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Veröffentlicht am 18.02.2022

Rasant mit Sogwirkung und trotzdem irgendwie gemütlich

Es muss nicht immer Labskaus sein
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Dieser Ostfriesen-Krimi ist schon der neunte einer Reihe. Ich bin auf ihn gestoßen, ohne die ersten Bücher gelesen zu haben. Das macht nichts, denn das „Reihentechnische“ besteht darin, dass es immer in ...

Dieser Ostfriesen-Krimi ist schon der neunte einer Reihe. Ich bin auf ihn gestoßen, ohne die ersten Bücher gelesen zu haben. Das macht nichts, denn das „Reihentechnische“ besteht darin, dass es immer in der gleichen Gegend spielt, und zwar in und um Neuharlingersiel in Ostfriesland, und dass die gleichen Personen darin vorkommen.

Die Haupthelden sind der Dorfpolizist Rudi, der Postbote Henner und die Grundschullehrerin Rosa. Diese drei lösen immer die Fälle. Und dann sind da noch die Leute aus dem Ort, eine eingeschworene Gemeinschaft, in der es ziemlich menschelt.

Ich mag es sehr gern, wenn in solch einer Umgebung, die sonst nur als Urlaubsgegend bekannt ist, ein Krimi spielt. Da kann ich mir sicher sein, dass es weder besonders schockierend abartig, noch zu blutig, sondern stattdessen humorvoll und idealerweise trotzdem spannend wird.

Genauso war es hier. Ich habe mich sofort mit den Leuten wohlgefühlt und war von Anfang an gefesselt, sowohl fasziniert von den handelnden Personen als auch vom spannenden und ungewöhnlichen Kriminalfall. Wo hat man denn schon einen gestrandeten Pottwal mit einem erstochenen Umweltschützer daneben?

Am Anfang sind nacheinander sehr viele Personen aufgetreten. Für Leser*innen, die bereits die anderen Teile der Reihe kennen, ist das sicher überhaupt kein Problem. Wenn man die aber nicht gelesen hat, könnte so etwas schwierig werden, wurde es für mich aber nicht. Denn der Schreibstil der Autorinnen ist derart lebendig, dass ich die Leute alle vor mir gesehen habe und mich sehr schnell mit ihnen bekanntmachen konnte. Außerdem ist hinten im Buch ein Personenverzeichnis – für Reihenneulinge mit weniger Vorstellungskraft sicher eine große Hilfe.

Neben dem lebendigen Schreibstil sind mir die „schnellen Schnitte“ aufgefallen. Ich nenne das: rasant mit Sogwirkung. Die Kapitel sind in kurze Handlungsabschnitte gegliedert. Sie springen zwischen den einzelnen Personen hin und her und zeigen, was diese erleben. Immer wenn es gerade spannend wird, geht es wieder reihum weiter, zurück zu einer Stelle, die ich vorher auch schon als Cliffhanger empfunden hatte.

So wird der Spannungsbogen besonders stark. Genau darin besteht die Sogwirkung: Ich konnte das Buch zwischendurch kaum zur Seite legen, sondern immer erst dann „verschnaufen“, wenn das Kapitel beendet war.

Das Ende und damit die Auflösung des Falls war eine Überraschung für mich. Zwischendrin hatte ich keine Ahnung, wer hinter allem stecken könnte. Damit ist dieses tolle Buch aber noch nicht zu Ende. Als Sahnehäubchen obenauf gibt es noch sämtliche Rezepte der im Laufe der Handlung zelebrierten Speisen. Labskaus ist natürlich auch dabei, überhaupt die leckere Hausmannskost von Henners „Mudder“, aber auch Rosas „Ingwershot“ und „Wunderpulver“.

Mein Fazit: Ich hatte viel Spaß, war gespannt wie ein Flitzebogen und mir lief beim Lesen manchmal das Wasser im Mund zusammen. Die ersten acht Bücher der Reihe werde ich wohl nachholen „müssen“ und ich freue mich schon auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 10.02.2022

Besser als jede Verfilmung sein kann

Der Vorleser
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Vor ein paar Jahren hatte ich den Film gesehen, der nach diesem Buch gedreht wurde. Nun fiel mir das Buch in die Hände. Es ist schon etwas älter. Obwohl ich den Film schon kannte, hat es mich gleich vom ...

