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Veröffentlicht am 12.01.2022

Wahrheit oder Pflicht? In dieser Geschichte spielt beides eine Rolle.

Wir zwei in diesem Augenblick
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Wir Zwei in diesem Augenblick von Isabell May

Momente und Augenblicke, liebe Buchmenschen. Es sind gleichsam die beiden Dinge im Leben die uns erfreuen, uns das Fürchten lehren, die uns berühren, uns ...

Wir Zwei in diesem Augenblick von Isabell May

Momente und Augenblicke, liebe Buchmenschen. Es sind gleichsam die beiden Dinge im Leben die uns erfreuen, uns das Fürchten lehren, die uns berühren, uns ängstigen, uns entmutigen oder uns Mut zuflüstern. Die uns verletzen, oder uns gut fühlen lassen. Ganz kleine Momente nur, manchmal Sekunden, die uns zu Höchstleistungen aufstacheln, oder uns scheitern lassen, Und manchmal, ja, da bedeuten sie für uns die Welt, im positiven oder negativen Sinne. Denn es gibt erste Augenblicke und letzte Augenblicke die uns vor Freude strahlen lassen, oder uns einfach nur in Trauer versinken lassen. Momente, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen, aber auch Momente des Lachens. Dass es in folgendem Buch um einen Augenblick, gar mehrere geht, das sagt der Titel schon unweigerlich. Und trotzdem muss man die Geschichte erleben, um die Fülle an Momenten durchzumachen. Denn davon gibt es einige. Jetzt aber erstmal die Geschichte, und die Augenblicke, die sie uns beschert und erzählt.

Die Geschichte der Augenblicke:

Max und Anna lernen sich auf einer Party kennen. So weit, so gut. Wären Anna und Max nicht zwei völlig verschiedene Charaktere von Menschen. Er ist lebensbejahend, spontan, lässig, locker und freiheitsliebend. Sie eher vorsichtig, alles planend, vorausschauend, pflichtbewusst und sicherheitsliebend. Doch das hindert die beiden nicht daran, dass sie bald völlig fasziniert voneinander sind, und gar ein Gefühl entsteht, das die beiden immer enger zueinander treibt. Wäre dies eine normale Geschichte, wäre hier nun Schluss, und die Geschichte nimmt ihren normalen Verlauf, indem sich die Protagonisten verlieben, und ihr Happy End bekommen. Doch diese Geschichte ist anders. Denn sowohl Max als auch Anna haben Altlasten in ihren Familien, die besser nicht ans Licht kommen würden, es durch ein Foto aus der Vergangenheit aber tun. Und ich weiß was ihr nun denkt: „Sowas ähnliches habe ich doch aber auch schon mal gelesen“. Vergesst es. DAS hier wird anders sein :). Denn Max der Fotograf, der jeden Moment des Lebens in Bildern festhalten möchte, und Anna, für die Sicherheit alles im Leben ist, haben beide ihre Gründe so zu sein, wie sie sind. Und die erfährt man natürlich am besten durch die Lektüre.

Cover und Titel:

Das Buchcover zeigt wunderbar die Verästelungen im Leben, wie sie miteinander kollidieren, wie sie nebeneinander herlaufen, sich begegnen, voneinander wegwachsen, aufeinander zu, wie sie ein Chaos anrichten und fast schon undurchsichtig sind, aber alle irgendwie trotzdem eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsames Wachstum haben. Verästelt eben, wie in einer Baumkrone……. Oder in einer Familie….. oder in anderen Verhältnissen, die Menschen miteinander pflegen und haben. Verästelt wie in der Liebe, mit all ihren Liebesverästelungen. Und um diese Augenblicke der Verästelungen, wie alles miteinander verästelt und verbunden ist, wie alles zusammenhängt, darum geht es in einem Buch, in dem nicht nur zwei Menschen einen Augenblick miteinander teilen, sondern fast alle, die darin vorkommen.

Fazit und Gedankenallerlei:

Dieses Buch ist ein Loblied auf Momente, das sich mit einem Trauersong auf genau diese abwechselt, winzige Augenblicke im Leben die mehr sagen und uns mehr fühlen lassen als ganze Tage, Stunden, Monate oder gar Jahre. Momente, die einander verbinden, und schicksalshaft sind. Zum einen spürt man im Roman, wie es ist, wenn uns Menschen in genau einem Augenblick unseres Lebens begegnen, und sie uns in diesem jenen Augenblick genau das geben, was wir meinen zu vermissen, oder gar selbst nicht wissen, DASS wir es überhaupt vermissen. Sie erinnern uns daran, und geben uns genau das, so, dass wir im Moment leben, im Augenblick, ohne mit den Konsequenzen zu rechnen, und an die Zukunft zu denken. Zum anderen zeigt uns das Buch auf, wie ein einzelner Moment nicht nur das Leben ändern kann, sondern auch einen Menschen selbst, wie eine Wandlung im Mensch selbst entsteht, auch manchmal nur wegen winziger Lebensaugenblicke, die große, oder kleine Auswirkungen aufs Leben haben. Ich mag, dass das Buch so ehrlich geschrieben und real ist, so lebendig und echt, und trotzdem nachdenklich macht. Nicht künstlich, sondern so, wie es wirklich laufen könnte, manchmal sollte, manchmal lieber nicht, und manchmal bedauernd leider auch wirklich so ist, selbst wenn man es nicht wahrhaben möchte. Denn auf alle Fälle hat die Geschichte mich bewegt, und bewegende Geschichten sind ja schon mal immer etwas Gutes.

Man hat in der Geschichte dieses Gefühl von zwei Menschen die offensichtlich gesehen zu verschieden sind, um zueinander zu passen, doch der Augenblick sagt uns, dass hinter Fassaden mehr Gemeinsamkeiten lauern, als man im ersten Augenblick erkennt. Und die Augenblicke sind es hier im Buch, die unbeschreiblich wichtig sind und zählen, und auch Titel gebend sind. Die Anziehung ist sozusagen sprichwörtlich vom ersten Augenblick an zwischen Max und Anna zu spüren. Anna selbst ist als Protagonistin vergleichbar zu mir. Vielleicht ist sie mir auch deshalb gleich so sympathisch gewesen. Vorsichtig und sicherheitsliebend. Ihre Handtasche, in der alles immer dabei ist, und die eine gewisse Ähnlichkeit mir Hermines Tasche bei Harry Potter hat, und die ich mir immer gewünscht habe. Ich meine …… „komm wir ziehen mal ein Zelt aus der Tasche, und Wechselklamotten? Hab ich natürlich auch immer dabei, so dass wir Tage lang nur mit dieser Tasche überleben könnten :D“. Ihr versteht?! Nun…. Ich schweife ab. Aber unerwähnt lassen kann ich die Tasche in der Rezi nicht. Vielleicht weil sie gar nicht mal so eine unwichtige Rolle spielt.

Der Schreibstil ist melancholisch leicht, was eine merkwürdige Mischung ist, die einen aber gefangen hält, denn er zieht einen weder mit runter in seine Dunkelheit, noch sprüht er über vor Fröhlichkeit, wobei es diese lichten Momente und hoffnungsvollen Augenblicke öfter gibt.

Alles erscheint einem beim Lesen wie ein Rausch, ein Augenblickrausch der Momente, die aufeinanderfolgen, und schreit somit heraus, jeden einzelnen Moment des Lebens zu genießen. Denn es geht um spontan sein, und es nicht zu sein (oder dann für einen Augenblick im Leben doch). Um Unsicherheiten, und die Kontrolle zu haben und zu behalten, darum auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Es geht um Sicherheitsmensch vs. Leichtigkeit, Lockerheit, Lässigkeit, Freiheit und alles auf sich zukommen lassen. Um Verantwortungsbewusstsein, Verantwortung abgeben, Pflichtbewusstsein, und das Denken, dass es ohne einen nicht geht, weil man sich verpflichtet fühlt.

Wir befinden uns abwechselnd auf zwei Zeitebenen und in wechselnden Perspektiven. Da ist die Gegenwart in der wir uns befinden, und dann werden wir in die 1990er zurückversetzt. Da sind nicht nur Anna und Max, sondern auch andere Perspektiven, an deren Gedanken wir teilhaben, und das, über die Jahre hinweg. Wir erfahren am Ende, warum alle Menschen des Romans genau so sind, wie sie sind, und warum sie sich so entwickelt haben, und zu dem eigenen Selbst ihrer Gegenwart geworden sind. Die Vergangenheit und Gegenwart gehen im Buch ineinander über, streifen sich, verschmelzen… sind zwei Geschichten in einer, und doch für sich selbst gesehen individuell, und hängen doch so sehr miteinander zusammen.

Aber was das Buch vor allen Dingen mit einem tut? Es lässt einen nachdenklich zurück. Lässt einen nachdenken, darüber, was im Leben zählt, was wirkliche Zufriedenheit ist, dass die Zufriedenheit eines einen, nicht die eines anderen sein muss, dass Menschen verschieden denken und sind….. dass Unzufriedenheit im Leben schlimme Auswirkungen haben kann. Dass miteinander reden IMMER wichtig ist. Dass zu viel Liebe beengend sein kann, und zu wenig eine Leere bringt, und man sich fragen muss, ob Beengung und Erdrücken, oder Leere besser ist. Es geht um Freiheit, um die Frage als was man sich selbst definiert. Ob man im Leben, wenn man sich für etwas entscheidet, automatisch so definiert wird, oder noch ein Teil von einem selbst, einem früheren Ich, bleibt. Es geht darum, als was uns andere sehen, als was wir uns sehen, und als was wir uns gerne sehen würden. Und es geht um Liebe, in allen Formen. Mutterliebe, Liebe zwischen Menschen die sich brauchen, Liebe zwischen Paaren, Liebe, von der man glaubt, dass es eher ein Verliebtsein ist in etwas, das jemand darstellt. Dies alles lässt einen mit den eigenen Gedanken zurück, und man fragt sich automatisch: Bin ich eigentlich glücklich mit dem, was ich im Leben tue? Wo ich lebe? Mit wem? Gibt es Dinge, die ich nur tue, weil andere sie von mir erwarten? Machen diese mich glücklich? Oder fühle ich mich gefangen, und will eigentlich etwas ganz Anderes tun, trau mich aber nicht, aus meiner Gefangenschaft herauszutreten, weil Neues mir Angst macht? Wer dies alles erkennt, und tiefgründige Romane liebt, wird hier auf seine Kosten kommen. Denn die Charaktere sind nicht automatisch einzuteilen in Sympathie und Unsympathie. Alle haben ihre Gründe, keiner ist rein gut oder böse. Es gibt für alles einen Grund, einen Hintergrund, und den gilt es beim Lesen herauszufinden, ohne die Protagonisten vorzuverurteilen. Denn am Ende muss man hinter die Charaktere schauen, um sie zu verstehen. Deswegen geht es auch um Vergebung und Verzeihen. Vor allem ist das Buch eines über Selbstfindungen in allen möglichen Variationen. Und obwohl die Geschichte um das Buch Thematiken hat, die einen tief berühren, einen bewegen, die zum Nachdenken anregen, oder einen nachdenklich zurücklassen und stimmen, spürt man beim Lesen ein gewisses Licht, einen Hoffnungsschimmer. Zwar einen kleinen zarten nur, nämlich den zwischen Anna und Max. Aber er ist da. Ziehen sich hier Gegensätze also an?

Die Sprache und der Schreibstil sind fast schon poetisch anheimelnd. Man hat im Buch die Unterschiede zwischen Provinz, Landleben, pulsierender Großstadt und kleiner Großstadt vor Augen, und welcher Lebens(t)raum für jeden einzelnen der Richtige ist, sein kann, oder nur im Kopf existiert. Selbst die Nebenfiguren sind tiefgründig und einfach nur gut herausgearbeitet, und es macht Spaß ihnen und ihren Wegen zu folgen, selbst wenn diese nicht spaßig sind. Die Charaktere sind dann auch so vielschichtig, dass man sich ihnen ungewohnt nahe fühlt. Auch durch die Perspektive erscheint es, als ob sie uns abwechselnd direkt ihre Geschichte erzählen, oder besser gesagt ihren Teil der gemeinsamen Geschichte, die alle miteinander verbindet. Manchmal scheint es gar wie zwei Ausgaben von ein – und demselben Menschen. Derjenige, der wir sein wollen, und derjenige, der wir glauben sein zu müssen, weil ihn andere so haben wollen, und man irgendwann selbst glaubt, dass es das ist, was wir möchten, nur um andere zufrieden zu stellen. Dieses Pflichtgefühl und erzwungene Verantwortungsbewusstsein, das in und allen schlummert.

