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Veröffentlicht am 15.11.2017

Nervenraubende Geschichte mit fehlendem roten Faden

Die rogodanischen Schriften
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Die Rogodanischen Schriften Band 1: Dämmerung des Widerstands ist der Debütroman des Autors Tim J. Radde, der zur Zeit in Bielefeld studiert. Er schreibt nicht nur Romane, sondern auch Kurzgeschichten. ...

Die Rogodanischen Schriften Band 1: Dämmerung des Widerstands ist der Debütroman des Autors Tim J. Radde, der zur Zeit in Bielefeld studiert. Er schreibt nicht nur Romane, sondern auch Kurzgeschichten. Dieser Fantasyroman handelt von dem Krieger Endrael.

Hauptsächlich spielt die Erzählung in der Stadt Jerobina oder etwas außerhalb davon. Die Geschichte wird in der dritten Person wie aus der Sicht eines unabhängigen Erzählers geschildert. Die Kapitelüberschriften der einzelnen Abschnitte sind mit sachlichen Angaben zu Ort und Datum versehen. Insgesamt herrscht in der Story eine düstere und gewalthaltige Grundstimmung.

Zu den Hauptfiguren der Geschichte kann man sagen, dass sie unterschiedlicher nicht seien können und sich doch teils in diversen Charakterzügen oder dem Temperament ergänzen. Endrael ist ein mutiger Soldat, der vor allem neugierig, klug, mitfühlend, aber teilweise auch skrupellos erscheint. Vandrato hingegen ist ein Magier, der Hilfsbereitschaft und Einfühlungsvermögen ausstrahlt. Pensa, eine junge, mittellose Frau ist trotz ihrer Herkunft euphorisch, tapfer, frech und wortgewandt.

Im Laufe der Geschichte gibt es leider kaum Entwicklung in den Charakteren sowie wenn diese von statten gehen, dann sind sie eher ins Negative gehalten bzw. widersprüchlich und/oder nicht nachvollziehbar.

Weiter ist der Schreibstil etwas schwulstiger aber über weite Strecken fließend gehalten. Der Autor verwendet viele Metaphern voller Dramatik, Schönheit und Fantasie aber oft zu viele Informationen auf einmal. Gewalthaltige Szenen sowie eine detailgetreue sowie schillernde Welt zeigen eine Fantasiewelt mit viel Armut und Brutalität, sowie der eindeutigen Suche nach Menschlichkeit. Es wird ein geschmeidiger Fokus auf Umgebung und Handlung, weniger auf Gefühle oder Gedanken gelegt. Letztere sind aber beide tiefsinnig, schlicht und dennoch leidenschaftlich erläutert und eingesetzt Die Dialoge sind eher sachlich und kurzgehalten.

Im Allgemein gelingt der Einstieg eher langsam aber stetig. Mehrmalige scheinbar nicht zusammenhängende Szenenwechsel irritieren vor allem zu Beginn und sorgen für Verwirrung über einen möglichen Zusammenhang. Danach steigt etwas Spannung auf, doch leider wird diese oft durch zu viele Details wieder entschleunigt.

Darüber hinaus ist das letzte Drittel etwas mühselig im Lesefluss. Es passiert viel auf einmal und geschieht aber über äußerst lange Passagen. Zwar treten unerwartete und gut gesetzte Wendungen auf, aber leider wird oft ein roter Faden vermisst, wodurch die Geschichte eher holprig erscheint.

Starke Widersprüche in Handlung und dem Geschichtsverlauf führen zu hoher Verwirrung beim Leser. Das Ende ist zwar nervenraubend aber in sich irritierend und etwas anstrengend zum Lesen. Der offene Schluss hingegen ist sehr gut gewählt und lässt auf eine Fortsetzung schließen. Hingegen sind Epilog und Prolog scheinbar unzusammenhängend mit dem Rest der Erzählung, wodurch der Leser mit vielen Fragezeichen zurückbleibt.



Fazit:

Die Rogodanischen Schriften Bd. 1. Ist ein dramatischer und brutaler Debütroman im Fantasygenre, welcher vor allem mit konträren Charakteren, unvorhersehbaren Wendungen und einer nervenraubenden Story dem Leser anlockt. Leider konnte der Roman nicht ganz überzeugen, da ein roter Faden vermisst sowie gewisse Abschnitt für starke Verwirrung sorgten.


Die Rogodanischen Schriften Bd. 1 erhält von mir 2 von 5 Sternen.