Vor ein paar Jahren hatte ich den Film gesehen, der nach diesem Buch gedreht wurde. Nun fiel mir das Buch in die Hände. Es ist schon etwas älter. Obwohl ich den Film schon kannte, hat es mich gleich vom ersten Satz an gefesselt.

Meistens finde ich, dass Klappentexte den Inhalten von Büchern oftmals nicht gerecht werden. Ein Zitat aus dem Klappentext dieses Buches bringt es jedoch gelungen auf den Punkt:

„Die fast kriminalistische Erforschung einer sonderbaren Liebe und bedrängender Vergangenheit.“

Der Schreibstil des Autors hat etwas Besonderes an sich. Meistens mag ich keine langen Schilderungen von Gedanken, aber hier gefielen mir die gedanken- und gefühlvollen Darstellungen sehr gut. Bernhard Schlink hat sie in für mich optimalem Maß in die Handlung eingeflochten.

Es ist bestimmt ziemlich schwer, eine so gefühlvolle und dabei ambivalente Geschichte zu erzählen, ohne dass sie schmutzig oder kitschig wirkt. Dem Autor ist es meines Erachtens jedenfalls gelungen.

Es ist eine Art, sich mit der dunklen Vergangenheit deutscher Geschichte auseinanderzusetzen, wie ich sie bisher noch nicht erlebt hatte, einerseits recht schwermütig, andererseits wieder unterhaltsam.

Fazit: Die Verfilmung hatte mir zwar ganz gut gefallen, aber das Buch ist viel besser.

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Veröffentlicht am 04.02.2022

Helden werden von anderen gemacht

Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße
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Der Hauptheld dieses Romans, Michael Hartung, hat zunächst zwar ein Problem, aber geht recht phlegmatisch damit um. So ist er eben – ein ruhiger Zeitgenosse, der mir als Leserin von Anfang an sympathisch ...

Der Hauptheld dieses Romans, Michael Hartung, hat zunächst zwar ein Problem, aber geht recht phlegmatisch damit um. So ist er eben – ein ruhiger Zeitgenosse, der mir als Leserin von Anfang an sympathisch ist.

Michael Hartung hat ein finanzielles Problem, das existenziell zu werden droht. Aber anstelle sich darüber aufzuregen oder sich irgendetwas zu überlegen, sucht er einfach einen alten Film aus und lenkt sich damit ab. Irgendwie sieht er sich als Technologieverlierer – kein Wunder als Inhaber einer Videothek in Zeiten von Streaming-Diensten.

Als dann ein Reporter bei ihm auftaucht, weil der nach Durchforsten alter Stasi-Akten Michael Hartung als Helden sieht, der 1983 einen S-Bahn-Zug vom Bahnhof Friedrichstraße in den Westen umgeleitet und damit 127 Menschen zur Flucht aus der DDR verholfen haben soll, nimmt eine sehr witzige Geschichte voller Hochstapelei und Flunkerei ihren Lauf. In der Tat hatte Michael Hartung durch eine Verkettung unglücklicher – oder glücklicher? – Umstände einen Anteil daran, jedoch war das ein Zufall.

Die Sache wird natürlich, je weiter sie voranschreitet, immer verzwickter und spannender. Das Buch ist recht witzig geschrieben und ich empfand es als Wohlfühllektüre. Der Autor versteht es, interessante lebensechte Charaktere zu entwickeln. Das liegt wohl an seinem lebendigen Schreibstil, der sich den einzelnen Personen anpasst. Ich habe jede Szene wie einen Film vor mir sehen können, dabei mit den handelnden Personen empfunden und alles sehr genossen.

Es war von Anfang bis Ende spannend und ich konnte mich in fast alle „Mitspieler“ hineinversetzen. Für mich war alles besonders gut vorstellbar, weil ich die meisten Orte der Handlung kenne. Aber ich denke, dass das nur ein kleiner Zusatzeffekt ist. Für Ortsfremde ist diese Lektüre bestimmt genauso unterhaltsam.

