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Veröffentlicht am 26.10.2023

Begegnungen

Gute Nacht, Tokio
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Tokio, eine Millionenstadt, Nachttaxifahrer Matsui ist hier mit seinem nachtblauen Auto unterwegs und chauffiert die verschiedensten Fahrgäste. Wer sind diese Menschen, die Nachts um eins unterwegs sind? ...

Tokio, eine Millionenstadt, Nachttaxifahrer Matsui ist hier mit seinem nachtblauen Auto unterwegs und chauffiert die verschiedensten Fahrgäste. Wer sind diese Menschen, die Nachts um eins unterwegs sind? Da ist die Requisiteurin vom Film, die bis zum nächsten Morgen die merkwürdigsten Sachen für ein Filmset auftreiben muss und dabei eine Obstdiebin kennenlernt, die bei der Telefonseelsorge arbeitet. Der Meisterdetektiv, der seinem Vater nachspürt in dem er dessen alte Filme anschaut, oder der nachtaktive Händler in seinem Laden für kaputtes Werkzeug.

Japanische Literatur ist noch nicht allzu lange Bestandteil meiner Lesehistorie, aber in den letzten Monaten habe ich hier einige gute Bücher lesen dürfen. Von der Beschreibung zu "Gute Nacht, Tokio" habe ich mich direkt angesprochen gefühlt, verschiedene Personen, deren Wege sich kreuzen, die für wenige Augenblicke, oder auch für länger ihre Träume und Wünsche miteinander teilen. Die Figuren in diesem recht kurzen Episodenroman sind alle irgendwie speziell, sie sind Außenseiter, oft einsam, desillusioniert, haben ihre früheren Träume und Ziele aufgegeben. Fast immer sind sie auf der Suche nach etwas, ohne das unbedingt immer benennen zu können.

Der Autor führt diese Figuren auf etwas verschlungenen Pfaden zueinander. Sehr ruhig und warmherzig erzählt er ihre Geschichten, oft entbehren diese nicht einer gewissen Skurrilität. Der Schreibstil ist nicht immer ganz einfach, was allerdings auch der Übersetzung geschuldet sein kann. Die verschiedenen Episoden springen in der Zeit und zwischen den Figuren, so dass es manchmal kurz stockt, weil man erstmal wieder den Anschluss finden muss. Die fremd klingenden Namen machen es dabei auch nicht unbedingt einfach.

Es ist sehr schön zu lesen, wie der Autor die einzelnen Personen und ihre Geschichten miteinander verbindet, wie sich ihre Wege kreuzen und sie sich dadurch entwickeln, verändern und zum Teil sogar ihr Leben verändern, aus anfangs unzusammengehörenden Einzelteilen wird ein Ganzes, dass sich dem Leser erst zum Ende des Buches erschliesst. Alles steht letztlich miteinander in Verbindung.

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Veröffentlicht am 26.10.2023

Erinnerungen

Memoria
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Harriet ist unterwegs zu einem Auftrag, als auf Grund eines Waldbrandes ihr Zug gestoppt wird. Während der Wartezeit wird sie zur Retterin einer älteren Dame, die vom Feuer in ihrem Haus eingeschlossen ...

Harriet ist unterwegs zu einem Auftrag, als auf Grund eines Waldbrandes ihr Zug gestoppt wird. Während der Wartezeit wird sie zur Retterin einer älteren Dame, die vom Feuer in ihrem Haus eingeschlossen wird. Nach der Rettungsaktion steht Harriet völlig neben sich, ist sie doch ohne zu Zögern ins Auto gesprungen und ins Krankenhaus gerast und das, obwohl sie noch nie in ihrem Leben Auto gefahren ist.

Das Buch spielt in einer nicht allzu fernen, eher dystopischen Zukunft. Die Menschen haben es offensichtlich nicht geschafft den Klimawandel abzuwenden und leben in einer sehr gespaltenen Gesellschaft. Gut bezahlte Jobs sind ebenso schwer zu finden, wie bezahlbarer Wohnraum und so hausen Viele in verlassenen Bürotürmen, unter unzumutbaren und trostlosen Verhältnissen. Allein dieses Setting macht das Buch schon interessant.

Hauptfigur Harriet wirkt auf den Leser wie jemand, der sich mit der Situation arrangiert hat. Aus gut situierten Verhältnissen stammend hat ein Schicksalsschlag dafür gesorgt, dass ihr Leben in eine andere, als die ihr vorbestimmte Richtung verlaufen ist. Sie ist nicht unbedingt eine Figur, die man direkt ins Herz schließt, der man sich aber im Verlauf der Geschichte immer mehr annähert.

Mit der oben schon angedeuteten Rettungaktion, rutscht man, ebenso wie die Hauptfigur, langsam, aber unaufhörlich in den Bann der Geschicht. Bei Harriet werden durch die Begegnung mit der Unbekannten merkwürdige Erinnerungen ausgelöst, Erinnerungen, die nicht in Harriets bisheriges Leben passen, die aber den Drang auslösen, ihnen auf den Grund zu gehen. Es beginnt eine Reise in ihre Vergangenheit, während derer man Zeuge einiger traumatischer Enthüllungen wird. Bruchstückhaft werden vergangene Ereignisse offengelegt. Da man immer nur Schnipsel erhält, ist man ständig dabei die Geschehnisse umzukonstruieren. Was in dem einen Kapitel als "Wahrheit" angenommen wird, kann im Nächsten schon wieder völlig falsch sein. Die Geschichte ist ständig in Bewegung, springt von Situation zu Situation und ist dabei durch die permanente, unbekannte Bedrohung auch noch sehr spannend.

Wie auch schon bei anderen Krimis/Thrillern in denen die Hauptfigur an Erinnerungslücken, oder auch Amnesie leidet, weiß man als Leser hier nie, was wahr und was falsch ist. Die Geschichte muss ständig neu bewertet und überdacht werden und natürlich kommt es trotzdem am Ende vollkommen anders als erwartet. Die Autorin schafft es aber sehr gut die losen Fäden zusammenzuführen und stimmig miteinander zu verbinden. Ihre recht unaufgeregt Art zu schreiben, dabei aber eine unglaubliche Spannung zu erzeugen hat mich direkt gefesselt und ich habe die 280 Seiten an einem Nachmittag weggelesen.

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Veröffentlicht am 26.10.2023

Heftig

Rotkäppchen lügt
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Nora Rothmann hat einen Job, für den sie meist ziemlich gehasst wird, ermittelt sie doch in ihrer Abteilung beim LKA Berlin in den eigenen Reihen, gegen die eigenen Kollegen. Aktuell geht es sogar gegen ...

Nora Rothmann hat einen Job, für den sie meist ziemlich gehasst wird, ermittelt sie doch in ihrer Abteilung beim LKA Berlin in den eigenen Reihen, gegen die eigenen Kollegen. Aktuell geht es sogar gegen den äußerst beliebten pensionierten LKA Präsidenten, denn dieser soll unberechtigt auf Ermittlungen zugegriffen haben und diese möglicherweise beeinflusst haben. Noras Ermittlungen nehmen eine unerwartete Wendung und plötzlich findet sich die Kriminalbeamtin mitten in ihrem persönlichen Alptraum.

Mit "Rotkäppchen Lügt" legt Elias Haller den ersten Band seiner als Trilogie geplanten Reihe um die Figur Nora Rothmann vor. Wer den Autor kenn, weiß von seiner Vorliebe für spezielle Ermittlerfiguren und auch hier schafft er wieder eine solche. Nora ist sehr integer, unbestechlich und hart in ihrem Job, was sie zur eher unbeliebten Einzelgängerin macht, ihre Figur ist eine von denen, die sich irgendwie immer für den schwierigen Weg entscheiden um ans Ziel zu kommen. Als Grund für ihr Härte werden ihre traumatischen Kindheitserlebnisse genannt, die dann auch eine wichtige Rolle im Buch spielen. Leider agiert sie, aus Sicht des Lesers, mehr als einmal vollkommen unlogisch, aber gerade dieses Verhalten ist es letztlich das die Story vorantreibt.