(Ein Dank an Tim J. Radde für das Rezensionsexemplar.)

Veröffentlicht am 15.11.2017

Sehr zwiespältige und dramatische Story

Deep Fall - Louise Kendal
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Deep Fall - Louise Kendal ist ein dramatischer Liebesroman von der Autorin Chloé Jensen, die internationale Wurzeln hat. Deep Fall ist eigentlich der zweite Band einer Reihe, doch man kann ihn auch so ...

Deep Fall - Louise Kendal ist ein dramatischer Liebesroman von der Autorin Chloé Jensen, die internationale Wurzeln hat. Deep Fall ist eigentlich der zweite Band einer Reihe, doch man kann ihn auch so lesen, ohne Vorwissen aus dem Auftakt. Weiters erscheint 2018 der dritte Teil, welcher wiederum aus einer anderen Perspektive geschildert wird. Der zweite Band handelt von Louise und ihrem Versuch in der Gesellschaft aufzusteigen.

Jedes Kapitel ist geführt wie ein Tagebuch mit Orts- und Datumsangaben. Dadurch wird die Geschichte nachvollziehbarer Weise ebenso in der Ich-Form aus Sicht von Louise erzählt. Besonders an dem Erzählstil ist, dass die Protagonistin sich direkt an den Leser richtet in dem sie Fragen bzw. auch welche mit rhetorischer Natur stellt. Diese Wahl der Erzählung war für mich sehr gewöhnungsbedürftig, vor allem durch das eher extreme Thema, wäre eine etwas weniger leserzentrierter Einblick besser gewesen, da ich mich zunehmend unwohler gefühlt habe.

Die Hauptprotagonistin Louise ist ein stark verunsichertes und verwirrtes Mädchen, das eigentlich auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit ist und diese kompensiert mit anderen Dingen. Es kommt vor, als wäre sie teils älter und in der Rolle einer Mutter oder Singledame und dann ist sie wieder ein Teenager, was auf ein stark pathologisches und ambivalentes Verhalten hindeutet. Dies hat die Autorin meiner Meinung nach gut gemacht. Teils verstört es aber auch den Leser. Man hat sehr zwiespältig Gefühle und Gedanken, die da geweckt werden und eigentlich will man Louise am Liebsten nur im Arm halten und sagen, dass alles wieder gut wird.

Zum Teil verwendet die Autorin eine hoch filigrane Sprache, die sich mit einer locker moderneren bzw. einer oft etwas banalen Art abwechselt. Der Schreibstil ist sehr erläuternd, wodurch man etwas holprig in die Geschichte hineinkommt. Intensive und anschauliche Metaphern und viel Liebe zum Detail sind sehr darauf fokussiert ausführliche Vergleiche zu machen.

Dadurch werden fast erschreckend wenig Gefühle und Gedanken eingebaut, da sich alles mehr auf die Handlung konzentriert. Es gibt ein hohes Augenmerk auf körperliche Aspekte, was fast etwas plump und abgestumpft wirkt. Trotz hoher Leidenschaft spürt man beim Lesen kein Knistern. Aus psychologischer Sicht gibt es zwar starke Gefühlsregungen, aber sie kommen eher oberflächlich an, was irgendwie zum Charakter von Louise passen, aber definitiv nicht ihrem Alter. Ich bin hier sehr zwiegespalten, wie ich es finden soll – auf der einen Seite ist es authentisch gelöst, auf der anderen Seite kommt es mir zu emotionslos über weite Strecken vor.

Der Einstieg war für mich durch den gewählten Erzählstil etwas gewöhnungsbedürftig, da man selbst angesprochen wird. Es wird dann meiner Meinung nach immer skurriler. Irgendwie macht es auch neugierig, irgendwie ist Louise auch anstrengend, teilweise tut sie einem leid und dann könnte man sich die Haare raufen. Irgendwie fesselt einem die Geschichte bis zum Schluss, man ist durchgehend zwiegespalten und man denkt auch manchmal darüber nach abzubrechen - vermutlich wegen der Thematik. Dennoch liest man es bis zum Ende, was verstörend aber passend gewählt wurde.



Fazit:

Deep Fall ist im wahrsten Sinne ein dramatischer Liebesroman mit viel Spannung, Details und einer sehr ernsten Thematik. Die Hauptprotagonistin nimmt dem Leser in eine zwiegespaltene, sehr erläuternde und etwas erschreckende Reise mit, welche dem Leser auf eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Gedanken schickt.

