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Veröffentlicht am 09.09.2024

Der Geist der Rache

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Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht ...

Kurze Zeit nach Abschluss der Ermittlungen in den Mittsommer-Morden entschließt sich Kim Ribbing, den berüchtigten Schockdoktor Martin Rudbeck zu kidnappen, nachdem diesem mit gesetzlichen Mitteln nicht beizukommen war. Er redet sich ein, dass er auf keinem Rachefeldzug, sondern auf der Suche nach Antworten sei, und die von ihm angewandten Methoden notwendig, um den verhassten Mann zum Sprechen zu bringen. In einem Moment der Unachtsamkeit geschieht etwas Unerwartetes, weitere Personen werden involviert und schon bald gibt es Probleme, deren Lösung nicht so einfach scheint.

„Es gab trotz aller Widrigkeiten schöne, unschuldige Dinge auf dieser Welt, zu denen man ohne Furcht, verletzt zu werden, eine Beziehung aufbauen konnte. Und es gab Menschen, die verletzten und töteten, einfach weil sie es konnten und Lust darauf hatten. Weil ihnen gerade danach war. In diesem Moment, als er in die glänzenden, leblosen Augen des Rehs schaute, beschloss Kim Ribbing, Dr. Martin Rudbeck zu entführen.“ (Seite 10)

Beim vorliegenden Buch handelt es sich um den zweiten Teil der sogenannten Mittsommer-Trilogie, zum Erscheinen des ersten Buches noch Stormland-Trilogie genannt. Es macht meiner Meinung nach keinen Sinn, diesen Teil zu lesen, ohne den vorherigen zu kennen, beide Bücher bauen aufeinander auf und die Handlung geht fast ohne Unterbrechung weiter. Diese Rezension ist vollkommen spoilerfrei, was beide Teile angeht.

Startete der Auftakt der Trilogie noch mit einem großen Knall, so ging es hier zu Beginn und auch im Folgenden eher ruhig, stellenweise sogar fast gemächlich zu. Kim, Julia und Astrid bekamen jeweils viel Platz im Buch, aber auch aus dem ersten Teil bekannte Personen im Bereich der Polizei nahmen viel Raum ein. Dies hat mich zu Beginn etwas irritiert, weil ich auf einen Thriller eingestellt war, aber schon nach wenigen Kapiteln entwickelte die Geschichte einen fast unwiderstehlichen Sog und es zog mich in jeder freien Minute nach Stockholm zurück.

Der ungewöhnliche Aufbau mit Sprüngen in der Tageszeit trug zur eher gemäßigten Spannung bei, was ich aber nicht schlecht fand, denn es wurde trotzdem kriminell und wirklich interessant; an ungewöhnlichen Einfällen mangelte es jedenfalls nicht. Ich war gespannt darauf, welchen Ausgang diese verzwickte Geschichte nehmen würde und wurde nicht enttäuscht. Insgesamt ein etwas zurückhaltender mittlerer Teil, der mich dennoch voller Ungeduld und großer Vorfreude auf den Abschluss warten lässt.

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Veröffentlicht am 06.09.2024

Das Leben ist mein

Selma Merbaum – Ich habe keine Zeit gehabt zuende zu schreiben
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„Erinnern heißt, die Flamme am Brennen zu halten, und nicht, die Asche zu verwahren.“ (Seite 12)

Am 05. Februar 2024 wäre Selma Merbaum 100 Jahre alt geworden, wäre sie nicht im Alter von gerade mal achtzehn ...

„Erinnern heißt, die Flamme am Brennen zu halten, und nicht, die Asche zu verwahren.“ (Seite 12)

Am 05. Februar 2024 wäre Selma Merbaum 100 Jahre alt geworden, wäre sie nicht im Alter von gerade mal achtzehn Jahren in dem deutschen Zwangsarbeitslager in dem Dorf Mychailiwka (russisch: Michailowka) gestorben. Ihr Werk, das mittlerweile zur Weltliteratur zählt, umfasst 57 Gedichte, die sie mit einem Füller auf einzelne Seiten geschrieben, zu einem Album gebunden und auf dem Weg zur Deportation einem Bekannten zugesteckt hatte. „Blütenlese“ nannte sie das Büchlein, das sie ihrem Freund Leiser Fichman, ihrer großen Liebe, schenken wollte.

