Profilbild von mysticcat

mysticcat

Lesejury Star
offline

mysticcat ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit mysticcat über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.11.2024

Gesellschaftlicher 360-Grad-Blick

Moralische Ambition
0

"Moralische Ambitionen" (Originaltitel: "Humanity: A Hopeful History") von Rutger Bregman ist Ende 2024 errschiene.

In diesem stellt Rutger Bregman eine gewagte und optimistische These auf: ...

"Moralische Ambitionen" (Originaltitel: "Humanity: A Hopeful History") von Rutger Bregman ist Ende 2024 errschiene.

In diesem stellt Rutger Bregman eine gewagte und optimistische These auf: Der Mensch ist von Natur aus gut, und die Geschichte, wie wir sie in den letzten Jahrhunderten erzählt haben, ist ein verzerrtes Bild, das die dunklen Seiten der Menschheit überbetont und die positiven Aspekte ausblendet.

"Der Mensch ist gut, aber die Leute sind schlecht" - war bisher auch schon eines meiner Lieblingszitate. Damit räumt das Buch jedoch gewaltig auf und gibt das Zepter zum Handeln dem Leser / der Leserin in die Hand. Selbst Initiative zeigen ist das zentrale Thema dieses Werks.

Das Buch ist eine Antwort auf die oft vorherrschende Sichtweise, dass Menschen grundsätzlich dazu neigen, sich in Krisen oder unter Druck zu rücksichtsloseren, egoistischen Wesen zu verwandeln. Bregman stützt seine Argumentation auf zahlreiche historische und wissenschaftliche Studien, die ein anderes Bild vermitteln. Ein zentrales Beispiel dafür ist die berühmte Studie über das "Stanford-Prison-Experiment" von Philip Zimbardo. Dieses Experiment wurde oft als Beweis für die Grausamkeit des Menschen angeführt, weil es zeigte, wie schnell Menschen in Machtpositionen tyrannisch werden können. Doch Bregman weist darauf hin, dass ähnliche Experimente auch gezeigt haben, wie schnell Menschen sich in positiven Kontexten zum Helfen und Schützen anderer entscheiden können.

Bregman führt das Buch durch eine Vielzahl von historischen Momenten und wissenschaftlichen Erkenntnissen, die den moralischen Charakter der Menschen in einem anderen Licht zeigen. Besonders betont er die Bedeutung von Kooperation und Vertrauen: "Wenn wir unseren Mitmenschen vertrauen, sind sie eher bereit, uns ebenfalls zu vertrauen." Diese Erkenntnis stützt sich auf die sogenannte "Goldene Regel" und verdeutlicht, dass der Mensch nicht als Egoist, sondern als Sozialwesen geboren ist, das auf Gemeinschaft angewiesen ist.

Besonders gut gefällt mir hier, dass auch viele Frauen und People of Color als "Best-Practice-Beispiele" aufgeführt werden, so dass das Finden von Rollenvorbildern für den Leser / die Leserin vereinfacht wird.

Ein weiteres zentrales Argument ist die Rolle von Mitgefühl und Empathie. Bregman argumentiert, dass diese Eigenschaften nicht nur kulturell bedingt, sondern tief in unserer biologischen Natur verwurzelt sind. Der "Mensch als Altruist" tritt häufig in Erscheinung, besonders in Extremsituationen, was Bregman mit Beispielen aus der Geschichte und aktuellen Ereignissen belegt. Er verweist auf die Taten von Menschen, die in Krisenzeiten anderen geholfen haben, oft auf eine Weise, die ihre eigene Sicherheit gefährdete.

Es wird auch darauf eingegangen, dass es nach wie vor Krisen gibt. "Wo kann ich am meisten helfen?" ist die zentrale Frage, die ich mir beim Lesen gestellt habe. Denn auch ich habe das Gefühl, dass "das System, so wie es ist" nicht gut ist und bin am Überlegen, wie ich es verändern kann.

Am Ende des Buches ruft Bregman dazu auf, das Vertrauen in die Menschheit nicht zu verlieren und unsere moralischen Ambitionen zu fördern. "Die moralische Antwort auf die Frage nach dem menschlichen Wesen ist nicht nur eine theoretische; sie ist eine Handlungsaufforderung", schreibt er. Es geht nicht nur darum, die Welt aus einer anderen Perspektive zu sehen, sondern auch aktiv zu einem besseren Zusammenleben beizutragen.

Fazit: Das Buch verändert dein Denken und deine Ambitionen - und du danach hoffentlich die Welt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2024

Dichter Dichter?

Frühling, Sommer, Herbst und Günther
0

Frühling, Sommer, Herbst und Günther
ist trocken wie Asphalt,
Die Witze und die Rechtschreibung
sind mir viel zu alt.

Entstanden in den Nuller-Jahren
habe ich mir mehr erwartet,
für mich kein Unterhaltungswert,
es ...

Frühling, Sommer, Herbst und Günther
ist trocken wie Asphalt,
Die Witze und die Rechtschreibung
sind mir viel zu alt.

Entstanden in den Nuller-Jahren
habe ich mir mehr erwartet,
für mich kein Unterhaltungswert,
es hat schon schlecht gestartet.

Wenn Lyrik den ein Vorwort braucht,
dann ist es nicht vermessen,
wenn man Kunst erklären muss,
dann kann man sie vergessen.

So schließe ich meine Buchkritik
auch mit solchen Zeilen,
ich will nicht länger als notwendig
bei diesem Werk verweilen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 16.11.2024

Die Wahrheit zahlt sich aus

Scandor
0

Scandor ist der 2025 erschienene Jugendroman von der Wiener Autorin Ursula Poznanski. Seit "Erebos" bin ich ein großer Fan ihrer Jugendbücher und habe mich daher ganz besonders schon auf dieses Buch gefreut.

Worum ...

Scandor ist der 2025 erschienene Jugendroman von der Wiener Autorin Ursula Poznanski. Seit "Erebos" bin ich ein großer Fan ihrer Jugendbücher und habe mich daher ganz besonders schon auf dieses Buch gefreut.

Worum geht es?
Tessa und Philipp sind zwei der 100 Teilnehmer:innen an einem Reality-Game, bei dem es darum geht, die letzte Person zu sein, die noch nicht gelogen hat. Überwacht wird mittels in den Körper teilweise implantierten Lügendetektor mit Display. Zu gewinnen gibt es 5 Millionen Euro, die 99 anderen müssen ihren Wetteinsatz einlösen und sich ihrer größten Angst stellen oder eine an ihre Lebensständen angepasste extrem hohe Geldstrafe bezahlen.

Meine Meinung:
Da es sich um einen Spannungsroman handelt, möchte ich möglichst wenig von der Handlung vorweg nehmen. Was mir besonders gut gefallen hat ist, dass Tessa und Philipp jeweils aus ihrerer Perspektive erzählen. Das macht es leichter, eine Identifikationsfigur zu finden.
Aufgrund des doch massiven Wetteinsatzes sind die beiden Hauptpersonen gerade so volljährig, womit eine Altersempfehlung von 14 Jahren seitens des Verlags durchaus Sinn macht.
Was mir sehr gut gefallen hat war die Wahl des Pseudonyms, unter dem sie anderen Teilnehmenden beim Ausscheiden oder in anderen Situationen angezeigt werden. Gerade bei Tessas Wahl musste ich schmunzeln, was sie als Identifikationsfigur noch sympathischer gemacht hat.
Das Arbeiten mit Gästen ist mir auch bekannt - und ich finde es so richtig heftig, dass sie die Schicht ohne Lüge oder kleine Flunkerei überstanden hat. Dass das natürlich zu Lasten des Trinkgelds geht ist klar - vor allem in Lokalen, in denen Alkohol ausgeschenkt wird, und es eine Gratwanderung zwischen Umsatz und Trinkgeld ist und der Zurechtweisung des Gastes aufgrund von Grenzüberschreitungen.
Auch Philipp hat es nicht leicht als Teil einer WG- allerdings ist sein Mitbewohner meistens abwesend, weshalb Philipp rasch vom System eine Zusatzaufgabe bekommt, damit es nicht zu einfach wird.
Was mir außerdem noch sehr gut gefallen hat ist die Übersicht, wie viele Teilnehmer:innen sich noch befinden, gleich zu Beginn des Kapitels, denn irgendwann verliert man den Überblick.
Auch die "Spotlights" des Ausscheidens aus der Sicht mancher Konkurrent:in fand ich extrem bereichend und kann es gut nachvollziehen, dass es meist um so dahingesagte Halbwahrheiten im Alltag geht, die man gar nicht mehr so am Schirm hat.

Die Handlug fand ich von der ersten bis zur letzten Seite spannend und auch die Auflösung der Verstrickungen zum Ende hat mir gut gefallen. Von nun an werde ich Münzen, die mir in die Hände fallen, etwas genauer betrachten.

