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Veröffentlicht am 05.03.2025

Leise Töne und starke Frauen

Der große Riss
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Ein berührender, vielschichtiger Roman, dessen Autorin es meisterhaft vermag, Handlungsfäden nach und nach miteinander zu verweben und über einzelne Schicksale die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen ...

Ein berührender, vielschichtiger Roman, dessen Autorin es meisterhaft vermag, Handlungsfäden nach und nach miteinander zu verweben und über einzelne Schicksale die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen aufzuzeigen. Einmal in der Geschichte angekommen, fiel es mir schwer, das Buch beiseite zu legen und ich liebe es, wie Henríquez aus vermeintlichen Nebenfiguren der Weltgeschichte Held:innen ihrer Erzählung machte.



Was für ein Wohlfühlroman! Christina Henríquez gelingt es, die Glanzlosigkeit, ja das Elend sogar, des Panamakanalbaus einzufangen; mit all seinen hässlichen Gesichtern: Rassismus und Ausbeutung, imperialistische Bestrebungen, Vertreibung und Umsiedlung, Armut und sich (zu) rasant verändernde Gesellschaftsstrukturen - und gleichzeitig eine schöne Geschichte zu erzählen. Mehrere Geschichten, denn die Handlungsfäden der verschiedenen Figuren knüpft sie teils engmaschig, teils lose im Laufe des Buches zusammen und zeigt so ein vielschichtiges und mehrperspektivisches Bild vom Kanalbau und seinen Auswirkungen.

Ich habe die leisen Töne des Romans geliebt, mit den Figuren mitgefiebert und das Buch zufrieden und leicht wehmütig zugeschlagen - nicht alle Charaktere bekommen ihr glücklichstmögliches Ende, aber der Tenor ist positiv. Ungünstig finde ich lediglich, dass der Klappentext eine Romanze ankündigt, die das Buch so nicht liefert - und auch nicht braucht. Das weckte jedoch bei mir falsche Erwartungen bzw. verwunderte mich während des Lesens. Es ist ein Buch über Liebe - zu Freunden, zu Eltern und Geschwistern, zur Nachbarschaft und zum eigenen Land; nicht aber romantischer Art.

Getragen wird der Roman zudem größtenteils auf den Schultern starker, mutiger und beeindruckender Frauen, wenngleich auch Omar und sein Vater mein Herz berühren konnten. Und während alle Ereignisse des Romans auf irgendeine Weise mit dem Kanal(bau) verbunden sind und Henríquez ein Gefühl für diese verändernde Zeit vermittelt, stehen doch die Figuren und nicht das historische Ereignis im Mittelpunkt - das Buch lädt zum eigenen Weiterlesen ein, grobe Kenntnisse lassen sich jedoch auch hier schon erlangen. Lest unbedingt das kurze Interview mit der Autorin, in der sie sich zur Rolle der Frauen, dem Kanalbau als imperialistisches Projekt und ihrem eigenen Bezug äußert; sehr lesenswert. Ein historisches Nachwort, eine Einordnung oder zumindest eine Chronologie am Ende des Buches wären wünschenswert gewesen; so bleibt nur die Eigenrecherche.

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Veröffentlicht am 20.02.2025

Voller Herzblut & Meersalz

Das kleine Buch vom Meer: Häfen
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Wärmste Empfehlung - für neugierige Landratten genauso wie für vielgefahrene Seebären; Lesespaß und Blättergenuss! Viel zu lernen, staunen und schauen.



Ich weiß schon gar nicht mehr, wie lange ich auf ...

Wärmste Empfehlung - für neugierige Landratten genauso wie für vielgefahrene Seebären; Lesespaß und Blättergenuss! Viel zu lernen, staunen und schauen.



Ich weiß schon gar nicht mehr, wie lange ich auf das Erscheinen dieses Buch hingefiebert habe - es müssen Jahre gewesen sein, in denen der Erscheinungstermin immer wieder verlegt wurde. Ich weiß nämlich noch, wie ich an Bord war und mir das Buch von meiner Mutter zum nächsten Geburtstag (oder war es Weihnachten?!) gewünscht habe. Jetzt viel also quasi beides im Januar aufeinander, haha. Riesengroß war die Freude, als das Buch tatsächlich und endlich erschien - und ich es in den Händen hielt.