„Ich möchte leben.
Ich möchte lachen und Lasten heben
und möchte kämpfen und lieben und hassen
und möchte den Himmel mit Händen fassen
und möchte frei sein und atmen und schrein.
Ich will nicht sterben. Nein!
Nein.
Das Leben ist rot,
Das Leben ist mein.
Mein und dein.
Mein.“
(Auszug, Seite 259)

Die deutsche Schriftstellerin Marion Tauschwitz hat eine umfassende Biografie über die rumänische deutschsprachige Dichterin geschrieben, ergänzt durch zahlreiches Fotomaterial und Gedichte der viel zu früh verstorbenen jungen Frau. Diese ist gleichermaßen interessant, wie erschütternd, die umfassende Recherche hierzu verdient meinen vollsten Respekt. Die Gedichte haben mein Herz berührt; erwachsen und reif sind diese, mal melancholisch, mal lebendig und lebensfroh. Ein Buch, das ich gerne empfehle. Gegen das Vergessen.

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Veröffentlicht am 05.09.2024

Spielarten der Liebe

Das Buch der Schwestern
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Als Nora und Florent sich kennenlernen, schlägt Amor buchstäblich zu, die beiden werden unzertrennlich, brauchen niemanden außer sich. Als ihre Tochter Tristane auf die Welt kommt, wird diese zwar geliebt, ...

Als Nora und Florent sich kennenlernen, schlägt Amor buchstäblich zu, die beiden werden unzertrennlich, brauchen niemanden außer sich. Als ihre Tochter Tristane auf die Welt kommt, wird diese zwar geliebt, aber nicht beachtet, lediglich versorgt. Ihr größter Wunsch ist ein Geschwisterchen, sodass ihre Eltern ihr eine Schwester schenken, bevor sie fünf Jahre alt ist. Tristane kümmert sich ab da um Laetitia, die Schwestern geben sich gegenseitig Wärme, Geborgenheit und Liebe. Diese Beziehung wird auf den Prüfstand gestellt, als Tristane nach Paris zieht, um zu studieren.

„So wurde Laetitia in die Fülle geboren, wohingegen Tristane sie mit viereinhalb erst kennenlernte. Laetitia wusste nicht, dass das Herz verhungern kann, Tristane konnte das nie vergessen. Gleichzeitig mit ihrer Liebe erwuchs eine Kluft zwischen ihnen: Laetitia würde nie Angst haben, nicht geliebt zu werden, Tristane für immer und ewig.“ (Seite 41)

Was für eine außergewöhnliche Geschichte über Familie, Freundschaft und vor allem die Liebe. Ein bisschen crazy, ein wenig ins phantasievolle rutschend, aber immer herzerwärmend, freundlich und klug. Die Beziehung der Schwestern zueinander, aber auch die zu ihrer Cousine sowie Tristanes Zuneigung zu deren Mutter, die ihre Tante war, war so besonders, dass es eine Freude war, dem beiwohnen zu dürfen. Viele schlaue Sätze gab es im Buch, kluge Worte und auch die ein oder andere gesellschaftliche Kritik. Ich hätte gerne mehr gelesen über die Schwestern, aber auch in der Kürze gab es Erlebnisse genug. Wunderbar!

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Veröffentlicht am 02.09.2024

Das Gedächtnis des Wassers

Am Himmel die Flüsse
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„Wir formen aus unseren Träumen größere oder kleinere Gegenstände. Gefühle, die wir zwar haben, aber nicht akzeptieren, versuchen wir durch Dinge auszudrücken, die wir erschaffen - darauf vertrauend, dass ...

„Wir formen aus unseren Träumen größere oder kleinere Gegenstände. Gefühle, die wir zwar haben, aber nicht akzeptieren, versuchen wir durch Dinge auszudrücken, die wir erschaffen - darauf vertrauend, dass sie uns überleben und etwas von uns durch die Schichten der Zeit transportieren, so wie Wasser den Fels durchsickert.“ (Seite 560)

Im Winter des Jahres 1840 kommt am Ufer der Themse ein Kind zur Welt, es ist Arthur, König der Abwasserkanäle und Elendsquartiere genannt. Er wird in Armut und Elend hineingeboren und besitzt eine besondere Gabe, die zugleich ein Fluch sein wird. Im Jahr 2014 spaziert die neunjährige Narin mit ihrer Großmutter am Ufer des Tigris entlang, wo sie, in ein weißes Kleid gekleidet, mit heiligem Wasser aus dem Lalis-Tal getauft werden soll, als die Bulldozer kommen, die sie und die restliche Taufgesellschaft vertreiben. Zaleekhah wiederum hat eine schmerzhafte Trennung hinter sich, mit ihren wenigen Habseligkeiten geht sie im Jahr 2018 am Ufer der Themse entlang zu dem von ihr gemieteten Hausboot. Diese drei Personen haben auf den ersten Blick nichts gemeinsam, aber doch verbindet sie eine Geschichte über viele Jahrhunderte hinweg.

