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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 09.03.2021

Mehr als nur ein Liebesroman

Jedes Jahr im Juni
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Den Liebesroman „Jedes Jahr im Juni“ von Lia Louis wollte ich nicht nur wegen der Alliteration im Titel UND dem Namen der Autorin lesen, sondern auch, weil die Geschichte echt besonders und vielversprechend ...

Den Liebesroman „Jedes Jahr im Juni“ von Lia Louis wollte ich nicht nur wegen der Alliteration im Titel UND dem Namen der Autorin lesen, sondern auch, weil die Geschichte echt besonders und vielversprechend klang. Und ich wurde nicht enttäuscht!

Emmie hat vor Jahren aus England einen Luftballon steigen lassen und Lucas hat aus Frankreich geantwortet. Seitdem sind sie beste Freunde, denn Lucas hat ihr über ihre schwierige Vergangenheit hinweg geholfen. Allerdings will Emmie seit einiger Zeit mehr von ihm, als nur Freundschaft. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als dass Lucas das selbe empfindet, aber als er ihr stattdessen eröffnet, dass er heiraten wird und Emmie nicht die Braut, sondern die Trauzeugin sein soll (ups), bricht ihr Herz und ihre Welt zusammen...

Erst ging die Story lange nicht los, es war eher langweilig und es gab zu viele Gespräche, mit denen ich nicht so viel anfangen konnte. Außerdem hatte ich nicht so einen guten zeitlichen Überblick über die Story. Manchmal dachte ich sogar, ich hätte eine Seite übersprungen, weil die Themenwechsel so abrupt waren.
Aber es ist besser geworden. Viel besser. Auf einmal war es spannend und ich wusste erst gar nicht mehr, wie es ausgehen würde. (Ich war von Anfang an Team Eliot!)
Außerdem hat das Buch immer mehr Tiefe bekommen. Es gab direkt mehrere kritische Probleme: Gesellschaft und Ansehen, Liebe und Beziehungen, Einsamkeit und Tod, Misshandlung,...
Wegen Emmies Sarkasmus und ihren Freunden musste ich richtig oft lachen und an die Rückblicke hatte ich mich so weit gewöhnt, dass sie mir sogar bei der Story geholfen haben.
Mittendrin hat es nochmal etwas geschwächelt, aber das süße Ende hat mich wieder überzeugt.
„Jedes Jahr im Juni“ war mal wieder eins dieser Bücher, bei denen man richtig viel übers Leben gelernt hat.

Man muss den Anfang überstehen, damit man ein wunderschönes Buch über Liebe, Freundschaft, Familie oder einfach das Leben lesen kann.

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Veröffentlicht am 01.03.2021

Tolles Setting, aber nicht mein Schreibstil

Working Late
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„Working Late“ ist der Reihenauftakt der Anwalts-Trilogie der schwedischen Autorin Helene Holmström. Es geht um die aufstrebende Anwältin Charlotta, die mit einem Pro-bono-Fall beauftragt wird, der ihr ...

„Working Late“ ist der Reihenauftakt der Anwalts-Trilogie der schwedischen Autorin Helene Holmström. Es geht um die aufstrebende Anwältin Charlotta, die mit einem Pro-bono-Fall beauftragt wird, der ihr endlich den Aufstieg in ihrer Kanzlei in Stockholm ermöglichen könnte. Der Rechtsstreit behandelt ein tragisches Unglück in einer brasilianischen Produktionsstätte der Bekleidungsfirma Gaia und soll nun die Verantwortung klären. In einer Bar lernt Charlotta gleichzeitig den charmanten Ignacio Vargas kennen und wird auf Anhieb von ihm angezogen - bis sich herausstellt, dass er für Gaia arbeitet und Anbandeln mit der Gegenseite wird nicht gerne gesehen...


Das Juristische nimmt einen großen Part des Buches ein und war echt interessant. Generell muss ich positiv hervorheben, dass sich ein Roman überhaupt mit der Ausbeutung billiger Arbeitskräfte, Nachhaltigkeit und noch anderen wichtigen Themen auseinandersetzt. Dadurch herrschte auch ein besonderes und schön dargestelltes Umfeld, in dem Jura, Schweden und Menschenrechte, aber auch Familie eine große Rolle spielen. Ich bin auch sehr gut in das Buch gestartet, es war direkt lustig und ich konnte das Handeln der Charaktere gut nachvollziehen. Außerdem waren mega coole Nebencharaktere dabei und ich fand das Ende sehr gelungen.

