Rezension zu „Weiße Nächte, weites Land“ von Martina Sahler
Weiße Nächte, weites Land„Weiße Nächte, weites Land“ von Martina Sahler erzählt die Geschichte deutscher Auswanderer nach Russland ins Wolgagebiet rund um Saratow. Erschienen ist der Roman 2013 im Knaur-Verlag.
Deutsches Reich, ...
„Weiße Nächte, weites Land“ von Martina Sahler erzählt die Geschichte deutscher Auswanderer nach Russland ins Wolgagebiet rund um Saratow. Erschienen ist der Roman 2013 im Knaur-Verlag.
Deutsches Reich, 1766: Die Not ist groß nach dem Siebenjährigen Krieg. Viele Menschen leben in ärmlichen Verhältnissen und sehen keine Zukunft mehr im eigenen Land als Zarin Katharina die Große mit großen Versprechungen dazu aufruft nach Russland auszuwandern. Jeder Auswanderer erhält während der Übersiedelung ein Tagegeld, fruchtbares Land und ein großzügiges Startkapital im russischen Reich sowie 30 Jahre Steuerfreiheit und auch ihre Religion und die Sprache dürfen die deutschen Auswanderer beibehalten. Und so machen sich auch die Weber-Schwestern, Christina und Eleonora, gemeinsam mit vielen anderen aus dem Ort Waidbach auf den beschwerlichen Weg in eine verheißungsvolle Zukunft.
Ein historischer Roman, mit einem für mich sehr interessanten Thema. Ein Thema, dass in gewisser Weise auch persönlich für mich ist, da ich einige Russlanddeutsche kenne und mich die Geschichte dahinter sehr interessiert hat. In diesem Roman geht es um die Auswanderung vieler Deutscher nach Russland. Um die 30.000 sollen es 1766 gewesen sein. 23.000 von ihnen kamen am Bestimmungsort an und gründeten 104 Kolonien. Der Roman von Martina Sahler fängt diese Geschichte auf wunderbare Weise ein. Dies ist der 1. Teil einer Reihe. Es gibt noch zwei weitere Bände. Man kann diesen Roman allerdings auch eigenständig für sich lesen.
Der Schreibstil ist sehr gut und flüssig zu lesen. Ich war schnell in der Geschichte drin, auch wenn mir der Beginn der Geschichte nicht ganz so gut gefiel. Katharina die Große konnte mich im Prolog durchaus für sich und ihre Vision einnehmen. Die ersten Personen, die ich aus Waidbach kennenlernen durfte, fand ich allerdings nicht so toll. Viel Sex und derbe Sprache haben den Start in die Geschichte etwas holprig gemacht, aber mit der Zeit kamen glücklicherweise auch Personen hinzu, die ich sympathisch fand.
Ein historischer Roman, der definitiv auch von den Personen lebt, die in ihm vorkommen. Die Vielfalt der Personen ist sehr groß. Selbst Personen, die man anfangs sehr unsympathisch fand, kann man mit der Zeit durchaus positive Seiten abringen. Einige haben sich auch zum Positiven verändert. Menschen, die zuerst eigentlich gar nicht nach Russland auswandern wollten, haben letztendlich doch ihr Glück dort gefunden. Für andere wiederum wurde die neue Heimat zum Verhängnis.
Ich habe gerne mit ihnen allen mitgefiebert und das Schicksal der Kolonie Waidbach verfolgt. Sehr schön fand ich es auch, dass sich so manches Schicksal ganz anders als erwartet entwickelt hat.
Bei all diesen Dingen merkt man aber auch wie gut die Autorin recherchiert hat. Die Personen in diesem Buch mögen fiktiv sein, aber die Umstände unter denen die Menschen ausgewandert sind, die Strapazen der Reise in die neue Heimat und die harte Arbeit der Auswanderer, ihre Kolonie aufzubauen und zu einem gewissen Wohlstand zu bringen, stimmen. Dies legt die Autorin auch in einem ausführlichen Nachwort dar.
Schade, fand ich, dass zum Schluss die Jahre sehr gerafft wurden und dass der Aufstand der Rebellen rund um Pugatschow nur kurz angerissen wurde. So manches Mal kam mir die Kolonie auch ein wenig zu glimpflich davon. Alles in allem fand ich die Schicksale aber durchaus möglich und kann mir gut vorstellen, dass es ähnlich abgelaufen ist.
Fazit: Ein sehr guter historischer Roman mit wenigen Abzügen, aus dem ich viel für mich mitnehmen konnte und viel Neues gelernt habe. Wenn ihr euch für die Geschichte der Russlanddeutschen interessiert, kann ich diesen historischen Auswanderer-Roman wärmstens empfehlen.