Und zu Recht! Die Bücher dieser Reihe (bzw. allgemein des Verlages) sind einfach wunderschön und voller Herzblut gestaltet; allein das Blättern und Stöbern bereitet schon Freude. Und ich liebe die Themenbreite, die sie stets abdecken - selbst bei konkreten (Unter-)Themen wie "Häfen" haben es Stefan Kruecken und Olaf Kanter geschafft, thematisch wie stilistisch vielfältige Beiträge zusammen zu stellen.

Und egal ob Landratte oder Seebär - in diesem Buch ist für alle Neues und Überraschendes dabei. Ich möchte jetzt zum Beispiel unbedingt auf die Färöer und in Rotterdam mit einem Wassertaxi fahren, konnte neue Begrifflichkeiten für Hafentätigkeiten (aus vergangenen Zeiten) lernen, woher "Dalbe" und "Jakobsleiter" kommen, was genau eine Barkasse ist/war, was die Unterschiede zwischen Kai/Kaje und Pier (und dem englischen pier) sind und auch der Überblick über die deutschen Häfen gefiel mir ausgesprochen - zumal ersichtlich ist, wie viel Recherchearbeit hinter diesen Gegenüberstellungen steht! Faszinierend und erschreckend war auch die Bericht über die Hallifax-Explosion 1917. Außerdem weiß ich jetzt, dass es exakt 152 seefahrende Nationen gibt und der "Seelachs" eigentlich Alaska-Pollack heißt. Dazwischen lesenswerte persönliche Berichte, (dramatische) Ereignisse und Unfälle, Streiks und Einblicke in die Arbeit etwa beim Zoll oder der Seemannsmission. Außerdem Buchtipps, Shanties und Gedichte, sowie ganzseitige Bilder und Fotos.

Mir hat das Lesen erwartet viel Freude bereitet und dazulernen konnte ich auch noch. Mein einziger Kritikpunkt betrifft das Lektorat - bereits in den Klappentext hat sich ein Tippfehler geschlichen und auch im Buch selbst, vor allem aber bei den Karten bzw. den Legenden dazu gab es kleinere Fehler; nicht dramatisch, aber doch vermeidbar. Dafür großartiger Satz - manchmal sind bei bebilderten Büchern ja die Texte durch ebenjene getrennt und mich regt es auf, wenn mitten im Satz (oder sogar mitten im Wort!) erstmal doppelseitenweise Bilder und Fotos folgen, bis der Inhalt weiter geht. Hier gingen Bild und Text jedoch Hand in Hand; stimmige Absätze, eindeutige Umbrüche, klare Bezüge und einfach optisch ansprechend.

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Veröffentlicht am 28.01.2025

Oberfläche, nicht Tief(se)e

Der Poet des Meeres
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Ich wollte es lieben, fand es jedoch oberflächlich. "Das Café am Rande der Welt" mit Meeressetting und liebevollen Illustrationen, aber gleich wenig Substanz.




Dieses Buch wollte ich unbedingt lieben ...

Ich wollte es lieben, fand es jedoch oberflächlich. "Das Café am Rande der Welt" mit Meeressetting und liebevollen Illustrationen, aber gleich wenig Substanz.




Dieses Buch wollte ich unbedingt lieben und freute mich riesig, als ich es vom Verlag zugesandt bekam...

... doch leider war das einfach nicht meine Tasse Tee. An sich ist die Geschichte süß und die Botschaft(en) klar. Zu klar. Wie eine Aneinanderreihung von Kalendersprüchen und Binsenweisheiten las sich das für mich und auf wenn ich keine hochspannende und komplexe Story erwartet hatte, plätscherte mir das doch alles zu erwartbar zum seichten Happy-End.

Starke "Das Café am Rande der Welt"-vibes nur in maritim und unglaublich schön gestaltet: Bezaubernde farbige Aquarellzeichnungen und schöne Kapitelillustrationen, ein metallisches Vorsatzpapier... optisch macht das Buch auf jeden Fall was her, ist auch schön handlich und ein hübsches Geschenk. Aber für mich eben leider nichts.

Dass die Geschichte einen wahren Kern hat, wurde mir erst beim Rezensionschreiben bewusst: Den "52-Hertz-Wal" gibt es tatsächlich!

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Veröffentlicht am 18.12.2024

Lesenswert

Schreibende Frauen in Berlin
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Lohnenswertes Lexikon voller inspirierender Frauen und Lesetipps.




