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Veröffentlicht am 14.09.2021

Sanfte Wellen

Wellenflug
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In zwei Teilen bringt uns Constanze Neumann zwei sehr unterschiedliche Frauen näher. Im ersten Teil geht es um Anna, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammt und den jüdischen Tuchhändler Adolph Reichenbach ...

In zwei Teilen bringt uns Constanze Neumann zwei sehr unterschiedliche Frauen näher. Im ersten Teil geht es um Anna, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammt und den jüdischen Tuchhändler Adolph Reichenbach heiratet. Nach dem plötzlichen Tod Adolphs heiratet sie seinen Bruder Julius. Anna bekommt zahlreiche Kinder, die sie alle standesgemäß verheiraten will. Aber ihr ältester Sohn Heinrich widersetzt sich allen Konventionen und führt ein ausschweifendes Leben in Clubs und als Spieler. In einem Theater lernt er die Garderobenfrau Marie kennen. Sie ist eine Frau aus einfachen Verhältnissen. Marie ist die Hauptperson im zweiten Teil des Romans. Heinrich wird von seiner Familie nach Amerika geschickt, weil man sich erhofft, dass er dort zu einer mehr angepassten Lebensweise findet. Heinrich lässt Marie nachkommen und heiratet sie. Für Heinrich ist Marie der Halt und die Orientierung in seinem Leben.

Den Höhepunkt erreicht der Roman in Dresden zum Ende des zweiten Weltkrieges. Durch die jüdische Abstammung der Reichenbachs hat die ganze Familie größte Schwierigkeiten. Einige Mitglieder versuchen den Repressalien der NSDAP durch Flucht ins Ausland zu entgehen. Marie versucht mit geringsten Mitteln die kleine Familie durchzubringen.

"Sanfte Wellen" habe ich als Überschrift über diesen Text gewählt. Wie sanfte Wellen kommt mir der Stil dieses Romans vor. Auch wenn es dramatisch wird und alles auf eine Katastrophe hinausläuft, bleibt Neumann doch seltsam distanziert. Eine gewisse Spannung ergibt sich nur in kleinen sanften Wellenbewegungen. Ich hatte den Eindruck, Neumann wird mit ihren eigenen Figuren nicht recht warm. Vielleicht wäre es an manchen Stellen gut gewesen, wenn sie den Text etwas gestrafft hätte.

Neumann hat sich bei der Recherche zu diesem Roman sehr viel Mühe gegeben. Die Beschreibung der immer wieder anderen Lebensumstände im Deutschland zum Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des nächsten Jahrhunderts bis zu den Lebensverhältnissen während des Kriegs werden sehr treffend beschrieben. Auch die amerikanische Lebensart während Heinrichs und Maries Aufenthalt in Amerika ist gut getroffen. Ein Roman für Liebhaber und Liebhaberinnen von Familiengeschichten.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Interessanter Plot

Die Tote mit der roten Strähne
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Detective Betty Rhyzyk ist beim Dallas Police Department Abteilung Drogen. Ihr Einstand ist nicht sehr erfolgreich, da beim ersten Einsatz gleich der Drogenboss, auf den sie es abgesehen hatte, entkommt. ...

Detective Betty Rhyzyk ist beim Dallas Police Department Abteilung Drogen. Ihr Einstand ist nicht sehr erfolgreich, da beim ersten Einsatz gleich der Drogenboss, auf den sie es abgesehen hatte, entkommt. Danach häufen sich die Leichen. Geht es um einen Drogenkrieg zwischen verfeindeten Gruppen oder stecken ganz andere Gründe hinter den Fällen?

Die Story wird gut lesbar erzählt. Der Spannungsbogen langsam gesteigert bis zum überraschenden Finale. Sehr viel Gewicht legt Kent im Roman auf die besondere Rolle von Betty Rhyzyk. Sie ist hat als einzige Frau schon einen schweren Stand bei den Kollegen. Dazu bekennt sie sich offen dazu, dass sie lesbisch ist und mit einer Frau zusammen lebt. Daraus ergeben sich viele berufliche und auch private Schwierigkeiten. Allerdings reitet Kent meiner Meinung nach etwas zu viel auf diesen Problemen herum.

Die wichtigsten Personen, zum Beispiel Bettys Kollegen, werden sehr sorgsam charakterisiert. Zeitweise ist es etwas schwierig bei der Anzahl der handelnden Personen und Namen den Überblick zu behalten. Aber alles in allem ein handwerklich solider Roman.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Beklemmende Realitäten

Ritchie Girl
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Paula Bloom ist Andreas Pflügers Protagonistin in diesem Roman, der kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs beginnt und kurz nach Ende der Nürnberger Prozesse endet. Paula ist als Tochter eines amerikanischen ...

Paula Bloom ist Andreas Pflügers Protagonistin in diesem Roman, der kurz vor Ende des zweiten Weltkriegs beginnt und kurz nach Ende der Nürnberger Prozesse endet. Paula ist als Tochter eines amerikanischen Geschäftsmannes und einer deutschen Mutter während der Nazizeit in Berlin aufgewachsen und hat dort ein Gymnasium besucht. Vor neun Jahren ist sie aus Deutschland nach Amerika geflohen. Dort macht sie in Camp Ritchie eine Ausbildung zur Offizierin. Kurz vor dem Sturz Mussolinis kommt sie zunächst nach Italien, dann über Wie nach Frankfurt. Dort ist ihre wichtigste Aufgabe, herauszufinden, ob Johann Kupfer aus Österreich wirklich der wichtige Spion im 2. Weltkrieg gewesen ist, wie er behauptet, oder ab er ein Hochstapler ist.

