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Veröffentlicht am 10.07.2024

Zwiegespalten

Feminismus – Die älteste Menschenrechtsbewegung der Welt
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Zwiespalt. "Ja!! Aber..." charakterisiert meine Beziehung zu diesem Buch während und auch nach dem Lesen am besten; es bietet ausgesprochen viel Wissen und Diskussionsstoff zugleich.




Bereits von der ...

Zwiespalt. "Ja!! Aber..." charakterisiert meine Beziehung zu diesem Buch während und auch nach dem Lesen am besten; es bietet ausgesprochen viel Wissen und Diskussionsstoff zugleich.




Bereits von der ersten Seite an ist der Schreibstil persönlich, direkt und bisweilen humorvoll zynisch. Zudem wird deutlich, wie viel Wissen Agnes Imhof hat und wie gründlich die Recherche war - hier beginnt jedoch auch schon mein erster Kritikpunkt; die Autorin setzt ein umfangreiches Allgemein- und Spezialwissen voraus. Ich musste oft Nebenrecherchen starten, um aus hingeworfenen Informationen in Nebensätzen schlau zu werden oder den größeren Kontext bzw. ihre Anspielungen zu verstehen.

Insbesondere der historische Überblick zu Anfang und die Vorstellung vieler Frauen und ihrer Lebensläufe gefiel mir - ich habe ja schon viel zu Feminismus gelesen und dachte zunächst, hier wenig dazulernen zu können; Agnes Imhof nennt aber auch weniger bekannte Frauen und gerade für Menschen, die sich noch nicht so viel mit den Theorien, Entwicklungen und Ereignissen rund um Feminismus und Gleichberechtigungskämpfe beschäftigt haben, ist dieses Buch ein umfangreicher Einblick und Einstieg. Aber es ist eben auch anspruchsvoll - weniger auf Grund der Sprache, als auf Grund der inhaltlichen Dichte. Das Kapitel zu Poststrukturalismus etwa war ausgesprochen schwierig zu verstehen - bereits im Politikstudium hatte ich bei Foucault, Derrida und Butler viele Fragezeichen im Kopf und das änderte dieser Abschnitt auch nicht. Á propos Judith Butler - Agnes Imhof scheint hier eine merkwürdige persönliche Fehde zu führen; immer wieder kommt sie auf Butlers Texte zurück und zerreißt diese förmlich. Ja, sie sind unnötig kompliziert geschrieben und auch ich halte die feministischen Kämpfe für Handfestes für wichtiger als philosophische Auseinandersetzungen - aber letztere deshalb nicht für vollständig irrelevant oder schädlich. Zumal Imhof gleichzeitig eine eigentümliche Begeisterung für Alice Schwarzer an den Tag legt. Auch hier wieder: Kein Schwarzweiß-Denken; Schwarzer hat wichtige Pionierarbeit geleistet, (so) unkritisch sehe ich sie trotzdem nicht.

Zu Themen wie Prostitution und Leihmutterschaft positioniert sich Imhof, was ich begrüßenswert und wichtig finde - der Objektivitätsanspruch, der in der Wissenschaft gerne postuliert wird, ist irreführend und unerfüllbar. So konnte ich ihre Argumentation jedoch einordnen und mir meine eigenen Gedanken machen, ohne ein "so isses" vorgesetzt zu bekommen. Ich stimme ihr hier in ihrer Absolutheit nicht zu und bei den Themen Transidentität und binäres Geschlechtssystem hatte ich unangenehme Momente ob ihrer Formulierungen - möchte Imhof hier aber auch keine Worte in den Mund legen, die sie so nicht ausgesprochen hat. So wie sie Intersektionalismus jedoch darstellt (und kritisiert), sehe und lebe ich diesen jedoch nicht - für mich bedeutet das Konzept, anzuerkennen, dass es verschiedene, überlappende Formen der Diskriminierung gibt. Ohne dabei eine Hierarchisierung vorzunehmen. Mich gegen Diskriminierung aller Arten zu stellen - unabhängig, ob ich davon betroffen bin und gleichzeitig anzuerkennen, dass ich aus meiner privilegierten Position nicht für alle sprechen kann und darf.

