Cover-Bild Nächstes Jahr in Berlin
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22,00
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  • Verlag: Urachhaus
  • Themenbereich: Biografien, Literatur, Literaturwissenschaft - Biografien und Sachliteratur
  • Genre: Romane & Erzählungen / Erzählende Literatur
  • Seitenzahl: 252
  • Ersterscheinung: 10.02.2021
  • ISBN: 9783825152611
Astrid Seeberger

Nächstes Jahr in Berlin

Gisela Kosubek (Übersetzer)

Eine Mutter stirbt – eine Tochter, die bis dahin auf Distanz zu ihr gegangen ist, wird so mit der Vergangenheit konfrontiert. Hinzu kommt die überraschende Enthüllung eines Bekannten, die alle eigenen Erinnerungen und die Erzählungen der Mutter in ein neues Licht rückt. Das Schicksal der Mutter während des Zweiten Weltkriegs – auf der Flucht aus Ostpreußen und im Deutschland der Nachkriegszeit – wird mit ungeheurer Intensität, Bildkraft und Dichte geschildert.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.04.2021

Astrid Seeberger ist eine begnadete Erzählerin

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Schöne Bearbeitung eines ewig gleichen Themas: Mutter-Tochter Beziehung. Gar nicht so einfach, wenn man zu Lebzeiten es nicht geschafft hat, nun, nach dem Tod der Mutter den Zugang zu ihr zu finden. Und ...

Schöne Bearbeitung eines ewig gleichen Themas: Mutter-Tochter Beziehung. Gar nicht so einfach, wenn man zu Lebzeiten es nicht geschafft hat, nun, nach dem Tod der Mutter den Zugang zu ihr zu finden. Und doch muss die Ich-Erzählerin im Buch genau das tun. Nach einer glücklichen Kindheit ohne finanzielle Sorgen, bricht der zweite Weltkrieg aus, die Kindheit ist schlagartig vorbei. Kriegs- und Nachkriegsjahre der Mutter werden in Fragmenten wiedergegeben, in loser Chronologie, manchmal wird vorgegriffen, andere Male werden ausgelassene Schlüsselmomente im Leben der Mutter nachgereicht. Das macht das Lesen nicht ganz einfach, aber spannend. Letztendlich erhalten wir ein Bild der Mutter, Puzzlestück für Puzzlestück fügt sich zusammen, wir und mit uns auch die Tochter beginnen die Mutter zu verstehen und auch zu schätzen. Die Mutter weiß was ihr Vater, ein charismatischer Mann seinem ältesten Sohn Bruno angetan hat, trotzdem lässt die Mutter die tiefe und innige Freundschaft und Liebe zwischen ihrer Tochter und ihrem Vater – Großvater zu. Ihre Tochter liebt ihren Großvater, führt mit ihm eine rege Korrespondenz, in den Ferien folgt sie ihm auf Schritt und Tritt, erlebt wunderschöne Momente.
Nun ist die Mutter gestorben, es kam nie zu einer Aussprache zwischen Mutter und Tochter, warum die Mutter nie richtige Nähe zur Tochter zugelassen hat, wie viele Familiengeheimnisse in Mehlsack in Ostpreußen und Augustenruh in Mecklenburg-Vorpommern. In mühsamer Kleinarbeit und in Gesprächen mit Personen, die die Mutter kannten, aber auch aus Erzählungen der Mutter erfährt die Tochter nach und nach all die schönen, aber auch schmerzhaften und schrecklichen Ereignisse aus dem Leben der Mutter. Die Tochter entschließt sich die Geschichte der Mutter aufzuschreiben, vielleicht als Zeichen der posthumen Versöhnung mit der Mutter, aber auch damit ihre Mutter „Spuren hinterlassen“ kann und „um die Dinge in Einklang zu bringen“. (S. 70)
Die Sprache ist bildgewaltig, dicht, poetisch. Allein schon das Bild der Familie, die an Sommerabenden auf der Terrasse zuhört, wie der Großvater aus Dr. Faustus von Thomas Mann vorliest, weckt in uns die Sehnsucht, auch solch unbeschwerte Sommerabende auf einem alten Gutshof zu verbringen. Oder in einem großen weißen alten Haus wohnen, wo man „in einem Lichtstreifen von Zimmer zu Zimmer gehen“.
Astrid Seeberger ist eine begnadete Erzählerin. Langsam, sacht nimmt sie uns gefangen, verzaubert uns mit ihrer Prosa, lässt uns nicht mehr los.

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Veröffentlicht am 16.04.2021

Auf den Spuren der Mutter

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Selten ist es mir so schwer gefallen, in Worte zu fassen, was ein Buch in mir ausgelöst hat. Und das liegt nicht daran, dass dieser autobiographische Roman mir nicht gefallen hätte. Ganz im Gegenteil.

