Profilbild von moni2506

moni2506

Lesejury Star
offline

moni2506 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit moni2506 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.04.2023

Trotz spannender Welt und Themen leider das Potenzial nicht voll genutzt

Der dunkle Schwarm 2 - Der stille Planet
0

„Der stille Planet“ von Marie Graßhoff ist der zweite Teil oder die zweite Staffel von „Der dunkle Schwarm“. Wir begleiten Atlas bei der Aufklärung eines länger zurückliegenden Mordes. Zuerst ist dieses ...

„Der stille Planet“ von Marie Graßhoff ist der zweite Teil oder die zweite Staffel von „Der dunkle Schwarm“. Wir begleiten Atlas bei der Aufklärung eines länger zurückliegenden Mordes. Zuerst ist dieses Buch als Hörbuch bei Audible erschienen und ich habe diesmal das Buch, das am 31. März 2023 bei Lübbe erschienen ist, gelesen.

Achtung! Zweiter Teil einer Reihe, daher Spoilerwarnung!

Nach den Enthüllung von Oracle alias Atlas ist das Syndikat zusammengebrochen. Die Welt befindet sich in einem Schwebezustand. Unruhen und Demonstrationen brechen aus. Beim Großkonzern Hypermind, der die Hives kontrolliert, wird ein neuer Vorstand eingesetzt und die Sicherheit der Technik soll in diesem Zuge erhöht werden. Doch dann gesteht Bennie Haloren einen Mord, den er nicht begangen haben kann. Atlas macht sich zusammen mit Noah daran, den Fall aufzuklären. Hilfe hierbei erhält sie von unerwarteter Seite und sie schafft sich neue sehr mächtige Feinde. Denn sie stößt auf Geheimnisse, die sehr weit in die Vergangenheit reichen und ein System aufdecken, dass tief in die Abgründe der Menschheit reicht.

Ich war sehr gespannt auf die Fortsetzung dieser Reihe, die etwas hat auf sich warten lassen und die mich zum ersten Mal so richtig in ein Hörbuch hat abtauchen lassen. Diesmal habe ich allerdings das Buch als Medium meiner Wahl gewählt. Wer der Autorin auf instagram folgt, weiß welche Herausforderungen das Schreiben eines Buches mit sich bringt, dass in Folgen eingeteilt ist, die genau 1 Stunde gehen.
Der Stoff wurde für die Umsetzung als Buch nochmals überarbeitet, ist aber weiterhin in Folgen unterteilt, die als Buch dann wiederum Kapitel haben. Im Buch kann man sehr gut die Struktur des Hörbuches erkennen, was ich sehr spannend fand. Diese Erfahrung hat mir aber gezeigt, dass diese Reihe als Hörbuch mit 10 Stunden für mich persönlich besser passt.
Ich bin gut ins Buch hineingekommen, allerdings habe ich nach der langen Pause durchaus gemerkt, dass mir einige Einzelheiten aus dem Vorgänger fehlen. Letzten Endes konnte ich der Geschichte dennoch gut folgen. Es ist eine direkte Fortsetzung des Vorgängers und es ist nicht all zu viel Zeit vergangen.
Neben Science-Fiction-Elementen bietet das Buch auch wieder Elemente aus einem Krimi. Ein Mordfall möchte endgültig aufgeklärt werden. In der düsteren Welt der Zukunft kommen allerdings andere Ermittlungsmethoden zum Tragen, die nicht immer legal sind. Und auch die allgemeine Situation im Buch trägt nicht unbedingt zur Erleichterung des Falles bei. Weitere Themen in diesem Buch sind der Handel mit Erinnerungen und dessen Einpflanzung in andere Menschen, Hive-Technologie und Supercomputer. Dabei wird es allerdings niemals zu technisch. Es geht um die Ideen dahinter und die sind gut erklärt.
Die Veränderung Atlas‘ ist in diesem Teil deutlich zu spüren. Ihr negativer Blick auf die Welt ist noch immer vorhanden und dennoch flucht sie nicht mehr so viel und sie hat gelernt, Menschen in gewissen Maße an sich heranzulassen. Dieser Teil hatte eine neue Herausforderung für sie parat, bei der sie sich noch mehr auf andere Menschen sowie ihre eigenen Instinkte verlassen muss und weniger auf die Errungenschaften der Technik setzen kann.
Noah ist auch wieder Teil der Geschichte. Dieser hat seinen Glauben an das Gute im Menschen noch immer nicht verloren und meiner Meinung nach, muss er die fast noch größere Herausforderung als Atlas bestehen. Wer den ersten Teil bereits gelesen hat, weiß was Noah passiert.
Das Gefüge zwischen Gut und Böse wird in diesem Buch auf den Kopf gestellt. Hier wäre glaube ich noch mehr möglich gewesen, wären hier nicht die Vorgaben für das Hörbuch gewesen. Das zwingt einen zur Kürze und ich denke hier hätte die philosophische Stärke der Autorin sehr zum Tragen kommen können.
Die Zukunftsversion in diesem Buch ist sehr düster. Wer am falschen Ende geboren worden ist, muss Verbrechen begehen, um zu überleben. Die Reichen wiederum nutzen ihren Reichtum teilweise sehr zu ihrem eigenen Nutzen aus. Dadurch das wir die Welt durch Atlas Augen betrachten, sind wir zusätzlich noch sehr auf ihre Sichtweise der Dinge beschränkt. Dies gibt dem Leser allerdings auch die Möglichkeit die eigene Sichtweise gemeinsam mit ihr zu hinterfragen.
Der Fall wird in diesem Buch abgeschlossen, dennoch gibt es ein Ende das auch eine Fortsetzung erlaubt. Zusatzmaterial wie ein Personenverzeichnis oder eine Danksagung gibt es keine. Die Personenanzahl ist übersichtlich, so dass man gut zurecht kommt. Gegen eine kurze Zusammenfassung der Ereignisse aus dem Vorgänger hätte ich nichts gehabt. Mir hätte es den Einstieg glaube ich noch etwas erleichtert.