Das Ganze ist wie eine Geschichte, deren Geschichte man zu kennen glaubt, die uns auf etwas zum und zu einem Ereignis hinführt, das wir zwar erahnen, uns aber nicht ganz sicher sind. Doch diese nebulösen Ahnungen geben der Spannung der Geschichte keinen Abbruch, weil wir uns ganz langsam an das Ereignis, den einen Moment herantasten, der zählt, und an dem alles hängt. Verwicklungen kollidieren miteinander, Schicksale sind miteinander verwoben, alles hängt irgendwie zusammen. Wie das Abdrücken des Auslösers um genau den richtigen Moment einzufangen, und ihn nie mehr gehen zu lassen. Das Konservieren von Momenten, die schönen, die schrecklichen, diejenigen, die unser Leben beeinflussen, festgehalten in Momentaufnahmen, in Fotos und Bildern. Es gibt Orte die uns gefangen halten, aber auch Menschen, deren Anwesenheit uns so sehr gefangen hält, dass es einem wie ein Gefängnis vorkommt. Menschen die uns Freiheit nehmen, obwohl wir frei zu sein scheinen, Menschen und Dinge die einen erdrücken und einem die Luft zum Atmen nehmen. Und Menschen die uns Freiheit an Orten geben, an denen wir uns dann wiederum gefangen fühlen.

Wir begeben uns auf ein Spiel mit der Zeit, einen Weg des Gefangenseins im eigenen Leben, erleben Sorglosigkeit vs. Verantwortung. Für die durchgeplante Anna ist der spontane Max eine Reise oder Fahrt ins Ungewisse. Aber wir erleben auch die Bedeutung von Familie und von Menschen, die uns geben, was wir brauchen, und das gerade in einem bestimmten Augenblick oder Moment, oder eben längerfristig fürs Leben. Man mag den Weg der Geschichte zu ihrem Ende hin kennen, kann darüber nachdenken, ob man ihn erahnt, ob er einem fern bekannt vorkommt, ob das, was zum Ende der Geschichte führt das ist, was man tief im Inneren erahnt hat. Wenn das Ende dann aber auf einen zukommt, ist man machtlos. Überrascht. Und das vorhergesehene verschwimmt, und weicht einer anderen Wahrheit mit einem anderen Augenblick. Denn wenn die Vergangenheit die Gegenwart kaputt macht, eine Gegenwart, die das Vergangene nicht mal kennt, und nichts von dem Vergangenem weiß, dann ist das immer tragisch. Die Wahrheit und die Pflicht spielen nämlich ebenso eine große Rolle in der Geschichte. Nicht nur als Spiel das wir kennen, sondern auch als genau das, was es ist. Wahrheiten verschweigen, und Pflichten erfüllen müssen, wollen…. Wie auch immer.

Die Geschichte ist unsagbar intensiv in einigen ihrer Momente, in denen wir an Sommertagen teilhaben dürfen, an intensiven Partys teilnehmen, und einfach die Leichtigkeit des Seins genießen. Dass das Buch in zwei verschiedenen Zeitebenen spielt, macht es nur umso lebendiger. Umweht mit dem Flair einer anderen Zeit, erscheint das Buch thematisch doch aktuell in seinen Wünschen und Regungen der Menschen. Alles ähnelt sich, alles gleicht sich, und doch auch wieder nicht. Wir erleben die 1990 er Jahre abwechselnd mit der Gegenwart, oder zumindest EINER Gegenwart von Max und Anna, und selbst, wenn wir die beiden Zeiten nicht selbst erlebt haben (was bei mir dann doch der Fall ist), so würden wir uns spätestens mit der Lektüre zurückversetzt fühlen, weil die Einzelheiten und einige Elemente so gut passen, dass man die Jahre in ihrer eigenen Individualität super unterscheiden kann. Es ist ein gewisser Spirit, ein Geist, der durch das Buch weht, und uns in die jeweilige Zeit mitnimmt, und diesen Wechsel auch spielend hinbekommt, ohne, dass es sich merkwürdig lesen würde. Schön finde ich ebenso die Symbolik, die Tiefe, alles, was man erst durchschauen muss. Max, der Fotograf ist, und quasi JEDEN Augenblick festhalten will für die Ewigkeit, ihn konservieren, damit man sich an diese schönen Augenblicke erinnert. Was ein toller Bezug zum eigentlichen Thema des Buches ist. Augenblicke und Momente. Denn für mich ist das ganz klar das Thema, um das es geht, kombiniert mit Liebe und Gefühlen.

Es geht um die bunte Vielfalt des Lebens, nicht das Gefangensein in ihm, diese Vielfalt in jedem Augenblick zu erkennen. Aber auch darum, etwas zu tun, was man tief im Inneren nicht möchte, und seine eigene Vielfalt nicht mehr fühlen zu können. Sich wie ein anderer Mensch zu fühlen, sich zu verstellen, und in Situationen gefangen zu sein. Und auch ein wenig darum, dass jeder sein eigenes Glück im Leben finden muss, um dann auch ein glückliches Leben führen zu können. Zumindest annähernd und ohne größere Schicksalsschläge. Darum, eigene Erinnerungen zu erschaffen. Alles ist mit allem verwoben. Schicksal, Vergangenheit und Gegenwart laufen unaufhörlich aufeinander zu, und enden…. In einem Moment :). Zugegeben einem sehr wichtigen. Wie so viele Augenblicke im Roman, die wichtig für die Handlung, aber auch für die eigene Seele sind. Das Buch lebt von Momenten und Augenblicken, ist fast schon aus ihnen gemacht, und so bekommen wir mit, wie ein Augenblick Auswirkungen auf andere Augenblicke im Leben von anderen hat. Schicksalshaft. Schicksalslastig. Und das hat mich beim Lesen nicht mehr losgelassen. Ich habe mit einer Geschichte gerechnet, die im Universitätsmilieu spielt, eine Liebesgeschichte, die ich im Normalfall sehr gerne mag. Aber hier wurde mit so viel mehr offenbart. Eine Geschichte hinter der sich so viel mehr versteckt. Und das alles vom ersten Augenblick an. Und genau deswegen haben wir hier keine typische Liebesgeschichte vor uns

Liebes Buch: Du und ich, wir zwei, in genau diesem Augenblick, das hat schon etwas in mir verändert. Danke dafür :). Wahrheit oder Pflicht?

Und weil es um Momente, Augenblicke, und Fotografie geht, darum wo sein Zuhause ist, und in wem, dachte ich, dass das heutige Rezensionslied zum Buch passt. Und es hat natürlich rein gar nichts damit zu tun, dass ich einer der größten Ed Sheeran Fans bin, die auf diesem Planeten wandeln :D:

„We keep this love in a photograph. We made these memories for ourselves. Where our eyes are never closing. Hearts are never broken. And time's forever frozen, still.

So you can keep me, inside the pocket of your ripped jeans, holding me closer 'til our eyes meet.
You won't ever be alone, wait for me to come home.“

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Veröffentlicht am 12.12.2021

Haie oder das Leben. Wer hat die schärferen Zähne?

Late Night
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Late Night – Unter Haien von Nora Welling

Ich habe mal ein wenig für euch recherchiert, denn ich dachte mir, wenn ihr schon ins Wasser eintaucht, und unter Haien seid und ihnen begegnet, solltet ihr einige ...

Late Night – Unter Haien von Nora Welling

Ich habe mal ein wenig für euch recherchiert, denn ich dachte mir, wenn ihr schon ins Wasser eintaucht, und unter Haien seid und ihnen begegnet, solltet ihr einige Tipps haben, wie ihr euch verhalten sollt um die Begegnung zu überleben. Gebt gut acht. Dieses Buch könnte euch retten, wenn ihr mal in Nöten seid, und einem Hai begegnet, egal in welcher Form er euch erscheint. :)

Haie…. Woran denkt ihr als erstes, wenn ihr dieses Wort hört? Zum einen ist es das Synonym für den mörderischen weißen Hai, der einen, nun ja, tötet. Haie und ihre Grausamkeit. Zum anderen befindet man sich unter Haien, wenn man in einer Situation ist, die ähnlich der Höhle des Löwen ist, nämlich direkt im Haifischbecken. Man ist in Gefahr, dass der Hai einem etwas antut. Nicht unbedingt körperlich. Aber da wäre der Miethai, der Kredithai…Haifische die Zähne haben, so wie Mackie ein Messer. Babyhaie. (ja okay, Babyshark gehört nicht unbedingt in die Reihe der blutrünstigen Haigeschichten, und ist dadurch vielleicht etwas fehl am Platz). Hier geht es um die Haifischbecken unseres Lebens, in die wir reinfallen, ohne es zu merken. Und um die Haie, die nicht unbedingt sichtbar gefährlich sind, sondern im Hintergrund agieren, und den Angriff abwarten. Haie in menschlicher Form, und in Form von anderen Dingen, die über uns einbrechen können. Ein Hai der sich mit seinen Zähnen festbeißt, bis er sein Ziel erreicht, ja, sich gar ins Ziel hineinbeißt. Und zwar bissig. Nun aber genug von Haifischzähnen und Bissen. Ich habe für die Rezension sehr lange gebraucht, weil ich mich selbst ein wenig unter Druck gestellt habe, der Geschichte gerecht zu werden. So ist das eben, wenn mir Geschichten so gut gefallen, dass ich Panik bekomme, gar nicht wiedergeben zu können, was sie für mich bedeuten. Nun aber mal los.

Kommen wir zur Geschichte die das Buch uns erzählt:

Kennt ihr solche Sätze wie „Das trau ich der gar nicht zu“ oder „Das kann die eh nicht“, etwas wie „Die sieht ja so und so aus, dann muss sie so und so sein.“ Schön = dumm, Dick = Faul, Blass = krank. Die Aufzählung der Schubladen könnte nun ins Unendliche gehen. Programmiererin Louisa traut man nichts zu, weil sie einfach zu schön ist. Und eine Frau. Ruben Stephanski traut man wiederum nicht zu, dass er auch ein Herz hat. Denn bekannt ist er aus der TV Show „Unter Haien“ als bissigster Hai. Louisa hat eine Software entwickelt (genauer gesagt eine App, die es Autisten ermöglicht, besser zu kommunizieren, und hinter die emotionalen Masken von Menschen zu schauen, um sie so einschätzen zu können), und braucht Investoren. Wir kennen dieses TV Format mit Löwen. Und ausgerechnet Ruben Stephanski ist es, der ihr nicht nur das Geld, sondern auch ein Jahr als ihr Mentor anbietet. Mit Büro, und allem Drum und Dran. Dass Ruben das nötige Geld dafür hat, kann man sich denken. Und was genau er in ihr sieht, was die anderen nicht sehen, weil sie Vorurteile haben. Und was Louisa in ihm sieht. Was die Welt in Ruben und Louisa sieht und…… überhaupt dieses „gesehen werden“, und wie man wahrgenommen wird…….. darum dreht sich die Geschichte. In ganz besonders schöner, lustiger, aber auch trauriger Form. Denn dass darin auch Liebe eine Rolle spielt, sollte jedem klar sein.

Cover und Titel:

Vorsicht: Hinter den Mauern und dem Cover dieses Romans steckt so viel mehr, als nur das perfekte Abbild eines Geschäftsmannes, eines Hais, der unnahbar und kalt ist. In den Blättern und den Seiten der Geschichte steckt eben genau dies, eine Geschichte, die uns von der Selbstwahrnehmung der Menschen erzählt, und davon, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein. Damit steht das Cover in der Tradition seiner Geschichte. Es wird unterschätzt, und viele halten es ganz sicher „nur für einen weiteren dieser Liebesromane, die einen Kerl auf dem Cover haben“. Aber wie es bei Menschen auch ist, so sollte man dem Buch die Chance geben, und sich seine Geschichte hinterm Cover erzählen lassen. Denn diese ist nicht nur gut, sondern hat mir ganz nebenbei auch noch außergewöhnlich großartig gefallen. Und das nicht nur allein wegen den Thematiken, sondern auch wegen des einfühlsamen Schreibstils, der mich immer wieder in Nora Wellings Romanen überrascht, und mitreißt.

Ich glaube der Titel bezieht sich nicht auf den Hai Ruben, sondern auf alle Haie, die uns im Leben bedrohen, und vor denen wir geschützt werden müssen. Dieses Haifischbecken namens Leben. Ruben beschützt Lou vor den Hai – Tücken der Geschäftswelt, und sie ihn vor dem Hai, der einen in die Dunkelheit zerren will. Man ist hier im Buch eben Unter Haien.

Fazit und Gedankenallerlei:

Erstmal zu den Fakten. Denn wenn ich nun anfange zu schreiben, könnte es emotional und weniger faktisch werden. Teil 1 der „Unter Haien“- Dilogie. Alles ist gut recherchiert. Protagonisten, Macken und Makel. Die Sympathie war dauerhaft da und die Beschreibungen der Figuren so, als ob man sie direkt kennen würde, und mit ihnen ihre Geschichte erlebt. Ebenso wurden die Emotionen sehr detailgenau und realistisch beschrieben. Es ist humorig mit witzigen Stellen, aber auch mit denen, die einen nachdenklich zurücklassen. Das Buch hat wahrlich einen Humor, der mir genau liegt, mit vielen lustigen und witzigen Szenen, die einen während der Hai Lektüre zum Lachen bringen. So und nun….

Vielen Dank Nora Welling, dass du immer wieder Charaktere erschaffst, die sich weit außerhalb des Schwarz-Weiß Bereichs bewegen, bei denen man graben muss, die nicht das sind, was sie auf den ersten Blick scheinen, und deren Grauzwischentöne zwischen dem was Schwarz und Weiß ausmacht meist sehr tief gehen. Bis in die Nebenfiguren erscheinen alle Charaktere lebendig. Schwester Pauline, Freund Timon (räusper…. Dem ich seine eigene Story in Band 2 wünsche), sogar die Heilpädagogin, oder die Mitinvestoren der Show. Ich mag, dass Nora Welling den Finger in die Wunde hält. Die Wunde wovon? Die Wunde, dass sie bei ihren Protagonisten (die ich kenne) immer welche zum Leben erweckt, die ein Paket mit sich herumtragen, das man erst nach der Lektüre erkennt. Zumindest bei den mir bekannten Büchern ist das so. Erst nach dem Buch, nach der Lektüre, lernen wir die Protagonisten vollständig in ihrem Inneren kennen. Das tun wir dann dafür aber auch richtig und wahrhaftig. Denn die Protagonisten sind ein klarer Pluspunkt im Buch. In bisher allen. Und wer mich kennt weiß, Protagonisten sind soooo wichtig! Und nachdem wir sie mit all ihren Makeln kennenlernen dürfen, werden sie uns fast wie Freunde. So auch hier. Und hey. Immerhin bin ich nach der Lektüre mir einem Milliardär befreundet :D. Denn trotz, dass einige Charaktere aus einem Milieu der Reichen kommen, mit dem ich nichts am Hut habe (weil ich eben nicht reich bin), so waren sie mir sympathisch und ich konnte sie verstehen, und ihre Gedankengänge nachvollziehen. Das muss auch erstmal geschafft werden.

Wir haben eine Mischung aus vor Funken witzig sprühendem Humor und tiefdunkler Tiefe, die einen mit hinabzieht. Es ist ein Karussell aus Gefühlen, das einen erwartet. Von Grinsekatze über lautes Auflachen, von Schmunzeln bis zum Nachfühlen, und letztendlich sogar Tränen ist die gesamte Gefühlsfarbpalette dabei. Und ziemlich schnell wird es auch hier wieder geschafft, dass einem die Charaktere ans Herz wachsen, dass man mitleidet, mit ihnen lacht, sich mitfreut, und beinahe meint sie zu kennen und ihnen nah zu sein. Alles dank des tollen Schreibstils. Ebenfalls positiv aufgefallen ist mir, dass es sich im Buch nicht um eine Geschichte handelt, in der der reiche Kerl, das arme Prinzesschen rettet, und ihr ein Leben in Saus und Braus bietet, von dem sie nie zu hoffen gewagt hat. Ruben ist nicht belehrend, und zeigt ihr keine Welt, in der sie sich so und so benehmen muss, um klarzukommen. Beide gleichen sich in ihrer Art, nur in ihrem Umfeld nicht. Louisa ist zufrieden mit ihrem Leben jenseits der Reichen. Louisa rettet sich selbst. Und nebenbei auch noch Ruben. Doch nicht mit Geld, sondern nur mit ihrem Dasein. Vertauschte Rollen, und trotzdem ist Ruben nicht weniger männlich, weswegen es total toll zu lesen ist.

Wir sind gefangen in einem Netz aus Vorurteilen. Gegenüber dem bissigen, eiskalten Geschäfts-Hai. Gegenüber der Schönheit einer Frau, die automatisch nichts im Kopf hat, dumm ist. Die automatisch eine Affäre mit ihrem Boss anfängt, und die automatisch ihren besten Freund verführt, und allen anderen Frauen den Mann wegschnappt, nur, weil sie es eben kann. Herumschwirrende Vorurteile in uns Menschen. Eigentlich werden so viele wichtige Themen angesprochen und sind unterschwellig da, dass man gar kein direktes Hauptthema sieht. Bevormundung in allen Ecken, Verantwortung, Druck, Vorurteile, Selbstwahrnehmung, Vertrauen ineinander, und in sich selbst. Selbstwahrnehmungsstörungen. Belastung, Leistungsdruck, Selbstzweifel, nicht gut genug sein, aber auch Anziehungskraft. Anpassung, sich anpassen, (n)irgendwo zugehörig sein, Herausforderungen. Schubladendenken und „Freaks“. Alle müssen gleich sein, wie alle es wollen. (N)irgendwo reinpassend. Zu „Dies“ und zu „Das“. In Schubladen pressen, Menschen Grenzen setzen, die einengen. Etwas jemandem nicht zutrauen, weil man ihn unterschätzt. Unterschätzt sein. Unterbindung der freien Entfaltung. Anders sein, als die Leute einen gerne sehen, und in welche Schublade sie einen stecken. Versagensängste, nicht gut genug zu sein, oder nicht genug genug zu sein. Nicht zu genügen. Und….Kennt ihr euch mit Selbstwahrnehmungsstörungen aus? Irgendwann hat es klick gemacht beim Lesen. Alle sind sie da, und wollen im Buch bei der Louisa Ruben Hai Party dabei sein.

Die Geschichte umweht aber auch noch etwas Anderes. Das Ganze kommt sanft und nicht zu schnell daher, und man spürt trotzdem, dass da etwas zwischen den beiden ist. Ein Gefühl von nah, und sich doch fern sein. Abstand wahren mit Absicht, und doch nicht voneinander lassen können, beziehungsweise die Anziehung spürend. Man spürt die Anziehungskraft, und doch ist auch hier die Thematik des Romans gegeben. Dass es nicht sein darf, dass ein Investor mit einer Mitarbeiterin etwas anfängt. Dass ein reicher Milliardär und eine zwar aufstrebende aber doch normale Frau aus verschiedenen Welten kommen. Die Frage ist nun, wo das Ganze hinführt, und genau das bekommen wir in der Geschichte zu lesen. Das Ziel, ob etwas funktionieren kann, selbst wenn es nicht typisch ist. Und die Frage ob man aufgebaute Mauern fallen lassen kann, um zu entdecken, was sich dahinter verbirgt. Das Untypische, die Verletzlichkeit, Emotionen, oder gar die reine Wahrheit des Seins, wie man ist, und nicht, wie man sich gibt? Und trotz, dass Louisa heimlich und anfänglich für Ruben schwärmt, haben wir keine Situation, in der die Protagonistin dahinschmilzt, denn auch wenn diese Situationen der Bewunderung da sind: Louisa bleibt sich treu, auch in ihren Prinzipien. Und die Anziehungskraft zwischen den beiden ist gegeben, auf Gegenseitigkeit beruhend. Was natürlich in anderen Romanen auch so ist. Aber hier ist es richtig fühlbar, und ich finde, es ist auch ein Gleichgewicht gegeben. Keiner von beiden, weder Ruben noch Lou, sind in ihrer Anbetung des jeweils anderen übertrieben, und trotzdem merkt man die Anbetung. Klingt merkwürdig? Ja, aber ich finde auch ein wenig verständlich :D.

Ich mag Bücher, in denen Dinge angesprochen werden, die so normal nicht in das Bewusstsein der Menschen kommen würden. Dinge, über die man nachdenken muss, die zum Nachdenken anregen. Vielleicht sogar über den Umgang der Menschen miteinander. Die davon handeln, wie wir denken, die uns einen Spiegel vorhalten in unserem Benehmen, und unserer Wahrnehmung untereinander. Wenn das alles gegeben ist, finde ich Bücher richtig gut. Und hier alles drin. Ich hoffe natürlich nur, dass die Botschaften auch bei anderen Lesern ankommen, und dass sie einen Denkanstoß geben, für den menschlichen Umgang. Und wie es immer in Büchern ist, die ich mag, so findet sich auch hier wieder ein Thema, das unterschwellig unter der Geschichte lauert, und das zum Nachdenken anregt. Selbstwahrnehmungsstörungen als Thematik sind definitiv vorhanden, und man findet sie in sanften Untertöten im Text sowohl, als auch direkt angesprochen in den Zweifeln und Selbstzweifeln der Protagonisten. Im Buch wird das oft als Hochstaplersein beschrieben. Dieses Gefühl, wenn man von sich selbst denkt, man sei nicht genug, könnte etwas nicht, und gar nicht so recht weiß, warum manche Leute so große Stücke auf einem halten, was sie natürlich tun können, weil man besonders und gut in etwas ist. Nur man selbst sieht das nicht so, weil man eine andere Wahrnehmung seines Selbst hat. Jemand der darunter leidet, wird sich selbst darin erkennen. Oder auch nicht. Gestörte Selbstwahrnehmung eben.

Es geht im Buch oft darum, einer allgemeinen Weltsicht nicht zu entsprechen. Nicht so zu sein, wie die anderen. Andersartig zu sein. Nicht typisch zu sein. Typisch blond, typisch sexy, typisch jung und wild, typisch unbelehrbar, typisch innovativ, typisch unerfahren. Nicht in Stereotypen zu denken. Nicht in Schemas. Nicht in genaue Schablonen zu passen, die die Welt uns aufdrücken will. Nicht dem Status Quo zu entsprechen, und sich aus diesem herauszuwagen in etwas Neues. Um Menschen die in einem nur das sehen, was sie in einem sehen wollen. Aber es geht natürlich auch darum, was Menschen von uns erwarten, was sie in uns sehen, wie wir miteinander kommunizieren, wie wir einander anlügen, und ob wir die Lügen glauben oder nicht, ob die Wahrheiten gesagt werden, und darum wie die gesamte Kommunikation zwischen Menschen ist, samt Missverständnissen, Missverstehen, und Ehrlichkeit.

Und irgendwie hat sich wohl auch eine Szenerie ins Buch geschlichen, die besagt und uns zeigt, dass es manche Menschen gibt, die denken, nur, weil sie mehr Erfahrung im Leben haben, sind sie die einzigen, die Erfahrungen haben. Verständnis für jüngere Menschen, die etwas geschafft haben, gibt es nicht, und wenn ja, dann müssen sie doppelt so hart arbeiten um akzeptiert und anerkannt zu werden, weil immer noch alle denken, man sei zu jung, ODER zu hübsch. Oder man macht gar das Falsche aus seinem Leben und kommt hoffentlich zur Vernunft, um etwas Richtiges daraus zu machen (was von manchen Eltern gerne mal erwähnt wird). DA sind die, die wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, die keine Veränderungen wollen, keine Neuerungen, keine neuen innovativen Wege, die alles verteufeln, was mit modernen Innovationen zu tun hat, und diesen keine Chance geben, weil sie denken Althergebrachtes ist das Beste. Ist es aber nicht. Weiterentwicklung muss sein.

Es geht um Selbstverständnis, dazu zu stehen, was man ist, niemandem etwas vorzuspielen, so zu sein, wie man wirklich ist, und nicht für andere etwas zu sein, weil diese möchten, DASS man anders ist. Dass sie denken, man sei falsch, so wie man ist, und muss sich nun anpassen. Das hat mich teilweise richtig mitgenommen, weil die Thematik sehr nah an der Realität dran war, aber es hat natürlich auch gutgetan, weil man im Buch Dinge gefunden hat, mit denen die Protagonisten umgehen können, und Szenen, in denen einem gezeigt wird, dass man selbst das dann auch schaffen könnte. Was ich sehr gut fand. Zu sich selbst zu stehen ist also wichtig. Aber auch das Thema Schwäche (und diese Schwäche zeigen, wird einem dann als Schwäche ausgelegt, und das in einer Welt, in der man keine Sekunde lang Schwäche zeigen darf) wird uns aufgezeigt. Getrieben und gehetzt zu sein, den Erfolg zu halten. Getrieben, dass die Nachahmer und anderen Haie nicht zubeißen, und die Gelegenheit wahrnehmen, den Moment der Unachtsamkeit zu nutzen, um mehr Erfolg zu haben. Ein Hinterherjagen? Ein Davonjagen? Ein Gejagtwerden? Wer hinter das Cover blicken will, muss den Sprung ins Haifischbecken wagen um die wahren Haie der Menschen im Leben zu erkennen. Nicht immer bedeuten der Sprung ins Haifischbecken auch die Begegnung mit einem Hai oder Haien. Wer ist der wahre Hai in unserem Leben? Wer jagt und? Was jagt uns? Was treibt uns voran? Wer hier ins Haifischbecken springt, trifft auf unerwartete Haie des Lebens. Oftmals ist es so, dass wir uns anders sehen, als der Rest der Welt uns sieht. So auch hier. Attraktivität und Leistungsfähigkeit kann dafür sorgen, dass andere in uns Schönheit und Macht sehen, und nicht, was sich dahinter wirklich verbirgt. Ruhe und Alleinsein wird oftmals ausgelegt als Unnahbarkeit und Kälte. Schaut also genau hinter die Cover der Menschen.

Heutige Rezensionslied. Weil es Menschen gibt, die uns kleiner machen wollen, als wir sind, selbst, wenn wir wahre Größe zeigen, weil wir nicht auf ihre Versuche eingehen:

„There was a time when I felt like I cared.……that I was shorter than everyone there. People made me feel like life was unfair………and I did things that made me ashamed. Cos I didn't know my body would change………….I grew taller than them in more ways. But there will always be the one who will say……..something bad to make them feel great“

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  • Gefühl
Veröffentlicht am 18.09.2021

Von Jugendliebe und zweiten Chancen in Zeiten der Intoleranz

The promises we made. Als wir uns wieder trafen
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The Promises we made von Simona Ahrnstedt

Vergangenheit und prägende Ereignisse darin. Versprechungen, die man sich gegeben hat, als man jung war. Eigentlich eine schöne Sache. Zumindest, wenn die Versprechen ...

The Promises we made von Simona Ahrnstedt

Vergangenheit und prägende Ereignisse darin. Versprechungen, die man sich gegeben hat, als man jung war. Eigentlich eine schöne Sache. Zumindest, wenn die Versprechen gehalten werden, und man die Verbindung zueinander von der Jugend ins Erwachsenenalter mittragen kann. Doch das ist leider nicht immer der Fall. Und oftmals ist das, was uns in unserer Jugend als so sicher erscheint mit einem Rückblick darauf aus einer ganz anderen Sichtweise zu sehen. Eben der eines Erwachsenen. Doch gibt es natürlich Jugendliche, die sich erwachsen v erhalten, und Erwachsene, die sich …. Eigentlich nicht mal jugendlich, sondern schlimm verhalten. Doch wo liegt die Grenze? Was ist richtig und was falsch? Sollte man sich die Jugend bis ins Erwachsenenalter bewahren? Für mich gibt es hier ein definitives JA. Denn Jugendlichkeit hat nichts damit zu tun, dass man „naiv“ ist. Das können sogar Erwachsene sein. Und oftmals haben junge Menschen mehr Weitblick für die Welt und die Geschehnisse in ihr, als Erwachsene es haben, die nur daran denken, wie etwas sein muss, oder zu sein hat, um normal zu sein. So, oder so ähnlich, kann man den Inhalt des Buches beschreiben.

Die Geschichte, die das Buch erzählt:

Es ist die Geschichte von zwei Teenagern, in Schweden lebend, aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten, die sich ineinander verlieben, es aber geheim halten, weil… ja warum eigentlich? Weil ein reiches Mädchen nicht mit einem armen Jungen zusammen sein darf? Weil dieser ein Flüchtling aus dem Iran ist? Weil es sich nicht gehört? Ich sehe keinen Grund. Aber dass das Ganze durchaus Konfliktpotenzial hat, und unweigerlich in Dingen wie Verleumdungen, Hass, der eigentlichen Liebe der Beiden, und (nicht) zueinanderstehen endet, das kann man sich irgendwie denken. Der Junge ist Sam, das Mädchen Dessie. Und Jahre später ist aus ihm ein reicher Besitzer mehrerer Hotels geworden, und aus ihr eine toughe Frau mit Militärausbildung, die nun bei einer Sicherheitsfirma arbeitet, und somit auch im Personenschutz. Sam hingegen muss diesen Schutz in Anspruch nehmen, denn Rassisten schicken ihm immer öfter Nachrichten, so dass sein Leben in Gefahr scheint. Und so treffen die beiden das erste Mal aufeinander, seit sich in ihrer Jugend mit 19 die Wege getrennt haben, wegen eines Ereignisses, das aller beider Leben verändert hat. Und da es für beide damals nicht nur die erste, sondern auch die große Liebe war, kann man wunderbar verfolgen, wie die beiden im Heute miteinander auskommen MÜSSEN (wegen der Gefahr, und weil sie ja wohl nun so erwachsen sind, um mit der Situation und miteinander klarzukommen). Wie das Ganze endet, ob es eine zweite Chance gibt, ob beide sich gegenseitig verzeihen können, das findet man dann in der Lektüre heraus :)

Cover und Titel:

Der Titel spricht für sich, erzählt er uns doch von den Versprechungen, die man einander macht, wenn man das erste Mal verliebt ist, und die gehalten, oder eben gebrochen werden. Das Cover gefällt mir einfach schon wegen der intensiven Farbgebung, die mal so anders ist, als das helle Pastell. Und ganz eventuell habe ich auch eine kleine Schwäche für Lila :D

Fazit und Gedanken zum Buch:

Zusammengefasst ist das Buch eine wilde Mischung aus Alltagsrassismus, Missverständnissen, Schweigen, Umweltthemen, Gleichberechtigungsthemen, Narzissmus, perfektionistischem Denken, Frauenbenachteiligungen, Diversität, Frauenunterdrückung, Rassismus in der Gesellschaft, dem Verhalten von Mächtigen gegen den kleinen Bürger, Respekt, Liebe und Anziehung, Misstrauen, Lust, Humor, Enttäuschung, einer gemeinsamen Vergangenheit, dem Umgang miteinander, Erwachsenwerden, sich selbst finden und behalten ;). Und dies alles sehen wir in allen Figuren des Buches, nicht nur in Sam und Dessie als Protagonisten, sondern auch den Nebenfiguren. Und auch wenn es von den Gefühlen nicht ganz zu den 5 Sternen gereicht hat (was, Achtung Wortspiel, nur an meiner eigenen Gefühlswahrnehmung liegt), so würde ich der Geschichte gerne 4 Sterne geben. Denn gefühlsmäßig vielleicht nicht vollkommen überzeugt, hat sie was Anderes mit mir angestellt. Sie hat mich überrascht in ihrem ganzen Sein, weil ich diese Art und Kombination von Charakteren so noch nicht in anderen Geschichten gefunden habe. Was ich ein wenig schade fand war, und das ist dann auch das, was ich zu bemängeln habe, dass ich nicht dauerhaft und immer, eben durchgängig die Gefühle und die Zugehörigkeit von Dessie zu Sam, und umgekehrt, gespürt habe. Ich mag Liebesgeschichten, wo die Protagonisten zueinanderstehen, unbeirrbar, wo beide nichts zwischen sich kommen lassen, und wenn doch, dass sie dieses Problem zu beseitigen versuchen. Das war hier sogar der Fall, nur nicht die ganze Zeit (für mich) spürbar. Gerade beim umeinander kämpfen hätte ich mir von Sam mehr Initiative gewünscht. ABER eventuell kam das auch nur so rüber, weil die Rollenverteilung im Buch eben anders war, und man das so nicht gewohnt ist. Schlecht ist das Ganze trotzdem auf gar keinen Fall, das Buch hat mir gefallen, es sind kleine Einzelnuancen, die nicht zum 5-Sterner gereicht haben. Und doch würde ich das Buch empfehlen. Weil gerade bei solchen Dingen wie Emotionen ja jeder eine andere Weise hat, damit umzugehen, und sie wahrzunehmen. Das einzige kleine Makelchen war also, dass ich mir ein klein wenig mehr Prickeln, Nähe, und richtiges Vertrauen ineinander gewünscht hätte (und weniger Zweifel und Misstrauen gegenseitig, und in die eigenen Emotionen, denen man nicht über den Weg traut), und das, obwohl wirklich Prickeln vorhanden war. Aber von manchen Menschen in Büchern wünscht man sich eben dauerhaftes und mehr als MEHR Prickeln. Denn überhaupt, kann man ja nie genug Prickeln und Anziehung haben :P.

Es ist vielleicht nicht die typisch rosarote Liebesgeschichte, die uns erwartet. Aber unter der Authentizität und Realität erwartet uns trotzdem Liebe, selbst wenn diese im Buch und der Geschichte einen anderen als den typischen Weg geht. Das ist auch gut so, und ganz in der Tradition des Buches, das von untypischen Dingen nur so trotzt, die aber eigentlich gar nicht untypisch sein sollten, sondern Einlass in unseren Alltag und unsere Normalität finden sollten. Der Roman hat Themen angesprochen, die ich für absolut wichtig befinde, und das, ohne dass diese Themen in den Vordergrund gedrängt werden. Sie sind da, erzählen die Geschichte in sich selbst, wir nehmen sie wahr, reagieren darauf, es macht uns wütend, hilflos, und trotzdem schafft die Autorin es, dass wir uns weiterhin in einer Liebesgeschichte befinden, die nicht übermütig, sondern langsam prickelnd vorangeht. Aber immerhin geht sie voran. Wenn auch nicht schnell. Die Themen sind also nicht, wie absichtlich hineingeworfen, damit sie abgehandelt werden, sondern die Geschichte selbst beschäftigt sich mit ihnen, sie passt sich ihnen an, und nimmt die Thematiken mit sich in ihrem Geschichtenfluss. Und trotz all der ernsten Thematiken gab es trotzdem unterschwellig und dauerhaft irgendwas zum Schmunzeln, denn die Dialoge waren es auch, die ich besonders herausstechend fand. Weil es im Buch eben ein wenig auch ums Reden ging. Oder besser gesagt darum, was passieren kann, wenn man NICHT miteinander redet. Oder schweigt.

Die Gefühle zwischen Dessie und Sam sind fremd, misstrauisch und neu, sowie alt und verlässlich zugleich, und diese Kombination muss man als Autorin erstmal hinbekommen. Des Weiteren hat mir sehr gut gefallen, wie die Intimität zwischen Sam und Dessie rüberkommt, zumindest manchmal. Man spürt das Besondere, dass Einzigartige, das es sowohl in der Jugend als auch jetzt war und ist manchmal durchblitzen. Diese Besonderheiten, die einem kein anderer Partner geben kann, nur der Eine. Denn auch das ist Intimität. Und diese liebe ich nun mal. Es ist aber auch ein bisschen eine Berg – und Talfahrt der Gefühle, die man selbst als Leser miterlebt. Es ist der Hass, der kein Hass ist, die Enttäuschung als junger Mensch, als gegenwärtiger Mensch, die gemeinsame Geschichte, die Anziehungskraft, ein wenig die Lust und das Verlangen, es sind die Missverständnisse, Dinge die niemals angesprochen wurden wegen Enttäuschungen und gebrochenem gegenseitigem Vertrauen und Herzen. Es ist die Nähe zueinander, und dass man eigentlich Abstand haben will, oder haben sollte. Aus beruflichen Gründen, oder um sein Herz zu schützen. Es sind Dinge, die man aus Wut und Angst und Enttäuschung sagt, um andere Dinge ins Rollen zu bringen oder zu verhindern, Dinge die nicht stimmen, Dinge die uns einfach zu schnell aus unseren Mündern plumpsen, und welche die niemals auch nur ausgesprochen werden, weil sie deutlich schwerer zu sagen sind. Das Ganze lässt einen als Leser nicht kalt, man fiebert mit, und irgendwie hat es mir natürlich trotzdem auch deswegen gefallen. Denn wir als Leser sind natürlich viel schlauer, und kenne die Gefühle der Protagonisten manchmal besser, als sie selbst es tun :D.