Aus diesem Roman kann man eines lernen: Historische Darstellungen sind oftmals verfremdet. Wie so etwas funktionieren kann, sieht man an dieser fiktiven Geschichte. Das ist aber nicht so schlimm, wenn es allen in den Kram passt. So werden Helden oftmals erst von anderen gemacht.

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Veröffentlicht am 30.01.2022

Intelligenter Agenten-Thriller vom Feinsten

Dreifach
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In „Dreifach“ geht es um einen spektakulären Uran-Diebstahl. Die Geschichte spielt 1968. Israel möchte auch Atombomben haben. Das Know-how dazu ist vorhanden, nur fehlt es an Uran. Das soll Nat Dickstein, ...

In „Dreifach“ geht es um einen spektakulären Uran-Diebstahl. Die Geschichte spielt 1968. Israel möchte auch Atombomben haben. Das Know-how dazu ist vorhanden, nur fehlt es an Uran. Das soll Nat Dickstein, Agent des israelischen Geheimdienstes, beschaffen – genauer gesagt stehlen. Das soll so ablaufen, dass niemand dahinterkommt, woher die Israelis das Uran für ihre Bomben haben. Es geht hier um eine große Menge Uran. Ein schier unlösbares Unterfangen, wenn man bedenkt, dass Urantransporte international überwacht und protokolliert werden.

Dieser Roman ist ein Thriller vom Feinsten. Zuerst werden die drei Hauptpersonen, die später zu Gegenspielern werden, vorgestellt. Das passiert in einer Rückblende vor zwanzig Jahren. Es sind Nat Dickstein – Jude, Yassif Hassan – Araber und David Rostow – Russe. Sie haben alle in Oxford studiert und treffen sich bei ihrem Professor.

Danach geht es ans Eingemachte. Die Perspektive wechselt zwischen den Seiten. Andere Agenten spielen mit, auch Doppelagenten, Chefs der Geheimdienste. Es geht hin und her. Mal kooperieren sie, mal legen sie sich gegenseitig herein – wie es sich für einen Agententhriller gehört. Zum Ende hin wird es ziemlich blutig, aber das war bei diesem Roman abzusehen.

Wir erleben, wie Nat Dickstein vorgeht, zunächst um eine Lösungsidee für den Urandiebstahl zu finden. Der Leser begleitet ihn bei jedem Schritt, kann ihm manchmal „in den Kopf“ schauen. Trotzdem ist es mir nicht gelungen, seinen gesamten Plan gleich von Anfang an zu verstehen. Es ist eine verdammt komplizierte Kiste, über die man nachdenken muss. Aber das macht den Roman reizvoll, neben vielen anderen Dingen.

Die anderen Agenten sind auch nicht untätig, kommen Dickstein auf die Spur, wenn auch nur teilweise, und versuchen natürlich, das Ganze zu vereiteln. Jeder hat dabei seine politischen als auch persönlichen Ziele. Dann greift noch ganz überraschend eine weitere „Macht“ ins Geschehen ein.

Am Ende ist für mich kaum eine Frage offen geblieben. Zweifelsohne – ein genialer Plan, aber auch Chapeau vor den Gegenspielern! Obwohl ich das alles moralisch natürlich nicht vertreten kann – und hier schließe ich keine der handelnden Parteien aus. Es gibt meiner Ansicht nach hier keine „Guten“.

Es gibt nur eine Stelle bzw. eine Person, in dem Buch, deren Handeln ich an einer bestimmten Stelle nicht hundertprozentig nachvollziehen konnte. Aber das hat mein Lesevergnügen nicht geschmälert, sondern ist eher Geschmackssache.

Dieses Buch ist unheimlich fesselnd geschrieben und äußerst intelligent konstruiert. Der Autor muss akribisch recherchiert haben, sowohl in Geheimdienstbelangen als auch technischen Dingen, wie Schiffsmechanik. Das hat mich sehr beeindruckt und fasziniert. Nebenbei habe ich eine Menge gelernt und weil mein Interesse geweckt wurde, einiges dazu nachgeschlagen.

