Profilbild von pfalzir

pfalzir

Lesejury Star
offline

pfalzir ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit pfalzir über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.02.2020

Unfreiwillig in Venedig

Der freie Hund
0

Commissario Antonio Morello hat sich auf Sizilien durch Ermittlungen und Verhaftungen die Mafia zum Feind gemacht. Er steht auf deren Todesliste und sein Chef will ihn durch eine Versetzung nach Venedig ...

Commissario Antonio Morello hat sich auf Sizilien durch Ermittlungen und Verhaftungen die Mafia zum Feind gemacht. Er steht auf deren Todesliste und sein Chef will ihn durch eine Versetzung nach Venedig in Sicherheit bringen. Morello ist fassungslos über diese Versetzung, denn er liebt Sizilien und seine Arbeit dort. Nur widerwillig macht er sich am ersten Tag auf seinen Weg zum Arbeitsplatz. Bei jedem Blick und jedem Eindruck, der beschrieben wird merkt man dass ihn alles an Venedig nervt. Das Enge und Morbide, die stinkenden Kanäle, die Menschenmassen und die monströsen Kreuzfahrtschiffe, die sich durch die Lagune schieben.

Im Kommissariat ist man wenig begeistert, einen Süditaliener als neuen Chef akzeptieren zu müssen. Schon am nächsten Tag gibt es einen Mordfall und Morello macht sich mit seinem Team, das ihm noch so wenig vertraut ist, an die Ermittlungen. Es gab einen Aspekt, der mich ziemlich genervt hat: Nämlich solche Vorgesetzte, die es den Ermittlern unnötig schwer machen oder gar von guter Polizeiarbeit abhalten, die die Fälle immer schnell gelöst haben wollen und nur auf die Außenwirkung bei Pressekonferenzen oder in der Zeitung bzw. TV ausgerichtet sind. Gerade bei einem Venedigkrimi hätte ich wg. der Ähnlichkeit zu der wirklich bekannten Brunettireihe den Questore so nicht besetzt. Ich lese viele Krimis und wundere mich, dass es Autoren nicht merken, dass dieser Typus viel zu oft hergenommen wird.

Die Einführung eines Sizilianers als Commissario in Venedig ist gut gelungen. Die beiden Autoren haben sich Zeit für die Ausarbeitung der Charaktere genommen. Dies finde ich sehr wichtig für die Weiterentwicklung einer guten Krimiserie. Morello hat ein Team das weiterhin Reibereien aber auch gute Ermittlungsarbeit verspricht und wird mit ihnen weitere Verbrechen in der Lagunenstadt aufklären können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 05.02.2020

Eine schwere Aufgabe

Meine Mutter, das Alter und ich
0

Frau Jungwirth erzählt in vielen Episoden von ihren Bemühungen, sich um ihre 85-jährige Mutter zu kümmern, die an einer Autoimmunerkrankung leidet und nach und nach ihre Unabhängigkeit verliert.

Aber ...

Frau Jungwirth erzählt in vielen Episoden von ihren Bemühungen, sich um ihre 85-jährige Mutter zu kümmern, die an einer Autoimmunerkrankung leidet und nach und nach ihre Unabhängigkeit verliert.

Aber die Mutter macht es ihr mit ihren hohen Ansprüchen und ihrer Egozentrik wirklich schwer. Sie ist jammernd und manipulierend und nimmt keinerlei Rücksicht darauf, was sie alles von ihrer Tochter fordert. Auch der Sohn und die Enkelkinder übernehmen (kleinere) Anteile der Betreuung. Diese nimmt die Mutter an, doch später beschwert sie sich bitterlich bei der Tochter, wie wenig Aufmerksamkeit ihr zugute kommt. So kann selbst der Leser nicht wirklich Verständnis oder Sympathie für die Mutter aufbringen.

Ich ertappte mich dabei, dass ich der Autorin beim Lesen gerne Vorschläge machen wollte, wie sie reagieren oder dass sie mehr ihre eigenen Bedürfnisse berücksichtigen sollte. Aber eben diese Ratschläge nützen in dieser Situation überhaupt nichts, es gibt wohl keinerlei Tipps oder Anleitungen, wie man es leichter bewältigen könnte. Die meisten der Leser werden zu dieser Lektüre gegriffen haben, weil sie eine solche Situation kennen oder sich gerade darin befinden. Es wird klar, dass es viele solcher Fälle gibt und doch ist jeder einzelne anders.

Durch die kurzen Kapitel liest sich das Buch sehr flüssig. Es wird gut vermittelt, wie sehr die Tochter mit dieser Aufgabe hadert. Die eigene Überforderung, neben der Familie und einem kranken Hund auch die Verantwortung für die Mutter zu haben und zum anderen die Traurigkeit beim Anblick der Mutter, die man viel lieber eigenständig und unabhängig erleben würde.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.01.2020

laughing out loud

Im Netz des Lemming
0

Als erstes hat mich bei diesem Buch der Humor gepackt. Gleich die erste Szene als der "Lemming", Leopold Wallisch seiner Frau Klara verkündet, der neue Freund seines Sohnes Ben heißt Loll. Er weiß das ...