Fazit: ein extrem gelungener Spannungsroman für Jugendliche ab 14.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 06.11.2024

Von allem ein bisschen was

Was die Seele glücklich macht
0

Mit gerade mal 200 Seiten sollen Einführung in das Thema, Überblick über verschiedene Krankheitsbilder inklusive Fallgeschichten und Übungen vermittelt werden. Der Autor ist Experte auf dem Gebiet, dazu ...

Mit gerade mal 200 Seiten sollen Einführung in das Thema, Überblick über verschiedene Krankheitsbilder inklusive Fallgeschichten und Übungen vermittelt werden. Der Autor ist Experte auf dem Gebiet, dazu ist das Buch hervorragend recherchiert und die Quellen belegt (Anhang).

Für mich als Entspannungstrainerin fehlt der wichtigste Teil des Buches - nämlich das "Was" fast gänzlich. Hier wird nur grob angerissen und als Ansatz hauptsächlich "Psychotherapie" vorgeschlagen oder "somatische Übungen". Das "Warum" jemand in diese Situation kommt, wird ausgespart - Armut wird als Grund genannt, aber nicht Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht und dass es, für Verbesserungen der Gesundheit, auch eine gerechtere Verteilung der "Mental Load" braucht -und zwar nicht nur im Kleinen auf der persönlichen Ebene.
Es ist toll, einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Jobs mehr Entspannung zu empfehlen und Zeit für sich - aber WIE soll sie das tun, wenn sie wirtschaftlich und zeitlich schon über dem Limit ist und "das System" nicht bereit ist, diese Zustände zu ändern?

Ebenso missfällt es mir, dass "die Schule mehr Vermitteln soll" - S. 35. Wenn man sich jedoch die Fächer ansieht, die ebendiese Werteerziehung in der Pflichtschule übernehmen (Religion, freiwilliger Ethikunterricht), so sieht man leere Klassenzimmer. Nicht, weil es das Angebot nicht gibt, sondern weil es die Eltern nicht für wichtig empfinden - das gilt auch für Engagement in Gemeinschaften, wie Kirchen, oder anderen sozialen Zusammenschlüssen.

Ich habe keinen Verweis auf traditionelle chinesische Medizin, Ayurveda oder Yoga als Lebensstil gefunden, was umfassendere Möglichkeiten bietet, als einen Polster auf der eigenen Schoß zu streicheln und wo es mittlerweile auch online viele (kostenlose) Infomationen und Anleitungen gibt.

Fazit: wer sich vor allem für die einzelnen Erkrankungsbilder interessiert, ist hier gut beraten. Wer Hilfestellung in diesem Buch sucht, wird wahrscheinlich auch nach der Lektüre nicht viel besser bedient sein.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
Veröffentlicht am 04.11.2024

Tagälich grüßt das Murmeltier Teenie-Variante

Death. Life. Repeat.
0

Teenievariante von "Täglich grüßt das Murmeltier"

Meine Generation hat den Film "Täglich grüßt das Murmeltier" typischerweise mehrmals gesehen und kennt daher die Themen "Zeitschleife" und "Liebesgeschichte", ...

Teenievariante von "Täglich grüßt das Murmeltier"

Meine Generation hat den Film "Täglich grüßt das Murmeltier" typischerweise mehrmals gesehen und kennt daher die Themen "Zeitschleife" und "Liebesgeschichte", also eine Verkettung von Ereignissen, die den Protagonisten aus der Zeitschleife hinausführen.

Und um das gleiche Thema handelt es sich auch im Jugendbuch Death. Life. Repeat. , das aufgrund der (Achtung, Triggerwarnung!) Gewalt, sexueller Gewaalt und Drogen ältere Jugendliche als Zielgruppe hat. Weitere Trigger: Verlust eines Elternteils, vulgäre Sprache.

Der Protagonist erlebt den ersten Jahrestag des Tode seiner Mutter immer und immer wieder, beginnend mit einem Autounfall in der Früh und tragischen Ereignissen auf einer Party am Abend.

Ich habe mich während des Lesens gefragt, ob die vielen Wiederholungen bei der überschaubaren Länge mehrfach sein müssen und ob das Buch nicht auch mit weniger vulgäler und stark vereinfachter Sprache untereinander bei der Zielgruppe Anklang findne würde.

Dass das Thema "Zeitschleife" auch im Philosophieunterricht, den der Protagonist mehrfach besucht, ebenfalls aufgerollt wird, hat mir gefallen.

Fazit: Von der Idee her nicht wirklich neu, für die Zielgruppe eventuell schon.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere