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Veröffentlicht am 20.08.2021

Kindheit ohne Paradies

Die Überlebenden
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Zwei Jahrzehnte nach einem Vorfall, der zum Bruch zwischen den Brüdern geführt hat, treffen sich die drei wieder, um am Sommerhaus ihrer Kindheit die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Unter der Oberfläche ...

Zwei Jahrzehnte nach einem Vorfall, der zum Bruch zwischen den Brüdern geführt hat, treffen sich die drei wieder, um am Sommerhaus ihrer Kindheit die Asche ihrer Mutter zu verstreuen. Unter der Oberfläche brodelt es immer noch und dann eskaliert die Situation.

„Das Gewicht all dessen, was in diesem Moment passiert, ist groß, doch das meiste ist längst geschehen. Was sich hier auf der Steintreppe abspielt (…), ist nur der letzte Ring auf dem Wasser, der äußerste, der am weitesten vom Einschlagpunkt entfernt ist.“ (Seite 13)

Das Buch fängt mit der Gegenwartsebene an und springt dann zwei Jahrzehnte in die Vergangenheit. Pierre ist sieben, Benjamin neun und Nils dreizehn Jahre alt. Die Familie verbringt die Zeit im Sommerhaus und ich bekomme einen Einblick ins Familienleben. Das ist im ersten Moment so surreal, dass ich es als nicht bedeutsam erachte und den Ernst der Lage nicht erfasse. Zwischendurch der Sprung nach vorn, die Gegenwart, jetzt zwei Stunden früher. Anfangs finde ich es mühsam, mich zurechtzufinden, dann bin ich im Geschehen drin. Neugierig verfolge ich, was passiert ist, damals, vor so langer Zeit, und versuche gleichzeitig, zu verstehen, was heute passiert ist. Durch Änderung der Zeitebene wird vorerst eine Spannung aufgebaut und gehalten, die es mir unmöglich macht, das Buch wegzulegen.

Die Sprünge zwischen Gegenwart (weiterhin rückwärts erzählt) und Vergangenheit werden willkürlicher, es geht nicht mehr nur um die Vorgänge am Sommerhaus, das Buch springt durch das Leben der Familie, wobei es hauptsächlich Benjamin ist, der im Vordergrund steht. Und das wird nun langsam zum Problem, denn zwischendurch verliere ich den Überblick, verliere mich in den Ausschweifungen von und über Benjamin, weiß nicht mehr, was wahr und was angedichtet ist. Meine Gedanken schweifen ab und ich muss mich zwingen, die ein oder andere Seite erneut zu lesen. Erst als die Lösung näher kommt, es eine Erklärung für all das gibt, bin ich wieder vom Buch gefesselt. Dies habe ich nicht erwartet und bin entsetzt, traurig und erschrocken. Damit hat der Autor mich unglaublich überrascht und mit der Geschichte versöhnt.

Eine dramatische Familiengeschichte, die durch den ungewöhnlichen Erzählstil aus der Masse sticht. Mir hätte ein wenig mehr Struktur besser gefallen, aber das ist meckern auf hohem Niveau. Von mir gibt es 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 04.08.2021

Wer einmal lügt, dem glaube nicht?

Dein ist die Lüge
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Der amische Familienvater Adam Lengacher ist mit seinen drei Kindern auf einer Schlittenfahrt unterwegs, als er ein verunfalltes Fahrzeug und in dessen Nähe eine schwer verletzte Frau findet. Diese bedroht ...

Der amische Familienvater Adam Lengacher ist mit seinen drei Kindern auf einer Schlittenfahrt unterwegs, als er ein verunfalltes Fahrzeug und in dessen Nähe eine schwer verletzte Frau findet. Diese bedroht ihn erst mit einer Waffe, um sich dann als Polizistin erkennen zu geben, die ihn bittet, Kate Burkholder zu informieren, die Polizeichefin von Painters Mill, Ohio. Als Kate auf der Farm von Adam ankommt, erkennt sie in der Frau ihre frühere Freundin Gina Colorosa wieder, die sie seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen hat. Diese erzählt ihr eine ungeheuerliche Geschichte, allerdings gab es einen Grund für das Zerwürfnis der früheren besten Freundinnen und Kate ist sich nicht sicher, ob Gina die Wahrheit sagt. Ob sie ihr vertrauen kann?

Dies ist der zwölfte Fall für Kate Burkholder und dieser setzt sich von den früheren Fällen ab. Steht in den ersten elf Fällen die amische Gemeinde im Vordergrund, ist es hier Kates Vergangenheit, die sie einholt. Ein wenig brauchte die Story deshalb, um mich zu packen. Erst am Ende des ersten Drittels war ich so im Geschehen drin, dass an eine Lesepause nicht mal zu denken war. Dies liegt hauptsächlich an dem Schreibstil, der mich immer wieder aufs neue begeistert.