Als erstes hat mich bei diesem Buch der Humor gepackt. Gleich die erste Szene als der "Lemming", Leopold Wallisch seiner Frau Klara verkündet, der neue Freund seines Sohnes Ben heißt Loll. Er weiß das daher, da beide Jungs zu seiner Frage nach dem Freund einige Kurzsätze von sich gegeben hatten, die alle auf lol endeten. Klara hat herzlich darüber gelacht und so ging es mir auch: lol - laughing out loud.

Gleich nach dem humorigen Einstieg geht es allerdings sehr traurig und depressiv weiter. Dieser Freund, Mario macht sich auf den Heimweg und der Lemming sitzt mit ihm in der gleichen Straßenbahn. Nach einigen verstörenden Nachrichten auf Marios Handy flüchtet dieser aus der Bahn und stürzt sich von einer Brücke in den Tod. Lemmings Versuch, den Jungen noch davon abzuhalten macht ihn nach Augenzeugenaussagen selbst zum möglichen Täter und ganz schnell Opfer medialer Hassnachrichten, sowohl online als auch bei den Printmedien.

Bei der Polizei hat der Lemming einen langjährigen Freund, Polivka. Diesem wird schnell vorgeworfen, seinen Freund zu schützen und die Polizeiarbeit zu behindern. Er wirft den Job hin und macht sich zusammen mit dem Lemming auf eigene Faust ans Ermitteln. Wir verfolgen diese Altherrenfreundschaft (obwohl, so alt sind die beiden wohl noch gar nicht) quer durch Wien, immer einer heißen Spur dieses Cyber Mobbings auf der Spur.

Ich hatte bisher weder von der Lemming-Reihe noch vom Autor Stefan Slupetzky gehört. Dieser Leopold Wallisch war mir von Anfang an sehr sympathisch. An vielen Stellen habe ich mich sehr über den Sprachwitz amüsiert. Es gab so viele feine Anspielungen, subtile Sticheleien, dass ich keines einzeln benennen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 04.01.2020

hat mich tief berührt

Laufen
0

Ich war von Anfang an gefesselt von diesem Schreibstil: ein atemloser Monolog einer Frau, die uns auf die ersten Schritte ihres Laufes mitnimmt. Wir merken schnell, dass es ihr richtig schlecht geht.

Sie ...

Ich war von Anfang an gefesselt von diesem Schreibstil: ein atemloser Monolog einer Frau, die uns auf die ersten Schritte ihres Laufes mitnimmt. Wir merken schnell, dass es ihr richtig schlecht geht.

Sie befindet sich in einem Zustand von Trauer, Wut, Verzweiflung und Schuldzuweisungen nachdem sich ihr Lebensgefährte das Leben genommen hat. Getaktet durch den Rhythmus des Laufens erzählt sie uns immer weitere Episoden aus dem Zusammenleben mit ihrem Freund, wie die Depression die Leichtigkeit und die Schönheit ihrer Beziehung weggenommen hat. Schlimm war es mit anzuhören, wie feindseelig und und unfreundlich sich dessen Eltern ihr gegenüber verhalten haben. Wie sie alle seine Habseligkeiten aus der gemeinsamen Wohnung geschleppt haben und ihre Rolle als „Witwe“ gar nicht erkannt haben; „Ihr wart ja nicht verheiratet“.

Beim Lesen war ich echt froh, dass ich nicht selbst in solchen Gefühlen und schlimmen Erlebnissen stecke. Vielleicht ist es möglich, dass dieses Buch einem guttut, wenn es einem genau so schlecht geht. Aber es kann sicher auch sein, dass man es dann nicht aushält. Tröstlich war, dass sich diese Geschichte ganz leise und langsam doch zum Positiven entwickelt.

Ein wirklich schwieriges Thema, das mir trotzdem gut gefallen hat. Ich habe großen Respekt, wie Isabel Bogdan diese Gefühle, diese Hilflosigkeit in Worte gefasst hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.12.2019

bin begeistert

Abenteuer Geschmack!
0

Mit dem Titel "Abenteuer Geschmack!" erwartet man den Schwerpunkt dieses Buches eindeutig auf dem Geschmack. Aber sobald man das Buch in Händen hält, ist man überwältigt von der Optik! Das Buch macht echt ...

Mit dem Titel "Abenteuer Geschmack!" erwartet man den Schwerpunkt dieses Buches eindeutig auf dem Geschmack. Aber sobald man das Buch in Händen hält, ist man überwältigt von der Optik! Das Buch macht echt was her: wie es sich anfühlt, das Cover, die tollen Fotos! Ein Augenschmaus.

Es ist mehr als ein Kochbuch mit Rezepten. Hier wird sehr viel Wissen vermittelt. Anhand vieler Beispiele wird Schmecken beschrieben. Da wir alle beispielsweise den Geschmack von Kartoffeln kennen ist es gut nachvollziehbar, wie dieser vertraute Geschmack variiert werden kann. Es werden hier viele Gemüse präsentiert und Variationen durchgespielt. Da ich alle Gemüse mag, ist dies ganz nach meinem Geschmack.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere