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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.08.2019

Erschreckend mögliche Realität

Die letzte Witwe
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Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Special Agent Will Trent, bekannt aus den vorhergehenden Büchern der Reihe, werden gleich zu Beginn aus einer alltäglichen Situation mitten ins mörderische Geschehen ...

Gerichtsmedizinerin Sara Linton und Special Agent Will Trent, bekannt aus den vorhergehenden Büchern der Reihe, werden gleich zu Beginn aus einer alltäglichen Situation mitten ins mörderische Geschehen gerissen. Sara wird entführt und Will kann es nicht verhindern. Aber er lässt natürlich nicht locker und versucht Alles, um Sara zu befreien.

Eine Neonazi Gruppierung mit krudem Gedankengut spielt eine wichtige Rolle. Damit wird Karin Slaughter sehr aktuell, was Fremdenhass und Glorifizierung der weißen Rasse angeht.

Der Roman strebt langsam und allmählich dem Höhepunkt und der Lösung am Schluss zu. Etwas zu langsam und zu allmählich nach meinem Gefühl. An einigen Stellen wird Karin Slauther zu ausschweifend, was die Schilderungen der technischen oder medizinischen Details angeht. Sie hat ihre Hausaufgaben bei der Grundlagenrecherche gemacht. Aber es hätte durchaus weniger in den Text einfließen müssen.

Auch ein besonderes Stilmittel zu Beginn, nämlich dieselbe Situation aus unterschiedlicher Sicht mehrfach zu beschreiben, trägt nicht zum Spannungsaufbau bei. Ich war jedenfalls erstmal irritiert, als mehrfach dieselben Wortwechsel noch einmal auftauchten. Es hilft dabei, auf die Datums- und Zeitangaben über den Kapiteln zu achten.

Gespräche scheinen etwas zu sein, was Slaughter gern hat. Deshalb finden wir mehrfach recht lange Gespräche. Aber im Roman ist es wie in der Wirklichkeit. Wenn ein Gespräch zu lang ist, kann es auch leicht ermüdend sein.

Zusammengefasst ist zu sagen: Keine volle Punktzahl aber eine solide Arbeit

Veröffentlicht am 22.07.2019

Ein kriminalistischer Roman

Die geheime Mission des Kardinals
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Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, ...

Ein etwas anderer Kriminalroman.

Aber zunächst etwas zum Inhalt: im Jahre 2010 wird der italienischen Botschaft in Damaskus ein Fass geliefert. Darin in Olivenöl die Leiche des Kardinals Angelo Cornaro, der in einer Geheimmission in Syrien unterwegs war. Kommissar Barundi wird mit den Ermittlungen beauftragt. Da die Leiche der italienischen Botschaft geliefert wurde, wird aus Italien Commissario Marco Mancini hinzugezogen. Die beiden stehen vor einer schwierigen Aufgabe. Wie soll es ihnen gelingen bei den herrschenden syrischen Verhältnissen, die Mancini scherzhaft mit italienischen Verhältnissen vergleicht, die Schuldigen zu finden.

Ein etwas anderer Kriminalroman, wie ich in der Überschrift schrieb, ein kriminalistischer Roman. Ich meine damit einen Roman, der zwar eine Handlung hat, wie ein Kriminalroman, denn ein Mord ist geschehen und wird aufgeklärt. Aber ein großer Teil des Romans wird von der Beschreibung der gesellschaftlichen Verhältnisse in Syrien in Anspruch genommen, die von Diktatur und einem allmächtigen Geheimdienst überschattet sind. Ein weiteres wichtiges Gesellschaftsbild ist die die Beschreibung des Zusammenlebens der verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen. Die eigentliche Geschichte spielt sich in nur wenigen Wochen ab. Aber das Buch umfasst einen Zeitraum von vielen Jahren. Das gelingt Rafik Schami, indem er z. B. immer wieder Auszüge aus Barundis Tagebuch einblendet, in dem er nicht nur auf die Gegenwart sondern auch auf seine Vergangenheit eingeht.

Ein Krimi hat oft einen Spannungsbogen, der sich vom Beginn an immer mehr steigert und dann am Ende nach Aufklärung des Falls steil abfällt. bei Schami haben wir es in diesem Buch mehr mit einer gleichbleibenden Spannung zu tun. Nicht mal an der Stelle, als die beiden Kommissare in die Gewalt von Rebellen geraten, hatte ich den Eindruck, dass da die Spannung bemerkenswert stieg. Irgendwie weiß man, dass Schami seine Protagonisten schon gut durchkommen lassen wird.

Diese Art der Spannungsführung ist ungewöhnlich, passt aber sehr gut zu diesem Buch. Es lässt sich gut lesen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 08.07.2019

Zeitbild

1793
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Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und ...

Ein Krimi, der ein Zeitbild ist. Es beginnt mit dem Fund einer Leiche im Jahr 1798 in Stockholm. Es ist die Leiche eines jungen Mannes, dem man einige Zeit vor seinem Tode alle Gliedmaßen, die Augen und die Zunge entfernt hat. Stadtknecht Mickel Cardel und der Jurist Cecil Winge sollen den Fall aufklären.