Deep Fall ist nichts für schwache Gemüter, aber jeder der Lust auf ein ernstes und dramatisches Buch, mit einer etwas skurrilen Liebesgeschichte hat, wird dieses Buch lieben.



Deep Fall erhält von mir 3 von 5 Sternen.

(Ein Dank an Chloé Jensen für das Rezensionsexemplar.)

Veröffentlicht am 07.11.2017

Spannungsgeladen - Aktionsreich - Magisch

Calypso (3). Jenseits der Wellen
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Fabiola Nonn ist eine Autorin, die mit ihrer Fantasyreihe Calypso schon viele Leser in ihren Bann ziehen konnte. Calypso (1) – Zwischen den Welten sowie Calypso (2) – Unter den Sternen haben mir sehr gefallen ...

Fabiola Nonn ist eine Autorin, die mit ihrer Fantasyreihe Calypso schon viele Leser in ihren Bann ziehen konnte. Calypso (1) – Zwischen den Welten sowie Calypso (2) – Unter den Sternen haben mir sehr gefallen und das Abenteuer mit Noemi, eine Khimaara, geht im dritten Teil Calypso (3) – Jenseits der Wellen wieder spannend weiter.
Direkt an das Ende von Band 2 setzt die Geschichte dieses Buches an. Metaphernhafte Überschriften führen geschickt und verspielt durch die Story. Wie bereits in den ersten beiden Büchern wird in der Ich-Form aus der Perspektive von Noemi erzählt. Noemi ist wie immer kämpferisch, loyal und dennoch verwundbar durch ihre Herzlichkeit sowie hat auch Angst vor dem Ungewissen.
Die weiteren Figuren machen ähnlich wie Noemi in der Story eine starke Entwicklung durch. Nicon ist hilfsbereit, verständnisvoll, emphatisch, neugierig, hat immer ein offenes Ohr und strahlt Zufriedenheit aus. Hingegen ist Jonaz vermehrt stur, Grund auf ehrlich und doch verändert. Ash, Noemis Bruder ist mutig, aufmüpfig, setzt sich ein, ist liebevoll, ein Beschützer aber immer mehr verblendet.
Fabiola Nonns Schreibstil ist in diesem Band flüssiger und teils rasanter, teils resignierender als in den ersten Teilen. Die Sprache scheint ebenso ausschmückender und wortgewandter, aber bleibt dennoch eher einfacher gehalten. Starke Gedankenmonologe gehen einher mit tiefsinnigen Gefühlen mit viel Charme, Leidenschaft sowie Chaos pur. Emotionen wie Rastlosigkeit, Fassungslosigkeit und Wut aber auch Positiveres wie Verliebtheit, Familie und Freundschaft gehen einher mit einer greifbaren inneren Zerrissenheit und Verzweiflung.
Die Beschreibung der Szenen sind eindrucksvoll und malerisch erläutert. Es fällt auf, dass die Autorin vor Detailverliebtheit strotzt, denn man den Leseeindruck selbst durch die Welt zu wandern, so exakt schildert sie die Umgebung. Ein magisches und zauberhaftes Setting durch die Beherrschung von Elementarkräften sowie die Fähigkeit sich in ein anderes Wesen zu Wandeln zeugen von einer hohen Kreativität sowie Fantasie.
Generell ist man mit dem ersten Satz wieder mitten in der Geschichte eingetaucht und bemerkt sofort die vorherrschende, angespannte und bedrohliche Grundstimmung, die neugierig auf die Story macht. Fabiola Nonn verpackt geschickt im ersten Kapitel eine Bestandsaufnahme der Situation bzw. eine kurze Zusammenfassung – fast ohne dass es der Leser mitbekommt.
Danach geht es stetig in der Handlung voran. Sehr rasant folgt eine unvorhersehbare Szene auf die nächste. Aktionsgeladene Wechsel und brutale Schlagabtausche führen zu einem grandiosen und nervenraubenden letzten Drittel. Der Schluss ist, wie nicht anders zu erwarten, offen für den 4. und zugleich den Abschluss der Reihe gehalten.

Fazit:
Calypso (3) – Jenseits der Wellen hat meine Erwartungen wieder einmal übertroffen. Fabiola Nonn hat es mit einer spannungsgeladenen und sehr aktionsreichen Geschichte geschafft, den Leser auf eine magische sowie fantasievolle Reise zu schicken. Vor allem ein grandioses Ende sowie malerische Szenen und ein rasantes Gefühlschaos schaffen für den Leser ein reines Lesevergnügen.