Ähnlich ging es mir bei den Abschnitten zu kulturspezifischen Ansätzen des Feminismus - ich stimme mit Imhof vollkommen überein, dass Menschenrechte nicht verhandelbar oder abstufbar sind. Und glaube zugleich, dass es sehr wohl Schwarzen Feminismus und kulturspezifische Unterschiede bei Werten und Normen gibt; wir unsere westlichen Schwerpunkte so nicht exportieren können. Gerade weil Gesellschaften in verschiedenen Weltregionen unterschiedlich aufgebaut sind.

Stark fand ich dann wieder das Kapitel zu Sexualität und dem Madonna-Hure-Komplex sowie Widmung und Schlussworte - aus denen die Wut, die Leidenschaft und der Unwille, Ungerechtigkeiten weiter hinzunehmen, nur so sprühen. Denn der zentralen Botschaft dieses Buches schließe ich mich laut und bestimmt an - es wird Zeit, "die Frauenfrage" nicht mehr unterzuordnen, Gleichberechtigung als zentralen Marker von freien Gesellschaften zu betrachten und nicht darauf zu warten oder hoffen, dass in einer besseren zukünftigen Welt automatisch dann auch patriarchale Strukturen verschwinden. Wir müssen andersherum anfangen und zuerst das Patriarchat abschaffen. Genau darin sind dieses Sachbuch und seine Autorin unmissverständlich, empowernd und überzeugend.

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Veröffentlicht am 25.06.2024

Classy & sassy

But Make It Classy!
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Unterhaltsamer Blick auf deutsche Literatur - nicht nur für alle, die momentan mit Schullektüre beschäftigt sind lohnenswert.




Ende letzten Jahres habe ich bereits Teresa Reichls Muss ich das gelesen ...

Unterhaltsamer Blick auf deutsche Literatur - nicht nur für alle, die momentan mit Schullektüre beschäftigt sind lohnenswert.




Ende letzten Jahres habe ich bereits Teresa Reichls Muss ich das gelesen haben gelesen und liebe auch sonst ihre Videos und Comedy - na klar war ich vorfreudig auf ihre neueste Publikation!

Das gleich vorweg - But make it classy! ist leider keine "Fortsetzung", sondern eine noch knackigere Zusammenfassung ihres früheren Buches. Für mich war also wenig Neues dabei; Freude beim Lesen hatte ich jedoch trotzdem.

Teresa Reichl schreibt wie sie spricht und spricht wie sie denkt - flott und frech, voller Anglizismen und Dialekt, modern und sensibilisiert. Lieben wir! Insgesamt war es mir zu doll; das jugendliche Publikum holt sie jedoch garantiert ab und ich wünsche mir, dass viele Schülerinnen (aber auch Lehrkräfte!) zu diesem Buch greifen und sehen: Lesen macht Spaß! Der Kanon ist nicht in Stein gemeißelt! Nur weil´s alt und berühmt ist, muss es mir nicht gefallen!

Ich hätte mir in der Schulzeit ja zu jedem der Werke, die ich da lesen musste/durfte/sollte, Texte wie die von Teresa Reichl gewünscht - kurze, verständliche Zusammenfassung ohne unnötig auszuholen, Kontext und kritische Einordnung (und vor allem Jetztbezug bzw. ein paar Worte dazu, wie das heute einzuschätzen ist) sowie ein wenig Analyse von Stil(mitteln). Und dann noch humorvoll und niederschwellig geschrieben. Take this, Lektüreschlüssel!

Anhand von 13 Autor
innen und 15 ihrer Werke stellt Teresa Reichl die Literaturepochen Barock, Aufklärung, Sturm und Drang, Klassik sowie Romantik exemplarisch vor und erklärt ihr Besonderheiten; gibt einen Überblick über die bekanntesten Leute (und die, die es verdient hätten, dazu zu gehören) und vor allem feministischen rant.

Besonderes Highlight dieses Büchleins ganz klar die Gestaltung: Gezeichnete Porträts, Genrebilder für die Stilepochen, Symbole und Randnotizen, kommentierte und annotierte Gedichte... mir gefiel der Stil Hanna Wenzels ausgesprochen .

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Veröffentlicht am 24.06.2024

Lesenswerter, leiser Roman

Aufs Meer hinaus
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Ein leiser und zarter, mitnichten jedoch kraftloser Roman über die ersten Reederinnen Norwegens, der dazu beiträgt, Frauen in der Geschichte ihren Platz (zurück) zu geben beziehungsweise aus der Vergessenheit ...

Ein leiser und zarter, mitnichten jedoch kraftloser Roman über die ersten Reederinnen Norwegens, der dazu beiträgt, Frauen in der Geschichte ihren Platz (zurück) zu geben beziehungsweise aus der Vergessenheit zu holen.