Die Figuren sind gut beschrieben, und man kann sich in ihre Gefühlswelt einleben und mitfühlen. Selbst bei Sam fühlt man die Zerrissenheit, die gar keine ist, die aber trotzdem die Seiten seiner Heimat aufzeigt, in der er geboren wurde, und der Heimat, die nach der Flucht zu seinem neuen Zuhause wurde. Auch, dass wir immer wieder kleine Einblicke in die Geschichte beider Protagonisten bekommen, finde ich toll. Es ist nicht so, dass es ganze Absätze sind, die uns entführen. Die Erinnerungen kommen in die aktuellen Situationen, und wir befinden uns mitten in ihnen, um schnell wieder in die Gegenwart zurück zu wandeln. Dabei lernen wir durch kleine Rückblicke die Geschichte von Dessie und Sam als Teenager kennen, und erkennen, dass beide nun erwachsen, und an den Erfahrungen im Leben gewachsen sind. Was ich trotzdem schön finde ist, dass ab und an in kleinen Nuancen die Teenager in den erwachsenen Menschen durchscheinen, und man einen Hauch davon erkennt, was einmal war, obwohl doch nun das JETZT und die Gegenwart ist. Dass das ganze Buch abwechselnd aus Sicht von Dessie und Sam geschrieben ist, fügt sich nochmal gut ins Buch ein, und lässt einen an allerlei Gefühlswelten beiderseits teilhaben, und beide besser verstehen. Dessie muss sich in einer Männerdomäne als Frau behaupten, um allen zu beweisen, dass sie als Frau die Beste ihres Fachs ist. Sam dagegen muss sich behaupten, um allen zu beweisen, dass er, der aus einem anderen Land kommt, es auch zu etwas bringen kann. Und vor allen Dingen, dass andere ihn ernst nehmen, ihn akzeptieren, und ihn nicht dafür hassen, dass er, gerade weil er aus einem anderen Land kommt, auch noch Erfolg hat. Was eine schreckliche Ansichtsweise ist, aber leider ja auch in unserer Gesellschaft sehr verbreitet.

Ich mag es ja immer, wenn beim Lesen zwischen zwei Menschen die Emotionen, und die Anziehung rüberkommt, und das, ohne dass man mit langen Worten beschreibt, was da passiert. Ich mag, wenn die Anziehung aus Gesten und Blicken besteht, und wenn man sie durch die Seiten hindurch spürt, ohne große Beschreibungen. Was soll ich sagen? DAS ist meiner Meinung nach hier sogar gelungen. Es sind diese Stellen im Buch, die uns als Leser lächelnd zurücklassen, während wir denken „Jaja ihr beiden, redet euch bloß ein, dass aus euch niemals mehr etwas werden kann, aufgrund eurer gemeinsamen Vergangenheit. Aber wir als Leser wissen es besser“. Und genau das macht es in meinen Augen so unterhaltsam, ringt einem öfter ein Lächeln ab, und das, trotz, dass das Buch durchaus auch mit ernsten Themen und Thematiken durchzogen ist. Vorurteile, die man gegen bestimmte Gruppen hat, Diversität, Gewalt gegen Frauen, üble Nachrede, Gerüchte, erzählte Unwahrheiten, die eine Menge Schaden anrichten. Hasskommentare, Rufschädigung, Rufmord, ein geschädigter Ruf: Das alles umweht die Geschichte, und macht sie ernster als andere Liebesgeschichten, in denen alles nur locker und leicht wirkt. Wir haben nicht die romantische Verklärung, denn die Geschichte ist geprägt von Realitäten, von Misstrauen, und dem Lauf der Welt. Und trotzdem wurde das Buch so geschaffen, dass man unter der Oberfläche der Realität und des Misstrauens eine Anziehungskraft der Protagonisten spürt, die sowohl neu als auch alt ist. Wir haben hier nicht, wie in so vielen Romanen des Genres, einfach Menschen, die sich wieder treffen. Wir haben hier wirklich zwei Personen, die Schlimmes erlebt haben, gemeinsam und alleine, und bei denen es einen Bruch gab, der fast nicht zu kitten ist. Ebenfalls ist da Vertrauen, das da war, dann weg, und nun neu aufgebaut werden muss, schon allein, weil ein Mensch jemandem vertrauen muss, der für seine Sicherheit zuständig ist. Das macht das Ganze ziemlich komplex. Es ist ein langsames Annähern, ein Kennenlernen, obwohl man sich von früher kennt, ein Neukennenlernen der Personen, zu denen man geworden ist, mit dem Hintergrund dessen, was man früher einmal gemeinsam war. Das Ganze geht schleichend voran, und ich mag es ungemein, wie sich Dessie entwickelt. Von der harten Frau, die ihren Job gut macht, und keine Gefühle zulässt, zur Frau, die das weiterhin tut, aber auch immer mehr ihre Weiblichkeit und ihr Frausein zeigt und auslebt. Etwas, das ja durchaus zusammen existieren kann. Dessie ist zum einen eine Frau, die ehemals beim Militär war, aber unter ihrer Fassade steckt eine Frau, die wir nicht nur als die harte Kämpferin sehen, sondern auch als Frau mit Bedürfnissen, unter deren harter Fassade ein wenig von dem Mädchen schlummert, das sie einst war. Denn wir haben im Buch immer noch eine Frau in der Beschützerrolle, und einen Mann, der Schutz bedarf. Vielleicht hat mir auch genau das so gut gefallen. Umgekehrte Rollen, abseits dessen, was wir als Normalität ansehen.

Tatsache ist auch mal wieder, dass uns vor Augen gehalten wird, wie wichtig es ist, miteinander in allen Situationen zu reden, da sonst Missverständnisse entstehen, die große Auswirkungen aufs Leben haben können. Doch der Mensch scheint nicht zum Reden geschaffen, und so laufen nicht nur die Missverständnisse über, sondern auch die Ereignisse, die den Lebenslauf in eine ganz andere Richtung schieben. Und all das in genau dieser Geschichte. Vertrauen, Vorverurteilungen, Unglauben, Misstrauen, Unsicherheit……. Eine explosive Mischung, nicht nur in Jugendjahren. Mir gefällt, dass man im Roman sieht, wie die eigene Vergangenheit und Ereignisse daraus einen prägen können, ja gar aus uns genau das machen, was wir im Heute sind. Denn wenn andere Dinge passiert wären, diese eine Nacht mit dem schrecklichen Ereignis nicht sowohl Dessie als auch Sam geprägt hätten, wer weiß wo beider Wege dann hingegangen wären, wo sie hingeführt worden wären? Da ist ein Grund - / Urvertrauen ineinander, das irgendwann bricht, zusammen mit der Loyalität zueinander, der gemeinsamen Nähe, aber nicht der Ernsthaftigkeit der beidseitigen Gefühle.

Man denkt die ganze Zeit es geht in eine Richtung, und am Ende kommt etwas heraus, was man so auf keinen Fall vorhergesehen hat. Und was wiederspiegelt wie schlimm bestimmte Gruppierungen sind. Trotz der Situationen der Gefahr, strahlt die Geschichte irgendwie Ruhe und eine ruhige Atmosphäre aus, die zwischendrin gespickt ist von Themen, die auf eine Unruhe lenken. Das Ganze ist eine Mischung, denn ich würde es nicht als reine Liebesgeschichte bezeichnen. Und schon gar nicht als eine der Art, die so vor sich hinplätschert. Es gibt ein Geheimnis, und die Lösung findet man erst am Ende heraus. Dabei überrascht das Buch dann auch ziemlich. Denn durch die Art von Beruf, den Dessie hat, kommen auch finstere Gestalten im Buch vor. Und wenn sie nicht vorkommen, dann werden sie zumindest erwähnt. Und das macht das Buch zum einen so realistisch, zum anderen verliert es aber dabei nicht den Geist davon, was es eigentlich sein soll: Eine Geschichte über zwei Menschen, die sich als Teenager unheimlich geliebt haben.

Toll fand ich also, dass es um aktuelle Themen wie Rassismus, Einwanderer, Anpassung, Eingliederung in die Gesellschaft, Flüchtlinge, Probleme, die manche Menschen damit haben und Gewalt gegen Frauen, geht (und das ist nur eine kleine Auswahl der Realitätsthemen, die unterschwellig angemahnt werden). Das macht das Ganze authentisch, regt zum Nachdenken an, ist tiefgehend, und man erkennt trotzdem unter allem die Liebesgeschichte der beiden Protagonisten. Auf alle Fälle ist die Geschichte anders, als man sie sich am Anfang vorstellen mag, aber nicht minder gut. Heißt… man erwartet die Liebesgeschichte so sicherlich nicht, und trotzdem berührt sie etwas in einem, gerade wegen der Aktualität, und Ernsthaftigkeit, mit der sie geschrieben wurde.

Und da es immer noch auch um Versprechen geht, die Sam und Dessie sich vielleicht in der Jugend gegeben haben, kann ich nur dieses Lied als heutiges Rezensionslied hinzufügen. Denn manchmal erinnert man sich an genau diese Versprechen aus der Jugendzeit, und man sollte in Zeiten füreinander da sein, wenn der andere Part Hilfe benötigt:

„Tell me….you'll be there in my hour of need….you won't turn me away…help me out of the life I lead.
Remember the promise you made. Remember the promise you made.“

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Veröffentlicht am 06.09.2021

„……….und es gibt nur eines, was wir dem Tod sagen: „Nicht heute“.“

April & Storm - Stärker als die Nacht
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Stärker als die Nacht – April & Storm von Karen Ashley

Die Schatten der Nächte. Sie können viel bedeuten. Zum einen Personen, die geistig und in ihrem Schatten einfach umnachtet sind. Natürlich meine ...

Stärker als die Nacht – April & Storm von Karen Ashley

Die Schatten der Nächte. Sie können viel bedeuten. Zum einen Personen, die geistig und in ihrem Schatten einfach umnachtet sind. Natürlich meine ich das aber nicht. Wir verbinden Nächte mit der Dunkelheit, die ihnen anheim ist. Das Licht als Quelle des Tages, des Lebens, der Helligkeit, auch im Leben. Doch gibt es bei Sonnenschein immer Schatten, und in der Nacht Licht, selbst, wenn es so nicht scheint. Und aus diesem Grund wurde wohl seit jeher die Nacht als böse bezeichnet, während der Tag das Gute darstellt. Tatsächlich hatte ich letztens mit jemandem eine Diskussion über „Carpe Diem“ oder „Carpe Noctem“. Denn die einen leben den Tag, und die anderen die Nacht. Doch was ist, wenn die Nacht nicht von der Tageszeit abhängt, sondern eine Beschreibung dessen ist, in welcher Lebensphase wir uns befinden? Wenn wir uns in tiefster Dunkelheit unserer eigenen Nacht befinden, selbst bei Tag, und keiner uns aus dieser tiefen Nacht herausholen kann, weil die Dunkelheit von uns Besitz ergriffen hat, und nicht weichen möchte? Es gibt Wege aus dunklen Phasen herauszukommen, und das kann man alleine, aber auch mit Hilfe von anderen Menschen schaffen. Und manche Menschen kommen trotzdem nicht aus ihrer Dunkelheit heraus, weil sie an ihnen haftet. Nächte, durch die wir uns kämpfen, können also viel bedeuten. Zum einen einfach Schlaflosigkeit oder Alpträume. Sie treten auf, wenn es uns schlecht geht, aber auch manchmal wenn es uns gar gut gehen mag, und uns unterbewusst irgendwas stört. Zum anderen natürlich Lebensphasen der Dunkelheit, durch die wir uns kämpfen müssen. Und davon gibt es manchmal wahrlich mehr als genug. Denn für jeden selbst kann seine eigene längste Nacht des Lebens ein Ereignis sein, das einen so beeinflusst, dass es einen gerne mal in die Dunkelheit zieht. Warum ich das erzähle, ist diesmal ziemlich klar. Denn wer auf den Titel des Buches schaut, wird feststellen, dass hier irgendwas stärker als die Nacht ist. Was allerdings genau die Nacht bedeutet, und was stärker ist, das sollte jeder selbst bei der Lektüre herausfinden.

