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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.04.2021

Eine Reise

Der Schneeleopard
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Der Schriftsteller Sylvain Tesson wird von dem Tierfotografen Vincet Murier eingeladen, ihn nach Tibet zu begleiten um Schneeleoparden zu beobachten. Zusammen mit zwei anderen machen sie sich also auf ...

Der Schriftsteller Sylvain Tesson wird von dem Tierfotografen Vincet Murier eingeladen, ihn nach Tibet zu begleiten um Schneeleoparden zu beobachten. Zusammen mit zwei anderen machen sie sich also auf die Reise in die schneebedeckten Berge Tibets.

Wenn man einen spannenden Bericht über Schneeleoparden erwartet, wird einen dieses Buch enttäuschen. Tesson schreibt hier viel mehr in sehr philosophischer Art über das Leben, über die Menschen und die Tiere, die auf unserer Erde leben. Es hat manchmal den Eindruck, als würde er eine philosphisches Manifest oder eine wissenschaftliche Abhandlung schreiben, doch dann wird es auch immer wieder unterbrochen von Szenen der Reise und sehr poetischen und eindrucksstarken Tierbeobachtungen. Viele dieser Beschreibungen sind sehr bildgewaltig und gleichzeitig auch sehr einfühlsam und mit einem Gespür für das Wesentliche der Natur und der Tiere, denen die vier auf ihrer Reise begegnen.

Mir persönlich hat die Sprache sehr gut gefallen, ich habe mich mitnehmen lassen von Tesson auf eine Reise, die nicht nur nach Tibet, sondern auch in seine innersten Gedanken führt. Dafür muss man in der richtigen Stimmung sein, das gebe ich zu, denn es passiert eigentlich nicht viel in diesem schmalen Buch. Alles in allem hat es für mich jedoch gut funktioniert und hat mir eine schöne und fast schon meditative Lesezeit beschert.

Veröffentlicht am 13.04.2021

Von Freundschaft und Schubladendenken

Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)
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Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein ...

Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein bester Freund gestorben als er vom gemeinsamen Baumhaus gefallen ist und seither schauen ihn alle mit diesem traurig-dich-zu-sehen-Blick an. In dieser Zeit lernt er den neuen Schüler Calvin kennen. Calvin ist das genaue Gegenteil, er ist dünn, klein, dafür besonders schlau. Gemeinsam starten die beiden ein neues Projekt und verbringen die ganze Freizeit zusammen. Als auch Calvin vermisst wird, beginnt Mason endlich ein paar Dinge zu verstehen.

Sprachlich ist das Buch eher einfach gehalten, erzählt wird aus Sicht von Mason, der die Welt eben anders sieht als andere. Er ist ein recht unbedarfter Junge, der mir aber sofort ans Herz gewachsen ist. Auch wenn es eher ein Jugendbuch ist, kann man es als Erwachsener immer noch sehr gut lesen. Lediglich ein paar Phrasen/Ausdrücke wurden für meinen Geschmack etwas zu oft wiederholt. Dennoch ist die Sicht von Mason durchaus authentisch dargestellt.

Was das Buch zu etwas Besonderem gemacht hat, sind die tollen Figuren. Sie alle sind verschieden und das Buch vermittelt eine für Kinder und Jugendliche aber eigentlich auch für jeden Menschen eine wichtige Botschaft: Du bist gut so, wie du bist und du musst nicht in die Schubladen anderer passen. Ein paar Aspekte hätten sicherlich noch etwas mehr herausgearbeitet werden können aber alles in allem ist es ein herzerwärmendes Buch über Freundschaft und Vertrauen geworden. Ich habe es gerne gelesen und mochte v.a. die schusslige Sozialarbeiterin der Schule sehr. Sie kümmert sich liebevoll um die Kinder und schafft es so, dass sie sich wohl fühlen mit sich selbst und hilft ihnen in der Welt zurecht zu kommen.

Veröffentlicht am 13.04.2021

sehr berührend

Nächstes Jahr in Berlin
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Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist schwierig, von Distanz geprägt. Doch als die Mutter stirbt, bleibt der Erzählerin nichts anderes übrig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Es beginnt ...

Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist schwierig, von Distanz geprägt. Doch als die Mutter stirbt, bleibt der Erzählerin nichts anderes übrig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Es beginnt im Jahr 2007, die Erzählerin lebt in Schweden, zusammen mitihrem Freund. Doch dann macht sie sich auf die Reise nach Stuttgart um die letzten Angelegenheiten ihrer Mutter Rose zu regeln. Rose kommt ursprünglich aus Ostpreußen, doch Weltkriege und der Bau einer Mauer haben die Familie gespalten, in verschiedene Ecken verstreut.