Elif Shafak hat einen Roman geschrieben, zu dem sie von tatsächlichen Ereignissen und historischen Figuren inspiriert worden ist. Die Anmerkungen am Ende des Buches hierzu sind sehr interessant und die Quellenverweise hilfreich bei der Suche nach den wahren Geschehnissen, da diese natürlich zur Geschichte angepasst wurden und oft zeitlich anderweitig anzusiedeln sind. Ich ziehe den Hut vor der Leistung der Autorin, denn die Recherchen für das vorliegende Werk müssen gewaltig gewesen sein.

„Die Heimat ist dort, wo die geliebten Menschen sind, aber das gilt auch umgekehrt. Die, die du liebst, sind deine Zuflucht, dein Schutz, dein Land und, wenn es schlimm kommt, dein Exil. Du wirst ihnen folgen, wohin sie auch gehen.“ (Seite 322)

So viele Jahrhunderte und Jahre Arthur, Narin sowie Zaleekhah trennten, so viele Gemeinsamkeiten fanden sich im Laufe des in fünf Abschnitte aufgeteilten Buches zwischen den Zeilen und auch in den Sätzen wieder. Die Jahre mit Arthur versetzten mich in ein London, das laut, dreckig und mit Gerüchen angefüllt war, die ich aufgrund der bildlichen Schreibweise von Elif Shafak förmlich riechen konnte. Narins Großmutter wiederum schaffte es mit ihren Sagen, Märchen und Fabeln, die sie ihrer Enkelin zuflüsterte, dass ich mich in eine andere Welt, eine wie aus der Sammlung Tausendundeine Nacht, versetzt fühlte, obwohl beider Schicksal für mich mit dem Jahr 2014 begann. Die Wissenschaftlerin Zaleekhah brachte mir ihr Wissensgebiet näher, ich weiß nun unter anderem, dass Wasser vielleicht ein Gedächtnis hat, und dass wir Menschen viele Flüsse begraben haben, sodass diese heute in Vergessenheit geraten sind. Diese und viele andere, äußerst interessante und mir bis dato unbekannte Dinge saugte ich auf wie ein Schwamm während ich durch die Seiten fast geflogen bin.

Viele Themen fanden sich im Buch wieder, manche waren schwer zu ertragen, zum Beispiel als es um das Schicksal der Eziden ging. Die Passagen über den Ende des 19. Jahrhunderts am Tigris verübten Genozid waren die verstörendsten und emotionalsten im Buch. Aber natürlich gab es auch schöne Momente, Zeiten, die informativ sowie unterhaltsam waren, Dinge, die erstaunlich und herzerfrischend gewesen sind. Poetisch, mit einer bildhaften Sprache hat mich Elif Shafak entführt in eine andere Welt, hat mir Orte gezeigt, die phantastisch waren, mich auf Einzelheiten aufmerksam gemacht, die bisher für mich alltäglich waren und nun in einem neuen Licht erscheinen. Ich bin glücklich darüber, dass ich dabei gewesen bin. Wunderbar und lesenswert.

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Veröffentlicht am 31.08.2024

Mörderischer Spaß auf Zypern

Rosenblütensucht
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Panagiotis Polychroniadis, kurz Pana genannt, führt ein Café in Paphos, einer Stadt an der Südwestküste der Mittelmeerinsel Zypern. Ute ist kürzlich nach Paphos ausgewandert, hat eine Scheidung hinter ...

Panagiotis Polychroniadis, kurz Pana genannt, führt ein Café in Paphos, einer Stadt an der Südwestküste der Mittelmeerinsel Zypern. Ute ist kürzlich nach Paphos ausgewandert, hat eine Scheidung hinter sich und lernt Pana auf dessen Silvesterparty kennen. Als eines Tages ein Pick-up auf dem Bürgersteig vor dem Café mit einer Leiche auftaucht, ist die Aufregung groß. Hauptkommissar Yannis Polychroniadis, ein Cousin Patas, führt die Ermittlungen, ist dabei aber nicht sonderlich erfolgreich, sodass sich Pana selbst an die Aufklärung des Falles macht.

Der erste Zypern-Krimi von Tina Walde ist eine wunderbar leichte Sommerlektüre, bei der ich immer wieder das Gefühl hatte, selbst auf der Mittelmeerinsel zu sein. Der Cosy-Krimi glänzt durch humorvolle Momente, ein sommerliches Inselflair und enthält zur Abrundung eine Liebesgeschichte. Zu Beginn lernen wir die Akteure kennen, deswegen dauert es ein wenig, bis es kriminell wird. Da es sich beim vorliegenden Buch um den ersten Teil einer Reihe handelt, ist dies vonnöten, um ein Gespür für die Personen und das Leben auf der Insel zu entwickeln. Die Geschichte hat mir viel Spaß gemacht und ich freue mich auf ein Wiedersehen im sonnenverwöhnten Zypern.

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