Die Geschichte des Buches:

Es geht um April und Storm. April, die vor einiger Zeit aus Deutschland in die USA kam, ist dort, um einen Neuanfang nach einer Krebserkrankung zu wagen. Sowohl im privaten, als auch im beruflichen Sinne. Doch wie es immer im Leben so ist, klappt nicht alles, wie geplant. Auf einmal ist der Freund, mit dem sie in die USA kam, weg, und Aprils Mieterin und Mitbewohnerin ebenfalls. Die allerdings aus anderen Gründen und mit begrenzter Zeit. Diese muss genutzt werden, um einen neuen Mitbewohner zu finden. Immerhin sind die Mieten nicht sehr günstig, und allein schwer zu tragen. Nach einigen Vorstellungs-Fiaskos steht nun also Storm vor Aprils Tür. Er, voller äußerlicher Narben und körperlich beeinträchtigt, sie, voller innerlicher Narben, und sehr misstrauisch, ob das klappen kann. Doch nicht nur April hat Narben der Vergangenheit auf ihrer Seele, denn Storm hat sowohl diese, als auch seine äußerlichen. Und zu allem Überfluss fühlen sich beide dann auch noch zueinander hingezogen, und eine Menge Dinge passieren. Doch kann etwas gut gehen, wenn beide Teile eines Ganzen Beschädigungen aus ihrer Vergangenheit mitbringen? Auch das findet man in der Geschichte heraus.

Cover und Titel:

Das Cover gefällt mir sehr gut, weil es nicht einfach nur ein Farbcover ist, sondern auch die Silhouette der Häuser zeigt, und damit auf das Thema des Buches und der Wohnungssuche anspielt. Denn ja. Die Geschichte um April und Storm wird eine Trilogie werden, und „Stärker als die Nacht“ ist Band 1. Womit wir auch beim Titel wären, denn dieser bezieht sich auf die Nacht und das Starksein. Auf die Dunkelheit der Vergangenheit. Und was beides miteinander zu tun hat. NACH der Lektüre wird man dann auch genau wissen, was es damit auf sich hat. Aber der Titel gefällt mir, weil er sich wirklich auf den Inhalt bezieht. Sowohl auf Szenen, als auch darauf, dass man manchmal stärker als die Nacht, also als seine eigene Dunkelheit sein muss, um diese zu vertreiben.

Fazit und Gedankenallerlei:

Wie schon erwähnt, ist Stärker als die Nacht Teil 1 einer Trilogie um April und Storms Geschichte. Es wird also weitergehen. Erwähnt haben will ich es trotzdem. Schon allein deswegen, damit man einiges besser versteht, was ich hier schreibe. Am Anfang kam ich nämlich wirklich mit allem sehr gut zurecht. Mit dem Schreibstil, mit der Atmosphäre, und sogar mit der Thematik. Nur mit einer Sache nicht: Mit April! Gelegen hat das Ganze daran, dass sie, aufgrund ihrer Vergangenheit, und der Angst vor dem Kontrollverlust, und dem Ausgeliefertsein an eine Krankheit, alles total durchplant. Sie erscheint oft recht kalt, unnahbar. Für mich als Mensch, der gar nicht so ist, und mit solchen Menschen auch oft nicht klarkommt, war das recht schwierig. Sind doch die Protagonisten bei mir das Wichtigste. Ich habe April oft verstanden in ihrem Agieren, und warum sie etwas tut. Habe aber nicht verstanden, warum sie es so tut, wie sie es eben getan hat. Ihre Kühle war zusätzlich nochmal etwas, womit ich anfänglich nicht gut klarkam, weil ich Menschen mag, die Wärme ausstrahlen. Und mit einigen ihrer Äußerungen habe ich dann auch nicht übereingestimmt. Es hat also eine Weile gedauert. Aber Tatsache ist auch, dass irgendwann der Punkt kam, wo ich April so hingehend verstanden habe, wovor sie Angst hat, und warum sie nur in ihren Planungen ihr Leben in den Griff und unter ihre eigene Kontrolle bekommen will. Und um das zu kapieren hat es eine Weile gebraucht. Denn April möchte die Kontrolle über sich selbst behalten, andernfalls würde sie die Kontrolle über sich niemand geringeres überlassen als dem Tod. Und der kann ja wirklich sehr bedrohend sein. Das also gleich am Anfang, damit ihr versteht, in welchem Zwiespalt ich gesteckt habe. Diese tolle Geschichte, und April, die ich verstehe, und doch nicht verstehe. Und die Hoffnung auf die Fortsetzungen, denen ich wirklich mit Spannung entgegenblicke. Nicht nur im Hinblick auf eine Wandlung von April, sondern weil ich wirklich so neugierig zurückgelassen wurde, und unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht. Deshalb liebe April, bekommen du und Storm 4,5 Sterne, die ich aufrunde in den Buchcommunities, bei denen es keine Halbsterne gibt.

Es geht im Buch um eine Vielzahl von Themen, die alle wichtig sind uns aufgegriffen werden müssen, die aber auch belasten können, schwer zu verdauen sind, tiefgehend, oder einen einfach erstmal erschlagen können. Es geht um Tod, Krankheit, das Leben, Verantwortung für sich selbst, einen anderen Menschen, ein anderes Lebewesen, wenn man sich selbst keine Verantwortung zutraut. Um Vertrauen in sich selbst, das man hat, mal hatte, nicht mehr hat, das wiederkommt. Um Liebe Gefühle, Emotionen, und den Kopf, der einen mit seinen planungsmäßigen Gedanken einfach fern davon halten will, diese Gefühle auszuleben und sich auf sie einzulassen. Um Sicherheit geht es auch, und zwar in allen Dingen. Sicherheit, dass man nicht verlassen wird in jeder Form. Denn der Tod kann ein Verlassen bedeuten, und andere Dinge natürlich auch.

Die ganze Geschichte hat eine Spur und ein Touch von Dunkelheit, eben von jener Nacht und Dunkelheit des Menschen. Uns erwartet also im Buch keine Atmosphäre der Leichtigkeit. Und das wäre auch nicht passend zu den Thematiken, die im Buch beschrieben werden, und um die sich alles dreht. Das Buch strahlt eine gewisse Düsternis aus, eben wie die Nacht, und nicht wie das Licht des Tages, der alles erhellt mit seiner Positivität. Und trotzdem. So wie es in jeder Nacht auch schöne Augenblicke gibt, so scheinen auch durch die Düsternis und Dunkelheit einige Stellen, in denen man schmunzeln kann. Die sogar häufiger, denn es gibt Charaktere, die das Buch auflockern mit ihrer Art, und ihrer Ausstrahlung durch die Seiten hindurch. Wir finden Ansätze von Menschen, die einem nur Gutes wollen, und welche, die einem Böses wollen. Menschen, die mit verschiedenen Dingen verschieden umgehen, die zu uns stehen, wenn wir Mist bauen, und die uns verlassen, nicht nur wegen des Mistbauens, sondern weil sie einfach nur an sich denken. Und auch das ist nicht immer nur schlecht. Es geht um den Umgang mit Krankheit, und darum, dass es Menschen in unseren Leben gibt, die nur das Perfekte mit uns erleben wollen, und uns fallen lassen, wenn wir nicht mehr ganz perfekt sind, wenn wir ein wenig zerbrochen sind, und nicht mehr ganz und vollkommen. Doch hier kommt es dann auch immer darauf an, ob wir als angebrochene Wesen ganz zerbrechen, oder ob wir angebrochen weiterleben, mit dem Makel, dass wir eben angeknackst sind, und daraus Stärke beziehen. Stärker als die Nacht quasi.

Was das Buch uns nochmal bewusst macht ist unsere eigene Sterblichkeit, und die hält es uns auch in allen Facetten vor Augen in Form von Krankheiten, die überlebt werden, gefährlichen Situationen, gestorbenen Menschen, die uns immer noch im Leben begleiten, und den Orten, die für Sterblichkeit stehen, nämlich Friedhöfe (die fotografiert April nämlich gerne, und DAS kann ich verstehen). Es ist mahnend, das Leben zu genießen, und alles rauszupressen was geht, denn es könnte jeden Tag zu Ende sein. Ja, unser Leben ist endlich, und es ist ein unangenehmes Thema, worüber die meisten nie reden wollen. Doch der Tod schwebt immer mit und ist überall dabei.

Tatsächlich fiel es mir aufgrund Aprils Art etwas schwerer in die Geschichte hineinzufinden. Wieso das Ganze? Weil sie einfach so ganz anders war, als ich es bin. Planend, mit Listen, kühl, immer alles vorausschauend. Alles in allem keine schlechten Dinge möge man meinen. Trotzdem war mir das Ganze zu pedantisch. Als April sich dann später etwas fallen lassen konnte, fand ich es schön. Ich mag Menschen, die ihren Instinkten nachgehen, die sie nicht unterdrücken rein aus Kopfgründen. Deshalb hat der zweite Teil mir dann auch so sehr gefallen, dass ich ihn richtig intensiv wahrnehmen und als Leseerlebnis erleben konnte. Überhaupt: Das mit April und mir, das war ein einziges Hin und Her. Ich habe sie verstanden und doch nicht verstanden. Oder besser gesagt, anders herum. Erst habe ich sie kein bisschen verstehen und nachvollziehen können. Das hat sich später im Buch relativiert. Und trotzdem: Dieser Rest der Planung und des durch Strukturierens und Planens, war der kleine Tick zu viel, genau wie, dass sie immer die Kontrolle behalten muss, und nicht locker sein kann. Was tatsächlich nicht an der Geschichte an sich lag, sondern an meinen Vorlieben von Menschen. Denn ich bin sicher, dass April sich uns noch offenbaren wird, und dafür hat sie ja auch noch zwei Bücher bis zur Beendigung der Trilogie Zeit. Unnahbar, kalt und abweisend. Seufz. Was steckt unter Aprils Schutzschicht wirklich außer das Offensichtliche? Ich hoffe, dass ich April in den anderen Teilen noch anders erleben darf. Wärmer, offen mitfühlender (denn sie kann sehr mitfühlend sein) und ihr Mitgefühl nicht unter ihrer Unnahbarkeit versteckend. Ich habe auch mit April gehadert wegen ihrer Vorurteile gegenüber Storm, die zwar real aus ihr heraus sprechen, die ich trotzdem nicht so gut fand. Weil es beschädigte Menschen nicht gibt. Und weil man nicht über Aussehen und Narben urteilen sollte, oder sich gar davor ekeln, oder jemanden verurteilen sollte, als ob man das dürfte. Aber das hat sich später etwas gelegt, nachdem April ihre Skepsis gegenüber Storm niedergelegt hat, die sicherlich unter ihrer eigenen Unsicherheit geschlummert hat. Denn kann jemand mit eigenem Makel über jemand andren urteilen? Und kann überhaupt irgendjemand über jemand andren urteilen, ohne ihn richtig zu können, und ganz vorbehaltlos in ein Kennenlernen hineingehen? Kann man urteilen ohne die gesamte Wahrheit zu kennen? Und nun die Frage an mich: Kann ich über April urteilen, einfach so, nur, weil ich eventuell ein wenig mehr Team Storm bin? :D.

Es ist nämlich gar nicht so einfach (Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, Schatten dazwischen, Grautöne). Erst meint man, dass April die Abweisende ist, dann merkt man aber, dass Storm derjenige ist, auf dem der Fokus der Abweisung liegt. Weil er sich selbst auch erst als Freak sieht, als Teil einer Selbststrafe und Geiselung, natürlich nicht in ihrer eigentlichen Form. Das Ganze ist wie ein langsames aneinander gewöhnen, und diesmal nicht unbedingt mit Liebe gespickt. Zumindest nicht anfänglich. Denn da spürt man die Ablehnung ganz wirklich. Hier müssen sich wirklich erstmal Menschen aneinander gewöhnen, die in ihrer Einsamkeit gefangen sind, und die nun zusammen auskommen müssen.