Die Sprache ist ein wenig melancholisch aber auch so unglaublich schön, dass sie mich direkt in ihren Bann zog. Man fühlt sich trotz all der Schwierigkeiten geborgen zwischen den Wörtern, die Astrid Seeberger für ihre Figuren findet. Ihre Geschichte erzählt sie mit viel Gefühl. Durch den Krieg zur Flucht gezwungen, erlebt sie schreckliches, verliert zunächst ihre Eltern und Geschwister, schließlich auch noch ihre beste Freundin und einziger Halt. Rose hatte ein nicht gerade glückliches Leben und dennoch ist sie ein sehr faszinierender Charakter. Man kann als Leser verstehen, warum das Verhältnis von Mutter und Tochter eher distanziert blieb, doch gleichzeitig erlebt man nun auch zusammen mit der Erzählerin die Vergangenheit und Jugend der Mutter neu. Man erfährt, wie sie zu dem Menschen wurde, der sie war. Und man erfährt allerhand über die Familie, denn auch die restlichen Familienmitglieder haben ihre Traumata zuverarbeiten.

Die erzählte Familiengeschichte ist sehr tragisch und doch ist es niemals zu viel für den Leser. Ganz im Gegenteil, Astrid Seeberger berührt im Herzen und regt zum Nachdenken an, zum Verweilen und Vermissen. Mit sehr bildhaftem Schribstil, schafft sie es den Leser mitzunehmen nach Stuttgart und Schweden und noch viel weiter in die Vergangenheit. Seeberger hat einen Roman geschrieben, der die bewegende Geschichte einer Deutschen Familie erzählt, die trotz vieler Widrigkeiten irgendwie zusammenhält.

Größter Kritikpunkt ist für mich tatsächlich das Cover und in gewisser Weise auch der Titel, suggerieren beide doch eine leichte Frauenlektüre ohne Tiefgang und dieses (zugegebenermaßen) Klischee wird diesem Buch nicht gerecht.

Veröffentlicht am 16.03.2021

Eher nicht so krass

Krass
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Martin Mosebach weiß mit Worten umzugehen. Doch dahinter steckt zumindest bei seiner Figur Ralph Krass nicht so viel. Die Geschichte beginnt 1988 in Neapel. Herr Krass ist mit einer Truppe dort um sich ...

Martin Mosebach weiß mit Worten umzugehen. Doch dahinter steckt zumindest bei seiner Figur Ralph Krass nicht so viel. Die Geschichte beginnt 1988 in Neapel. Herr Krass ist mit einer Truppe dort um sich eine alte Ruine anzusehen, die er plant zu erwerben und umzubauen. Zu dieser Truppe, deren unumstrittener Anführer er ist, besteht u.a. aus Ludewine, die seine weibliche Begleitung darstellt, aber weder mit ihm noch mit anderen sexuellen Kontakt haben darf, und Mathias Jüngele, der als sein überqualifizierter Assitent fungiert.

Mosebach gliedert seine Geschichte in drei Teile. Zunächst begleitet man wie bereits erwähnt die sehr ungewöhnliche Gruppe in Neapel und bei der Besichtigung der Ruine. Die Gruppenmitglieder lassen sich freimütig und ohne schlechtes Gewissen von Krass aushalten, während letzterer sich in der Rolle des großzügigen Gönners gefällt. Keiner soll Geld in die Hand nehmen müssen, denn er macht es ja schließlich nicht anders, lässt er doch alles durch seinen Assistenten regeln. Im 2. Teil rückt Jüngele in den Vordergrund, er führt eine Art Tagebuch und erzählt nach seiner Rückkehr von seinen Erlebnissen. Bis hierher hat mir der Roman durchaus gefallen. Die Handlung war zwar etwas schwach, doch Mosebach hat mich, v.a. in Form von Jüngele, mit seiner Sprache und den sehr punktgenauen und bissigen Charakterbeschreibungen begeistert. Auf sehr treffsichere Weise bringt er den Kern einer jeden Figur an die Oberfläche und ich musste so manches Mal schmunzeln.