Der ...

Selten ist es mir so schwer gefallen, in Worte zu fassen, was ein Buch in mir ausgelöst hat. Und das liegt nicht daran, dass dieser autobiographische Roman mir nicht gefallen hätte. Ganz im Gegenteil.

Der Roman beginnt mit dem Tod von Astrid Seebergers Mutter Rose und der schwierigen Aufgabe, die Hinterlassenschaft zu regeln. Ich hatte große Probleme, diesen ersten Teil des Buches zu lesen, da ich selbst erst vor kurzem einen Trauerfall in der Familie hatte und die Gefühle beim Ausräumen der Wohnung nur zu gut nachvollziehen konnte.

In den beiden anderen Teilen des Romans wird die Geschichte der Familie erzählt, so wie die Autorin sie von ihrer Mutter erfahren hat. Es ist die Geschichte einer schönen, glücklichen Kindheit in Ostpreußen mit liebenden Eltern und Geschwistern, die durch den Zweiten Weltkrieg ein jähes Ende nimmt. Die Familie wird auseinandergerissen und Astrids Mutter landet im Schwabenland. Erst viel später erfährt sie, dass der Rest der Familie in Augustenruh in der damaligen DDR ein neues Zuhause gefunden hat. Und so verbringen Astrid und ihre Mutter die Ferien in Augustenruh, bis der Mauerbau und die politischen Umstände die Familie ein zweites Mal trennt – diesmal für immer.

Nächstes Jahr in Berlin ist wieder ein trauriger, schöner, ein wichtiger Roman: er berichtet von der Erbarmungslosigkeit des Krieges, den Entbehrungen und Schrecken der Flucht, von großen Verlusten und von der Einsamkeit, die das Herz gefrieren lässt. Das ist nicht immer leicht zu ertragen, auch wenn die Sprache sehr poetisch ist.

Mein Fazit: Ein berührender, nachdenklich stimmender Roman. Absolut lesenswert.

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Veröffentlicht am 29.03.2021

Generationenkonflikte gut in Szene gesetzt

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"Nächstes Jahr in Berlin"
von Astrid Seeberger

Eine weitere Familiengeschichte der Autorin nach ihrem ersten Buch hierzu "Goodbye, Bukarest".

Auch bei diesem Buch wird der Leser mit in ihre Familiengeschichte ...

"Nächstes Jahr in Berlin"
von Astrid Seeberger

Eine weitere Familiengeschichte der Autorin nach ihrem ersten Buch hierzu "Goodbye, Bukarest".

Auch bei diesem Buch wird der Leser mit in ihre Familiengeschichte genommen. Sie mussten ihre Heimat Ostpreussen verlassen, in der sie fest verwurzelt waren.
Sie begaben sich mit viel Hoffnung, auf die Suche nach einem neuen Leben.
Dieses wird immer stärker durch die politischen Ereignisse geprägt und bestimmt.
So manches Familiengeheimnis fand über Umwege den Weg ans Licht.

Die Familienmitglieder werden sehr genau charakterisiert und entstehen mit ihrer gemeinsamen Verbundenheit vor dem Auge des Betrachters.
Das Buch ist sehr einfühlsam und teils autobiografisch geschrieben.
Man spürt deutlich die Verzagtheit, die Suche nach Zuflucht, die bleibende Sehnsucht und auch Zweifel.

Von mir gibt es die volle Punktzahl: 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 07.03.2021

Berlin, Zufluchtsort

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Die Siegessäule auf dem Cover impliziert bildgewaltig die große Bedeutung Berlins während der Nazizeit, denn für viele Heimatvertriebene war die Hauptstadt gewissermaßen ein “Leuchtfeuer in der Dunkelheit”, ...