Calypso (3) – Jenseits der Wellen erhält von mir 4,5 von 5 Sternen.
(Ein Dank an Fabiola Nonn und den digi:tales-Verlag für das Rezensionsexemplar.)

Veröffentlicht am 30.10.2017

Aktionsreich - Dramatisch - Fantasievoll - Unvorhersehbar

Trügerische Gegenwart (Die Immergrün Saga 2)
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Sylvia Steele ist ein Pseudonym der Autorin Sylvia Rietschel und sie schreibt für den Carlsen Impress Verlag. Im Oktober hat sie den ersten und zweiten Band ihrer Immergrün Saga veröffentlicht. Wie ihr ...

Sylvia Steele ist ein Pseudonym der Autorin Sylvia Rietschel und sie schreibt für den Carlsen Impress Verlag. Im Oktober hat sie den ersten und zweiten Band ihrer Immergrün Saga veröffentlicht. Wie ihr bereits wisst, war ich von „Gestohlene Vergangenheit“ sehr begeistert und ich wollte unbedingt erfahren, wie es mit Alisha und David weitergeht. Deshalb musste ich auch den zweiten Band „Trügerische Gegenwart“ unbedingt lesen und ich werde euch meine Meinung dazu natürlich nicht vorenthalten.

Die Handlung setzt direkt an das Ende von Teil 1 mit einem Prolog an, der auch als Epilog von Band 1 gesehen werden kann. Dadurch ist man sofort wieder mitten im Geschehen und dem Gefühlschaos drinnen und fiebert sofort wieder mit den beiden Hauptprotagonisten mit. Wie in Band 1 wird die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt: aus Alishas und Davids Blickwinkel sowie aus Richards Sicht, die nun neu dazugekommen ist um eine zusätzliche Vielfalt zu erhalten.

Zu den Protagonisten kann man sagen, dass sie sich im Laufe dieses Bandes sehr stark entwickeln. Alisha ist der feminine Part in der Runde, ist aber widerspenstig, leidenschaftlich impulsiv und teilweise etwas naiv. Azard spielt die böse Seite in der Geschichte, ist ihr Gegenteil, diabolisch brillant und dennoch nicht so gefühlskalt, wie zuerst angenommen. Richard ist mutig, treu, kämpft gegen alles an und wächst über sich hinaus. Finn ist wie immer edel, ehrlich herzlich aber er scheint etwas zu verbergen. Letztendlich David ist edelmütig, verzweifelt und in einer Zwangslage, dadurch stark emotional und trotzdem kämpferisch bis zum Ende.

Mal herrlich detailliert schildernder, dann wieder rasanter und aktionsgeladener, dann wieder leidenschaftlich emotional und auskosten – so vielschichtig zeigt sich der Schreibstil von Sylvia Steele. Starke und leidenschaftliche Schilderungen der Gefühle mit viel Tiefgang, Herzschmerz und emotionalem Chaos wechseln sich mit Metaphern reiche und ausdrucksstarke Szenendarstellung ab.

Innere Zerrissenheit, grauenhafte Verzweiflung, zutiefst Zufriedenheit oder nervenraubende Rachegelüste treffen auf innige und wahre Freundschaft. Sylvia Steele schickt ihre Leser wieder auf eine atemberaubende, nervenzermürbende Achterbahnfahrt. Körperliche Befindlichkeiten und Gemütszustände sind greifbar und fühlbar und es herrscht eine wahre Explosion an Gedanken.

Man kommt durch den Prolog sofort wieder ins Geschehen rein – für mich persönlich hat die Autorin einen guten Einstieg gewählt. Sofort fiebert man mit Alisha und David mit und spekuliert über mögliche Weiterführungen der Erzählung. Auf und Abs sind vorherrschend in der Erzählung, aber die Entspannung in der Handlung lassen immer stark vermuten, dass gleich etwas passiert – man ist folglich durchgehend angespannt.

Das Herz klopft bei jeder unvorhersehbaren Wendung, jede neue Enthüllung erdrückt einen fast vor Entsetzen. Oft endet eine Szene offen und man traut sich nicht sofort weiterlesen, weil man etwas Schlimmes befürchtet. Außerdem lassen die Perspektivenwechsel Raum für Spekulationen. Diese Wechsel lenken den Leser aber auch vom Geschehen ab, damit sein Blickwinkel kurz auf was anderes gerichtet ist und nicht darüber nachdenkt. Und Bumm: man wird wieder überrannt.