Doch kann kommt Teil 3 und hier verliert mich der Autor ziemlich schnell. Die Handlung springt plötzlich 20 Jahre in die Zukunft und wartet auf mit ziemlich verwirrenden Szenen. Die glorreichen Zeiten sind vorbei und Herr Krass steht nun auf der Seite der Menschen, die auf den hilfebringenden Anruf warten. Ich habe den letzten Handlungsstrang überhaupt nicht verstanden, das Erzählte war ein einziges Fragezeichen. Dass der Verlauf den Beginn der Story nochmal aufgreift hat es da auch nicht runder gemacht.

Fazit: Die tolle Sprache kann über die schwache Handlung leider nicht hinwegtrösten.

Veröffentlicht am 14.03.2021

Konnte mich nicht ansprechen

Otmars Söhne
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In Otmars Söhne geht es eigentlich gar nicht um Otmars Söhne oder zumindest kaum. Ludwigs Vater ist nach seiner Geburt abgehauen, alleine bei seiner Mutter aufgewachsen, lernt diese plötzlich Otmar kennen ...

In Otmars Söhne geht es eigentlich gar nicht um Otmars Söhne oder zumindest kaum. Ludwigs Vater ist nach seiner Geburt abgehauen, alleine bei seiner Mutter aufgewachsen, lernt diese plötzlich Otmar kennen und Ludwig hat plötzlich einen Stiefvater und zwei Stiefgeschwister. Eigentlich heißt Ludwig auch Dolf, doch blöderweise heißt so auch sein Stiefbuder, weshalb ersterer kurzerhand in Ludwig umgetauft wird. Jahre später, Ludwig lebt mittlerweile mit seiner Frau und einer Stieftochter zusammen, trifft er auf einer Geschäftsreise Johan Tromp, einen einflussreichen Shell-Angestellten. Dann ist da auch plötzlich noch Isabelle, sein Jugendschwarm, mittlerweile Journalistin und Ex-Geliebte von Tromp.

Tja, was so gut klingt, war leider gar nicht Meins. Selten habe ich so ein verwirrendes Buch gelesen. Das bisschen, was interessant hätte werden können, wurde dann aber für mich viel zu langweilig erzählt.

Buwalda wechselt hier munter zwischen Zeitebenen und Erzählperspektiven hin und her, so dass man beim Lesen kaum folgen kann. Man gewöhnt sich zwar igendwann daran, trotzdem musste ich v.a. bei den wechselnden Zeitebenen öfters nochmal nachlesen um den Überblick behalten zu können. Das strengt über 630 Seiten ziemlich an und ich möchte gar nicht an die noch fehlenden Folgebände denken. Auch hat er sich mit seinen Figuren nicht wirklich einen Gefallen getan, kaum eine ist sonderlich sympathisch oder fand ich auch nur interessant genug um mehr über sie erfahren zu wollen.

Ludwig selbst ist ein kleiner Perversling, der den Leser genauenstens an seinen Jugendfantasien mit seiner Schwester oder oben genannter Isabelle teilhaben lässt. Noch dazu ist er neidisch auf seine musikbegabten Geschwister, himmelt Stiefvater Otmar an und erhöht ihn zum gottgleichen Wesen und ruht sich irgendwie auf seinem fehlenden Erzeuger und seiner tragischen (?) Kindheit aus. Der dominante Öltyrann Tromp ist ebenfalls recht unsympathisch, spielt sich auf großes und wichtiges Tier auf, er ist der Boss, er hat das sagen und seine Frauen hat er gerne gefügig und idealerweise gefesselt. Isabelle, die einzig interessante Figur, hat sich schon in ihrer Kindheit auf Tromp eingeschossen, warum ist mir nicht ganz klar. Dennoch ist sie wohl die beste Figur in diesem Buch.

Am Ende vergebe ich zwei wohlwollende Sterne, da es einige gute Ansätze gab, wie z.B. Isabelles journalistische Motive und ihr Bemühen, die Korruption im Erdölgeschäft aufzudecken und Isabelle generell ein vergleichsweise interessanter Charakter war, deren Abschnitte man gut lesen konnte. Die übrige Handlung könnte man hier getrost streichen, da eigentlich sowieso nicht allzu viel passiert, außer, dass Männer von ihren sexuellen Fantasien erzählen. Von einem "stilistisch meisterhaften literarischen Universum" oder dem groß angekündigten Roman über "abwesende Väter und Stiefväter, um Identität und Verantwortung, um persönliche Versäumnisse, Sexualität und Schuld" kann ich persönlich hier nichts erkennen.