Wie der Titel des Buches erahnen lässt spielen Märchen eine wichtige Rolle. Der Täter, der sich bezeichnenderweise selber in der Rolle des Wolfes sieht, lässt sich bei seinen Mordszenerien von ihnen inspirieren, allerdings interpretiert er sie vollkommen anders, als der Leser sie kennt. Bei den Beschreibungen dieser Szenarien ist der Autor in die Vollen gegangen, seine Beschreibungen sind detailliert, brutal, blutig, möglicherweise verstörend und sicher nichts für schwache Nerven. Thriller-Neulingen würde ich nicht unbedingt zu diesem Buch raten, gerade da auch Kinder in das Geschehen involviert sind. Wer den Autor also nicht kennt, sollte vielleicht eher mit einem anderen seiner zahlreichen Bücher beginnen, obwohl auch die meist schon von der härteren Sorte sind.

Ich bin bekennender Fan von Elias Haller, seine neue Ermittlerfigur ist mir sympathisch und ich möchte natürlich erfahren, wie es mit ihr im zweiten Teil weitergeht, nicht zuletzt durch die Andeutungen über ihre Vergangenheit.

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Veröffentlicht am 22.10.2023

Späte Rache

Taubenschlag
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Als es darum geht die länderübergreifende Polizeiarbeit zu stärken erinnert sich Rudi Lehmanns Vorgesetzter an die Zusammenarbeit des Flensburger Kommissars mit Lykke Teit von der dänischen Polizei aus ...

Als es darum geht die länderübergreifende Polizeiarbeit zu stärken erinnert sich Rudi Lehmanns Vorgesetzter an die Zusammenarbeit des Flensburger Kommissars mit Lykke Teit von der dänischen Polizei aus Kopenhagen. Ein Fall, bei dem der deutsche Ermittler Hilfe gebrauchen kann ist leider schnell gefunden, geht doch anscheinend ein Serienmörder in Norddeutschland um und ermordet alte, alleinstehende Personen in ihren Sesseln und legt ihnen eine tote Taube in den Schoß.

Für Teit und Lehmann ist es, nach "Gezeitenmord", die zweite Zusammenarbeit. Man kann das Buch allerdings auch gut separat lesen, die Geschichte baut zwar auf der im ersten Teil beginnenden Freundschaft der ungleichen Ermittler auf, ist aber in sich abgeschlossen. Natürlich ist es schön, wenn man gerade zu Lykkes Vergangenheit Vorkenntnisse hat, es wird aber auch im Verlauf des Buches in genau der richtigen Dosis darauf eingegangen. Wer den ersten Band noch nicht kennt, wird ihn nach dieser Lektüre sicher auf die Leseliste setzen.

Dennis Jürgensen hat ein sehr ungleiches Paar geschaffen, nicht nur vom Altersunterschied her. Die beiden überaus sympatischen Figuren passen aber super zusammen und ergänzen sich. Die Art und Weise wie sie miteinander interagieren entlockt dem Leser mehr als einmal ein Schmunzeln innerhalb dieser Geschichte mit sehr traurigem Hintergrund.

Der Autor webt in seine Geschichte Ereignisse aus der nicht allzu lang zurückliegenden deutsch - deutschen Vergangenheit ein. Ereignisse, wie sie sich durchaus so, oder so ähnlich damals abgespielt haben könnten, familiäre Dramen inklusive. Die Geschichte wird nachvollziebar erzählt. Von den Morden abgesehen geschieht dies recht unspektakulär und ruhig, was der Spannung aber keinen Abbruch tut. Wilde Verfolgungsjagden und Schießereien fehlen, dafür gibt es tiefe Einblicke in das Seelenleben der Protagonisten.

Wie auch beim Vorgänger bin ich schnell in die Geschichte hineingekommen, der Schreibstil des Autors macht es einem leicht und durch die ständige unterschwellige Spannung wird man regelrecht zum Weiterlesen gezwungen. Für mich war das Wiedersehen mit Teit und Lehmann fast wie ein Treffen mit guten alten Bekannten. Das Buch ist ideal für Krimileser, die nicht so auf die harte Gangart stehen.

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Veröffentlicht am 19.10.2023

Kampf gegen dunkle Mächte

Der Basilisken-Thron
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Bracke lebt recht unbeschwert in den Wäldern seiner "Großmutter", bis eines Tages Fremde auftauchen denen er als Führer dienen soll. Weit entfernt führt die juge Chrysanthe ein behütetes Leben, während ...

Bracke lebt recht unbeschwert in den Wäldern seiner "Großmutter", bis eines Tages Fremde auftauchen denen er als Führer dienen soll. Weit entfernt führt die juge Chrysanthe ein behütetes Leben, während ihr Vater, Admiral in der kaiserlichen Flotte, vor schweren Entscheidungen steht. Das Leben von Ammolit hingegen ist alles andere als behütet, wurde sie doch als Kind an einen Magier verkauft, der sie nun für seine Zwecke benutzt.