Hier muss man sich wirklich auf mehrere Thematiken einschießen, die gar nicht so leicht verdaulich sind. Und trotzdem ist dies erst Band 1. Man kann also getrost auf viel Dramatik hoffen, und einen Verlauf, der sich nicht einfach in rosarote Wölkchen auflösen wird. Denn so einfach ist es eben meist nicht. Und das ist auch eine Stärke vom Roman und des Buches. Dass er Realität widerspiegelt, nichts beschönigt, und uns das vollkommene und ganze „Kaputte“ zeigt, das doch gar nicht kaputt ist, sondern von der Welt eventuell nur kaputt angesehen wird, in sich selbst aber vollständiger ist, als so manch oberflächlicher Perfektionismus. Aber auch die Drogenabhängigkeit, Medikamentenabhängigkeit, und Alkoholsucht wird thematisiert.

Die Zerbrechlichkeit und Vergänglichkeit von uns Menschen ist allgegenwärtig und durchzieht den Roman. Und das ist auch gut so. Mahnt es uns doch, und zeigt uns auf, dass ALLES IMMER JEDERZEIT zu Ende sein kann, und wir die Zeit bis dahin leben sollten. Und zwar richtig leben, um alles aus dem Leben herauszuholen, auch in Nächten. Die Schatten der Vergangenheit und der Nacht sind allgegenwärtig und immer da. Nicht nur in den Nächten erscheinen sie. Man muss mit ihnen laufen, oder um die Wette rennen, dass sie einen nicht einholen. Schatten aus einer Nacht, die ein altes Leben zerstört hat, und Schatten aus einer Zeit, die einem das Leben beinahe genommen hätte, um im Tode zu gipfeln. Es geht also auch darum, aus sich herauszukommen, und zu leben. Und das ist vielleicht das Geheimnis von April. Dass man sie erst anders erleben muss, um sie locker und lebendig zu erleben. Aus sich herauskommen und leben vs. Gefangensein des Todes.

Ganz komplex habe ich auch hier wieder in der Geschichte mehr gefunden, als sie als erstes von sich preisgibt. Gebrochene Menschen, die gebrochen sind, aber nicht daran zerbrechen, oder zerbrochen sind, und somit stärker als die Nacht, und sogar die eigenen Schatten.

Das heutige Rezensionslied musste ich also nehmen, weil es ganz einfach von einem Rennen mit den Schatten der Nacht handelt. Und diese nicht unbedingt für jeden dasselbe bedeuten. Es kam mir trotzdem sofort in den Kopf beim Lesen, weil es oftmals ja auch eine kalte Welt ist, in der wir leben, wenn man den ganzen Schmerz für sich selbst behält:

„You said, "Oh girl, it's a cold world, when you keep it all to yourself"
I said, "You can't hide on the inside, all the pain you've ever felt. Ransom my heart but baby don't look back, cause we got nobody else."

We're running with the shadows of the night. So baby take my hand, you'll be alright. Surrender all your dreams to me tonight. They'll come true in the end.“

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Wer zuletzt lügt, lügt am besten.

Wer zuletzt lügt
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Wer zuletzt lügt von L.E. Flynn

Lügen und die Vorenthaltung von Wahrheit sind zwei verschiedene Dinge, so könnte man zumindest meinen. Ist eine Sache besser zu ertragen, wenn sie einem einfach nicht gesagt ...

Wer zuletzt lügt von L.E. Flynn

Lügen und die Vorenthaltung von Wahrheit sind zwei verschiedene Dinge, so könnte man zumindest meinen. Ist eine Sache besser zu ertragen, wenn sie einem einfach nicht gesagt wird? Oder ist es leichter für uns, Lügen zu ertragen, wenn sie Wahrheit zu verletzend ist? Ab wann genau fängt eine Lüge an? Ich war schon immer ein Lügengegner, ABER… ist es nicht auch eine Lüge, wenn wir uns anders geben, als wir eigentlich sind? Ist es eine Lüge, wenn man mit einer kleinen Notlüge versucht jemanden etwas vorzuenthalten, von dem man wüsste, dass es ihm nach der Information sehr schlecht gehen würde? Wer sind wir überhaupt wirklich, wenn wir uns vor allen Menschen die wir kennen, anders geben, und dann bei jedem auch noch verschieden anders? Welche Version ist die richtige, und welche die Lüge? Bin ich eher schüchtern, oder spreche ich Leute direkt an? Kann ich nicht auch beides sein zu verschiedenen Zeiten? Oder muss ich immer so bleiben, wie ich einmal war, und darf mich nicht verändern? Wenn ihr euch alle diese Fragen stellt, dann habt ihr ungefähr die Thematik dieses Buches herausbekommen.

Die Geschichte, die uns am Ende sagt, wer zuletzt lügt:

Im Buch geht es um Fiona und ihr Umfeld sowie verschiedene Umstände im letzten Jahr der Highschool. Vor einem Jahr verschwand Toby, Sportler und unangefochtener „Highschoolkönig“, nach einer Party. Was erstmal für die Geschichte nicht wichtig scheint. Aber manchmal trügt der Schein. Alles ändert sich, Freundschaften zerbrechen, neue werden eingegangen. Fiona, die im Cheerleader Team der Schule ist, freundet sich plötzlich mit Trixie an, die eher eine Außenseiterin ist, jedoch trotzdem einzigartig, und die sich von anderen nicht dazwischenreden lässt. Grund dafür ist auch das Zerwürfnis zwischen Fiona und ihren beiden Freundinnen. Denn ja, da gibt es noch Beau, in den Fiona verliebt ist, der sich aber von einen Tag auf den anderen verändert, sich von ihr zurückzieht, etwas mit ihrer Freundin anfängt…… und ganz einfach der Bruder von Toby ist. Ist das eine Erklärung für den Rückzug? Steckt da mehr dahinter? Und plötzlich verschwindet auch noch Trixie, mit der Fiona nun eine richtig tiefe Freundschaft verbindet. Wie alles zusammenhängt, wer sich wie zeigt, was alles miteinander zu tun hat, das findet man nach der Lektüre heraus.

Cover:

Tatsächlich ist es für mich eines der schöneren, weil man nicht genau durchblickt, was es zu bedeuten hat, zumindest anfänglich. Zerteilte Schrift, roter Lippenstift, im Klappentext ein verschwundenes Mädchen und Lügen, und überhaupt. Zerteilt, neu zusammengefügt, nicht mehr dasselbe, Sein und Schein, wie wir uns geben, das alles ist im Cover vereint. Auch wenn man es erst nach der Lektüre erkennt.

Fazit und Gedanken zum Buch:

Vielleicht ist das Buch nicht direkt ein Psychothriller, aber sicher für eine bestimmte Altersgruppe geeignet. Und für die, die gerne Geschichten in dieser Altersgruppe lesen. Es geht nicht direkt um kriminelle Handlungen, aber dafür ist das Buch duchwoben von Lügen und ganz viel Psychologie die mitspielt. Warum Dinge getan werden, warum man Dinge tut, wie man sich fühlt, wie das eigene Selbstbild ist, wie wir anderen erscheinen, was wir für Menschen tun, wenn wir sie lieben, wenn diese uns zurücklieben, oder eben auch nicht. Wenn sie nur denken, dass sie uns lieben. Oder wenn sie einfach Jemanden an der Seite brauchen, weil sie denken, niemand sonst will mit ihnen zu tun haben. Das Selbstbild eben. Von der psychologischen Komponente kann ich also nicht klagen, denn wer mich kennt, weiß, dass ich psychologische Dinge in Büchern ziemlich liebe, weil sie mich Protagonisten besser verstehen lassen, oder eben manchmal auch gar nicht. Auf alle Fälle bergen die psychologischen Hintergründe Wissen, was es leichter macht, allgemein etwas nachzuvollziehen. Für mich steht der Roman somit unter dem großen Thema der Lüge, was sie bedeuten kann, in welchen Formen es sie gibt, warum wir lügen, warum wir verheimlichen, und dass manche Lüge nicht immer eine ist, wenn es nur Verschweigen ist. Und schlussendlich fragt man sich dann wirklich, wer im Buch die letzte Lüge ausspricht, und vor allem, was hinter dieser Lüge steckt. Gibt es eine letzte Lüge? Oh ja. Die muss man selbst herausfinden, und zwar Schicht um Schicht. Denn die Lügen offenbaren sich uns nicht sofort, sondern sind wie Kleidung, die man ablegt. Anfangs noch vollkommen dick eingepackt mit Kleidern, zieht sich die Lüge immer weiter aus, um am Ende nackt da zu stehen, und sich vor uns zu offenbaren. Wer Psychothriller erwartet, wird vielleicht nicht ganz zufrieden sein. Wer Psychospiele lesen möchte, der wird einiges mehr von der Handlung haben.

Das Ganze ist ein Strudelgemisch aus menschlichen Enttäuschungen, ungesagten und verschwiegenen Wahrheiten, gesagten Lügen, Verschweigen an sich und daran, sich an Jemandem rächen zu wollen, anderen egal zu sein, seinen Selbstwert falsch einzuschätzen, kein Selbstvertrauen in sich zu haben, sich ausnutzen zu lassen als Folge dessen, oder aus Mangel an besagtem Selbstbewusstsein alles mit sich machen zu lassen. Es spricht sozusagen von zweiten Wahlen und billigen Ersätzen. Ein Buch von Vertrauen ineinander, davon, dass es oft falsche und richtige Zeitpunkte im Leben gibt, davon, dass manchmal nicht die rechte Zeit ist, und davon, was es bedeutet, wenn wir das nicht aussprechen, was wir eigentlich wollen und nach dem wir uns sehnen. Was es für Konsequenzen haben und Dinge ins Rollen bringen kann, wenn wir unsere Wünsche ignorieren und unterdrücken. Und was es nach sich zieht, wenn wir nicht ehrlich zueinander sind. Man kennt niemanden wirklich, kann niemandem vertrauen. Diese Atmosphäre ist gut gelungen.

Besonders toll sticht für mich der Schreibstil hervor. Denn uns erwartet ein Buch das ausschließlich aus der Sicht von Fiona erzählt wird, was ich normal gar nicht so sehr mag. Trotzdem: Wir bekommen Rückblicke, Fragestellungen an sich selbst. In einigen Kapiteln richtet Fiona das Wort direkt an Trixie, ihre verlorene Freundin. Wir sind in der Gegenwart, und im nächsten Augenblick gibt es wieder einen Rückblick. Ein ganzes Kapitel, nur einzelne Sätze die an Vergangenes erinnern. Mir hat das Ganze auf alle Fälle in dieser Form gefallen, denn ich fand es tiefgründig. Und obwohl sich alles um Fiona dreht, weil nur sie spricht, muss es das wohl irgendwie tun, um eine Person zu haben, die uns durch die Lügen des Buches führt, durch die wir auch den anderen Figuren näherkommen. Jedes Kapitel fängt mit einer Überschrift an. Fiona spricht darin mit Trixie, und gibt damit eine Einführung in die Rückblicke, die dann im Kapitel folgen, die Vergangenheiten, die Verwicklungen der Jugendlichen miteinander. Durch diese Rückblicke werden die Gründe klarer, warum manche agieren, wie sie es tun. Und am Ende weiß man nicht, wem man die Schuld geben soll. Denn jeder hat gelogen, in irgendeiner Weise, mehr oder weniger, mit Worten und Taten.

