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Veröffentlicht am 29.04.2021

Zwei Schwestern

So wie du mich kennst
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Zwei Schwestern

Karla und Marie, früher unzertrennlich, leben Sie mittlerweile auf verschiedenen Kontinenten, aber noch immer telefonieren sie jeden Tag und erzählen sich alles. Doch jetzt ist Marie tot ...

Zwei Schwestern

Karla und Marie, früher unzertrennlich, leben Sie mittlerweile auf verschiedenen Kontinenten, aber noch immer telefonieren sie jeden Tag und erzählen sich alles. Doch jetzt ist Marie tot und Karla muss ihre Asche in einer Urne nach Deutschland bringen und in New York maries Wohnung auflösen. Dabei entdeckt Sie Dinge über Marie, die sie nicht wusste und plötzlich gerät ihr Bild von ihrer Schwester aber auch das von sich selbst ins wanken.

Durch den Klappentext hatte ich eine berührende Geschichte über Trauer und Geheimnisse erwartet. Was ich jedoch bekommen habe war nicht ganz so rührend wie erwartet und auch die Trauerbewältigung spielt eher am Rande eine Rolle. Viel mehr geht es um die Geheimnisse, die Marie vor ihrer Familie aber auch vor ihren Freunden hatte. Sie ist schon früh nach Amerika gegangen, nachdem sie auf einer Ausstellung den jungen Amerikaner Adam kennen lernt. Es ist Liebe auf den ersten Blick und sie heiraten und sie folgt ihm in seine Heimat. Doch die Ehe zerbricht recht schnell wieder, die Trennung aber dann nicht mehr wirklich weiter thematisiert.

Landsteiner hat einen sehr soliden Schreibstil, er ist nicht besonders bildhaft oder poetisch aber was sie schreibt ist flüssig lesbar. Leider bleibt sie doch bei allem etwas zu sehr an der Oberfläche fand ich. Ihre Figuren kommen ohne große Ecken und Kanten daher, ich hatte am Ende nicht wirklich das Gefühl ihnen irgendwie näher gekommen zu sein. Abwechselnd erzählt sie aus der Sicht von Karla in der Gegenwart und Marie in der Vergangenheit. So soll ergründet werden, wie es zu dem tragischen Unfall kam, der Marie das Leben kostet. In ihrem Leben lief nicht alles so glatt, wie alle dachten. Es geht hier um Themen wie häusliche Gewalt und die Scham darüber ein Opfer zu sein. Das als Teil des großen Geheimnisses anzulegen empfinde ich auch als etwas schwierig, es sollte zumindest auf dem Klappentext erwähnt werden, um Betroffene darauf vorzubereiten. Wie schon bei den Figuren selbst, fand ich auch den Umgang mit diesem sensiblen Thema viel zu oberflächlich. Wie Marie und andere Menschen damit umgehen, zeigt eher den Weg, den man nicht gehen sollte, finde ich, eine wirkliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet weder durch Marie noch durch Karla statt.

"So wie du mich kennst" ist ein gut geschriebenes Buch, dem es für mich leider etwas an Charakter und Tiefe gemangelt hat. Man kann es jedoch schnell lesen und auch wenn das 'große Geheimnis' sehr vorhersehbar ist hatte das Buch doch ein paar schöne Szenen für mich, v.a. die Nebencharaktere mochte ich sehr. Alles in allem ein Buch, das man Lesen kann aber nicht unbedingt muss.

Veröffentlicht am 20.04.2021

Drei Kameradinnen

Drei Kameradinnen
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Ein Haus brennt. Menschen sterben. Der Zeitungsartikel beschuldigt eine radikalisierte Islamistin, die Schüler zum Krieg aufruft. Es könnte so einfach sein oder? Nichts spricht dagegen oder? Wir alle kennen ...

Ein Haus brennt. Menschen sterben. Der Zeitungsartikel beschuldigt eine radikalisierte Islamistin, die Schüler zum Krieg aufruft. Es könnte so einfach sein oder? Nichts spricht dagegen oder? Wir alle kennen solche Artikel.

Ob es wirklich so einfach ist, darum geht es in diesem Buch. Denn die radikalisierte Islamistin ist eigentlich weder radikalisiert noch Islamistin und Krieg führen will sie wohl auch eher nicht. Saya ist einfach nur eine junge Frau wie du und ich. Und irgendwie doch nicht ganz so wie du und ich. Denn sie sieht anders aus und spricht anders, was sie im Auge der Gesellschaft anders sein lässt. Und sie ist unfassbar wütend. Auf die Gesellschaft im Allgemeinen, auf die Ignoranten die ihren Namen immer wieder falsch aussprechen und allen voran auf die Nazis, die ungestraft davon kommen, mit allem.