Nach einer Vorrede ist das Buch wie ein Lexikon alphabetisch sortiert und stellt die unterschiedlichsten Frauen, quer durch die Jahrhunderte ...

Lohnenswertes Lexikon voller inspirierender Frauen und Lesetipps.




Nach einer Vorrede ist das Buch wie ein Lexikon alphabetisch sortiert und stellt die unterschiedlichsten Frauen, quer durch die Jahrhunderte vor - Frauen, die sich als Autorinnen begriffen und (erfolgreich) Bücher veröffentlichten; solche, die "nur" im stillen Kämmerchen für sich Tagebuch und Gedichte schrieben; fleißige Briefeschreiberinnen und Literatursalon-Betreiberinnen. Manch eine in Berlin geboren oder gestorben, manche lebten hier für kürzere oder längere Abschnitte ihres Lebens, schreiben in, über und von Berlin. Bekannte Frauen und unbekannte.


Mir gefiel der Aufbau - biographisches, manchmal Zitate oder Zusammenfassungen und am Ende eine Auswahl der bekanntesten Werke samt Erscheinungsjahr. Ich habe mir einige Titel markiert, die mich ansprachen und bin noch motivierter, noch mehr von Frauen zu lesen! Ich finde es ja berührend und bestärkend, dass selbst bei einem eng gefassten Feld/Thema wie "schreiben + Berlin" so viele Frauen zu nennen sind und diese eben nicht, wie der Geschichtsunterricht so gerne vermittelt, unsichtbar und untätig waren!

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Veröffentlicht am 18.12.2024

Warum so wehleidig?

Frauen, an die ich nachts denke
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Faszinierende Frauen und ungewöhnliches Buchkonzept - aber der Ton macht die Musik...




Zu diesem Buch kam ich durch eine Empfehlung auf Instagram; es klang zu perfekt, um es nicht lesen zu wollen. Ertauscht ...

Faszinierende Frauen und ungewöhnliches Buchkonzept - aber der Ton macht die Musik...




Zu diesem Buch kam ich durch eine Empfehlung auf Instagram; es klang zu perfekt, um es nicht lesen zu wollen. Ertauscht und abends gemütlich in der Küche sitzend begonnen - leider jedoch früh schon nicht so begeistert, wie ich gerne gewesen wäre...

Was vor allem an der Autorin bzw. ihrer von mir als wehleidig empfundenen Art lag - ja, sie ist sich bewusst, wie privilegiert sie in ihrem "Leid" ist und spricht das auch aus, genervt haben mich ihre Sorgen, Nöte und Ängste aber dennoch. Massiv störte mich auch, dass sie stets von "Afrika" und "afrikanisch" sprach, statt von Tansia oder Nairobi - in Europa nennt sie ja sogar kleine Ortschaften und Regionen! Auch hier machte Mia Kankimäki zwar reinen Tisch bezüglich ihrer weißen Perspektive, relativiert hat das ihren zum Teil kolonialistisch-exotisierenden Blick für mich nicht. Bei ihren Japanaufenthalten dann vollkommener Kontrast - Mia Kankimäki wirft erklärungslos mit Begriffen um sich, als wäre allen japanische Kultur, Essen und Örtlichkeiten vertraut. Es war schön, zu lesen, wie sehr die Autorin Land und Leute ins Herz geschlossen hat, Erläuterungen und Beschreibungen hätte ich aber gebraucht.

Großartig am Buch finde ich den ungewöhnlichen Aufbau bzw. Zusammensetzung - persönliche Erlebnisse und Spurensuche, Biographisches über die "Nachtfrauen", Briefe von ihnen und fiktive an sie, Lebensweisheiten und Ratschläge; alles sehr fließend. Definitiv kein nüchternes, faktenbasiertes Sachbuch, sondern ein Buch, in dessen Verlauf ich die Frauen langsam kennenlernen, mir ein eigenes Bild erschaffen und meine Meinung auch wieder ändern konnte; gerade bei dem ausführlichsten "Kapitel" zu Karin Blixen (das fast ein Drittel des Buches einnimmt!) gelingt es der Autorin, die Licht- und Schattenseiten einer Person aufzuzeigen; aus anfänglicher Begeisterung wird skeptische Nachdenklichkeit.

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