Das Hinauszögern von Auflösungen hat Sylvia Steele vor allem im Schluss perfektioniert. Das Ende ist der Hammer – es ist extrem offengehalten, endet mitten in einer entscheidenden Szene, es ist sehr aktionsreich und nervenraubend sowie atemberaubend gut bis zur letzten Zeile.

Fazit:
Trügerische Gegenwart ist eine mehr als gelungene Fortsetzung der Immergrün Saga und die Autorin Sylvia Stele hat meine Erwartung mit diesem fantastischen und dramatischen Fantasyroman mehr als übertroffen. Starke Figurenentwicklung, Spannung ohne Ende, hoch dramatische und unvorhersehbare sowie nervenraubende Wendungen und ein mehr als aktionsreicher offener Schluss lassen das Leser Herz mehr als hoch schlagen.
Die Immergrün Saga ist eine eindeutige Kaufempfehlung und ein Muss für jeden Fantasyfan und Liebhaber von Vampiren.

Trügerische Gegenwart – Die Immergrün Saga 2 erhält von mir 5 von 5 Sternen.

Veröffentlicht am 28.10.2017

Junge Liebe - das reinste Gefühlschaos

Meine Heimlichkeiten
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Uwe Strauß hat kein bestimmtes Genre beim Schreiben von Romanen – egal ob Romance, Fantasy oder Krimi, alles ist bei ihm zu finden. Meine Heimlichkeiten ist eine First-Love-Erzählung bestehend aus zwei ...

Uwe Strauß hat kein bestimmtes Genre beim Schreiben von Romanen – egal ob Romance, Fantasy oder Krimi, alles ist bei ihm zu finden. Meine Heimlichkeiten ist eine First-Love-Erzählung bestehend aus zwei unterschiedlichen Geschichten über Junge Liebe (Band 78). Beide Geschichten handeln von Jungs auf dem Weg zu ihrem Coming-Out.
Die erste Geschichte ist in zwei Teile aufgeteilt – ein Teil spielt in einem Ort in Schottland nahe der Küste und der zweite Abschnitt spielt in der Fantasy-Welt Loron, eine verborgene Insel angrenzend an die schottische Küste. Weiters fallen in dieser Erzählung die Überschriften mit schönen Aussagen und schlichten Orten auf, welche passend zum Geschehen eingesetzt sind.
Die Geschichte wird aus der Perspektive Jayden und Seliân in der dritten Person erzählt, welche gemeinsam wie ein Erzähler über ihr Kennenlernen und den weiteren Verlauf ihrer „Beziehung“ zueinander schildern. Jayden ist pubertierend, unsicher, zurückgezogen, gefühlvoll und dennoch isoliert, denkt viel nach und hat wie fast jeder Jugendlicher Angst vor seinen Gefühlen. Seliân hingegen ist sehr neugierig, kommt aus einer anderen Welt, ist von Grund auf ehrlich, unschuldig, unverblümt, weltoffen und herzlich. Beide Jungen sind sehr konträr aufgewachsen aber ergänzen sich super in ihren Charakter.
Ein fließender Schreibstil und eine leichte, lockere jugendliche Sprache zeichnen Uwe Strauß Schreibstil aus. Auffallend ist, dass er seine Erzählungen eher feminin hält, da sie sehr gefühlshaltig und gedankenlastig ist, aber meiner Meinung sehr passend zum Charakter der Jugendlichen passt. Weiters verwendet der Autor sehr authentische Schilderungen der Gedankenwelten, subtil für Jugendliche aber dennoch treffend gestaltet.
Darüber hinaus ist das Gefühlschaos treffend für die Pubertät, man will sich entdecken, dennoch nicht auffallen und dazugehören, man hat Angst anders zu sein - dieses Karussell der Emotionen macht einen innerlich ganz unrund, aber man fühlt auch mit den Protagonisten mit und fiebert auf ein eventuelles Happy End zu. Schlichte aber dennoch ausdrucksstarke Metaphern schildern die Szenen und die Umgebung detailverliebt auf eine verspielte und teilweise kindliche Art und Weise - super Erzählstil.
Die Einleitung ist eher banal aber treffend und leicht verständlich formuliert. Die Erzählung beginnt langsam stetig, dann macht es neugierig und man taucht nach 30 Seiten schon ein und fühlt mit den Protagonisten mit. Vor allem ab der Mitte ist die Story sehr emotional mit viel Gefühlschaos und einem unvorhersehbaren Ende, welches treffend aber ein bisschen überspitzt rüberkommt, dennoch kamen mir die Tränen.
Zusammenfassend ist die Geschichte eine bunte Mischung von Themen – Modern trifft auf Mittelalter, anders sein und Toleranz sowie Homosexualität und junge Liebe. Realität und idealistische Welten treffen aufeinander und es geht vor allem um Verständnis und andere treffende Weltanschauungen, die stark zum Nachdenken anregen.