Es geht um Freundschaft und Familie, um Lüge und Verrat. Über allem steht die Frage, wie Entscheidungen, die wir im Leben treffen, unser weiteres Leben beeinflussen. Was ist richtig, was ist falsch? Moral, Anstand, Respekt und andere Werte beeinflussen unser Leben. Wir selbst haben es in der Hand, was für ein Mensch wir sein wollen.

Ein Kritikpunkt ist für mich das Cover. Dieses ist zwar wunderbar und passt zur Reihe, allerdings spielt die Geschichte im tiefsten Winter, sodass ich mich damit sehr schwergetan habe, das Bild mit dem Inhalt zu verbinden. Für die Story vergebe ich 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 29.07.2021

Wenn aus Liebe Hass wird

Bonuskind
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Die fünfzehnjährige Liesie (kurz: Lies) und ihr jüngerer Bruder Luuk pendeln zwischen ihren Eltern hin und her. Seit ihr Vater Peter mit seiner neuen Lebensgefährtin Laura zusammengezogen ist, herrscht ...

Die fünfzehnjährige Liesie (kurz: Lies) und ihr jüngerer Bruder Luuk pendeln zwischen ihren Eltern hin und her. Seit ihr Vater Peter mit seiner neuen Lebensgefährtin Laura zusammengezogen ist, herrscht zwischen ihm und seiner Ex-Frau Jet ein regelrechter Krieg, Lies und Luuk stehen zwischen den Fronten. Peter sucht nach einem Grund, seine Ex-Frau als instabil und inkompetent überführen zu können, um das alleinige Sorgerecht zu bekommen. Als Jet eines Morgens nicht nach Hause kommt, sieht er seine Chance, ihre Unfähigkeit als Mutter zu beweisen, weil sie ihre Kinder im Stich gelassen hat. Lies glaubt nicht daran und beginnt nachzuforschen. Als sie verstörende Bilder auf Jets Rechner sowie deren Tagebuch findet, lernt sie neue Seiten ihrer Mutter kennen. Wer ist der Unbekannte, mit dem Jet eine toxische Beziehung hat und warum hat sie ihn verheimlicht?

Der Einstieg ins Buch fiel mir nicht leicht, was an dem Schreibstil lag. Aus der Perspektive von Lies folgte ich der Geschichte und konnte dazwischen die Tagebucheinträge von Jet lesen, die kursiv dargestellt wurden. Lies ist fünfzehn Jahre alt und genauso klingt sie auch. Das war für mich sehr gewöhnungsbedürftig, weil ich damit nicht gerechnet habe, dies hat meinen Lesefluss anfangs erheblich behindert. Die Tagebucheinträge von Jet sind erwachsen und drehen sich überwiegend um ihre Beziehung zu dem unbekannten Mann. Sie nimmt kein Blatt vor den Mund, beschreibt die Treffen und auch den Sex sehr explizit. Je weiter im Buch ich kam, desto mehr war ich fasziniert davon und auch der Wechsel zwischen den Perspektiven machte mir nichts mehr aus; ich hatte mich daran gewöhnt. Die Story nahm ziemlich an Fahrt auf und konnte mich begeistern. Mit diesem Ende habe ich tatsächlich nicht gerechnet, da hat die Autorin mich mehr als überrascht. Von mir gibt es 4 Sterne.

Triggerwarnung: toxische Beziehung, Obsession, sexuelle und emotionale Gewalt, Abhängigkeit.

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Veröffentlicht am 20.07.2021

Die Sünden der Väter

Unter dem Sturm
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Isak ist sieben Jahre alt, als sein Onkel verhaftet wird. Der fünfundzwanzigjährige Edvard soll seine jüngere Freundin nicht nur ermordet, sondern danach das Haus angezündet haben, um seine Spuren zu verwischen. ...

Isak ist sieben Jahre alt, als sein Onkel verhaftet wird. Der fünfundzwanzigjährige Edvard soll seine jüngere Freundin nicht nur ermordet, sondern danach das Haus angezündet haben, um seine Spuren zu verwischen. Er wird in der Nähe des brennenden Hauses verletzt aufgefunden von Vidar, einem jungen Polizisten. Alle Indizien sprechen gegen Edvard, der für seinen Hang zu Gewalt bekannt ist. Für Isak bricht eine Welt zusammen, er fragt sich, ob auch er etwas Böses in sich trägt, wie sein Onkel und davor bereits dessen Vater. Diese Frage begleitet ihn seine ganze Kindheit hindurch. Als sich fast zehn Jahre später die Wege von Vidar und Isak wieder kreuzen, brechen nicht nur alte Wunden wieder auf. Vidar kommen Zweifel am Tathergang und der Schuld von Edvard. Auch Isak kann die Tat nicht vergessen. Beide versuchen, mit der Tragödie abzuschließen, was sich als schwerer erweist, als gedacht.