Fazit: Eine Geschichte, die sehr viel Potenzial hatte, das jedoch nicht ganz ausgereizt wurde. Die Themen und die Welt fand ich wieder spannend, dennoch fehlte mir das gewisse Etwas, dass einem ein Buch im Gedächtnis behalten lässt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Handlung
Veröffentlicht am 18.03.2023

Ein kurzweiliger Krimi mit norddeutschem Hochsommer

Tod am Wockersee
0

„Tod am Wockersee“ ist der erste Krimi aus der Feder von Carolyn Srugies. In diesem ermittelt Henri Martensen in einem Cold Case-Fall in seinem Geburtsort Parchim. Erschienen ist das Buch beim Spica Verlag ...

„Tod am Wockersee“ ist der erste Krimi aus der Feder von Carolyn Srugies. In diesem ermittelt Henri Martensen in einem Cold Case-Fall in seinem Geburtsort Parchim. Erschienen ist das Buch beim Spica Verlag im März 2022.

Eine Autopanne verschlägt Henri Martensen zurück in seine Geburtsstadt Parchim. 27 Jahre zuvor hatte er diesen sofort nach seinem Abitur verlassen und wollte eigentlich nie zurückkehren. Natürlich bleibt sein Auftauchen im Ort nicht unbemerkt und schnell stößt er auf den Todesfall seines ehemaligen Lehrers. Dieser wurde tot aus dem Wockersee geborgen und zeitgleich mit ihm sind zwei weitere Klassenkameraden aus dem Ort verschwunden. Dieser Umstand lässt ihm keine Ruhe und so beginnt er zu ermitteln. Dabei trifft er auch auf seine Jugendliebe Ina, die eine echte Überraschung für ihn bereithält.