Die Siegessäule auf dem Cover impliziert bildgewaltig die große Bedeutung Berlins während der Nazizeit, denn für viele Heimatvertriebene war die Hauptstadt gewissermaßen ein “Leuchtfeuer in der Dunkelheit”, ein Zufluchtsort.
Da es Verwandten von mir ähnlich ergangen ist wie der Protagonistin, nämlich Flucht und Orientierungslosigkeit während der Nachkriegszeit, so ist der Realitätsgehalt des Werkes für mich sehr präsent, was sicherlich bei vielen Lesern der Fall ist, deren Angehörige oder sie selbst diese furchtbare Zeit der Verschleppungen, Vergewaltigungen, Morde, Hunger und Angst durchlebt haben.
Nach dem Tode der Mutter erzählt die Autorin, was sie von der Lebensgeschichte ihrer Mutter Rose weiß. In der Idylle der ostpreußischen Landschaft aufgewachsen, muss sie kurz vor Kriegsende fliehen, denn die Russen “stehen vor der Tür”. Sie flieht nach Schwaben, heiratet, bekommt eine Tochter, ist jedoch ständig depressiv und verbittert, denn sie trauert ihrer alten Heimat nach. Deshalb kann sie kein fröhlicher, ausgeglichener Mensch sein. Ihre Erfahrungen haben sich stark auf das Verhältnis zu ihrer Tochter ausgewirkt, das durch Emotionslosigkeit und Distanziertheit geprägt ist. Nach dem Tod der Mutter nimmt in die Autorin, Astrid Seeberger, dieses Ereignis zum Anlass, das Verhältnis zu ihrer Mutter aufzuarbeiten. Sie erfährt viel bisher Ungesagtes über ihre Mutter, und somit schafft sie Verständnis für deren Verhalten, was auch bei dem Leser eintritt, denn dieser Charakter wurde brillant beschrieben.
Erzähltechnisch finden viele Sprünge und wechselnde Settings statt, die dem Leser einiges an Konzentration abverlangen. Die Buchthematik wurde gut umgesetzt. Der Erzählstil ist oft sehr metaphorisch und einfühlsam, aber auch kalt und distanziert. Hier finden wir kurze, abgehackte Sätze neben anspruchsvollen Konstruktionen, was den Seelenzustand und das Mutter - Tochter Verhältnis gut herausarbeitet.
Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, zumal auch ich innerhalb meiner Familiengeschichte bisher Verschwiegenes in meine Vita integrieren konnte.

Veröffentlicht am 07.03.2021

Poetisch und tief bewegend

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Ein Buch, das den Verstand ebenso beansprucht wie das Gefühl. Ein Buch, das poetisch ist und politisch. Ein Buch, das mich tief bewegt hat. Ganz gewiss keine leichte Kost, aber purer Genuss für alle, ...


Ein Buch, das den Verstand ebenso beansprucht wie das Gefühl. Ein Buch, das poetisch ist und politisch. Ein Buch, das mich tief bewegt hat. Ganz gewiss keine leichte Kost, aber purer Genuss für alle, die Sprache auf hohem Niveau zu schätzen wissen. Nicht der Leser verschlingt das Buch – das Buch verschlingt den sensiblen Leser mit Haut und Haaren.

Der Inhalt in aller Kürze. Die Mutter ist gestorben. Die Tochter beginnt auf- und auszuräumen und wird dabei hineingezogen in das erlittene Schicksal der Mutter während des Zweiten Weltkrieges, beginnend von der Flucht aus Ostpreußen bis zur Nachkriegszeit in Deutschland. Die Tochter verliert dabei – zu spät - zunehmend ihre langjährige innere Distanz zur Mutter, einer Frau, die bereits viele Jahre vor ihrem Tod an ihrem Schicksal zerbrochen war.

Astrid Seeberger schreibt atemberaubend gut. Schon vom grandiosen Roman „Goodbye Bukarest“ war ich hingerissen. Doch der vorliegende Roman ergriff mich noch mehr, wohl weil die Autorin hier sehr viel mehr von sich selbst preisgibt. Ich hatte das Bedürfnis, ganz langsam lesen zu müssen, Wort für Wort sorgsam einsammelnd, um nichts zu übersehen, nichts zu verlieren von den Gedankenbildern. Und es sind, wie im ersten Roman, gerade die Nebenbei-Sätze, die besonders schmerzhaft sind. Der poetisch schöne, bildreiche Schreibstil ist oftmals so treffend, dass er geradezu schmerzhaft in mein lesendes Herz hineinfuhr. Dass man vergangener Lebenszeit solch eine Stimme geben kann, dass selbst das Unscheinbarste zum Gleichnis oder zur Metapher wird, gibt dem Erleben und Erinnern eine unfassbare Tiefe, in allen Schattierungen. „Die Toten bleiben in unserem Leben zurück.“ Astrid Seeberger gestaltet den Bericht des Entsetzlichen, des eigentlich Unerzählbaren von Krieg und Flucht, vom Geruch der Angst und des Todes in einer Sprache, die präzise ist, ohne jegliche Larmoyanz. Mit genauem Blick verknüpft die Autorin Vergangenes mit der Gegenwart und lässt durch ihre Wortbilder das eigentlich Unsagbare des Schmerzes nachspüren. Aber es gibt auch Trost, so wie von der Großmutter überliefert, die verstand, „dass man wegsingen kann das, was wehtut“.

Ein anspruchsvolles, ein einfühlsames, ein ganz und gar wunderbares Buch.

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