Die Geschichte von Bertha (und Hanna) ist trotz des ungewöhnlichen Lebensverlaufs eine ruhige, leise. Während ich Hanna die faszinierendere Figur fand und mir gewünscht hätte, mehr über ihr Inneres zu erfahren und sie besser kennenzulernen, folgt die Erzählung doch ausschließlich Bertha. Aus einer anderen Perspektive erzählt oder zumindest abwechselnd hätte das Buch aufregender und fesselnder sein können; ich glaube jedoch, dass die Autorin uns bewusst der vermeintlich "langweiligeren" Figur folgen lässt.

Die Kühle der Erzählung ist zugleich die Besonderheit des Romans und passt zum norwegischen Setting - ich hätte mir ab und an mehr Leidenschaft und Nähe zu den Figuren gewünscht, statt dem Geschehen aus der Ferne zu folgen; gleichzeitig hat diese fast schon nüchterne Art auch ihren Charme.
Der Klappentext ist insofern irreführend, als dass der Fokus nicht auf dem Reederinnen-Dasein Berthas und Hannas liegt, sondern ihr gesamtes Leben widergegeben wird und es dabei häufig Zeitsprünge gibt. Diese großen Lücken verstärkten den Eindruck, eine Geschichte lediglich erzählt zu bekommen, statt sie mitzuerleben und erhöhten die Distanz zu den Figuren.

Auch im Ende bleibt sich die Geschichte beziehungsweise die Autorin ihr treu - kein großer Knall und fast schon melancholisch. Ich gebe es zu, dass ich beim Lesen der letzten Sätze Enttäuschung verspürte, weil ich doch auf ein "schöneres" Ende gehofft hatte - im Nachhinein passt es jedoch so, da Berthas und Hannas Geschichte vor allem die eines Lebens voller Aufs und Abs ist. Und letztlich hatten die Beiden ja glückliche Zeiten, viel erreicht und für die damaligen Verhältnisse ein "spektakuläres" Leben geführt. Auch dass die erste Szene nie erklärt wird, enttäuschte mich - wem begegnete Bertha da und inwiefern war das ein wichtiger Moment?

Wundervoll gelungen ist es Cecilie Enger, die Zartheit und Beständigkeit dieser wahren (Liebes-)Geschichte einzufangen. Ich bin froh, dass sie die Zeitzeugnisse zu diesem Roman verarbeitet und somit das Leben von Bertha Torgersen und Hanna Brummenæs festgehalten hat. Und während sie den historischen Kontext veranschaulicht, sind doch auch die Bezüge zur heutigen Zeit, die Verbindungen, deutlich.

Was ich mir zudem noch gewünscht hätte, wäre eine Karte im Buch, um mit dem Zeigefinger mitreisen zu können. Im Gespräch auf der Buchmesse hat der Moderator zudem häufig auf Fotos verwiesen - ich dachte, die seien mit im Buch, aber vielleicht hatte er da auch eine norwegische Ausgabe?!

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Veröffentlicht am 05.06.2024

Erquicklich

Allmen und Herr Weynfeldt
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Intelligent geschrieben und auf eine leichte Art unterhaltsam; mit schrulligen, überzeichneten Charakteren, denen ich trotzdem beim Lesen nicht umhin konnte, das Beste zu wünschen.



Vor Jahren habe ich ...

Intelligent geschrieben und auf eine leichte Art unterhaltsam; mit schrulligen, überzeichneten Charakteren, denen ich trotzdem beim Lesen nicht umhin konnte, das Beste zu wünschen.



Vor Jahren habe ich den ersten Allmen-Band geschenkt bekommen und verbinde damit die schöne Erinnerung an einen sonnigen Geburtstag lesend auf einer Hollywoodschaukel im Garten. An Der letzte Weynfeldt erinnere ich mich als einen überraschend unterhaltsamen Film, den wir als Familie gemeinsam und nur durch zufälliges Zappen auf der Couch geschaut haben. Einem Crossover konnte ich angesichts solch warmer Gefühle nicht widerstehen und war zudem gespannt, wie Martin Suter das Aufeinandertreffen seiner beiden Figuren wohl gestalten würde.