Das Buch ist in drei Teile aufgeteilt: November 1994, Herbst 2004 und Sommer 2017. Der Schreibstil ist gewöhnungsbedürftig; nicht nur gibt es die Perspektiven der zwei Hauptpersonen, des Neffen und des Polizisten, nein, die Geschichte setzt sich aus vielen anderen Fragmenten zusammen; da ein Absatz über den ein oder anderen Bewohner des Dorfes , da einer über eine alte Sage, da ein paar Worte zum Land, hier ein Satz zum Wetter. Dies ist mal mehr, mal weniger zusammenhängend, aber immer passend. Irgendwie.

„Dörfer haben ihre Erinnerungen. Sie haben Lebensschicksale und Todesfälle. Viele sind miteinander verflochten. Vidar ist zwei Jahre älter als Edvard Christensson. Er erinnert sich an ihn als wild, aber klug. Er kann ihn vor sich sehen, den Jungen auf dem Schulhof, mit kurzem braunem Haar und einem schwer zu deutenden Funkeln in den Augen.“ (Seite 88)

Von hier nach da, von dort nach hier, so hangelt der Autor sich über die Jahre. Das ist anfangs reizvoll und erfrischend anders, wie ein Puzzle, dessen Teile einfach nicht zusammenpassen wollen, obwohl man weiß ist, dass das finale Bild unumgänglich ist. Ich bin begeistert und kann das Buch im Mittelteil einfach nicht weglegen. Leider ist das aber auch der Grund, warum der Geschichte im letzten Drittel ein wenig die Luft ausgeht. Zu viele Nebenschauplätze tun sich auf, zu verworren ist stellenweise die Erzählung. Letztendlich fügt sich das Bild zwar zusammen, aber ich bin merkwürdig abgelenkt und nicht immer bei der Sache geblieben. Schade. Hier hätte ich mir mehr Struktur und weniger Abschweifungen gewünscht. So bleibt es aber dennoch ein außergewöhnlicher Kriminalroman mit einer ungewöhnlichen Schreibweise, der unterhält und auch nachwirkt. Von mir gibt es 4 Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Ein tolles Verwirrspiel

Der Erlkönig
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Sandrine wird blutüberströmt und verwirrt am Strand gefunden und erzählt Kommissar Bouchard eine unglaubliche Geschichte von einem Kinderheim sowie einem Bootsunglück, bei dem alle Kinder ertrunken sein ...

Sandrine wird blutüberströmt und verwirrt am Strand gefunden und erzählt Kommissar Bouchard eine unglaubliche Geschichte von einem Kinderheim sowie einem Bootsunglück, bei dem alle Kinder ertrunken sein sollen. Der Erlkönig soll hierbei eine große Rolle spielen. Bouchard versucht mit Hilfe der Psychiaterin Véronique Burel, herauszufinden, was mit Sandrine passiert ist. Schließlich handelt es sich beim Erlkönig um eine Ballade von Goethe aus dem Jahre 1782 und nicht um eine reale Person. Oder?

Das Buch springt zeitlich hin und her; es beginnt zwar in der Gegenwart in 2019, aber hauptsächlich sind wir abwechselnd in den Jahren 1949 sowie 1986. Das ist leicht verständlich, zumal die Jahresangaben den Kapiteln vorangestellt sind. Trotzdem komme ich nicht gut in die Geschichte rein, seltsam langatmig finde ich die Erzählung, den Schreibstil gewöhnungsbedürftig. Erst als Sandrine aufgefunden wird, kommt Spannung auf. Der Hintergrund von Kommissar Bouchard ist interessant und auch die Story gewinnt an Fahrt. Als die erste Wendung kommt, bin ich fasziniert. Einiges klärt sich, andererseits wirft die Wendung neue Fragen auf. Was ist wahr, was ist gelogen? Ich fühle mich manipuliert und weiß nicht mehr, wem ich glauben soll. Nun hat der Autor es doch noch geschafft, meine Begeisterung zu wecken! Bei der nächsten Wendung hätte ich gewarnt sein müssen, bin es aber nicht. Das habe ich tatsächlich so nicht erwartet.

Wer auf psychologisch sehr raffinierte Thriller steht, der ist mit diesem Buch gut bedient. Ich vergebe 4 Sterne und eine Leseempfehlung. Abschließend möchte ich eine Triggerwarnung aussprechen wegen Vergewaltigung und Kindesmissbrauch.

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