Drei Kameradinnen, das ist aber nicht nur Saya sondern auch Kasih und Hani, Freundinnen seit Kindheitstagen, alle mit unterschiedlicher Herkunft und Vergangenheit. Woher sie kommen, erfährt man als Leser nicht, das ist aber für dieses Buch auch gar nicht so wichtig. Kasih erzählt uns die Geschichte von Saya, die von Hani und ihre eigene. Sie erzählt von einer Kindheit, vom gemeinsamen Aufwachsen, von gemeinsamen Erfahrungen und sie erzählt wie es zum anfangs erwähnten Zeitungsartikel kommen konnte. Sie erzählt von Alltagsrassismus, vom vermeintlichen Nicht-Nazi, der trotzdem irgendwie alles nachplappert, von Arbeitslosigkeit und Verzweiflung, von Ausgrenzung und Wut.

Leider kann ich mich den vielen begeisterten Stimmen nicht so ganz anschließen und das "Problem" ist Kasih oder vielmehr ihre Art zu erzählen. Sie spricht mich die ganze Zeit mit Du an und doch fühle ich mich irgendwie nicht angesprochen, sie hält mich auf Distanz. Sie provoziert, sie will den Leser wütend machen und es ist ohne Frage wichtig, das was sie sagt laut in die Welt zu schreien. Und doch komme ich nicht immer mit ihrer Art und der Sprache zurecht, ihre Provokationen erreichen nicht das Gewollte bei mir.

Shida Bazyar kann ohne Frage sehr gut schreiben, sie spielt mit dem Leser, führt ihn an der Nase herum und setzt auf seine Sensationsgeilheit. Das funktioniert, denn man will natürlich wissen, wie aus der jungen Frau eine Brandstifterin werden soll. Man fühlt sich am Ende ertappt. Hat man aufgehört Dinge zu hinterfragen, anzuzweifeln, die man immer wieder überall hört und sieht?

"Drei Kameradinnen" ist ein gutes Buch, das uns allen in Erinnerung ruft, wie viel sich noch ändern muss in unserer Gesellschaft. Auch wenn ich fürchte, dass diejenigen, die solche Bücher wirklich lesen sollten, sie nie lesen werden. Ich mochte die Art zu erzählen nicht sonderlich, über weite Strecken war ich versucht, das Buch einfach abzubrechen und auch das Ende lässt mich etwas zwigespalten zurück. Ich hatte mir insgesamt mehr erhofft, dennoch ist es gut, dass es das Buch gibt.

Veröffentlicht am 14.04.2021

Eine Reise

Der Schneeleopard
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Der Schriftsteller Sylvain Tesson wird von dem Tierfotografen Vincet Murier eingeladen, ihn nach Tibet zu begleiten um Schneeleoparden zu beobachten. Zusammen mit zwei anderen machen sie sich also auf ...

Der Schriftsteller Sylvain Tesson wird von dem Tierfotografen Vincet Murier eingeladen, ihn nach Tibet zu begleiten um Schneeleoparden zu beobachten. Zusammen mit zwei anderen machen sie sich also auf die Reise in die schneebedeckten Berge Tibets.

Wenn man einen spannenden Bericht über Schneeleoparden erwartet, wird einen dieses Buch enttäuschen. Tesson schreibt hier viel mehr in sehr philosophischer Art über das Leben, über die Menschen und die Tiere, die auf unserer Erde leben. Es hat manchmal den Eindruck, als würde er eine philosphisches Manifest oder eine wissenschaftliche Abhandlung schreiben, doch dann wird es auch immer wieder unterbrochen von Szenen der Reise und sehr poetischen und eindrucksstarken Tierbeobachtungen. Viele dieser Beschreibungen sind sehr bildgewaltig und gleichzeitig auch sehr einfühlsam und mit einem Gespür für das Wesentliche der Natur und der Tiere, denen die vier auf ihrer Reise begegnen.

Mir persönlich hat die Sprache sehr gut gefallen, ich habe mich mitnehmen lassen von Tesson auf eine Reise, die nicht nur nach Tibet, sondern auch in seine innersten Gedanken führt. Dafür muss man in der richtigen Stimmung sein, das gebe ich zu, denn es passiert eigentlich nicht viel in diesem schmalen Buch. Alles in allem hat es für mich jedoch gut funktioniert und hat mir eine schöne und fast schon meditative Lesezeit beschert.

Veröffentlicht am 13.04.2021

Von Freundschaft und Schubladendenken

Die ganze Wahrheit (wie Mason Buttle sie erzählt)
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Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein ...