Das mit den Krimis und mir scheint echt zu werden. Ich werde auch in Zukunft nicht massenhaft Krimis lesen, aber ich denke, ich habe meinen Zugang gefunden und kann so mehr Abwechslung in meine gelesenen Bücher bringen. In diesem Fall haben wir es mit einem Cosy Crime zu tun und da es in letzter Zeit sehr stressig auf Arbeit bei mir war, war das genau das Richtige.
Der Einstieg in diesen Roman war gut. Der norddeutsche Sommer zeigt sich von seiner besten Seite und ich konnte mir Parchim und den Wockersee sehr gut vorstellen. Es lässt sich locker und flockig lesen, so dass ich schnell durch die Seiten geflogen bin.
Vom Spannungsbogen her war es die meiste Zeit eher gleichbleibend. Ich habe Parchim und die Menschen, die in diesen Ort leben, kennen gelernt. Alte Freundschaften werden wieder reaktiviert, alte Konflikte werden aufgearbeitet. Henri Martensen ermittelt privat im Mordfall seines ehemaligen Lehrers. Es dauert bis sich ein Bild zusammensetzt und erst zum Schluss kommt Spannung auf und das Drama kann sich entfalten.
Dies war kein Buch, in dem ich mich besonders intensiv mit den Personen identifiziert hätte. Manche sind mir sympathisch, andere eher weniger. Henri Martensen war mir größtenteils sympathisch. Er ist alleinerziehender Vater von drei Kindern, was ich mir als Hauptkommissar bei der Polizei nicht ganz einfach vorstelle. Zur Unterstützung hat er seine Schwiegermutter an seiner Seite. Ich kann das schwer in Worte fassen, was mir nicht so gut an ihm gefiel, weil es eher so unterschwellig vorhanden war. Seine Jugendliebe Ina fand ich durchaus sympathisch, aber sie ist mir extrem mit ihrer Eifersucht auf die Nerven gegangen. Ich empfand beide in dieser Situation mit ihrer aufgewärmten und wieder entdeckten Liebe als teilweise nicht sehr erwachsen.
Der Rest der Truppe in diesem Buch hat einen bunten Mix an Charakteren ergeben und dieser Mix hat mir gefallen, auch wenn viele bestimmte Rollen erfüllt haben. Es gibt die Petze von früher, den ehemaligen besten Freund, der sauer ist, die arrogante Schönheit, die sehr viel Wert auf ihre Außenwirkung legt, den ehemaligen Klassenkameraden, der auf die schiefe Bahn geraten ist, etc.
Sehr unterhalten haben mich auf jeden Fall die Geschichten von Metke, einer Tochter Henri Martensens. Diese haben das Buch immer wieder aufgelockert und für die ein oder andere amüsante Szene gesorgt. Den Mordfall fand ich auch interessant, aber es ist auch nichts was mich groß vom Hocker gerissen hat. Dies ist, denke ich, bei einem Cosy Crime auch normal. Man soll sich wohlfühlen, dazu gibt es ein bisschen Ermittlungen, wo man mitraten kann. Das hat das Buch im Großen und Ganzen erfüllt und ich habe sogar noch ein bisschen was über Betrugsfälle in der DDR rund um den Mauerfall gelernt.

Fazit: Ein Krimi, der sehr kurzweilig ist und einen durchaus interessanten Mordfall zu bieten hat. Der norddeutsche Hochsommer zeigt sich von seiner besten Seite und ich habe mich in Parchim und am Wockersee sehr wohlgefühlt. Wer einen unterhaltsamen Krimi für zwischendurch sucht, ist bei diesem Buch genau richtig.

Veröffentlicht am 25.02.2023

Ukrainische Geschichte aus Sicht einer ukrainischen Nachfahrin

Aleksandra
0

In „Aleksandra“ von Lisa Weeda geht es um die Ostukraine und ihre Geschichte, erzählt aus der Sicht einer Nachfahrin dieser Region. Erschienen ist der Roman im Februar 2022 im Kanon-Verlag.

Lisa Weedas ...

In „Aleksandra“ von Lisa Weeda geht es um die Ostukraine und ihre Geschichte, erzählt aus der Sicht einer Nachfahrin dieser Region. Erschienen ist der Roman im Februar 2022 im Kanon-Verlag.