Allerdings hat mir der Schreibstil gar nicht gefallen. Ich weiß nicht, inwiefern es an der Übersetzung liegt, aber ich habe selten so schlechte Sexszenen gelesen, die irgendwie gefühlskalt waren und gar keine Emotionen vermittelt haben. Generell konnte ich leider keine Bindung zu den Hauptcharakteren aufbauen, die mich emotional nicht erreichen konnten. Zum Teil liegt es bestimmt daran, dass es aus der 3.Person erzählt ist, aber ich fand die Charaktere irgendwann auch einfach anstrengend. Sie haben nicht miteinander geredet, waren viel zu kindisch für ihr Alter und haben das Buch somit künstlich in die Länge gezogen. Auch sonst kamen viele, meiner Meinung nach belanglose, Szenen vor, wodurch es mehr so „vor sich hingeplättschert“ ist und nicht so mitreißend war.
Zum anderen konnte ich mich nicht wirklich auf die Hauptstory einlassen, da neben Charlotta und Ignacio, noch zwei andere Charaktere einen Teil der Geschichte erzählt haben. Erst fand ich das bereichernd, aber im Endeffekt habe ich es eher als ablenkend empfunden.
Der andauernde Wechsel der Erzählenden war zwischenzeitlich auch ziemlich verwirrend, da es oft mitten im Kapitel gewechselt hat. Mir fehlte auch einfach oft der rote Faden und die Sinnhaftigkeit.

Nach einem starken ersten Drittel ist es leider immer schwächer geworden, sodass ich etwas enttäuscht zurück bleibe. Die Folgebände werde ich aber wahrscheinlich trotzdem noch lesen, weil die Atmosphäre schön und interessant war.

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Veröffentlicht am 25.02.2021

Aktuell, interessant, erklärend

Einspruch!
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Das sehr aktuelle Sachbuch „Einspruch!“ von Ingrid Brodnig liefert Tipps, Erklärungen und Beispiele, wie man Verschwörungsmythen und Fake News kontern kann - in der Familie und im Freundeskreis, sowie ...

Das sehr aktuelle Sachbuch „Einspruch!“ von Ingrid Brodnig liefert Tipps, Erklärungen und Beispiele, wie man Verschwörungsmythen und Fake News kontern kann - in der Familie und im Freundeskreis, sowie auf sozialen Medien und im Netz.

Ich wollte das Buch hauptsächlich lesen, weil mich Desinformation oft aufregt und ich vor allem zur Zeit der Pandemie so oft mit abstrusen Theorien und Ansichten konfrontiert wurde, dass ich gerne wissen wollte, wie man am besten darauf reagiert.

Die Autorin bezieht sich auch immer wieder auf die andauernde Corona-Krise und hat meine Erwartungen somit erfüllt. Aber natürlich nicht ausschließlich darauf, sodass es auch in Zukunft noch aktuell sein wird. Trotzdem hat mir dieser besonders aktuelle Bezug gefallen. Sie gibt gute Empfehlungen mit konkreten Beispielen, wie man in einer Diskussion überzeugend und möglichst erfolgreich auftreten kann. Auch was kontraproduktiv ist und man lieber nicht tun sollte, zeigt sie auf. Ingrid Brodnig bringt dem Leser zusätzlich bei, auf die eigene Sprache zu achten. So ist z.B. das Wort „Verschwörungstheorie“ eigentlich auch nicht richtig, da eine Theorie auf wissenschaftlichen Grundlagen beruht - was viele der Verschwörungserzählungen/mythen nicht tun. So wie in diesem Beispiel nennt sie oft nicht nur das Problem, sonder liefert direkt einen Lösungsvorschlag mit.

Was mir außerdem sehr gut gefallen hat ist, dass die Autorin auch die psychologischen und wissenschaftlichen Zusammenhänge erläutert, sodass man sogar verstehen konnte, wie es passieren kann, dass jemand in die Szene der Faktenleugner hineinrutscht und warum er wahrscheinlich so diskutiert. Das hat nicht nur geholfen, die eigene Argumentation zu stärken, sondern auch, dass man leichter auf einer respektvollen Ebene bleiben kann, da man weiß, dass der Grund vielleicht einfach nur Angst oder Ungewissheit ist. Desweiteren habe ich ihre Tipps so auch komplett nachvollziehen und verstehen können und durch Wiederholung und Beispiele sind sie besser im Gedächtnis geblieben. Zuletzt hat der Ratgeber durch seine weite Bandbreite Alles zu dem Thema abgedeckt, was ich mir hätte vorstellen können.