Pflüger baut in seinem Roman auf historischen Tatsachen auf und vermischt sie meisterhaft mit eigenen Fiktionen. Viele geschichtlich bekannte Personen treten auf. Pflüger schreibt selbst im Nachwort, dass er sich dabei einige Freiheiten, was zum Beispiel die zeitliche Abfolge betrifft, genommen hat. Es gelingt ihm, eine sehr dichte und erschreckende Atmosphäre zu schaffen. Über viele Hintergründe im Zusammenhang mit den Nürnberger Prozessen wusste ich in dem Umfang zum Beispiel nicht Bescheid.

Pflüger schreibt, dass er sich seit dreißig Jahren mit dem Nationalsozialismus beschäftigt. Das merkt man im Roman. Uneingeschränkte Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Satzakrobatik

Fanzi
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Abwechselnd werden die Geschichten von Franz und Astrid erzählt. Astrid ist die Enkelin von Franz, der in Österreich im Mühlviertel lebt. Franz hat den Hof von seinem Vater übernommen. Dabei war Franz ...

Abwechselnd werden die Geschichten von Franz und Astrid erzählt. Astrid ist die Enkelin von Franz, der in Österreich im Mühlviertel lebt. Franz hat den Hof von seinem Vater übernommen. Dabei war Franz eigentlich nur der "Notnagel". Er musste den Hof übernehmen, weil zwei ältere Brüder im Krieg gefallen waren.

Astrid ist Biologin und lebt sehr zurückgezogen ohne persönliche Kontakte. Auch als sie einen jungen Mann kennenlernt, der ein Shakespeare Fan ist, bleibt Astrid zunächst reserviert.

Der Titel Fanzi ergibt sich aus dem Roman. Franz hat eine kleine Schwester Elfi, die als Kleinkind kein "r" aussprechen kann und ihn deshalb einfach Fanzi nennt. Die Erinnerung an diese Schwester verursacht bei Franz ein schweres seelisches Trauma. Elfi istals Kind nach einer Gehirnhautentzündung behindert und kommt deshalb während der Nazizeit in ein Heim. Dort stirbt sie unter mysteriösen Umständen. Franz macht sich sein ganzes Leben lang Vorwürfe, dass er sich nicht genug um sie gekümmert hat und sie nicht hat retten können.

Erst spät öffnet er sich und erzählt von der damaligen erbarmungslosen Zeit.

Satzakrobatik habe ich über diesen Text geschrieben. Elisabeth Schmidauer ist Meisterin darin, sehr lange, verschachtelte Sätze zu bilden. Dabei sieht es oft so aus, als wären die Satzzeichen ziemlich willkürlich gesetzt. Manchmal hatte ich den Eindruck, sie reiht Gedankensplitter, die ihr gerade durch den Kopf gehen, munter hintereinander. Ich war zu Beginn versucht, das Buch wegzulegen. Aber ich gebe jedem Buch eine Chance und lese auf jeden Fall die ersten 100 Seiten. Danach hatte ich mich einigermaßen an den speziellen Stil gewöhnt. Trotzdem bin ich mehr für kürzere, überschaubarere Sätze, die sich flüssiger lesen lassen.

Wenn man sich an den eigenwilligen Stil gewöhnt hat, ist Fanzi ein angenehmer und anrührender Roman.

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Pedro und sein Postmotorrad

Der längste Tag im Leben des Pedro Fernández García
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Pedro lebt mit Frau und Sohn als Postbote auf Lanzarote. Dabei braucht er immer weniger Post zuzustellen. Deshalb fährt er regelmäßig längere Strecken mit dem Motorrad, um seinen Vorgesetzten anhand der ...

Pedro lebt mit Frau und Sohn als Postbote auf Lanzarote. Dabei braucht er immer weniger Post zuzustellen. Deshalb fährt er regelmäßig längere Strecken mit dem Motorrad, um seinen Vorgesetzten anhand der Tankquittungen belegen zu können, dass sein Posten nicht wegrationalisiert werden darf. Eines Tages verlässt ihn seine Frau Carlotta und zieht mit seinem Sohn Miguel zusammen zu ihrem Geliebten nach Barcelona. Pedro setzt alles daran, wenigstens für einen Tag nach Barcelona zu kommen und mit Miguel zusammen den von Miguel verehrten Fußballstar im Stadion zu bewundern.

Moritz Rinke beschreibt seinen Protagonisten Pedro zwiespältig. Pedro ist zwar von seiner Grundeinstellung her ein herzensguter Mann. Aber Rinke beschreibt ihn mal als einen tumben Postboten ohne eigenen Antrieb, der sich nur willenlos nach dem richtet, was ihm von seiner Frau oder seinen Freunden gesagt wird. Dann wieder beschreibt er ihn als ruhigen aber raffinierten Zeitgenossen, der seine Vorstellungen mit List und Tücke umzusetzen weiß.

Lustige und traurige Stellen wechseln sich im Buch ab. Es dürfte also nicht langweilig werden. Aber der Roman hat doch an einigen Stellen deutliche Längen. Da zieht es sich. Und man wartet darauf, dass es weiter geht.

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