Lisa Weedas Oma heißt Alexandra und ist in der Ostukraine geboren und aufgewachsen. Sie bittet ihre Enkelin darum nach Lugansk zu fahren. Ihr Onkel Kolja ist 2015 verschwunden und kann keine Ruhe finden, solange das Grab nicht gefunden worden ist. Sie macht sich auf den Weg, doch der Soldat am Grenzposten warnt sie, dass Lugansk gefährlich ist und sich nicht für einen kurzen Besuch eignet. Sie flieht über ein Feld und landet auf wundersame Weise im verlorenen Palast des Donkosaken. Dort trifft sie ihren Urgroßvater Nikolaj, der ihr die Geschichte der Ostukraine und der Donkosaken sowie die Geschichte ihrer Familie erzählt. Doch findet sie auch Kolja und kann ihm die Ruhe bringen, die sich ihre Großmutter so sehr für ihn wünscht?

Zu diesem Buch hatte ich tatsächlich eine mail von netgalley in meinem Postfach und da ich mich gerade sehr für die Ukraine und ihre Geschichte interessiere, hat mich ein Roman zu diesem Thema, der die Sichtweise der Ukrainerinnen schildert sehr interessiert. Lisa Weeda lebt in den Niederlanden und sie selber musste nicht vor dem aktuellen Konflikt fliehen, aber ihre Familie hat eine sehr wechselvolle Geschichte zu erzählen. Noch ein interessanter Fakt zu diesem Buch. Dieses wurde aus dem niederländischen ins Deutsche übersetzt.
Die Autorin holt einen mit starken Bildern ins Buch hinein. Man kann sich den Checkpoint in Lugansk sehr gut vorstellen, aber auch die Anmerkungen zu Beginn des Buches sind interessant. Die Geschichte hat eine sehr eigene Sprache, die einen dennoch in ihren Bann zieht. Das eine Nachfahrin dieser Region das Buch geschrieben hat, kann man auf jeder Seite spüren. Leider wird hier viel in Monologen erzählt. Ich habe quasi immer jemanden zugehört, der mir gerade diese Geschichte erzählt. Das hat etwas sehr nahbares, hat es manches Mal allerdings eher zäh gemacht.
Ich fand das Buch ein wenig wirr aufgebaut. Es gibt einen Wechsel zwischen unterschiedlichen Perspektiven und Zeiträumen. Am besten konnte ich das noch unterscheiden, wenn ich mich im Jahre 2018 befand. Mal war ich mit Lisa im Palast des verlorenen Donkosaken, dann erzählt wieder ihre Großmutter, ihr Urgroßvater oder auch Hirsche, die die Ereignisse rund um Koljas Verschwinden beobachten.
Dabei wurde ich auf eine Reise durch die Geschichte der Ostukraine und der Region Lugansk entführt. Es geht in diesem Roman um die Proteste auf dem Maidan, um die Zeit im Sowjetreich und den zweiten Weltkrieg, die Annektion der Krim und das einstmals Donkosaken auf diesem Gebiet lebten. Hier ist wirklich sehr viel Wissen über die Region und die Mentalität der Menschen eingewoben und das kann fast schon etwas viel werden. Durch das Lesen einiger Sachbücher zu diesem Thema hatte ich schon ein gewisses Vorwissen und habe vieles wiedererkannt. Ihr braucht aber kein Vorwissen zur Geschichte der Ukraine haben, um dieses Buch lesen zu können. Allerdings würde ich nach dem Lesen des Buches empfehlen, sich über andere Quellen weiter über die Geschichte der Ukraine zu informieren. Dieses Buch enthält eine Perspektive und Sichtweise auf die Ereignisse.
Sehr gefallen hat mir die Symbolik in diesem Buch. Es wird mit Farben gearbeitet, mit oben erwähnten Hirschen und noch einigem mehr. Lisa Weeda hat einige russische Begriffe im Buch untergebracht. Einiges wird in den Anmerkungen zu Beginn des Buches erläutert, anderes direkt im Roman. Ich fand das sehr schön und habe mich sehr gefreut als ich das ein oder andere auch ohne Erklärung verstanden habe. Ich lerne ein paar russische Floskeln und Worte, da der Sohn einer Freundin zweisprachig erzogen wird.
Dadurch das dieses Buch teilweise eher einem Bericht gleicht, habe ich nicht so sehr mit den Protagonisten in diesem Buch mitgefiebert. Mir wurde die Familiengeschichte von einem Verwandten erzählt. Ich war interessiert dabei und empfand es durchaus als eine bemerkenswerte Geschichte, bin allerdings nicht so sehr eingetaucht, als das ich alles mitgefühlt hätte. Es stecken sehr viele Emotionen in den Ereignissen drin. Für mich hätte es anders erzählt werden müssen, damit ich diese spüren kann.
Viel Zusatzmaterial gibt es in dem Buch nicht. Ihr bekommt die Anmerkungen zu Beginn des Buches und im ebook gab es am Ende nochmal eine Karte der Ukraine und des Donbass. Das ist für dieses Buch vollkommen ausreichend. Da dieses Buch anscheinend in Zusammenarbeit mit der bpb entstanden ist, hätte ich mir vielleicht am Ende noch ein kleines Verzeichnis mit weiterführender Lektüre gewünscht.