Ich habe zwar erst ein paar Seiten gebraucht, bis ich gerne weitergelesen habe, aber dann war es doch sehr kurzweilig.
Zwischendurch wurde der reine Text immer wieder von einfachen Zeichnungen oder Grafiken unterbrochen, die das Buch zusätzlich unterhaltsam gemacht haben. Ich hätte mir aber manchmal vielleicht noch mehr Absätze als „Verschnaufpause“ gewünscht, da die Sprache öfter auch sehr anspruchsvoll war.

Wie viel ich von den erlernten Skills im Endeffekt anwenden kann, weiß ich nicht, aber es war auch so eine interessante Lektüre. Auf jeden Fall mal etwas ganz Anderes, war nicht zu lang und nicht zu kurz und durch Erklärungen sehr verständlich!

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Veröffentlicht am 25.02.2021

Booker Prize absolut gerechtfertigt, aber auch einige Kritikpunkte

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
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Ich habe mich sehr auf den Roman „Mädchen, Frau etc.“ von Bernardine Evaristo gefreut. Nicht nur das tolle Cover fand ich ansprechend, sondern auch die behandelten Themen sehr interessant.
Interessant ...

Ich habe mich sehr auf den Roman „Mädchen, Frau etc.“ von Bernardine Evaristo gefreut. Nicht nur das tolle Cover fand ich ansprechend, sondern auch die behandelten Themen sehr interessant.
Interessant war auch die Umsetzung. Der Roman spielt hauptsächlich in London, aber zu verschiedenen Zeiten und Generationen. Die Autorin erzählt in 5 Kapiteln die Geschichten von 12 starken Frauen, die alle so unterschiedlich sind, aber trotzdem miteinander verbunden sind. Die Charaktere haben beispielsweise mit Rassismus und Vorurteilen, Culture Clash, Homophobie, Geldnot, Familienstreitigkeiten und Selbstfindung zu kämpfen.

Es ist wirklich einer der besondersten Romane, die ich je gelesen habe. Das liegt zum einem an dem Schreibstil. Es war schon fast versartig geschrieben, es gab keinen Punkt am Ende der Sätze und es wurde dann auch nicht wieder mit einem Großbuchstaben begonnen. Das hat mich aber überraschend wenig gestört. Ich habe super schnell hinein gefunden und finde es sehr authentisch und passend. Durch die häufigen Absätze oder Enjambements hat Vieles eine ganz andere Bedeutung bekommen, was wirklich faszinierend war. Zum anderen liegt es daran, dass es mehr eine Ansammlung von Kurzgeschichten war, aber trotzdem immer noch eine zusammenhängende Story. Durch die vielen Geschichten war es sehr vielfältig und beleuchtet wirklich jede Seite.
Oft war es zwar sehr einfach dargestellt, aber das braucht das Buch auch, weil es sonst zu lang geworden wäre. Man kriegt mehr als nur einen Einblick, aber es wird trotzdem nicht langweilig. Und gerade diese Vielzahl an Geschichten macht es auch so aussagekräftig. Außerdem hat die Autorin die Atmosphäre echt super eingefangen und die Sprache den Figuren angepasst
Ich konnte mich gut in das Denken und Sichtweise der Charaktere hinein versetzten, obwohl es nicht immer einfach war einen guten Zugang zu ihnen zu finden, da sie mir auch teilweise unsympathisch waren. Dass einem jede Person sympathisch ist, war aber auch gar nicht die Intention des Buches. Allerdings hat mich gestört, dass einige Personen auf Krampf feministisch und antirassistisch waren, wodurch es mir zu gewollt erschien.
Nicht alle Geschichten waren spannend, aber jede einzigartig und lehrreich. Ich fand auch die Reihenfolge sehr passend gewählt und es war interessant zu sehen, wie sich die Kreise immer wieder schließen. Da neben den 12 Hauptfiguren auch viele weitere Nebencharaktere eine Rolle gespielt haben und es viele Zeitsprünge gab, war es aber leider öfter zu verwirrend.
Das fünfte und somit letzte Kapitel war leider ziemlich enttäuschend, langweilig und meiner Meinung nach unpassend. Das hätte das Buch gar nicht mehr gebraucht, denn dort wurde keine neue Frau mehr vorgestellt. Ich war auch einfach „gesättigt“ und hatte schon genug Input bekommen. Der Epilog war dahingehend wieder sehr schön und der Roman endet mit einem Gänsehautmoment.
Die Auszeichnung mit „The Booker Prize 2019“ kann ich sehr gut nachvollziehen, auch wenn es für mich klar kein 5-Sterne Buch ist. Man muss sich auf die Charaktere und den Schreibstil einlassen, aber wird dann einen einzigartigen Frauenroman mit Mehrwert lesen können, der einem noch lange in Erinnerung bleiben wird!