An manchen Stellen war das Buch emotional fast schon zu intensiv, so dass man kurz pausieren musste und der Dinge harrte, die noch passieren würden. Denn ja, irgendwie war einem atmosphärisch die ganze Zeit klar, dass am Ende das große Ganze, das Geheimnis aller Geheimnisse, die Lüge aller Lügen kommt. Und doch war der Weg zur „Endlüge“, der letzten Lüge überhaupt, gepflastert von Lügen, die aufeinander aufgebaut waren. Lügen, die, wenn sie nicht ausgesprochen worden wären, zu einem ganz anderen Ende, und zu einer anderen Geschichte geführt hätten. Doch irgendwo zwischendrin sind alle Protagonisten falsch abgezweigt, so dass sie den Weg der Lügen gegangen sind. Ausnahmslos alle? Zumindest der große Teil. Keiner ist frei von Schuld, alle haben ein Stück dazu beigetragen, dass Dinge passieren, die eben passiert sind. Doch diese Intensität, die auch gut in ein Erwachsenenbuch gepasst hätte, hat mich gepackt. Ich kann die Dinge nicht gutheißen, die getan wurden, so als Verfechterin der Wahrheit. Ich kann gesagte Lügen nicht gut finden, und getane Dinge nicht loben. Ich kann sie gar hassen, oder verabscheuen. Und trotzdem fand ich die Intensität, dieses Intensive im Roman so gut, dass ich mit den Protagonisten gemeinsam den falsch abgezweigten Weg der Lüge gegangen bin. Wenn auch als stiller Lesebeobachter. Kann ich jemand verurteilen? Hat jemand mehr Schuld als andere? Nutzt es hier, in Schwarz und Weiß, in Schuld und Nichtschuld zu denken? Oder ist es mal wieder so, dass wir uns auch die Grautöne dazwischen anschauen sollten? Das Buch ist nicht mahnend im Sinne von „Mit dem Fingerzeig etwas verbieten“. Es macht sanft auf Missstände aufmerksam, auf Dinge, die passieren können, uns aber auch aufzeigen, wie man mit den Konsequenzen umgehen muss, wenn man zu viel lügt, zu viel vertraut, nicht miteinander redet. Und ja, das Ganze läuft wohl unter einer ganzen Menge voller toxischer Freundschaften und Beziehungen. Nochmal zum Fingerzeig: Das Buch zeigt viele Dinge, die man nicht tun sollte, viele Menschen, mit denen man sich nicht einlassen sollte, und viele Menschen, die uns durchschauen, und unsere Schwächen gegen uns ausnutzen, weil sie wissen, dass es uns besonders weh tut. Aber die Geschichte zeigt uns auch ein wenig die Reise von Fiona zu sich selbst. Weg von der Fiona die abhängig von ihrer Mutter war, abhängig von ihren Freundinnen die sie hintergangen haben, und erst recht abhängig von Trixie, Hin zu einem Mädchen das zwar alles verloren hat, aber im Verlust zu sich selbst gefunden hat, und dazu, was sie wirklich will. Dass man Dinge auch ausspricht, die man möchte und begehrt. Und das wiederum ist eine schöne Lehre aus dem Buch, gerade auch für Jugendliche. Dass man immer man selbst sein soll, und sich von Niemandem sagen lassen sollte, wie man zu sein hat. Dass man sich nicht von jedem alles gefallen lassen sollte. Dass man zu sich stehen sollte, egal wie man ist. Und dass man mehr Mut haben sollte, um dafür zu sorgen, dass man ein glücklicher Mensch wird. Es geht aber auch viel um emotionale Abhängigkeit, und dass manche Menschen einfach wissen, wie sie diese ausnutzen, das Ausnutzen von Menschen allgemein, nachdem sie sich in unser Herz geschlichen haben, um an ihre eigenen Ziele zu kommen. Und dass wir erkennen müssen: Je tiefer eine Freundschaft war, desto mehr schmerzt es, wenn diese endet. Erst recht, wenn man erkennen muss, dass die Freundschaft auf einer Lüge basiert, und man nie die Person kennengelernt hat, die in dieser Freundschaft wirklich und wahrhaftig war, beinahe so, als ob man zwei Personen in einer kennenlernen würde. Was im Buch wahnsinnig gut rüberkommt ist dieser innere menschliche Konflikt, das Aufzeigen dessen, dass eigentlich jeder sich selbst am nächsten ist, und dass es immer etwas gibt, was wichtiger ist als das, was wir für wichtig befinden, dass es immer einen Mittelpunkt gibt, um den sich unser Leben dreht, dem wir loyal beistehen, und wofür wir andere Personen vergessen. So entstehen kleine und große Lügen, um das eine zu wahren, was wichtiger ist, als alles. Und wir haben die Auswirkungen der kurzen Sekunden von falschen Entscheidungen in unserem Leben. Es geht um Angst davor sich Jemandem zu öffnen, und durchschaut zu werden. Darauffolgend dann auch darum, wie wir uns darstellen, ob wir uns vollkommen offenbaren, ob wir so sind, wie uns jemand haben will, oder ob wir gar einfach bei einer Person der Mensch sein können, der wir wirklich sind. Sich nicht zu verstecken in Form von jemand anders zu sein, oder sein zu wollen. Hinter einer Maske zu leben, die uns zu einem anderen Menschen macht, weil keiner ins wahre Innere schauen kann. Und um Menschen die in uns sehen, was wir sind.

Man muss in diesem Buch oftmals mit Dingen klarkommen, die zwischen Lüge und Wahrheit stehen, denn es gibt nicht immer die einzig wahre Wahrheit, und die lügenswerteste Lüge. Das Buch spielt in der Zwischenwelt aus Lüge und Wahrheit, in der man nicht zuordnen kann, was richtig und falsch ist, weil man das für sich selber entscheiden muss. Leute werden hintergangen und betrogen. Doch wer nun denkt, man müsse sich automatisch auf die Seite derjenigen stellen, die betrogen werden, der irrt. Denn hier hat jeder Dreck am Stecken, und keiner ist völlig unschuldig. Weil alle etwas in Kauf nehmen, bei dem sie riskieren, jemand anderem wehzutun. Mit vollem Bewusstsein und Absicht. Man empfindet Mitleid mit denen, die Böses tun, und hasst auf einmal diejenigen, die man kurz vorher noch mochte. Kurz gesagt. Das Buch ist ein Karussell aus Empfindungen und Emotionen, die einen mitreißen und mitnehmen. Das nicht nur im guten Sinne. Aber hey, ich mag Bücher, die einen emotional herausfordern. Das ist hier passiert. Ich wurde herausgefordert, wurde gezwungen Dinge zu vergeben, die für mich eigentlich nicht vergebenswert sind, und habe mich ein paar Mal zu oft in den Buchprotagonisten getäuscht. Kurzum: Die Atmosphäre des Hintergehens, des Belügens, aber auch einer eigenen Wahrheit in der Lüge, war gegeben. Und ich habe mich oftmals gefragt, ob ich einige Dinge im Buch vergeben könnte. Wohl eher nicht. So gesehen meinen vollsten Respekt an Fiona. Wie alles miteinander zusammenhängt ist wirklich gut konstruiert und oftmals befindet man sich in der Konstruktion eines Netzes voller Lügen. Doch nichts ist immer nur so wie es scheint, manchmal gibt es eine andere Wahrheit als die offensichtliche. Und dass Wahrheit und Lügen irgendwie zueinander gehören, wie zwei Seiten einer Medaille, wie Schatten und Licht, das kann man im Buch wunderbar sehen. Ebenso, dass Wahrheit auch oftmals in einer Lüge liegt, und eine Lüge oft mit etwas verwechselt wird, was man einfach verschweigt. Das Buch zeigt uns, wie es sich anfühlt, wenn man sich aus den Lügen einer Gruppe herausschält. Doch wer lügt in diesem Buch wirklich? Trixie? Fionas alte Freundinnen? Beau? Manche Dinge hängen nicht direkt mit Lügen zusammen, sondern mit moralischen Vorstellungen. Hier werden Dinge getan, die ich nicht gutheißen kann, ein Netz aus Lügen wird aufgebaut, was aber nicht mal das Schlimmste ist. Denn wenn man die Wahrheit unter Enttäuschung erkennt, dann ist das oftmals schlimmer zu ertragen, als die Lüge an sich. Hier werden viele Jugendthemen angesprochen, und das ist auch okay, handelt es sich doch um ein Jugendbuch. Trotzdem merkt man eine Entwicklung. Gerade in Fiona. Anfangs bekommen wir all ihre Unsicherheiten mit. Und mit dem Aufdecken des großen Geheimnisses des Buches, reift sie immer mehr, wird alleine erwachsen. Erwartungshaltungen von anderen werden nicht mehr erfüllt, weil sie nicht zum eigenen Selbst passen. Irgendwie ist alles und jeder miteinander verbunden, hat eine gemeinsame Geschichte, oder in ihr einen gemeinsamen Baustein, ein Puzzleteil, das zusammen das Ganze ergibt, das wir am Ende erfahren. Aber darüber kann ich euch natürlich nichts erzählen. Wer uns allerdings Dinge erzählt, das ist Fiona, denn aus ihrer Sicht hören wir die Geschichte, die Zeitebenen, die Vergangenheit, die Rückblicke, und die Gespräche mit Trixie. Die Atmosphäre im Buch war also teilweise nicht angenehm, hat mich in ihrer Spannung aber trotzdem mitgenommen. Ähnlich anderen Geschichten um Geheimnisse und Intrigen, in denen Leute Dinge tun, die man nicht gutheißen kann. Die Essenz der Lüge wird im Buch sehr interessant dargestellt, und das auf jugendliche Art und Weise. Ist ja auch ein Jugendbuch. Als Thriller würde ich es deswegen nicht einordnen, aber definitiv als spannende Geschichte, die ihre Geheimnisse hat, die gelöst werden müssen. Denn immerhin geht es um verschwundene Jugendliche. Das Buch besteht aus einer Kettenreaktion von Ereignissen, die alle auf einem Ereignis basieren, das auf Entscheidungen von Menschen basiert. Alles baut aufeinander auf, und das ist das Spannende. Es besteht aus diesen Situationen, die anders verlaufen wären, wäre nur eine Sekunde vorher eine andere Entscheidung getroffen worden.

Wir lernen einiges über Lügen und Wahrheit. Wahre und gelogene vorgespielte Gefühle. Gefühle, die nicht echt und wahrhaftig sind, sondern von denen man es nur denkt, weil man es will. Wir lernen wahre Freundschaften kennen, und was sie bedeuten, wahre Liebe und wahre Emotion. Aber all das auch in falsch. Falsche Freundschaften. Freunde, die einen ausnutzen, weil sie genau wissen, was man sagen muss. Freunde, die uns ausnutzen, weil sie uns so haben wollen, sie sie es möchten. Freunde, die uns nicht wir selbst sein lassen, und unsere eigenen Lügen, wenn wir nicht wir selbst sind, sondern so, wie andere uns haben wollen. Große Lügen, kleine Lügen, sie alle begegnen uns das ganze Buch über. Und hier muss man selbstreflektierend fragen, ob man die kleinen nicht selbst ab und an benutzt. Die viel größere Frage was das Lügen angeht ist, warum wir es tun. Für wen würden wir lügen? Und würde eine Lüge weniger schwer wiegen, wenn man FÜR jemanden lügt? Kann man hier mit zweierlei Maß messen? Genau DAS, was das Buch so schön beschreibt, ist im Titel festgelegt. Wer zuletzt lügt. Denn manchmal sieht man vor lauter Lügen im Buch die Wahrheit nicht mehr :). Und manchmal weiß man nicht mehr, wer überhaupt die Wahrheit sagt, oder mit jemand andrem ein Geheimnis teilt, das er vor anderen verbirgt.

Nicht mit allen Charakteren bin ich klargekommen, weil sie oftmals einfach von ihrem Moralverständnis nicht so ganz nah bei mir waren. ABER, und nun kommt es, das ist der Geist, der das Buch durchweht. Ich mag lügende Menschen nicht, die andere hintergehen. Doch wenn wir uns den Titel anschauen………. Hier geht es nun mal nicht anders. Die Menschen haben Geheimnisse, sie lügen andere an. Und Lügen führen zu neuen Lügen. Wegen der Charaktersache bekommt das Buch also einen halben Stern Abzug, was eine 4,5 ergibt. Wie immer runde ich hier bei den Communities auf, die keine halbe Sternvergabe haben.

Heutiges Rezensionslied? Manche lügen eben gut, und manche sehr viel schlechter:

„I wish I could escape. I don't wanna fake it. Wish I could erase it. Make your heart believe.

But I'm a bad liar, bad liar. Now you know. Now you know.
I'm a bad liar, bad liar. Now you know, you're free to go.“

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