An sich ist es ja ein Wunder, dass ich dieses Buch überhaupt gelesen habe - ich mag normalerweise keine Krimis und habe eine Abneigung gegen überreiche Menschen und die Kreise, in denen sie sich begegnen. Martin Suter gelingt es jedoch, die "Sorgen und Nöte" eines Privatiers, ja Selbst Dekadenz und Arroganz rätselhaft charmant zu vermitteln. Mit einer Mischung aus distanzierter Sympathie und voyeuristischer Neugier verfolgte ich mit Allmen und Herrn Weynfeldt Menschen, die mir sonst so fremd sind.

Besonders punktet Martin Suter dabei mit seiner eloquenten, eleganten und intelligenten Sprache, einem feinen Sinn für Humor und unterhaltsamer Situationskomik. Das Buch ist dabei zugleich Kriminalgeschichte und Milieustudie; stilvoll und zwar nicht übermäßig aufreibend, aber eben doch angenehm kurzweilig.

Meinem kritischen Ich, das doch immer mitliest, fiel jedoch auch der unangenehme male gaze auf, mit dem Suter oder zumindest seine Charaktere auf Frauen schauen und über sie sprechen; zudem der massive Alkoholkonsum - nicht nur aber gerade in "höheren" Gesellschaftsschichten ist Alkohol ja salonfähig und zum guten Ton dazugehörig. Überhaupt, es ist doch auf eine negative Art faszinierend, wie diese Erzählung nur aus der Perspektive funktioniert, aus der sie erfolgt - als (vermeintlich) reicher Mensch steht Allmen das Nichtstun, das Geldverprassen, das Trinken und die Arbeitsunlust gut zu Gesicht; ja all das ergibt sogar einen eigenen Lebensstil, das Dasein als Privatier. Würden sein Gärtner Carlos oder seine Frau Maria, noch dazu mit ungeklärtem Aufenthaltsstatus und Migrationsgeschichte, gleiches Verhalten an den Tag legen, wären sie als Sozialschmarotzer wohl schnell verschrien.

Nichtsdestotrotz - nicht jedes Buch, das ich lese muss feministisch sein, meinen politischen und wirtschaftlichen Meinungen entsprechen oder die Gesellschaft darstellen, in der ich gerne leben würde, um Lesegenuss und Freude zu sein! Und so ging und geht es mir mit Allmen; ohne dass ich allem darin zustimmen, sind die Geschichten erquicklich zu lesen und ich werde sicherlich noch weiteren Eskapaden des feinen Herrn folgen.

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Veröffentlicht am 27.05.2024

In den Zug und los!

Reisehandbuch Europa mit dem Zug
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Inhaltlich wie von der Gestaltung her charmant, weckt Reiselust und bietet einen gelungenen Überblick über Zugreisemöglichkeiten in Europa; ausgesprochen lohnenswert!



Ich durfte Europa mit dem Zug erkunden ...

Inhaltlich wie von der Gestaltung her charmant, weckt Reiselust und bietet einen gelungenen Überblick über Zugreisemöglichkeiten in Europa; ausgesprochen lohnenswert!



Ich durfte Europa mit dem Zug erkunden und ganz ehrlich - am liebsten wäre ich zum nächsten Bahnhof und einfach los 😅 Normalerweise ist die Postverpackung eines Rezensionsexemplares keine Erwähnung wert, doch Reisedepeschen hat den Karton entzückend bedruckt, mit einem großen Briefumschlag als Adressfeld und auch die die Gestaltung des Buches an sich ist ähnlich charmant: Anschauliche aber überschaubare Karten, Fotografien, kurze Ländervorstellungen und ab und an Reiseberichte, Informationen zu Zugnetzen, Verbindungen, Komfort an Bord und Preise - alles kurz und knapp.

Mir gefiel die Einteilung des Buches in geographische Blöcke, die kurze Vorstellung jedes Landes und die anschließenden Bahn-Informationen: Highlightstrecken wurden vorgestellt, ein Überblick über Streckennetz, eingesetzte Züge und allgemeine Fahrpreise gegeben und abschließend noch Anreise- und passende Lektüreempfehlungen. Ab und an werden auch Ausflugsziele genannt - das Buch ist jedoch kein detaillierter Reiseführer, sondern bietet einen Überblick darüber, wie und wo es sich in Europa so reisen ließe und lässt; inspiriert und motiviert, selbst Strecken auszuprobieren. Ideales Geschenk und hervorragende Inspirationsquelle für eigene Reisen; mich haben Buch und Verlag überzeugt!

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