Fazit: Ein Buch, dass die Geschichte der Ostukraine und der Region Lugangsk erzählt und so einen guten Einblick darauf gibt, wie Ukrainer
innen und deren Nachfahren das aktuelle Geschehen dort empfinden. Dabei muss man Bedenken, dass dies nur eine Perspektive darauf ist. Ich mochte die Symbolik im Buch. Die monologartige Erzählweise war nicht so ganz meins. Ein guter Einstieg, um sich anschließend noch näher mit dem Thema beschäftigen zu können.

Veröffentlicht am 18.02.2023

Eine Familiensaga mit Höhen und Tiefen im schillernden Odessa

Grandhotel Odessa. Die Stadt im Himmel
0

„Grandhotel Odessa - Die Stadt im Himmel“ ist der Auftakt zur zweibändigen Reihe über Odessa und das titelgebende Hotel im 20. Jahrhundert. Erschienen ist der Roman bei Droemer-Knaur im Januar 2021.

Odessa, ...

„Grandhotel Odessa - Die Stadt im Himmel“ ist der Auftakt zur zweibändigen Reihe über Odessa und das titelgebende Hotel im 20. Jahrhundert. Erschienen ist der Roman bei Droemer-Knaur im Januar 2021.

Odessa, 1910: Ein besonderes Fest erwartet die Gäste des Grandhotel Odessa. Die junge Hotelerbin feiert ihren 21. Geburtstag und das soll gebührend gefeiert werden. Ein Ereignis, das noch viele Jahre in Erinnerung bleiben soll, allerdings anders als gedacht. Trotz ihrer Eifersucht auf die schöne Belle, verrät Oda ihrer Ziehschwester ihr großes Geheimnis: Sie hat sich in den neuen Star am Balletthimmel Odessas verliebt. Gemeinsam mit ihm möchte sie durchbrennen und ihren Vater vor vollendete Tatsachen stellen.