Mason kann kaum lesen und schreiben, er ist viel größer und kräftiger als andere Kinder und wird stets gehänselt und drangsaliert. Eigentlich mochten ihn alle Erwachsenen, doch vor einem Jahr ist sein bester Freund gestorben als er vom gemeinsamen Baumhaus gefallen ist und seither schauen ihn alle mit diesem traurig-dich-zu-sehen-Blick an. In dieser Zeit lernt er den neuen Schüler Calvin kennen. Calvin ist das genaue Gegenteil, er ist dünn, klein, dafür besonders schlau. Gemeinsam starten die beiden ein neues Projekt und verbringen die ganze Freizeit zusammen. Als auch Calvin vermisst wird, beginnt Mason endlich ein paar Dinge zu verstehen.

Sprachlich ist das Buch eher einfach gehalten, erzählt wird aus Sicht von Mason, der die Welt eben anders sieht als andere. Er ist ein recht unbedarfter Junge, der mir aber sofort ans Herz gewachsen ist. Auch wenn es eher ein Jugendbuch ist, kann man es als Erwachsener immer noch sehr gut lesen. Lediglich ein paar Phrasen/Ausdrücke wurden für meinen Geschmack etwas zu oft wiederholt. Dennoch ist die Sicht von Mason durchaus authentisch dargestellt.

Was das Buch zu etwas Besonderem gemacht hat, sind die tollen Figuren. Sie alle sind verschieden und das Buch vermittelt eine für Kinder und Jugendliche aber eigentlich auch für jeden Menschen eine wichtige Botschaft: Du bist gut so, wie du bist und du musst nicht in die Schubladen anderer passen. Ein paar Aspekte hätten sicherlich noch etwas mehr herausgearbeitet werden können aber alles in allem ist es ein herzerwärmendes Buch über Freundschaft und Vertrauen geworden. Ich habe es gerne gelesen und mochte v.a. die schusslige Sozialarbeiterin der Schule sehr. Sie kümmert sich liebevoll um die Kinder und schafft es so, dass sie sich wohl fühlen mit sich selbst und hilft ihnen in der Welt zurecht zu kommen.

Veröffentlicht am 13.04.2021

sehr berührend

Nächstes Jahr in Berlin
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Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist schwierig, von Distanz geprägt. Doch als die Mutter stirbt, bleibt der Erzählerin nichts anderes übrig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Es beginnt ...

Das Verhältnis von Mutter und Tochter ist schwierig, von Distanz geprägt. Doch als die Mutter stirbt, bleibt der Erzählerin nichts anderes übrig, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Es beginnt im Jahr 2007, die Erzählerin lebt in Schweden, zusammen mitihrem Freund. Doch dann macht sie sich auf die Reise nach Stuttgart um die letzten Angelegenheiten ihrer Mutter Rose zu regeln. Rose kommt ursprünglich aus Ostpreußen, doch Weltkriege und der Bau einer Mauer haben die Familie gespalten, in verschiedene Ecken verstreut.

Die Sprache ist ein wenig melancholisch aber auch so unglaublich schön, dass sie mich direkt in ihren Bann zog. Man fühlt sich trotz all der Schwierigkeiten geborgen zwischen den Wörtern, die Astrid Seeberger für ihre Figuren findet. Ihre Geschichte erzählt sie mit viel Gefühl. Durch den Krieg zur Flucht gezwungen, erlebt sie schreckliches, verliert zunächst ihre Eltern und Geschwister, schließlich auch noch ihre beste Freundin und einziger Halt. Rose hatte ein nicht gerade glückliches Leben und dennoch ist sie ein sehr faszinierender Charakter. Man kann als Leser verstehen, warum das Verhältnis von Mutter und Tochter eher distanziert blieb, doch gleichzeitig erlebt man nun auch zusammen mit der Erzählerin die Vergangenheit und Jugend der Mutter neu. Man erfährt, wie sie zu dem Menschen wurde, der sie war. Und man erfährt allerhand über die Familie, denn auch die restlichen Familienmitglieder haben ihre Traumata zuverarbeiten.

Die erzählte Familiengeschichte ist sehr tragisch und doch ist es niemals zu viel für den Leser. Ganz im Gegenteil, Astrid Seeberger berührt im Herzen und regt zum Nachdenken an, zum Verweilen und Vermissen. Mit sehr bildhaftem Schribstil, schafft sie es den Leser mitzunehmen nach Stuttgart und Schweden und noch viel weiter in die Vergangenheit. Seeberger hat einen Roman geschrieben, der die bewegende Geschichte einer Deutschen Familie erzählt, die trotz vieler Widrigkeiten irgendwie zusammenhält.

Größter Kritikpunkt ist für mich tatsächlich das Cover und in gewisser Weise auch der Titel, suggerieren beide doch eine leichte Frauenlektüre ohne Tiefgang und dieses (zugegebenermaßen) Klischee wird diesem Buch nicht gerecht.