Die zweite Geschichte spielt in der Heimatstadt des Autors und handelt von den Tagebuchaufzeichnungen des jungen Henriks. In Ich-Form in Tagebuchform wird die Story aus der Sicht von Henrik erzählt. Der Einstieg ist sehr schnell, da dieser Erzählstil eine sehr persönliche und intime Note hat und somit vertraulicher und authentischer wirkt sowie die Identifizierung mit dem Protagonisten leichter fällt.
Henrik als Hauptprotagonist ist sehr sympathisch, zurückhaltend, eher still, aber herzlich. Andrea ist lieb, sportlich aber irgendwie auch fordernd. Dann gibt es da noch Chris, der Henriks bester Freund in seiner Heimat ist, der immer für ihn da ist, und den neue, loyalen und stets hilfsbereiten Schulfreund Erik.
Im Allgemeinen ist der Schreibstil eher einfach gehalten mit einer jugendlich lockeren Sprache. Durch die Tagebucheinträge ist der Lesefluss gegeben, aber teilweise etwas stockend. Frustrationen der Pubertät sind authentisch geschildert, man kann es fast nachvollziehen, auch als Nicht-Teenager.
Man ist mehr oder weniger ab den ersten Seiten in Henricks Aufzeichnungen drinnen, welche sehr zeitig chronologisch stattfinden, wodurch man alles sehr gut auffasst und auch neugierig auf den weiteren Verlauf der Geschichte wird. Die Geschichte ist zu Beginn leider aber eher noch eintönig und etwas banal sowie Spannung oder Charme fehlen länger. Dann kommt ein Mädchen und es wird langsam, gerät ins Rollen, obwohl es sehr vorhersehbar für erste bleibt.
Nichts desto trotz werden die widersprüchlichen Gefühle und Gedanken von Henrik treffend geschildert und wechseln sich mit Ironie und Sarkasmus verpackt als Situationskomik ab. Vor allem das Tagebuch als Stilmittel um tiefe Geheimnisse zu offenbaren und wegzuschließen von der Welt ist gut gewählt, vor allem wenn sich ein Teenager Dinge von der Seele schreiben möchte oder ein nötiger Ansprechpartner zum Reden fehlt bzw. sie glauben, dass keiner sie verstehen kann.
Vor allem gegen Ende hin wird die Geschichte noch einmal richtig spannend und strotzt vor Unvorhersehbarkeit. Das Ende war zwar zum Erwarten, aber man musste trotzdem mit der ein oder anderen Überraschung und Wendung rechnen.

Fazit:
Die erste Geschichte ist eine herzhafte und emotional sehr aufwühlende Geschichte zwischen zwei sehr konträren aber sich ergänzenden Jungen, die sich trotz ihrer sehr unterschiedlichen Herkünfte lieben lernen und versuchen ihr Gefühlschaos zu beherrschen und auf Toleranz zu treffen.
Zur zweiten Geschichte kann gesagt werden, dass sie durch ihren ungewöhnlichen Erzählstil in Form von Tagebucheinträgen durch aus Potential hat und vor allem einen tollen Einblick in die Gefühlswelten von Jugendlichen gibt. Einzig eine gewisse Vorhersehbarkeit und Eintönigkeit sowie eine teilweise fehlende Spannung haben ein paar Abstriche gemacht.

Meine Heimlichkeiten, erste Geschichte erhält von mir 4 von 5 Sternen.
Meine Heimlichkeiten, zweite Geschichte erhält von mir 3 von 5 Sternen.
Insgesamt bekommt das Buch von mir folglich 3,5 von 5 Sternen.
(Ein Dank an Uwe Strauß und den Himmelstürmer-Verlag für das Rezensionsexemplar.)