Ich gebe zu, ich mag diesen Trend hin zu Familiensagas im historischen Genre nicht wirklich. Gefühlt gibt es kaum noch etwas anderes. Manchmal gebe ich dem Genre allerdings noch eine Chance, wenn ich so wie hier, das Buch als Mängelexemplar entdecke. Odessa als Kulisse für einen historischen Roman fand ich spannend.
Der Schreibstil der Autorin lies sich angenehm lesen, allerdings war der melancholische Unterton nicht so ganz meins. Odessa wiederum fand ich toll beschrieben und ihr Status als ein Schmelztiegel der Nationen kam gut zu Geltung. Ich konnte mir gut vorstellen, eine Reise in diese Stadt zu unternehmen und dort meinen Sommerurlaub zu begehen. Aktuelle Ereignisse werden das wahrscheinlich für viele Jahre nicht mehr möglich machen.
Der Roman spielt hauptsächlich in der Zeit von 1910 bis 1917. Es gibt aber immer wieder Sprünge in die Vergangenheit zu den Hintergründen der Gründung des Hotels. Die Russische Revolution sendet seine Vorboten aus und es gibt einige Herausforderungen mit denen das Grandhotel in dieser Zeit umgehen muss. Der erste Weltkrieg bringt u.a. Schwierigkeiten bei der Nahrungsmittelversorgung mit sich und die Stimmung gegen den Adel und Großgrundbesitzer verschlechtert sich.
Bei den Personen im Buch bin ich sehr zwiegespalten. Es gab für mich zumindest nicht die Identifikationsfigur. Ich gebe zu, dass ich das schon sehr mag, wenn es Personen in einem Buch gibt, die mir sympathisch sind und die ich einfach nur mag und die dann sicherlich ein bisschen zu gut dargestellt sind. Hier gibt es an jeder Person durchaus etwas, was ich gut finde, aber oft genug eben auch Dinge, die ich verachtenswert finde.
Oda beispielsweise ist sehr fixiert auf das Grandhotel Odessa und stellt dies über ihr persönliches Glück. Der Kontrast zwischen ihr und Belle ist ein zentrales Thema im Buch. Oda ist hässlich, Belle ist schön. Oda wird die Liebe ihres Vaters entzogen, Belle wird damit überhäuft. Oda zieht sich diesen Schuh allerdings auch an und steht sich so selber im Weg, dennoch ist es auch bewundernswert was sie im Buch mit dem Hotel erreicht.
Ihr Vater wiederum ist über einige Leichen gegangen, um das Hotel überhaupt Wirklichkeit werden zu lassen. In den Rückblenden war das einfach kein schöner Freundeskreis, der sich um ihn und seine Zwillingsschwester gebildet hat. Es war so viel Falschheit, so viel böse Gedanken drin, die teilweise durchaus reflektiert wurden. Das überhebliche Verhalten wurde aber dennoch beibehalten und doch hat er mit dem Grandhotel etwas erschaffen. Dieser Traum des Hotels hat mir gut gefallen. Der Weg dahin eher weniger.
Wie ihr seht, in diesem Buch gibt es familiensaga-mäßiges Drama. Es war ok, aber es ist eben nicht so ganz meins. Ich bin schon froh, dass es nicht dieses Ding gab von wegen sie ist anders als andere Frauen. Das Drama wird aus den Konfliktpunkten, die bereits in der Vergangenheit geschaffen wurden, gezogen und diese wiederum wirken sich bis in die Gegenwart des Buches aus. Die Autorin hat eine geschickte Personenauswahl getroffen, die genug Reibungspotenzial bietet, um interessant zu sein. Der historische Hintergrund mit der russischen Revolution und dem ersten Weltkrieg hat mir gefallen. Wenn ich den zweiten Teil mal in der Mängelexemplar-Kiste entdecke, werde ich diesen sicher mitnehmen, weil mich die Veränderungen, die bis ins Jahr 1935 geschehen, sehr interessieren.
Zu Beginn des Buches gibt es einige Hinweise zum historischen Hintergrund und am Ende ein Glossar mit historischen sowie russisch/ukrainischen Begriffen. Eine Karte von Odessa sowie ein Personenverzeichnis sucht man vergebens. Insgesamt war das Zusatzmaterial für mich ausreichend.

Fazit: Eine Familiensaga, die für mich Höhen und Tiefen hatte. Der historische Hintergrund war interessant, die Personen und die insgesamt eher melancholische Stimmung hat mich eher zwiegespalten zurückgelassen. Odessa als Schauplatz hat mir sehr gut gefallen. Insgesamt eine Reihe, die man lesen kann, aber nicht unbedingt muss.

Veröffentlicht am 12.02.2023

Krimi-Kurzgeschichten funktionieren für mich gut

Tatort Nord
0

„Tatort Nord“ ist eine Krimi-Anthologie, die von Franziska Henze, Anke Küpper und Yvonne Wüstel herausgegeben wurde. 23 Kurzgeschichten von 23 Autorinnen sind enthalten. Erschienen ist das Buch bei Harper ...

„Tatort Nord“ ist eine Krimi-Anthologie, die von Franziska Henze, Anke Küpper und Yvonne Wüstel herausgegeben wurde. 23 Kurzgeschichten von 23 Autorinnen sind enthalten. Erschienen ist das Buch bei Harper Collins im Mai 2022.