Am Ende des Romans im Nachtrag wird eine echte Meldung aus dem „Daily Telegraph“ vom 7. Mai 1977 abgedruckt, die eine Äußerung über den Verdacht eines Urandiebstahls durch Israel enthält. Ken Follett hat den Roman offenbar auf Grundlage dieser Meldung geschrieben, indem er sich die Frage gestellt hat: Wie hätte das abgelaufen sein können?

Es kamen viele Personen in diesem Buch vor, aber sie wurden nach und nach recht anschaulich eingeführt. So war das für mich in einem vertretbaren Rahmen. In dieser Art von Geschichte wäre es meiner Meinung nach anders kaum möglich gewesen.

Kurz gesagt: Sehr spannend und interessant, überaus geschickt und intelligent konzipiert. Habe eine Menge nebenbei gelernt und konnte das Buch zum Ende hin gar nicht mehr aus der Hand legen.

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Veröffentlicht am 25.01.2022

Schöne Idee, aber langweilig umgesetzt

Spielbuch-Abenteuer Weltgeschichte 02 - Die spanische Armada
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Ich mag Spielbücher und war erfreut, in diesem Buch eines mit historischem Bezug zu finden. Die Idee „Spanische Armada“ klingt vielversprechend, jedoch bin ich von der Umsetzung etwas enttäuscht.

Zunächst ...

Ich mag Spielbücher und war erfreut, in diesem Buch eines mit historischem Bezug zu finden. Die Idee „Spanische Armada“ klingt vielversprechend, jedoch bin ich von der Umsetzung etwas enttäuscht.

Zunächst einmal gefiel es mir, dass hier die Zufallskomponente durch einfache Spielwürfel abgebildet wird. So muss man nicht immer zu einer Zufallstabelle blättern. Die gibt es nur für den Fall, dass man keine Würfel hat.

Als ich dann über die verschiedenen Fertigkeiten gelesen habe und dass man dafür Fähigkeitspunkte vergeben soll, insgesamt 50 Punkte auf 7 Fertigkeiten verteilt – jeweils zwischen 2 und 12 –, war ich ebenfalls erfreut.

Allerdings stellte ich beim Spielen schnell fest, dass man einige davon kaum braucht, während andere unabdingbar sind. Zum Teil kann man sich das vorher aus gesundem Menschenverstand zusammenreimen, zum Teil jedoch leider nicht.

Stärke sollte möglichst hoch gewählt werden, also 11 oder 12, weil davon die Lebenspunkte abhängen. Maximum sind 6 Lebenspunkte. Es gibt immer aufgerundet halb so viele Lebenspunkte wie Stärkepunkte.

Ich habe das Buch zweimal gespielt und zwar beide Male als Engländer. Beim ersten Mal bin ich schnell am Würfelpech gescheitert, beim zweiten Mal bin ich durchgekommen. Allerdings fand ich es zwischendurch langweilig, weshalb ich keine Lust hatte, die andere Variante, ein Spiel als Spanier, auch noch auszuprobieren.

An vielen Stellen gibt es Entscheidungen derart: Machst du mit oder schonst du dich? Kämpfe werden ausgewürfelt, immer abwechselnd für mich und für den Gegner. Je nach Stärkepunkten sind die Wahrscheinlichkeiten für Treffer unterschiedlich.

Es gibt wohl keinen Weg, der vom Zufall unabhängig ist und stattdessen allein von richtigen Entscheidungen abhängt. Außer ab und zu mal würfeln, mit dem Schiff von A nach B fahren und auf andere treffen und kämpfen, gibt es nichts. Keine besonderen Gegenstände und keine Knobelaufgaben.

Manche Illustrationen im Buch wiederholen sich. Das ganze Buch macht mir den Eindruck, als sei es schnell zusammengeschustert worden.

Dass die historischen Hintergründe am Anfang noch erklärt werden, ist ganz nett, aber ziemlich trocken.

Mein Fazit: Schöne Idee, aber langweilig umgesetzt.

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