In "Der Basilisken-Thron" schafft der Autor auf etwas über 500 Seiten eine sehr komplexe Welt, zur näheren Erläuterung findet sich vorn und hinten im Einband eine Karte. Dem aufmerksamen Beobachter wird auffallen, dass es hier auffällige Ähnlichkeiten zu unserer Weltkarte gibt. Auch bei der Beschreibung zur Entstehung der verschiedenen Reiche kamen mir Ereignisse aus der Geschichte Europas in den Sinn, die zu den Dunkelsten der jüngeren Vergangenheit zählen. Vieles erinnert an den zweiten Weltkrieg, den Zusammenschluß der Alliierten, der letztlich zum Sieg über das faschistische Deutschland geführt hat und an die anschließende Aufteilung der eroberten Gebiete. Natürlich kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, dass das tatsächlich die Intention des Autors war, oder ob ich da etwas hineininterpretiere. Hier wurden die Feind allerdings nicht vollständig eliminiert, die Drehhu wurden in ihre Heimat zurückgedrängt und sind von hier aus weiterhin eine Bedrohung.

So wie ich hier Ähnlichkeiten zu erkennen glaube, so ist es auch in vielen anderen Bestandteilen der Geschichte. Wer viel im Fantasygenre unterwegs ist wird sicherlich Parallelen zu bekannten Büchern und Serien finden. Für mich enthält das Buch Anklänge an "The Witcher", "Das Rad der Zeit", "Shadow and Bone", aber genauso auch an Klassiker wie " Der Herr der Ringe", oder "GoT". Hier ist es immer etwas schwierig damit das Ganze nicht abgekuppfert aussieht. Der Autor hat das gut gelöst, die Parallelen sind da, aber sie sind nicht zu offensichtlich, eher ist es so, dass man bei Lesen kurz eine vage Erinnerung im Kopf hat, die aber nur so am Rand mitschwingt.

Da das Buch ein sehr komplexes Universum mit verschiedenen Ländern und zahlreichen Figuren enthält, muss man sich zu Anfang erstmal in die Geschichte einfinden. Hier fiel mir das aber überraschend leicht. Die Figuren werden sehr gut eingeführt, sind spezielle Charaktere und haben innerhalb ihrer Handlungsstränge eine wichtige Funktion. Sie alle durchleben im Verlauf der Handlung eine Entwicklung, eine Wandlung, eine Art Reifeprozess. Die Geschichte gliedert sich in drei Handlungsstränge, zwischen denen man innerhalb der Kapitel hin und her springt. Die Stränge laufen simultan und unabhängig voneinander, führen aber letztlich zum Ende zusammen. Ein Ende, dass nicht komplett abgeschlossen ist und so noch Raum für eine Vortsetzung bietet.

Ich habe das Buch, obwohl ich es toll fand, nicht mit 5 Sternen bewertet und möchte noch kurz ansprechen warum. Leider gibt es mehrer Szenen, mit denen ich nicht ganz einverstanden bin. Noch am wenigsten stört mich die Tatsache, dass die Frauen eher schmückendes Beiwerk sind und zuhause Kinder und Haus hüten, während die Männer in den Krieg ziehen und die Welt retten. Aber es hat mir schon negativ aufgestoßen, dass eine junge Frau am kaiserlichen Hof vorgeführt werden soll, sie wird extra exotisch eingekleidet, man macht sich über ihr Auftreten und ihre provinzielle Herkunft lustig und natürlich kommt diese junge Frau aus einem fernen Land und hat eine dunkle Hautfarbe. Solche Stereotypen müssen heute wirklich nicht mehr sein, ebenso wie eindeutige Wortspiele mit sexuellem Hintergrund. Natürlich kann es sein, dass die meisten Leser meine Kritikpunkte diesbezüglich nicht nachvollziehen können und das anders als ich empfinden, aber mich hat es doch beschäftigt.

Nichtsdestotrotz ein Fantasy Roman der mich seit langem wiedereinmal packen und begeistern konnte und bei dem der Autor hoffentlich eine Fortsetzung geplant hat.

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