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Veröffentlicht am 15.02.2021

Welchen Wert haben Brüste?

Bucket List – Nur wer fällt, kann fliegen lernen
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Der Roman „Bucket List - Nur wer fällt, kann fliegen lernen“ behandelt ein alltägliches, aber doch nicht allgegenwärtiges Thema.

Lacey ist 25, wohnt in New York, arbeitet in der Modebranche und führt ...

Der Roman „Bucket List - Nur wer fällt, kann fliegen lernen“ behandelt ein alltägliches, aber doch nicht allgegenwärtiges Thema.

Lacey ist 25, wohnt in New York, arbeitet in der Modebranche und führt ein vermeintlich perfektes Leben. Bis bei ihr die BRCA1-Genmutation diagnostiziert wird, durch die sie mit einer bis zu 80-prozentigen Wahrscheinlichkeit an Brustkrebs erkranken wird. Zur Prävention überlegt sie, eine Brustmastektomie durchführen zu lassen. Gemeinsam mit ihren Freundinnen verfasst sie eine Bucket List, mit 8 Punkten, die sie vor ihrer, im wahrsten Sinne des Wortes, einschneidende OP noch ausprobieren möchte.


Also erstmal muss ich sagen, dass ich die Buchidee richtig cool fand und mich deswegen umso mehr über die tolle Umsetzung gefreut habe.
Ich fand es faszinierend in die New Yorker Modewelt und Hierarchie einzutauchen.
Die Charaktere waren alle so menschlich, einzigartig und verschieden. Vor allem Laceys Hang zur (Selbst)Ironie fand ich sehr sympathisch und unterhaltsam, wohingegen sie mich mit ihrer (wenn auch nachvollziehbaren) Unehrlichkeit und Egozentrik öfter enttäuscht hat. Das hat sich aber zum Ende des Buches hin geändert und mir hat es gefallen eine Entwicklung der Protagonistin mitverfolgen zu können. Zusätzlich herrscht durch die coolen Charaktere und die humorvolle Schreibweise, trotz der Ernsthaftigkeit der Probleme, eine positive und lockere Stimmung.

Es war heiß und sexy, aber eher nicht so romantisch. Dafür standen gleichberechtigte und respektvolle Beziehungen im Vordergrund, auch zwischen Freunden und Familie. Denn es ging nicht nur um Laceys bevorstehende Brust-OP, sondern auch um die Auswirkungen ihrer Vergangenheit, gute Freundschaft und ihrer Suche nach sich selbst. Dadurch war es komplex und immer interessant. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es mich als 14/15-jährige etwas abgeschreckt hätte und auch vom Denken her ist es eher für Leser mit mehr Lebenserfahrung geeignet.

Außerdem habe ich Einblicke darin bekommen, was es heißt, ein Start-Up zu gründen und in einer so großen Stadt zu leben, was im krassen Gegenteil zu meinem Kleinstadtleben steht.
Obwohl Brüste und Sex eine große Rolle spielen, ist es keinesfalls oberflächlich. Frauen werden auch nicht auf ihre Oberweite reduziert, sondern ich habe es als wertschätzend und sogar feministisch empfunden.
Es ist also Vieles, aber garantiert kein Krebsbuch und (Entwarnung) ich habe auch keine Taschentücher gebraucht. Trotzdem war es nicht weniger einschlägig, als diese Geschichten.


Ein facettenreicher und ehrlicher Roman voller natürlicher Diversity, der wichtige Themen behandelt, Augen öffnet und mir sehr gut gefallen hat!

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