In mehreren Erzählsträngen wird im Rückgriff auf die Vergangenheit, genauer auf das Jahr 1793, erzählt, was vorher geschehen ist. Da ist die Geschichte von Christoffer Blix, der als ehemaliger Feldscherlehrling zu einer grausigen Tat gezwungen wird. Und da ist die Geschichte von Anna Stina, die unmenschliches durchmachen muss.

Am Ende werden alle Erzählstränge zusammengeführt und es kommt zu einer etwas überraschenden aber schlüssigen Aufklärung.

Ich hatte zunächst etwas Schwierigkeiten, die Namen der handelnden Personen nicht zu verwechseln, Das wurde im Laufe der Geschichte immer einfacher.

Was dieses Buch vor allem ausmacht, ist die Vermittlung eines Zeitbildes, das von einer enormen Recherchearbeit zeugt, die sich aber auf jeden Fall gelohnt hat.

Veröffentlicht am 17.06.2019

Alte Bekannte

All die unbewohnten Zimmer
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Polonius Fischer, Jakob Franck, Fariza Nasri und Tabor Süden, die Hauptpersonen des Krimis. Man fühlt sich an andere Krimis von Friedrich Ani erinnert. In diesem Buch gibt es also ein Wiedersehen mit alten ...

Polonius Fischer, Jakob Franck, Fariza Nasri und Tabor Süden, die Hauptpersonen des Krimis. Man fühlt sich an andere Krimis von Friedrich Ani erinnert. In diesem Buch gibt es also ein Wiedersehen mit alten Bekannten.

Es geht etwas verworren zu. Ein Streifenpolizist und eine Frau. Dabei weiß man bei beiden nicht, sind sie gezielt getötet worden oder war es jeweils nur eine Art Zufall? Beschreibungen der Geschehnisse und Geständnisse. Aber war es tatsächlich so, wie es auf den ersten oder auch zweiten Blick aussah? Oder waren es ganz andere zunächst unvermutete Ursachen und Motive, die den Taten zugrunde liegen?

Ich fühlte mich an ein Gewebe oder eine Strickarbeit mit mehreren verschieden farbigen Fäden erinnert. In meisterlicher Weise verarbeitet Ani diese Fäden zu einem rundum gelungenen Werk. Dabei sind die verschiedenen Erzählstränge so angeordnet, dass man Geschehnisse, die man bereits kannte oder zu kennen glaubte, aus einem anderen Blickwinkel noch einmal angeboten bekommt. Und aus diesem anderen Blickwinkel sieht alles dann wieder ganz anders aus.

Zunächst ist das Vorgehen Anis etwas ungewohnt. Es stiftet auch unter Umständen etwas Verwirrung beim Leser. Aber man muss sich auf dieses "Strickmuster" einlassen. Man sollte nichts als Tatsache annehmen, denn meistens entwickelt es sich doch anders als gedacht. So kommt es zu einem überraschenden aber logischen Ende.

Ani schreibt in seiner üblichen, leicht lesbaren Form. Man merkt den versierten Schriftsteller. Und ich kann nur sagen: Immer wieder gern.

Veröffentlicht am 25.05.2019

Komplizierte Zusammenhänge

Auris
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Forensische Phonetik war mir neu. Aber eine interessante Neuerung, Matthias Hegel erkennt allein an Stimme Wortwahl und Sprechweise seines Gegenüber viele Dinge über diesen und kann z.B. auch leicht Unwahrheiten ...

Forensische Phonetik war mir neu. Aber eine interessante Neuerung, Matthias Hegel erkennt allein an Stimme Wortwahl und Sprechweise seines Gegenüber viele Dinge über diesen und kann z.B. auch leicht Unwahrheiten erkennen.

Dieser Matthias Hegel bekennt sich zu einem Mord und wird dafür verurteilt. Da kommt als zweite Protagonistin die True-Crime-Podcasterin Jula Ansorge ins Spiel. Sie glaubt nicht an Hegels Schuld und will ihn rehabilitieren.

Komplizierte Zusammenhänge tun sich auf. Hegel will nicht rehabilitiert werden, obwohl Jula Hinweise für seine Unschuld findet. Es entwickelt sich ein Spiel mit der Wahrheit. Ist das, was Jula herausgefunden hat, eigentlich wahr oder nur etwas, was wahr zu sein scheint? Da wird es manchmal etwas kompliziert, weil sich immer wieder neue Seiten auftun und neue Interpretationen des Geschehens möglich sind. Manchmal bleibt etwas auch nur vollkommen rätselhaft.

Es hilft, dass Kliesch sehr stringent erzählt, ohne groß zwischen verschiedenen Orten oder Zeitebenen hin und her zu springen. Er ist leicht zu lesen, was Satzbau und Wortwahl angeht. Zum Schluss ergibt sich eine interessante Wendung, oder doch nicht? Es bleibt auch am Schluss alles etwas im Unklaren. Dazu ein Cliffhanger, was ich gar nicht mag. Hier soll wohl zum Kauf des nächsten Buches verführt werden.