Eine Krimi-Anthologie, die ihrem Namen gerecht wird und einen in den Norden Deutschlands führt. Neben Hamburg und Lübeck sind auch die Top-Urlaubslocations wie Sylt oder Fehmarn vertreten, aber auch andere Orte in Schleswig-Holstein sind Schauplätze der Geschichten.
Mit Kurzkrimis von Monika Buttler, Carola Christiansen, Heike Denzau, Kathrin Hanke, Franziska Henze, Eva Jensen, Svea Jensen, Anke Küpper, Alexa Lewrenz, Anja Marschall, Bettina Mittelacher, Regina Müller-Ehlbeck, Ricarda Oertel, Susanne Pohl, Alex Roller, Maja Schendel, Anette Schwohl, Stefanie Schreiber, Regine Seemann, Elin Seidel, Carolyn Srugies, Joyce Summer und Sabine Weiß.

Zu dieser Krimi-Anthologie kam ich über die Ladies Crime Nights, die hier im Norden stattfanden und von denen, die ein oder andere gut für mich erreichbar war. Das Konzept dieser Veranstaltung konnte mich sehr überzeugen und so musste ich natürlich auch wissen, wie die einzelnen Geschichten ausgehen, deren Anfang ich dort gehört hatte. Immerhin 10 von 23 Autorinnen haben sich in meiner Ausgabe von Tatort Nord verewigt und alleine deswegen hat dieses Buch schon einen besonderen Platz in meinem Herzen verdient.
Die Kurzgeschichten in dieser Anthologie sind sehr abwechslungsreich. Vom klassischen Ermitteln über Beziehungsdramen und Rivalitäten bis hin zu Serientätern ist hier wirklich alles vorhanden. Für mich, die bisher eher keine Krimis liest, war es eine gelungene Möglichkeit mal zu schauen, was denn für mich das Richtige sein könnte.
Oftmals hatten die Geschichten überraschende Wendungen, die ich so nicht ahnen konnte. Manchmal waren sie so gruselig geschrieben, dass ich mich nicht mehr raus trauen wollte und andere Geschichten wirkten manchmal unfreiwillig komisch.
Wir nehmen die unterschiedlichsten Perspektiven ein und sind im Kopf eines Serienkillers, erleben den schrulligen Ermittler oder sind dabei wie ein verschmähter Liebender bei einem Wiedersehen nach vielen Jahren falsche Schlüsse zieht oder auch die Ehefrau, die aus dem Schatten ihres Mannes treten möchte.
Jede Autorin konnte mich auf ihre Weise an verschiedene Orte entführen und meist konnte ich mir alles gut vorstellen, was vielleicht auch daran liegt, dass ich in Schleswig-Holstein wohne. Für mich hat es so manche Geschichte fast noch ein wenig echter gemacht. Für das eigenen Kopfkino ist es auf jeden Fall sehr zuträglich, wenn man den ein oder anderen Ort in einem Buch kennt.
Von der Vielfalt war ich wirklich überrascht und als Kurzgeschichten war es für mich genau die richtige Dosis. So ganz ist der Knoten mit mir und den Krimis noch immer nicht geplatzt. Ich denke dennoch, dass ich eine bessere Vorstellung davon habe, was mir gefallen könnte und ich werde bei zukünftigen Krimis, die ich hoffentlich lesen werde, den Fokus ein bisschen anders setzen. Das klassische Ermitteln wird mich glaube ich nie wirklich bekommen, aber manchmal kann eben auch das Drumherum sehr für sich einnehmen und manchmal muss man die Geschichte auch mit dem nötigen Fokus auf dem Unterhaltungswert lesen.

Fazit: Krimi-Anthologien scheinen für mich derzeit noch das richtige Mittel der Wahl zu sein. Sehr abwechslunsgreiche Geschichten, die alle auf ihre Weise zu überzeugen wissen und ich werde definitiv auch die zweite Anthologie der Mörderischen Schwestern lesen und hoffentlich, die ein oder andere Ladies Crime Night im richtigen Ambiente genießen. Empfehlenswert für jeden, der Lust hat sich im Krimi-Genre auszuprobieren und natürlich auch für alle, die dem Genre schon jetzt verfallen sind.