen, dass in seinem Kopf ständiger Lärm herrscht, der nur hierdurch zum Schweigen gebracht wird? Durch die Stille des Nachthimmels. Die kreisenden Sterne. Die uralten Formen. Sie geben ihm ein Gefühl von Geborgenheit und Behütetsein, als wäre er unter einer riesigen Decke.“ (Seite 68)

Die ungewöhnliche Erzählweise und die schöne Sprache haben mich gewärmt, und das trotz der schmerzhaften, bewegenden und emotionalen Momente im Buch, Dramatik und Tragik inklusive. Viele Stellen haben mich zu Tränen gerührt, mein Mitgefühl geweckt und mein Herz berührt. Selten hat ein dermaßen trauriges Buch mich so glücklich gemacht. Das war großes Kino, ein Herzensbuch, ein wahres Juwel. Volle Punktzahl mit einem extra Sternchen gibt es dafür nebst dem Prädikat besonders wertvoll. Ein Jahreshighlight für mich!

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Veröffentlicht am 08.02.2024

Trip in die Hölle und zurück

Höllenfeuer
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Ein Islamist verübt am 12. September 2022 in einer Münchener U-Bahn einen Anschlag, infolge dessen mehr als 300 Menschen sterben, mehrere hundert weitere Personen werden zum Teil lebensgefährlich verletzt. ...

Ein Islamist verübt am 12. September 2022 in einer Münchener U-Bahn einen Anschlag, infolge dessen mehr als 300 Menschen sterben, mehrere hundert weitere Personen werden zum Teil lebensgefährlich verletzt. An dem Tag sollte der Innenminister Martin Himmel in der U-Bahn sitzen, durch einen Zufall steigt er vor dem dramatischen Ereignis aus. Die Ermittlungen der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe leitet Erster Hauptkommissar Torge Prager. Ein erster Tatverdächtiger ist schnell gefunden, allerdings glaubt Martins Tochter Antonia Himmel, Oberregierungsrätin in München, fest an dessen Unschuld und trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Politische Thriller zähle ich nicht zu meinem bevorzugten Genre, wenn aber Peter Grandl ein neues Buch rausbringt, greife ich blind zu. Ich war sicher, dass mich eine gute Geschichte erwarten würde, aber nie habe ich mich so sehr geirrt, wie es beim vorliegenden Buch der Fall war, denn diese Story war an Spannung und Aktualität nicht zu überbieten! Bereits nach wenigen Seiten war ich gefesselt und nicht mehr gewillt, den Thriller aus der Hand zu legen; ich konnte und wollte nicht aufhören zu lesen. Wie üblich lag der Fokus nicht auf einer einzelnen Person, sondern richtete sich abwechselnd auf verschiedene Akteure, die in diesem teuflischen Spiel mitmischten, sprang von hier nach da und erzeugte dadurch eine Spannung, die mich an mancher Stelle schier verrückt gemacht hat. Ich kann gar nicht zählen, wie oft ich versucht war, vorzublättern, wenn der Autor mal wieder in einer nervenaufreibenden Szene einfach einen Sprung machte zum nächsten Schauplatz, der ebenfalls wichtig war, für mich aber in solchen Momenten einfach nicht im Vordergrund stand. Oft kam mir das Wort Folter in den Sinn, was natürlich nicht wortwörtlich genommen werden sollte an dieser Stelle.

Diese Geschichte hatte alles, was ein guter Thriller braucht, die zusätzliche Liebesgeschichte hätte es dabei für mich nicht gebraucht, auch wenn sich diese gut in das Gesamtbild eingefügt hat. Wieder einmal hat Peter Grandl bewiesen, dass er ein Meister seines Fachs ist, wieder einmal hat er gezeigt, dass es eine ganze Menge mehr Schattierungen gibt zwischen Schwarz und Weiß. Die Auflösung war schlüssig und dramatisch, das Ende so gestaltet, dass ich mir vorstellen könnte, gegebenenfalls eine Fortsetzung erwarten zu dürfen, wenn auch die Ereignisse in diesem Buch zufriedenstellend ihren Abschluss fanden. Man wird ja wohl mal träumen dürfen. Vorerst gibt es von mir fünf Sterne mit extra Sternchen und eine Leseempfehlung. Fazit: Politthriller? Grandl!

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Veröffentlicht am 06.02.2024

Die Wirren der Kriegszeit

Die Unwürdigen
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Am östlichen Rand von Oslo, Norwegen, leben die Familien von Carl, Olav und ihren Freunden in ärmlichen Verhältnissen. Der Zweite Weltkrieg ist im Gange, das Land durch die feindliche deutsche Macht besetzt. ...

Am östlichen Rand von Oslo, Norwegen, leben die Familien von Carl, Olav und ihren Freunden in ärmlichen Verhältnissen. Der Zweite Weltkrieg ist im Gange, das Land durch die feindliche deutsche Macht besetzt. Die Jugendlichen schließen sich in Gruppen zusammen, lügen, betrügen und klauen, was nicht niet- und nagelfest ist, um es zu Geld zu machen und untereinander aufzuteilen. Nach dem Motto „Einer für alle, alle für einen“ wird füreinander gesorgt, Fragen keine gestellt.

Das Buch begann im Jahre 1942 und beschrieb die Zeit bis zu Befreiung. Die Geschichte sprang zwischen den Freunden, es wurden aber auch einige Nebencharaktere thematisiert. Zu Beginn tat ich mich schwer mit dem trockenen Schreibstil und leider blieb dies so, wobei die Spannung für mich in Wellen kam und ging, je nach Person und Ereignis, das im Mittelpunkt stand. Manche Biografien haben mich gefesselt, einige leider gar nicht, bis zur Mitte plätscherte die Erzählung dadurch ein bisschen vor sich hin, obwohl es durchaus Stellen gab, die emotional aufgeladen waren und dadurch mehr Tiefe hatten. In der zweiten Hälfte zog das Tempo ein wenig an, es kam zu einigen Vorfällen, die die Spannung erhöhten. Nun wollte ich unbedingt wissen, wie es ausgeht und wurde belohnt. Alles in allem ein solider Roman, den ich mir aufregender gewünscht hätte. Es hätte für mich wohl besser gepasst mit einem anderen Schreibstil. Dennoch lesenswert!

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